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Bereits verlegte Stolpersteine



Werner Beit * 1917

Grindelberg 90 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1943 Theresienstadt
1944 Auschwitz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Grindelberg 90:
Bertha Beit, Berl Beit, Louise Loevy, Sophie Loevy, Vera Neustadt, Paula Stoppelmann, Aron Adolf Stoppelmann, Leonhard Weinberg

Berl Beit, geb. am 7.7.1941 in Hamburg, deportiert am 24.3.1943 nach Theresienstadt, am 15.5.1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet
Bertha Beit, geb. Abrahams, geb. am 06.5.1913 in Dornum, deportiert am 24.3.1943 nach Theresienstadt, am 15.5.1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet
Werner Meyer Beit, geb. am 28.6.1917 in Hamburg, deportiert am 24.3.1943 nach Theresienstadt, am 15.5.1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet

Schäferkampsallee 25/27 und Grindelberg 90

Als die Nationalsozialisten in Deutschland 1933 die Macht übernahmen, war Bertha Abrahams in Dornum noch nicht einmal zwanzig Jahre alt, und der Hamburger Werner Beit war ein Junge von fünfzehn Jahren. Aber damals wurde ihrer beider Zukunft zerstört, weil sie Juden waren. Als die beiden im November 1939 heirateten, lagen schon sechs lange Jahre der Demütigung, Entrechtung und Verfolgung hinter ihnen. Trotzdem brachten sie den Mut und die Hoffnung auf, eine eigene Familie zu gründen. Am 7.7.1941 wurde der gemeinsame Sohn Berl geboren, nur wenige Wochen, bevor die Deportationen der Jüdinnen und Juden in Hamburg einsetzten.

Werner Beit wuchs in Hoheluft-West auf. Seine Eltern waren David und Betty Beit, geb. Jonas, die 1902 geheiratet hatten. Der Vater arbeitete als Exportagent und vertrat Firmen, die Gürtel und Gürtelschnallen, Strickwaren und Kindersachen produzierten. Die Familie wohnte in der Moltkestr. 55 in einer großen Wohnung. Werner Beit hatte noch drei deutlich ältere Geschwister, nämlich Norbert Beit (geb. 1903), Fanny Beit (geb. 1905) und Irma Sophie Beit (geb. 1907). Die Mutter (geb. 1873 in Kiel) starb bereits 1926, als ihr jüngster Sohn erst neun Jahre alt war. Der Vater David Beit (geb. 1864) starb am 30. Juni 1942 in Hamburg. Da wohnte er in der Kielortallee 13.

Werner Beit besuchte die Talmud-Tora-Schule und eine Zeit lang das Realgymnasium in Elmshorn. Seine dortigen Vermieter berichteten später über ihn: "Er war ein aufgeweckter Junge und entwickelte sich zu einem strebsamen jungen Mann." Vermutlich war er nach dem Tod der Mutter in diese Pflegefamilie gekommen. Nach dem Schulabschluss lernte er von April 1932 bis April 1936 in der Metallschmelze Albert Goldschmidt in Altona, Venusberg 4. Nach der Lehre arbeitete er noch bis zum März 1937 in der Firma, dann wurde er "wegen Arbeitsmangel" entlassen. Später fand er eine Stelle als Arbeiter im Israelitischen Krankenhaus. Auf der Deportationsliste vom November 1941, auf der die gesamte Familie aufgeführt, dann aber durchgestrichen ist, ist als sein Beruf "Heizer" eingetragen. Diese Berufsbezeichnung findet sich auch auf der Sterbeurkunde des Vaters, dessen Tod von Werner beim Standesamt angezeigt wurde.

Nach seiner Entlassung als Metallfacharbeiter hatte Werner vergeblich versucht, eine Einreiseerlaubnis nach England zu bekommen. Seine Schwester Fanny war 1933 nach London emigriert, und er hatte ihr einen Lebenslauf und ein Zeugnis seines Lehrbetriebes in englischer Sprache geschickt. In seinem Lebenslauf schreibt er über sich: "Ich bin 1,69 m groß, gesund, übernormal kräftig und sportlich."

