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Bereits verlegte Stolpersteine



Gertrud Katz (geborene Worms) * 1884

Loogestieg 3 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

1941 Lodz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Loogestieg 3:
Martha Frankenstein, Martin Frankenstein, Hermann Katz, Hildegard Katz

Martha Frankenstein, geb. Worms, geb. 29.8.1874 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, dort gestorben am 27.11.1941
Hermann Katz, geb. 16.10.1881 in Wasserleben, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, am 10.5.1942 nach Chelmno weiterdeportiert
Gertrud Katz, geb. Worms, geb.12.7.1884 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, am 10.5.1942 nach Chelmno weiterdeportiert
Hildegard Katz, geb. 26.7.1917 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, am 10.5.1942 nach Chelmno weiterdeportiert

Loogestieg 3

Martha Frankenstein und Gertrud Katz waren Schwestern. Ihre Eltern waren die Hamburger Juden Moritz Worms und seine Ehefrau Rosalie, geborene Gottschalk.
Gertrud war mit dem Kaufmann Hermann Katz verheiratet. Sie hatten zwei Kinder: Werner, geboren 1911 in Hamburg, und Hildegard.

Martha war von Beruf Kauffrau. Sie war drei Mal verheiratet und hatte zwei Kinder. Ihre erste Ehe mit Wilhelm Polak (geb. 1872) wurde geschieden. Aus dieser Ehe hatte sie den Sohn Curt Polak (geb. 1901). Curt wurde am 7.12.1943 aus dem italienischen Triest zusammen mit seiner Ehefrau Annie Polak, geb. Heinemann, nach Auschwitz deportiert. Ihr zweiter Ehemann, Paul Jacoby (geb. 1872), starb 1930. Mit ihm hatte sie die Tochter Henriette (geb. 1909).

Eine ständig drohende Gefahr überschattete Marthas dritte Beziehung, die zu dem Magdeburger Juden Martin Frankenstein (geb. 4.7.1872). Bevor die Nationalsozialisten an die Macht kamen, war er ein sehr erfolgreicher und angesehener Getreide- und Lebensmittel-Großhändler. Sein Haus galt als ein Mittelpunkt des Magdeburger gesellschaftlichen und kulturellen Lebens, wohl auch deshalb, weil seine Frau Anna, geborene Mortier, mütterlicherseits aus den seinerzeit berühmten Schauspielerfamilien Ludwig Devrient und Bogumil Dawison stammte und rege Beziehungen zu Künstlern und Künstlerinnen pflegte. Martin und Anna Frankenstein hatten zwei Kinder: Charlotte (geb. 23.2.1897) und Heinz (geb. 10.5.1903). Völlig unerwartet starb Anna am 30. September 1935 im Sudenburger Krankenhaus zu Magdeburg, wo sie in der psychiatrischen Abteilung zur Behandlung war. Die Hinterbliebenen waren überzeugt, dass sie mithilfe einer Giftspritze ermordet worden war, als eines der frühen Euthanasie-Opfer der Nationalsozialisten.

Zudem brachte der wachsende Antisemitismus in Deutschland auch Frankensteins Geschäfte mehr und mehr zum Erliegen, sodass er Magdeburg verließ und versuchte, in Hamburg etwas Neues aufzubauen. Hier lernte er Martha Jacoby kennen, die er am 24. September 1936 heiratete. Die Pläne aber, in Hamburg eine neue geschäftliche Existenz zu gründen, scheiterten; als Jude bekam er keine Genehmigung mehr zur Gründung einer Firma.

