Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Prof. Dr. jur. Kurt Ferdinand Lothar Perels
© Enge Zeit

Kurt Perels * 1878

Edmund-Siemers-Allee 1 (Hauptgebäude Universität Hamburg) (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER LEHRTE
KURT PERELS
JG. 1878
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
10.9.1933

Siehe auch:

Weitere Stolpersteine in Edmund-Siemers-Allee 1 (Hauptgebäude Universität Hamburg):
Raphael Broches, Ernst Delbanco, Friedrich Geussenhainer, Hedwig Klein, Agathe Lasch, Gerhard Lassar, Hans Konrad Leipelt, Reinhold Meyer, Martha Muchow, Margaretha Rothe

Kurt Ferdinand Lothar Perels, geb. 9.3.1878, Flucht in den Tod am 10.9.1933

Gustav-Freytag-Straße 7 / Edmund-Siemers-Allee 1 / Trostbrücke 2–6

Kurt Perels wurde als Sohn von Ferdinand und Anna, geb. Volkmar, in Berlin geboren und entstammte dem dortigen Bildungsbürgertum. Sein Vater Ferdinand Perels hatte jüdische Eltern, konvertierte jedoch schon früh zum Christentum. Auch seine zukünftige Frau Anna war Christin. Dementsprechend wuchsen die gemeinsamen Kinder Kurt, Friederike, Leopold und Ernst auch mit dem christlichen Glauben auf.

Ferdinand Perels war Geheimer Admiralitätsrat im Reichs­ma­ri­neamt und zudem noch Pro­fessor für "Internationales See­recht" an der Universität Berlin. Seine Söhne Kurt und Leo­pold traten in seine Fußstapfen. Der jüngste Sohn Ernst begann ein Geschichtsstudium und avancierte zu einem geachteten Mit­tel­alterhistoriker an der Berliner Universität.

Nach dem Abitur am Joachimsthalschen Gymnasium begann Kurt Perels ein Studium der Rechts­wissenschaften, das ihn nach Kiel, Heidelberg und Berlin führte. 1899 wurde er Re­fe­rendar und ein Jahr später mit seiner Dissertation "Strei­tig­keiten Deutscher Bundesstaaten aufgrund des Art. 76 der Reichsverfassung" promoviert. Nach beendetem Studium war Kurt Perels in der Gerichtspraxis und bei den "Ältesten der Kaufmannschaft" in Berlin tätig.

Seine Habilitation erfolgte in Kiel bei Albert Hänel. 1908 wurde Kurt Perels zum Professor in Greifswald berufen. Schon ein Jahr später wechselte er nach Hamburg, um dort die Nach­folge von Richard Thoma am Kolonialinstitut anzutreten. Hier hatte er den Lehrstuhl für "Öf­fentliches Recht" inne und befasste sich zudem mit dem Aufbau der Bibliothek für "Öffentliches Recht". Kurt Perels wurde einer der ersten Ordinarien und erster Dekan der gerade neu ge­schaffenen Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Hamburg. An der Gründung der Universität war er maßgeblich beteiligt und beeinflusste wesentlich deren Rechtsform und Struktur. 1922 übernahm er zudem noch das Amt eines Rats am Hamburgischen Ober­lan­des­­gericht, wodurch er automatisch Mitglied des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts wurde. Bis zu seinem Tod hatte Perels sowohl sein Richteramt als auch sein Ordinariat inne. Neben diesen Verpflichtungen war er seit 1912 auch Mitglied der Patriotischen Gesellschaft und blieb wohl auch bis 1933 in ihr.

Nachdem Kurt Perels Lebensgefährtin 1926 verstorben war, vereinsamte der Professor zusehends und seine Kollegen be­merkten, dass er auch seelisch angeschlagen war. Im Sommer 1933 veränderte sich Perels Leben radikal. Eigentlich hätte er wohl keine politische Verfolgung zu erwarten gehabt, denn seine Gesinnung war national geprägt. Er war Monarchist und Preuße aus Überzeugung. Doch durch die nationalsozialistische Machtübernahme war er gezwungen, einen sogenannten Ariernachweis zu erbringen.