Werners beiden älteren Schwestern gelang die Flucht aus Hamburg. Fanny begleitete 1933 einen Geschäftsfreund ihres Vaters, Robert Lippmann, nach England, weil sie sich um dessen Kind kümmern sollte. Sie lebte bis an ihr Lebensende in London. Irma Sophie konnte im Herbst 1938 mit Hilfe einer Verwandten der Mutter von Rotterdam nach New York reisen. In den USA wurde sie eine erfolgreiche und wohlhabende Geschäftsfrau. Sie engagierte sich sozial und setzte sich besonders für das National Jewish Health Center in Denver, Colorado ein, sammelte Spenden und vermachte einen Teil ihres Vermögens dieser Einrichtung. Sie war zweimal verheiratet, blieb aber kinderlos. In ihrer amerikanischen Familie Jacobson erinnert man sich an ihre beeindruckende Persönlichkeit. Sie wurde fast hundert Jahre alt. Werners Bruder Norbert Beit hatte in Hamburg eine nichtjüdische Frau geheiratet und wurde 1937 Vater einer Tochter. Am 14. Februar 1945 wurde er nach Theresienstadt deportiert, überlebte und kehrte zurück. Im Sommer 1949 fand man ihn in Blankenese an der Elbe tot auf. Er hatte sich vermutlich das Leben genommen und war ertrunken.

Werners Ehefrau Bertha wurde in Dornum in Ostfriesland geboren. Ihre Eltern waren der Schlachter Adolf Abrahams und Rosette, geb. Rose, die 1899 in Dornum geheiratet hatten. (Zu Familie Abrahams s. auch die Biographie zu den Familien Brager und Neugarten) Bertha hatte insgesamt neun Geschwister, fünf Brüder und vier Schwestern. Vermutlich kam sie 1934 nach Hamburg, denn dieses Jahr wurde als Eintrittsdatum in die Deutsch-Israelitische Gemeinde auf ihrer Kultussteuerkarteikarte genannt. Da war Bertha 21 Jahre alt. Vielleicht zog sie zusammen mit ihren Brüdern nach Hamburg und hoffte auf ein leichteres Leben in der Anonymität der Großstadt. Ihr Vater, der aus Rhede in Ostfriesland stammte, starb am 8. November 1938 in Dornum und wurde am Tag des Novemberpogroms beerdigt. Die Mutter Rosette Abrahams verließ nach dem Tod des Vaters den kleinen Ort und flüchtete zu ihren Kindern nach Hamburg. Dort starb sie 1941 an Krebs und wurde auf dem Jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel in Ohlsdorf begraben.

Vor ihrer Heirat arbeitete Bertha in Hamburg im Haushalt. Laut Kultussteuerkarteikarte hatte sie im Jungfrauenthal 53 (bei Meseritz) und in der Isestraße 6 (bei Behr) gewohnt, bevor sie Ende 1939 zu Beits in den Grindelberg 90 zog. Vermutlich war sie bei diesen beiden Familien "in Stellung". Bei "arischen" Familien hätte sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr arbeiten dürfen. Das Ehepaar Olga und Fritz Meseritz wurde am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert (Biographien s. www.stolpersteine-hamburg.de). Für die beiden liegen Stolpersteine im Jungfrauenthal.

Die drei Namen des kleinen Jungen und seiner Eltern - Berl, Bertha und Werner Beit - tauchten bereits auf einer Liste für die Deportation am 18. November 1941 nach Minsk auf, wurden aber durchgestrichen. Die Gründe kennen wir nicht. Als sie dann deutlich später, nämlich am 24. März 1943 nach Theresienstadt deportiert wurden, lebte die kleine Familie in dem "Judenhaus" in der Schäferkampsallee 29, wo heute ein Stolperstein an Berl Beit vor dem Haus Nr. 25/27 erinnert. Hier hatte Werner Beit im Jüdischen Krankenhaus gearbeitet. Stolpersteine für die dreiköpfige Familie wurden an der wohl letzten freiwillig gewählten Adresse verlegt, am Grindelberg 90. Dort hatten sie im dritten Stock zusammen mit Werner Beits Vater und seinem Onkel Benno Frank gewohnt, bevor die drei in die "Judenhäuser" Kielortallee 13 und Schäferkampsallee 29 ziehen mussten. Im Grindelberg wurde wohl auch der Sohn Berl geboren.

Berthas Bruder Sally Abrahams hatte eine zeitlang in der Grindelallee zur Untermiete gewohnt. Viele Jahre später erinnerte sich die Tochter dieser Familie an ihn. Wie sein Vater sei Sally Schlachter gewesen und habe bei dem Schlachter Silberstein gearbeitet. Nachdem dieser das Geschäft aufgeben musste, arbeitete Sally im Hafen. Es sei ihm mit viel Glück gelungen, sich der Verhaftung durch die Flucht nach Dänemark zu entziehen, wobei es ihm sein "arisches" Aussehen erleichtert habe, die Stadt unerkannt zu verlassen.

Berthas Bruder Moritz wurde aus Hamburg deportiert, während dem Bruder Herbert die Flucht gelang. Auch Hugo überlebte. Die Schwester Ilse wurde aus Hamburg nach Minsk deportiert. Moritz und Ilse hatten wie Bertha ein kleines Kind, das mit den Eltern ermordet wurde.

Familie Beit war bekannt mit der Familie Berlin. Fanny Berlin, für die ein Stolperstein im Eppendorfer Baum 10 liegt, schickte Briefe an ihren Sohn Herbert nach England. Diese Briefe sind erhalten.

Auszug aus Briefwechsel Fanny Berlin und Herbert Berlin
Hamburg 23.01.1940
Fanny Berlin an ihren Sohn Herbert in England

… Neulich trifft Malchen Werner Beit, und der hat ihr erzählt, er hat geheiratet, ein Mädel von 18 Jahren [??, Bertha Beit war bei ihrer Heirat 26 Jahre alt]. Was sagst Du nun? Er hat seinen Posten am Krankenhaus. Na weißt Du, ich habe bestimmt gedacht, der Junge würde noch mal weiter kommen.
Hamburg 29.11.1940
Fanny Berlin an ihren Sohn Herbert in England

…. Den einzigen, den ich hier mal sehe, ist Werner Beit mit Frau, die sieht ganz gut aus, und er fragt auch immer, wie es Dir geht. Ich kenne ja sonst wenig von deinen Freunden und Freundinnen.

Hamburg 14.01.1941
Fanny Berlin an ihren Sohn Herbert in England

… Von Deinen früheren Freunden kann ich Dir leider nicht viel berichten, die sind auch wohl alle fort; bis auf Beit, den sehe ich ab und zu mal im Kino im Gemeinschaftshaus, sieht aber unverändert aus. ….


Stand: Januar 2019
© Recherche: Hans-Hinrich Möller und Susanne Lohmeyer, Text: Susanne Lohmeyer


Quellen: 1; 4; 5; 7; 8; Privatbesitz Margarethe Berlin Nachlass Herbert Berlin, San Rafael CA, USA; StaH 214-1 Gerichtsvollzieherwesen, 139; StaH 351-11 AfW AZ 060805 Fanny Wilson, geb. Beit;;StaH 332-5, 8088 + 308/1926;StaH 332-5, 8174 + 140/1941;StaH 332-5, 8180 + 298/1942; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 992e2 Band 3 Deportationsliste; HAB II 1919, 1937; Familienerinnerungen von Joseph Mathews 2018.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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