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Bereits verlegte Stolpersteine



Bernhard Schwarz * 1877

Husumer Straße 19 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
BERNHARD SCHWARZ
JG. 1877
DEPORTIERT 1941
LODZ
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Husumer Straße 19:
Frida Haarburger, Selma Löwenstein, Toni Schwarz

Berisch-Bernhard Schwarz, geb. 8.4.1877 Samoluskowce, deportiert 25.10.1941 nach Lodz, Tod 29.10.1941
Taube Rechel-Toni Schwarz, geb. Aberbach, geb. 23.11.1883 Belejow/Bolechow, deportiert 25.10.1941 nach Lodz

Husumer Straße 19

Berisch-Bernhard Schwarz und seiner Ehefrau Taube Rechel-Toni, geb. Aberbach, gelang der Übergang aus ihrer traditionellen Welt in Galizien zu einer bürgerlichen Existenz assimilierter Juden in Hamburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts in kurzer Zeit. Ihr Weg führte über Wien, wo die beiden Kinder, geboren wurden, die deutsche Vornamen erhielten: der am 22.8.1911 geborene Sohn wurde Julius genannt, die am 28.9.1912 geborene Tochter Herta. Auch Berisch und Taube Rechel benannten sich in Bernhard und Toni um. Sie wurden deutsche Staatsbürger.

Die Familie war Taube Rechel-Tonis Bruder Max gefolgt. Max Aberbach, geboren als Israel Meier Aberbach am 19.11.1877 in Bolechow, war sechs Jahre älter als seine Schwester und mit Helene, geb. Lakser, geb. 13.1.1885 in Berlin, verheiratet. Zusammen mit ihrer Tochter Erna, geb. 11.5.1907 in Wien, waren sie 1911 nach Hamburg gezogen, wo der ebenfalls Julius genannte Sohn am 24.4.1912 zur Welt kam. Max Aberbach übernahm als neuer Inhaber die Korsettfirma Otto Trier Nachfolger und verlegte ihren Sitz von der Stadthausbrücke in den Merkurhof, Kaiser-Wilhelm-Straße 89/91. Es handelte sich um einen Im- und Exportbetrieb für Korsetts und das Zubehör wie Fischbein. Sechs Tage nach der Geburt seines Sohnes Julius wurde Max Aberbach als Mitglied in der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg aufgenommen. Die Familie zog in die Eppendorfer Landstraße 46.

Max Aberbach holte seinen Schwager Bernhard als Prokuristen in die Firma. Die Schwäger arbeiteten nicht nur zusammen, sie wohnten auch nahe beieinander.
Beide Schwäger waren 1877 im westlichen Teil Galiziens, im Habsburgischen Kronland, heutige Ukraine, geboren worden. Warum nur Berisch-Bernhard Schwarz im Ersten Weltkrieg diente, ist nicht bekannt. Er geriet 1915 in russische Gefangenschaft, aus der er erst 1921 zurückkehrte. Seine Steuerschulden bei der jüdischen Gemeinde, in die er am 13. November 1913 eingetreten war, waren fortgeschrieben worden, wurden ihm dann aber unter Vermittlung seines Schwagers erlassen.

Bernhard Schwarz hatte mit seiner Familie zunächst in der Isestraße 66 gelebt. Nach der Rückkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zog die Familie in die Husumerstraße 19.

In der Zwischenzeit hatte seine Ehefrau Taube Rechel-Toni mit den Kindern in der "Pension Davids" Grindelhof 52 gewohnt.
Beide Brüder schlossen sich dem orthodoxen Synagogenverband an, doch wechselte Bernhard später zur Neuen Dammtorsynagoge.

Max Aberbach beantragte ebenfalls die Einbürgerung, wurde aber am 10. August 1916 abgewiesen. Als Begründung wurden seine österreichisch-galizische Abstammung, seine "mosaische" Religionszugehörigkeit und der Erwerb seines Vermögens "auf irreguläre Art" angeführt, ohne dass die erläutert wurde.

Bernhard Schwarz fasste nach seiner Rückkehr wirtschaftlich wieder Fuß, wenn sein Einkommen auch geringer blieb als das seines Schwagers. Sie durchstanden die Inflationsjahre 1922/23 und mit Mühe die Weltwirtschaftskrise 1929/30. Selbst 1940 leistete Berisch-Bernhard noch erhebliche Beiträge zur Gemeinde, was auf gute wirtschaftliche Verhälltnisse schließen lässt. Da hatten sein Bruder, dessen Familie und die beiden eigenen Kinder Hamburg bereits verlassen.