Nach den Ereignissen des Novemberpogroms vom 9./10. November 1938 und in panischer Angst vor dem finanziellen Ruin, versuchte Frankenstein im Frühjahr 1939 nach Belgien zu fliehen, wohin sein Sohn Heinz 1938 auf dem Weg über Österreich bereits entkommen war. Zwei Versuche Martin Frankensteins innerhalb weniger Wochen misslangen. Er wurde an der Grenze abgefangen und zurückgeschickt. Unterdessen war seine Frau Martha zu ihrer Schwester Gertrud und deren Mann Hermann Katz in den Loogestieg 3 gezogen. In der Fünfeinhalbzimmerwohnung lebten außer ihnen Hildegard Katz, die Tochter von Gertrud und Hermann, und drei weitere Untermieter, insgesamt sieben Personen. Als Martin Frankenstein von seinen gescheiterten Fluchtversuchen zurückkehrte, wurde ihm mitgeteilt, für ihn sei kein Platz mehr. Er schlüpfte bei seinem Schwager Albert Elsberg unter, Beim Andreasbrunnen 7, 2. Stock. Hier nahm er am Abend des 18. Juli 1939 eine Überdosis Veronal. Obwohl er sofort ins Israelitische Krankenhaus in der Eckernförder Straße gebracht wurde, war er nicht mehr zu retten. Er starb am nächsten Tag morgens gegen 5 Uhr.

Zusätzliche Sorgen, neben der Not der Jüdinnen und Juden im NS-Staat, belasteten auch das Ehepaar Katz. Die Tochter Henriette war – wie es in der Sprache jener Zeit pauschal hieß – nervenkrank. Zwar durchlief sie die Volksschule ohne Auffälligkeiten, doch konnte ihr die private Realschule für Mädchen Dr. J. Loewenberg, Johnsallee 33, die sie seit 1924 besuchte, kein Zeugnis ausstellen, als die Schule im März 1931 infolge der Weltwirtschaftskrise schließen musste. "Denn ihr Gesundheitszustand in den letzten Wochen ermöglichte keine aktive Mitarbeit", hieß es im Bescheid der Schule. Anschließend besuchte sie noch die Realschule der Deutsch-Israelitischen Gemeinde. Sie verließ diese im März 1933, 15 Jahre alt. Seither lebte sie als "Hausbetreuerin" bei den Eltern.

Am 25. Oktober 1941 wurden Martha Frankenstein und Familie Katz ins Getto Lodz deportiert. Sie wurden in der Cranachstraße 15, Wohnung 43, mit acht weiteren Personen des Hamburger Transportes in einem Zimmer zusammengepfercht, immerhin gab es eine Küche. Im Elend des Gettos überlebte Martha Frankenstein vier Wochen. Sie starb am 27. November 1941.

Familie Katz wurde am 10. Mai 1942 nach Chelmno "ausgesiedelt", dem Vernichtungslager für Lodz. Zwischen dem 4. und dem 15. Mai wurden hier 10.914 Menschen in Gaswagen getötet. In Chelmno gab es keine Überlebenschance.

Der Sohn Werner Katz, der rechtzeitig aus Deutschland entkommen war, überlebte in Argentinien. Martha Frankensteins Tochter Henriette überlebte in England.

Heinz Frankenstein, der nach Belgien geflohen war, wurde nach dem Einmarsch der Wehrmacht inhaftiert und 1940 in ein Internierungslager nach Südfrankreich gebracht. Von Drancy aus wurde er am 31. August 1942 mit Transport 26 nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

Seine Schwester Charlotte überlebte in Magdeburg in der "Mischehe" mit dem Oberrichter am Landgericht Magdeburg, Hans Walter.

© Johannes Grossmann

Quellen: 1; 4; 5; 8; StaH 351-11 AfW, 040772 Frankenstein, Martin; StaH 351-11 AfW, 260717 Katz, Hildegard; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992e2 Band 1; StaH 332-8 Meldewesen A 51 (Fritz Katz, Gertrud Katz, Martha Frankenstein);
StaH 331-5, Polizeibehörde - Unnatürliche Sterbefälle, 1939/1185 (Martin Frankenstein); Archivum Panstwowe, Lodz (Getto-Archiv), Einwohnerliste PL-39-278-278-1022-142.tif (Hermann Katz), PL-39-278-997-492.tif (Hildegard Katz), PL-39-278-997-482.tif (Martha Frankenstein); ebd., Melderegister, PL-39-278-1011-9656.tif (Gertrud Katz).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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