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Bereits verlegte Stolpersteine



Johannes Prassek
© Erzbistum Hamburg - Geschäftsstelle Lübecker Märtyrer

Johannes Prassek * 1911

Holstenglacis 3 (Untersuchungsgefängnis) (Hamburg-Mitte, Neustadt)

1942 verhaftet
enthauptet 10.11.1943

Siehe auch:

Weitere Stolpersteine in Holstenglacis 3 (Untersuchungsgefängnis):
Heinz Jäkisch, Bernhard Jung, Karl-Heinz Keil, Hermann Lange, Eduard Müller, Johann Odenthal, Rudolf Schöning, Karl Friedrich Stellbrink, Walter Wicke, Walerjan Wróbel

Johannes Heinrich Wilhelm Prassek, geb. am 13.8.1911 in Hamburg, inhaftiert 18.5.1942, hingerichtet am 10.11.1943 im Untersuchungsgefängnis Hamburg

Holstenglacis 3 (vor dem Untersuchungsgefängnis)
Farmsener Landstraße 181 (Wandsbek, Volksdorf)

An der Backsteinmauer, die das Untersuchungsgefängnis Holstenglacis von den Wallanlagen trennt, erinnern drei Gedenktafeln an die verurteilten und dort hingerichteten Gegner und Gegnerinnen des NS-Regimes: "Während der nationalsozialistischen Herrschaft 1933–1945 wurden im Hof des UG Holstenglacis 3 fast 300 Menschen enthauptet. Frauen und Männer, die sich am europäischen Widerstand gegen die deutsche Okkupation und Kriegsführung beteiligt hatten, fanden hier den Tod durch das Fallbeil." Einer dieser Männer war der katholische Priester Johannes Prassek.

Johannes Prassek war mit zwei Geschwistern in einer Barmbeker Arbeiterfamilie im Gerstenkamp 8 aufgewachsen. Die Familie war später nach Sasel in den Grenzweg 22a (heute Weidende) gezogen. Seine Mutter Marie Anna Elise Hartmann (geb. 3.12.1884) kam 1901 aus Hagenow, Mecklenburg-Schwerin nach Hamburg. Sie hatte als Dienstmädchen im Grindelhof 69 bei dem Hausmakler Benny Löwenstein gearbeitet, als Johannes am 13. August 1911 geboren wurde. Sein Vater Johann Prassek (geb. 19.6.1886) stammte aus Strandorf (heute Strahovice), im oberschlesischen Kreis Ratibor. Er lebte seit 1904 in Hamburg und verdiente seinen Lebensunterhalt als Maurer. Als seine Eltern am 19. Juni 1912 in Hamburg heirateten, konvertierte seine Mutter zum katholischen Glauben. Die gemeinsame Tochter Emma Elise Maria war schon auf der Welt, sie war am 5. Juli 1910 in Hagenow geboren worden. Ein weiteres Kind, Sohn Paul, wurde am 23. September 1917 in Hamburg geboren.

Johannes Prassek wurde Ostern 1918 in der katholischen Volksschule in der Elsastraße in Hamburg-Barmbek eingeschult. Nach seiner Grundschulzeit wechselte er auf die Katholische Höhere Knabenschule Progymnasium. 1927 trat er in die angesehene Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg-Winterhude ein und legte dort 1931 sein Abitur ab. Anschließend studierte er Theologie an der philosophisch-theologischen Jesuiten-Hochschule Sankt-Georg in Frankfurt am Main. Obwohl ihm das Studium vom Bischöflichen Stuhl in Osnabrück und von der Hansestadt Hamburg zum Teil finanziert wurde, musste sich Johannes Prassek mit Gelegenheitsarbeiten durchschlagen. 1933 setzte er sein Studium in Münster fort, wo er sich dem Studentenverein Unitas Ruhrania anschloss. Am 22. Januar 1934 starb seine Schwester Emma an Tuberkulose, am 10. August 1935 seine Mutter Marie 50-jährig an Krebs.

