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Bereits verlegte Stolpersteine



Viktor Ullmann (o. J.)
Viktor Ullmann (o. J.)
© Yad Vashem

Viktor Ullmann * 1898

Dammtorstraße 28 (Oper) (Hamburg-Mitte, Neustadt)

1942 Theresienstadt
1944 Auschwitz ermordet

Siehe auch:
  • http://www.verstummtestimmen.de/
    (Die Stolpersteine vor der Staatsoper wurden aus Anlass der Ausstellung 'Verstummte Stimmen' verlegt. Weitere Informationen finden Sie unter dem vorstehenden Link)

Weitere Stolpersteine in Dammtorstraße 28 (Oper):
Gustav Brecher, Dr. Max Fraenkel, Hermann Frehse, Camilla Fuchs, Mauritz Kapper, Jacob Kaufmann, Ottilie Metzger-Lattermann, Kurt Abraham Salnik, Joseph Schmidt, Magda Spiegel, Bruno Wolf

Viktor Ullmann, geb. am 1.1.1898 in Teschen, deportiert am 8.9.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 16.10.1944 nach Auschwitz-Birkenau, ermordet am 18.10.1944 in Auschwitz-Birkenau

Dammtorstraße 28 (Oper)

Viktor Ullmann, Sohn des vom Judentum zum Katholizismus konvertierten k.u.k-Berufsoffiziers Maximilian Ullmann (1861–1938) und der Wiener Rechtsanwaltstochter Malwine, geb. Billitzer (1873–1940), besuchte von 1909 bis 1916 in Wien das Gymnasium und nahm von 1916 bis 1918 als Offizier (zuletzt Leutnant) am Ersten Weltkrieg teil. Von 1918 bis 1920 studierte er in Wien Jura und Komposition, brach beide Studiengänge ab und ging nach Prag. Seine nordmährische Geburtsstadt, östlich von Ostrava (Ostrau) gelegen, wurde nach dem Zusammenbruch des Habsburger Reiches zwischen der Tschechoslowakei (Český Těšín) und Polen (Cieszyn) aufgeteilt, wobei der größere Teil samt Altstadt und Burg an Polen fiel.

1919 heiratete er seine Kommilitonin Martha Koref (geb. 1894 in Prag, ermordet nach Oktober 1942 in Treblinka), die Ehe wurde 1931 geschieden. 1931 heiratete er in zweiter Ehe Anna Winternitz (geb. 1907 in Prag, ermordet im Oktober 1944 in Auschwitz), mit der er vier Kinder hatte. Die Ehe wurde 1941 geschieden.

Viktor Ullmann erhielt Engagements als Kapellmeister am Neuen Deutschen Theater in Prag (1922–1927) sowie als Opernchef im nordmährischen Aussig an der Elbe/Ústí nad Labem (1927–1928) und am Schauspielhaus in Zürich (1929–1931). Zudem wirkte er von 1919 bis 1944 als Komponist (zuletzt noch im Getto Theresienstadt), Pianist und Dirigent. Dabei griff er u.a. auf Texte des Philosophen Friedrich Nietzsche, des Schweizer Dichters und Anthroposophen Albert Steffen (1884–1963) sowie der Dichter Johann Wolfgang Goethe, Conrad Ferdinand Meyer, Novalis, Friedrich Hölderlin, Georg Trakl, Frank Wedekind und Klabund zurück. Aber er vertonte auch Texte von Hans Günther Adler (1910–1988), der ebenfalls ins Getto Theresienstadt deportiert und sein späterer Chronist wurde.

Der Anthroposophie Rudolf Steiners wandte er sich Ende der 1920er Jahre zu, 1929 besuchte er erstmals das Zentrum der anthroposophischen Bewegung, das "Goetheanum" in Dornach/Schweiz, 1931 trat er in die Anthroposophische Gesellschaft ein. Kurzzeitig war Viktor Ullmann auch Inhaber der anthroposophischen Novalis-Bücherstube (die vorher Hans Mändl unter dem Namen Goetheanum-Bücherstube geführt hatte) in Stuttgart (1931–1933). Mitte 1933 ging die Bücherstube in Konkurs und Ullmann verließ das nationalsozialistische Deutschland in Richtung Prag, wo er als freischaffender Musiker, Musiklehrer und Journalist arbeitete. Die Anthroposophische Gesellschaft wurde 1935 in NS-Deutschland verboten. Im Sommer 1938 hielt sich Ullmann noch einmal für drei Wochen in Dornach auf, musste die Schweiz aber aufgrund der restriktiven Einwanderungspolitik schon nach kurzer Zeit wieder verlassen. Vier Lieder von Ullmann wurden Anfang August 1938 im "Goetheanum" aufgeführt.

Nach dem Münchner Abkommen (30.9.1938) wurde das tschechische Sudentenland von der Wehrmacht besetzt (15.10.1938); fünf Monate später marschierte die Wehrmacht auch in der übrigen Tschechoslowakei ein (15.–16.3.1939), NS-Deutschland errichtete das "Reichsprotektorat Böhmen und Mähren" sowie den "Schutzstaat" Slowakei unter deutschem Einfluss. Die antijüdischen Maßnahmen des NS-Staates wurden nun auch in Prag umgesetzt. Der Theaterintendant und SS-Sturmbannführer Oskar Walleck (1890–1976, seit November 1932 Mitglied von NSDAP und SS) wurde im September 1939 als Leiter der staatlichen Bühnen Prag eingesetzt. Viktor Ullmann erhielt aufgrund seiner jüdischen Herkunft Berufsverbot; zweien seiner Kinder gelang im Sommer 1939 mit einem Kindertransport die Flucht nach England.

Am 18. Januar 1941 erhielt er einen Ausweis für das Prager Getto. Im Oktober 1941 heiratete er in dritter Ehe Elisabeth Meissel, geb. Frank (geb. 1900, gest. 1944 in Auschwitz). Am 8. September 1942 wurden die Eheleute ins Getto Theresienstadt eingewiesen und von dort am 16. Oktober 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt.

2007 wurde für Viktor Ullmann vor dem ehemaligen Hamburger Stadttheater ein Stolperstein verlegt. Eine Tätigkeit von Viktor Ullmann oder die Aufführung eines seiner Werke in Hamburg ist nicht belegt. Die Stolpersteinverlegung bezog sich auf eine Ausstellung für verfolgte Musiker von 2006 in der Hamburgischen Staatsoper und soll dauerhaft an sein Verfolgungsschicksal erinnern.


Stand: August 2018
© Björn Eggert

Quellen: 5; 8; Heer/Kesting/Schmidt (Hrsg.): Verstummte Stimmen, S. 51; Meyers Taschenlexikon, Band 6, S. 110 (Tschechoslowakei); Plato (Hrsg.): Anthroposophie, S. 855–856 (Lexikonbeitrag von Ingo Schultz zu Viktor Ullmann); Wulf: Theater, S. 124–127 (Walleck); www.lexm-uni-hamburg.de (Viktor Ullmann); www.wikipedia.de (Viktor Ullmann); www.yadvashem.org Page of Testimony Viktor Ullmann (Zugriff 5.5.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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