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Bruno Prieß * 1911
Grevenweg 11 - 13 (Hamburg-Mitte, Hamm)
Internationale Brigaden
Spanien
gefallen am Ebro
21.09.1938
Weitere Stolpersteine in Grevenweg 11 - 13:
Erwin Elias, Gerda Elias
Bruno Prieß, geb. 20.6.1911 in Hamburg, Spanienkämpfer, Tod am Ebro am 21.9.1938
Grevenweg 11-13 (früher: 39)
Bruno Heinrich Friedrich Prieß war der mittlere von drei Brüdern, die in eine politisch engagierte Arbeiterfamilie hinein geboren wurden. Ihre Eltern, der "Schauermann" (Hafenarbeiter, die Schiffe be- und entluden) Carl Gustav Prieß und die Arbeiterin Marie, geb. Drews, stammten aus Schleswig-Holstein. Sie waren lutherisch. Carl Prieß war am 24.1.1879 in Tangstedt zur Welt gekommen, seine Ehefrau Marie, am 13.9.1885 in Bühnsdorf. Zur Zeit ihrer Heirat am 29. Juni 1907 lebte Marie noch in Fahrenkrug bei Segeberg (heute: Bad Segeberg), einem Dorf mit einer guten Infrastruktur und Kleingewerbe, Carl Prieß war im Grevenweg 39 im Arbeiterviertel Hamburg-Hamm gemeldet.
Die beiden älteren Söhne kamen in Hamburg zur Welt, bevor die Familie mit dem Ersten Weltkrieg die Stadt verließ. Victor war am 21.8.1908, Bruno am 20.6.1911 geboren worden, Heinz erst am 2.4.1920, nachdem die Familie nach Hamburg zurückgekehrt war.
Marie Prieß zog während des Krieges mit den Kindern nach Fahrenkrug, wo sie in der Mühle arbeitete. Sie gehörte der SPD an und wurde 1918 in den dortigen Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. In Fahrenkrug begannen Victor und Bruno auch ihre Schulzeit.
Carl Prieß erlitt als Soldat eine Kampfgasvergiftung. Nach Kriegsende ließ er sich mit seiner Familie wieder in Hamm nieder, wo Bruno die Volksschule für Jungen in der Wendenstraße besuchte, während sein jüngerer Bruder die reformorientierte Volksschule in der Burgstraße absolvierte.
Alle drei Söhne ergriffen angesehene Lehrberufe. Victor wurde Maschinenbauer, Bruno Buchdrucker und Heinz Autoschlosser, woran er ein Studium an der Technischen Hochschule anschloss, das ihn zum Flugzeugkonstrukteur qualifizierte.
Bruno Prieß erhielt nach Abschluss seiner Lehre eine Anstellung als Steindrucker "bei Broschek", Verlag und Druckerei des "Hamburger Fremdenblatt", der damals führenden Tageszeitung. Er wurde Mitglied der Gewerkschaft und trat in den KJVD ein, den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands. Wie inzwischen auch seine Mutter und sein Bruder Victor wurde er KPD-Mitglied, und wie sein Bruder trat er dem RFB, dem Roten Frontkämpferbund, bei.
Am 6. Juni 1930 verurteilte das Amtsgericht Hamburg Bruno wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Strafe von einer einmonatigen Gefängnishaft. Nähere Umstände, die zu diesem wie auch dem folgenden Gerichtsverfahren führten, ließen sich nicht aufklären. Wegen "Nichtbefolgung polizeilicher Anordnungen" wurde er am 16. September 1931 zu einer einwöchigen Haftstrafe verurteilt.
Am 27. April 1932 erhob das Amtsgericht Hamburg erneut Anklage gegen Bruno Prieß. Zusammen mit drei Genossen war er am 2. Februar 1932 auf dem Weg zu Hoops, dem Stammlokal der Nationalsozialisten in Hamburg-Horn, wegen unberechtigten Waffenbesitzes festgenommen worden. Man fand eine Mauserpistole mit sieben Patronen bei ihm. Bei Hoops sollte an jenem Abend eine Versammlung stattfinden, zu der auch ein Kommunist als Diskussionsredner eingeladen war. Den hatten die Vier – so gaben sie an - beschützen wollen und sie hätten zu dem Zweck geladene Waffen bei sich getragen. Wegen der Vorstrafe beantragte die Staatsanwaltschaft eine elfmonatige Haftstrafe für Bruno Prieß und Haftstrafen von sechs und neun Monaten für seine drei Genossen. Bruno Prieß legte Berufung ein und erreichte die Einstellung des Verfahrens.