Im "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 wurde festgelegt, dass Beamte, die keine "arische" Abstammung nachweisen konnten, in den Ruhe­stand zu versetzen seien. Zwar war Kurt Perels getauft, muss­te aber im Fragebogen die jüdische Herkunft seines Vaters angeben. Dabei war ihm wohl bewusst, dass er durch diese Aussage sein Amt verlieren würde. Lediglich die Fürsprache seiner Kollegen hätte ihm vielleicht noch etwas Aufschub ge­währt. Eine Emigration ins Ausland scheint für ihn jedoch auch nicht in Betracht gekommen zu sein.

Der Verlust seines Amtes und seines Ansehens sowie die Demütigung seiner Entlassung trafen ihn in seiner konservativen und preußischen Überzeugung schwer. Dies zeigt sich in einem Brief Perels an Albrecht Mendelssohn-Bartholdy, den damaligen Leiter des Instituts für Auswärtige Politik. Am 25. August 1933 schrieb Perels an ihn: "Lieber Herr Mendelssohn, Unser Dekan hat mir heute eine Mitteilung gemacht, die mich so bewegt und bedrückt hat wie kaum etwas, was mir in den sechzig Semestern, seitdem ich akademischer Lehrer bin, begegnet ist. Ich versuchte, Sie im kleinen Rechtshaus zu treffen. Sie waren gerade fortgegangen. So möchte ich Ihnen wenigstens auf diesem Wege sagen, dass, wie auch die Ent­scheidung fallen möge, bei mir nichts von dem verloren gehen wird, was ich in langjähriger gemeinsamer Arbeit mit Ihnen für mich gewann."

Zwei Wochen später, am 10. September 1933, nahm sich Kurt Perels im Alter von 56 Jahren das Leben.

Die Einäscherung fand am 14. September 1933 im damals neuen Krematorium des Ohls­dor­fer Friedhofes statt. An der Trauerfeier nahmen der Rektor der Universität, die in Hamburg anwesenden Professoren, Vertreter der Studentenschaft und viele Männer des geistigen Le­bens teil. Vier Studenten in Stahlhelm-Uniform hielten die Totenwache. Die Grabrede hielt Prof. Dr. Bonn, ein Fachkollege von Perels. Die Zeitungen berichteten kurz danach, Kurt Perels sei nach langer Krankheit gestorben.

Seine Nachfolge trat ein strenger Antisemit an. Ernst Forsthoff war ein Schüler Carl Schmitts und machte sich 1933 mit seinem Werk "Der totale Staat" einen Namen. Doch seinen Schü­lern blieb Kurt Perels in guter Erinnerung. Stets hatte er sich um ihre väterlich fürsorgliche Be­treuung bemüht. Wenn sie nach seiner Auffassung Begabung, Charakter und Leis­tungs­fähig­keit besaßen, förderte er sie nicht nur pädagogisch und wissenschaftlich, sondern auch materiell. Zahlreiche spätere Rechtswissenschaftler hatten so ihre Karriere vor allen Dingen Kurt Perels zu verdanken.

Von den Verfolgungen durch die Nationalsozialisten waren nicht nur Kurt Perels, sondern auch seine Geschwister betroffen. Sein Bruder Ernst überlebte den Holocaust ebenfalls nicht. Da sein Sohn Friedrich-Justus am Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler beteiligt war, wur­de Ernst Perels im Oktober 1944 in "Sippenhaft" genommen und ins Kon­zentra­tions­lager Flossenbürg gebracht. Er erlag kurz nach der Befreiung durch die Alliierten im Mai 1945 den Folgen der Haft.

© Carmen Smiatacz

Quellen: 4; 5; 8; Bottin/Nicolaysen: Enge Zeit, S. 46; Krause/Huber/Fischer: Hochschulalltag im "Dritten Reich", Bd. 2, S. 870; Lebensbilder hamburgischer Rechtslehrer, S. 69ff.; Schicksal jüdischer Juristen in Hamburg im Dritten Reich, S. 29ff.; Roß: Der Ausschluss der jüdischen Mitglieder, S. 35f.; StaHH ZAS, A 765, Perels, Prof. Dr. jur. Kurt.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang