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Bereits verlegte Stolpersteine



Jenny Jastrow, auf einem Balkon sitzend
Jenny Jastrow
© Privat

Jenny Jastrow (geborene Michael) * 1858

Heinrich-Barth-Straße 21 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
JENNY JASTROW
GEB. MICHAEL
JG. 1858
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
ERMORDET 18.7.1943

Weitere Stolpersteine in Heinrich-Barth-Straße 21:
Hedwig Eisemann, Felix Levy, Amalie Levy, Gerda Link

Jenny Jastrow, geb. Michael, geb. 1.7.1858, deportiert am 23.6.1943 nach Theresienstadt, dort am 18. Juli 1943 verstorben

Heinrich-Barth-Straße 21

Jenny Jastrow kam am 1. Juli 1858 als Tochter von Jacob Joseph Michael und Rebecka Michael, geborene Mainz, zur Welt. Ihr Vater war als Kaufmann in Hamburg tätig, ihre Mutter stammte aus Frankfurt am Main. Neben Jenny bekam das seit dem 6. Juni 1854 verheiratete Ehepaar drei weitere Kinder: Joseph Jacob (geb. 3. November 1855), Elieser Jacob (geb. 3. Februar 1860) und Sophie (geb. 20. Juni 1862).

Am 29. August 1876 heiratete Jenny Joseph Hirsch Jastrow, der als Kontorist (Angestellter für Büro- und Verwaltungsangelegenheiten) bei der Norddeutschen Bank in Hamburg tätig war. Die Tochter Rebecka kam am 26. August 1878 als erstes Kind zur Welt. Am 6. Februar 1880 folgte ihr Amalie. Joseph Hirsch verstarb bereits am 22. Juli 1880 und erlebte so die Geburt des dritten Kindes, Joseph, am 12. Januar 1881 nicht mehr. Von diesem Zeitpunkt an musste Jenny die drei Kinder alleine großziehen. Nach vielen Umzügen ließ sich die Familie 1900 in der Fehlandstraße nieder. Von 1916 bis 1934 lebte Jenny alleine in der Beneckestraße 24.

Nunmehr 77 Jahre alt, bezog Jenny Jastrow ab 1935 gemeinsam mit ihrer Tochter Amalie und ihrem Schwiegersohn Felix Levy eine Wohnung in der Heinrich-Barth-Straße 21. Ab November 1940 lebte sie im Jungfrauenthal 6. Dort zahlte sie 35 RM für ein Zimmer einschließlich Heizung und Warmwasser. Doch lange konnten sich Jennys Tochter und ihr Schwiegersohn nicht persönlich um ihr Wohlergehen kümmern und so zog sie auf Bemühungen von Felix Levy im März 1942 in das jüdische Altenhaus in der Sedanstraße 23. Dies war eine gemeinnützige Institution der jüdischen Gemeinde in Hamburg (am 10. Januar 1886 eingeweiht), wo ärmere Menschen kostenfrei Unterkunft finden konnten. Jenny gab beim Einzug an, noch über 1900 RM zu verfügen und bisher von Geldern ihrer ausgewanderten Verwandten (diese waren nach Schweden emigriert) zu leben. Doch der NS-Staat beschlagnahmte deren Gelder. Felix Levy traf deshalb eine Abmachung mit dem Altenhaus, damit Jenny keine Einzahlsumme aufbringen musste. Außerdem war sie Morphinistin, d. h. sie musste aus medizinischen Gründen Morphium zur Schmerzmilderung einnehmen und benötigte bis zu 40 RM monatlich für Medikamente. Um diese Pflege zu garantieren, vereinbarte man eine monatliche Pflegesumme von 150 RM. Jennys Schwiegersohn wollte zudem Sorge dafür tragen, dass Jenny mit ihrem eigenen Geld sparsam umginge.

Am 11. Juni 1942 wurden Amalie und Felix Levy nach Auschwitz deportiert. Für beide gibt es keinen Todesnachweis und sie wurden rückwirkend auf das Jahr 1945 für tot erklärt.

Nach der Zwangsräumung des Altenhauses musste Jenny in die Beneckestraße 6 ziehen, wo sich ein "Judenhaus" befand. Am 23. Juni 1943 wurde sie von dort aus ins KZ Theresienstadt deportiert, wo sie bereits am 18. Juli im "Siechenzimmer" verstarb.

Jennys Tochter Rebecka konnte noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mit ihrem Mann Louis Levisohn nach New York emigrieren und entging so der nationalsozialistischen Verfolgung im Dritten Reich. Sie setzte eine Todesanzeige für ihre Mutter in der Zeitschrift "Aufbau" auf (Das Blatt wurde 1934 gegründet und diente deutschen jüdischen Immigranten in den USA als Informationsquelle). Am 23. November 1952 starb Rebecka in Amerika.

Joseph Jastrow, der als Buchhändler in Berlin tätig war, wurde am 2. Juni 1942 gemeinsam mit seiner Frau Gertrud Emelie, geborene Ickenberg (geb. 1895), in ihrer Wohnung in der Kaiserallee von der Gestapo verhaftet. Ihre Namen finden sich auf der Liste des "XIV. Transports" (Osttransport, Abfahrt 2. Juni 1942), dessen genaues Ziel unbekannt ist. Auf den 8. Mai 1945 wurden Joseph und Gertrud Emelie für tot erklärt.

Ungefähr 25 Jahre nach der Ermordung von Jenny Jastrow erhielten ihre Enkelinnen Ruth Therese Rosettenstein und Ella Hanna Heller, beide Töchter von Amalie, für den Zeitraum vom 19. September 1941 (der Tag, ab dem der "Judenstern" getragen werden musste) bis zum Tod Jennys eine Entschädigung von 3300 DM zugesprochen.


Stand: August 2018
© Johanna Matthiesen

Quellen: StaHH 322-5 Standesämter 45004, 47001, 47002; StaHH 351-11 Amt für Wiedergutmachung 662; StaHH 522-1 Jüdische Gemeinde 696 e, 696 f, 992 n Bd. 15, 992 e 2 Bd. 4, 992 e 2 Bd. 5; Hamburger Adressbücher (HAB) 1873, 1900, 1916-1934, 1935; 522-1 Jüdischen Gemeinden 992b Kultussteuerkarte Jenny Jastrow; http://www.holocaust.cz/de/victims/PERSON.ITI.439596 (27.2.2014, 12:34); http://archive.org/stream/aufbau101944germ#page/n126/mode/1up. (27.2.2014, 11:30); http://www.statistik-des-holocaust.de/OT14-21.jpg (28.2.2014, 10:05); Lange, Alissa: Das jüdische Altenhaus am Grindel. Die jüdische Geschichte des heutigen katholischen Studentenwohnheims Franziskus-Kolleg in Hamburg im 19. Jahrhundert, Hamburg 2008, S. 16.

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