Am 1. Dezember 1933 heirateten Bruno Prieß und Jenni Flügge, die ebenfalls der KPD angehörte, aus dem Rumpffsweg 13 in Hamm. Kurze Zeit darauf wurde er erneut verhaftet, wiederum wegen illegalen Waffenbesitzes. Als am 2.3.1934 der Sohn Bruno Viktor Werner geboren wurde, befand Bruno Prieß sen. sich in Haft. Nach seiner Freilassung emigrierte er nach Dänemark.
Schon vor ihm, Weihnachten 1933, hatte sein Bruder Victor Hamburg verlassen und war nach Oslo gegangen. Von dort begab er sich nach Kopenhagen, wo er aus der KPD ausgeschlossen wurde, u.a., weil er ohne die Genehmigung der Partei gehandelt hatte. Die Brüder gingen 1936 nach Spanien, wo sie sich den Internationalen Brigaden im Kampf für die spanische Republik anschlossen. Bruno und Jenni Prieß’ Ehe wurde geschieden. Jenni Prieß ging im Februar 1938 eine zweite Ehe ein.
Bruno Prieß überlebte die Schlacht bei Guadalajara und wurde zum Leutnant ernannt, später zum Kompaniechef im Bataillon "Hans Beimler" der XI. Interbrigade. Er starb bei den Kämpfen am Ebro zwischen Asqio und Flix am 21. September 1938, 27 Jahre alt.
Ein Stolperstein erinnert an ihn vor der elterlichen Wohnung.
Viktor Prieß verließ Spanien, wurde jedoch 1939 in Frankreich interniert. Über einige Zwischenstationen gelangte er in die Sowjetunion.
Eine Woche vor dem Tod seines Sohnes Bruno war am 14. September 1938 Carl Prieß im Allgemeinen Krankenhaus Barmbek im Alter von 59 Jahren einem Herzversagen erlegen. Seine Witwe Marie zog mit ihrem jüngsten Sohn Heinz zur Untermiete zu dessen früherem Berufsschullehrer Ernst Mittelbach (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) in die Wellingsbüttler Landstraße 186 in Klein-Borstel.
Heinz Prieß schloss 1940 sein Studium ab. Er erhielt eine Anstellung bei Blohm & Voss als Flugzeugkonstrukteur. Dort erfuhr er von den Widerstandsaktivitäten Bernhard Bästleins und schloss sich zusammen mit seiner Mutter dessen Gruppe an. Marie und Heinz Prieß nahmen 1942 eine aus der Sowjetunion zurückgekehrte Genossin und einen Genossen auf und organisierten deren Versorgung. Sie wurden entdeckt, am 15. Oktober 1942 wegen "Feindbegünstigung" und "Vorbereitung zum Hochverrat" festgenommen und kamen in Untersuchungshaft.
Bevor es zur Gerichtsverhandlung kam, wurde Hamburg im Sommer 1943 durch alliierte Bombenangriffe weitgehend zerstört. Im Feuersturm, der die um Hamm gelegenen Stadtteile vernichtete, starben am 28. Juli 1943 im Rumpffsweg 13 Bruno Prieß’ neunjähriger Sohn Bruno und dessen Mutter Jenni.
Zur Entlastung der betroffenen Haftanstalten wurden Häftlinge für zwei Monate beurlaubt, darunter Marie und Heinz Prieß. Sie tauchten unter, wurden im Juni 1944 erneut gefasst und vom Volksgerichtshof im Oktober 1944 zum Tode verurteilt. Heinz Prieß wurde am 12. März 1945 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet; er wurde 25 Jahre alt.
Marie Prieß entkam in den Transportwirren des Kriegsendes ihrer Hinrichtung und kehrte nach Hamburg zurück.
Victor Priess verbrachte fast ein Jahrzehnt in sowjetischen Arbeitslagern und kehrte als Spätheimkehrer 1956 zu seiner Mutter zurück. Er starb 1999 im Alter von 91 Jahren in Hamburg.
Heinz Prieß’ Asche wurde am 8. September 1946 im Ehrenhain der Widerstandskämpfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.
Am 20. Juni 1974 erhielt Bruno Prieß einen Ehrenplatz neben ihm. Die Urne ist mit Erde von seinem Sterbeort gefüllt.
Marie Prieß starb am 9. Januar 1983 im Alter von 97 Jahren in Reinbek bei Hamburg.
Stand: Dezember 2021
© Hildegard Thevs
Quellen: Hamburger Adressbücher; StaHH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht, 78532; 332-5 Personenstandsregister; 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 8069; Totenliste VVN 1968; Hochmuth, Ursel, Niemand und Nichts wird vergessen, Hamburg 2005; https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%A4stlein-Jacob-Abshagen-Gruppe; http://baseportal.de/cgi-bin/baseportal.pl?htx=/jarmerdhm/main&localparams=1&db=main&cmd=list&range=90,10&cmd=all&Id=112.