Zwei Jahre später, am 13. März 1937, wurde Johannes Prassek in Osnabrück zum Priester geweiht. Zunächst in Wittenburg und Travemünde tätig, kam er 1939 als Vikar und nach einem Jahr als Kaplan an die Pfarrei Herz-Jesu in Lübeck. Johannes Prassek galt als beliebt. Besonders beeindruckten seine außergewöhnlichen Predigten und seine Jugendarbeit. Er leitete theologische Gesprächskreise und betonte dort offen die unüberbrückbaren Gegensätze zwischen dem katholischen Glauben und der nationalsozialistischen Ideologie. Um den Zwangsarbeitern in Lübeck seelsorglich Beistand leisten zu können, lernte er Polnisch. Im Sommer 1941 lernte er den 17 Jahre älteren evangelischen Pastor Karl Friedrich Stellbrink (s. dort) kennen. Die beiden Geistlichen tauschten Informationen aus, die sie "feindlichen" Rundfunksendern entnahmen, und beschlossen, diese durch Flugschriften zu veröffentlichen. Infolge der Denunzierung durch einen jungen Gestapo-Spitzels, der vorgab, sich dem katholischen Glauben zuwenden zu wollen, wurde Johannes Prassek am 18. Mai 1942 verhaftet und in das Marstallgefängnis am Burgkloster gebracht.

Nach fast einem Jahr in Haft, am 24. Juni 1943, wurden Johannes Prassek und Karl Friedrich Stellbrink gemeinsam mit den ebenfalls angeklagten katholischen Kaplänen Hermann Lange (s. dort) und Eduard Müller (s. dort) durch den Volksgerichtshof, der hierfür aus Berlin angereist war und in der Hauptsache Hoch- und Landesverratsprozesse führte, wegen "Zersetzung der Wehrkraft" in Verbindung mit "Landesverräterischer Feindbegünstigung" und "Vergehen gegen das Rundfunkgesetz" zum Tode verurteilt. Die letzten Monate verbrachten die vier Verurteilten in Einzelhaft. Die Besucher, die sie empfangen durften, schilderten die Stimmung allerdings als gelöst. "Ich habe lange Zeit nicht mehr so ruhig und selig gelebt, vielleicht noch nie, wie jetzt", schrieb Johannes Prassek. "Ich habe nur noch Sorge: Es könnte das Urteil vielleicht zurückgenommen werden." Am 10. November 1943 wurden die vier Geistlichen im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis im Abstand von vier Minuten mit dem Fallbeil hingerichtet.

Am 60. Jahrestag ihrer Hinrichtung wurde der Seligsprechungsprozess für Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange eröffnet. Die Seligsprechung fand am 25. Juni 2011 vor der Herz-Jesu-Kirche in Lübeck statt, wobei im Rahmen eines feierlichen Aktes auch der protestantische Geistliche Karl Friedrich Stellbrink nicht vergessen wurde. In Lübeck erinnern zudem Ausstellungen und Gedenktafeln an die Hingerichteten. Ein weiterer Stolperstein wurde am 15. November 2007 vor der Christus-König-Kirche in der Bramstraße 105 in Osnabrück-Haste verlegt. Zudem wurde auch das Jugend- und Gemeindehaus nach Johannes Prassek benannt. In Hamburg-Barmbek erhielt im Juni 2011 die neue Parkanlage am Osterbekkanal seinen Namen.


Stand: August 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferung 1998/1; StaH 351-11 AfW 8771 (Prassek, Johann); StaH 351-11 AfW 8772 (Prassek, Paul); StaH 332-5 Standesämter 6494 u 390/1912; StaH 332-5 Standesämter 7153 u 64/1934; StaH 332-5 Standesämter 7165 u 647/1935; StaH 332-5 Standesämter 1167 u 732/1943; Pelke: Christenprozess; Voswinkel: Geführte Wege; http://www.mattern-online.info/Stolpersteine/#3 (Zugriff 17.9.2015); Gedenkstätte Deutscher Widerstand, http://www.gdw-berlin.de/ver tiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/johannes-prassek/?no_cache=1 (Zugriff 16.3.2016); http://www.unitas-ruhrania.org/index.php?page=126 (Zugriff 16.3.2016); http://www.luebe ckermaertyrer.de/de/index.html (Zugriff 16.3.2016).

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