Tochter Herta Schwarz war Kontoristin geworden und trat 1932, mit 20 Jahren, als selbstständiges Mitglied in die jüdische Gemeinde ein. Sie wohnte bei ihren Eltern in der Husumer Straße, bis sie Hamburg am 3. März 1933 mit unbekanntem Ziel verließ. Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

Das Schicksal der beiden Schwäger war durch ihre Geschäftstätigkeit eng verbunden. Diese erstreckte sich von Prag bis London. 1937 gerieten Max Aberbach und mit ihm seine Frau Helene, ihr Sohn Julius und Berisch-Bernhard Schwarz in den Verdacht, ihre Auswanderung vorzubereiten und sich durch Verschiebung von Devisen eine Existenzgrundlage verschaffen zu wollen. Bernhard Schwarz kam am 17. Juli 1937 in Untersuchungshaft. Der Prozess beim Landgericht Hamburg begann am 19. Oktober 1937 und endete am 21. Januar 1938. Die Vergehen hatten sich als geringer erwiesen, als die Anklage vermutet hatte. Helene Aberbach und ihr Sohn Julius wurden frei gesprochen, Max Aberbach wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von 7.500 RM verurteilt. Bernhard Schwarz erhielt eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten Gefängnis und 1.000 RM Geldstrafe. Unter Berücksichtigung der Untersuchungshaft wurde beides zu einer Gesamtstrafe von 1.000 RM zusammen gezogen. Bereits am 18. Januar 1938 wurde er entlassen. Auch seinem Schwager Max Aberbach wurde die Untersuchungshaft angerechnet.

Sohn Julius Schwarz wurde ebenfalls 1932 Mitglied der jüdischen Gemeinde. Er arbeitete als Angestellter in einer nicht benannten Firma im Fölschblock in der Bergstraße 23 und wohnte weiter bei seinen Eltern in der Husumer Straße. 1933 und 1934 war sein Einkommen so gering, dass ihm seine Beiträge zur Jüdischen Gemeinde erlassen wurde, ebenso 1936. In den Jahren 1935 und 1937 sowie 1938 entrichtete er mäßige Beiträge. Offenbar hatte er sich selbstständig gemacht. Nach einem Zwischenspiel im Cremon zog er zurück zu seinen Eltern. Im Februar 1939 verließ er das Deutsche Reich mit unbekanntem Ziel. Sein Cousin Julius emigrierte im Juni 1939 in die USA, wohin sich auch Erna Aberbach, verheiratete Bogopolski, rettete.

Nach der Haftentlassung verließen auch Max Aberbach und seine Ehefrau Helene Hamburg am 13. Oktober 1938, sie verzogen über Österreich in die Tschechoslowakei. 1939 wurden sie ausgebürgert, hatten also offenbar zwischenzeitlich doch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Max Aberbach starb am 15. April 1939 in Senov/Mährisch-Ostrau.

Am 12. März 1940 zogen Berisch-Bernhard und Taube Rechel-Toni Schwarz in den Abendrothsweg 19. Als im Herbst 1941 die Deportationen vorgeblich "zum Aufbau im Osten" begannen, erstellte die Gestapo eine Liste von 1.000 Personen, die für den ersten Transport am 25. Oktober 1941 aufgerufen wurden, und eine 200 Namen umfassende Liste von Ersatzpersonen. Die Eheleute Schwarz gehörten zu den Nachrückern, Bernhard mit der Berufsangabe "Buchhalter". Schließlich umfasste der Transport 1034 Personen und traf am 26. Oktober 1941 im Getto von Lodz, damals Litzmannstadt genannt, ein. Dorthin wurde Helene Aberbach, geb. Lakser, am 26. Oktober 1941 von Prag aus ebenfalls deportiert. Drei Jahre nach ihrer Trennung in Hamburg sahen sie sich vermutlich noch einmal wieder.

Berisch-Bernhard Schwarz starb bereits am 29. Oktober 1941 an "Hertzschlag", wie es im Verzeichnis der Todesfälle heißt, und wurde wahrscheinlich auf dem jüdischen Friedhof beerdigt, wie es üblich war. Die letzte Spur von Taube Rechel-Toni Schwarz ist der Vermerk am Schluss der Todesanzeige von Berisch-Bernhard Schwarz: "Der Verstorbene hinterließ die Witwe Tauba-Ruchel, geb. Aberbach."

Stand April 2016

© Hildgard Thevs

Quellen: 1; 4; 5; 8; 9; Hamburger Adressbücher; StaH 213-11, 09651/39, 09917/39; 241-II, 26644 (Filmarchiv 741-4, A 262); 332-7, A III 21, Band 19, A VI 3, 960; 351-11, 3546; 522-1, 390; 992 e 2, Bd. 1; Dank an Fritz Neubauer für Hinweise auf Sterbefallregister Lodz: http://szukajwarchiwach.pl/39/278/0/18/1202/str/1/2/15/ntP5qVh00anymNp2qgDJRw/#tabSkany; http://szukajwarchiwach.pl/39/278/0/13.2/957a/skan/full/jvf--DKe_Af2840pvWaDWA
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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