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Arthur Prager * 1880

Osterstraße 20 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
ARTHUR PRAGER
JG. 1880
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Osterstraße 20:
Louis Cohen-Cossen

Arthur Prager, geb. am 24.2.1880 in Christiania (d. i. Oslo); am 8.11.1941 in das Getto Minsk deportiert

Osterstraße 20

Arthur Prager wurde am 24. Februar 1880 in Oslo geboren. Der Ort hieß damals noch – nach einer dänischen Regentin – Christiania; so war es auch in seinen Geburtsdokumenten eingetragen. Seine Eltern waren Hermann Prager und Jenny Prager, geb. Levy, über die nichts weiter bekannt ist.

Erst für 1939 war für Arthur Prager vom Jüdischen Religionsverband in Hamburg eine Kultussteuerkartei angelegt, d. h. war er dessen Pflichtmitglied geworden. Das deutet auf eine vorherige Distanz zur Gemeinde hin. Entsprechend hatte sich Arthur Prager auch gegenüber seinem Geschäftsfreund Ewald W. geäußert. Er habe ihm gesagt, so dieser später, "daß er nicht Jude sei. Er zeigte mir auch seinen Militärausweis und seinen Meldeschein. In beiden Urkunden war vermerkt, daß Herr Prager evangelisch-lutherischer Konfession war."

Arthur Prager heiratete die nichtjüdische Alina Daemel, ebenfalls evangelisch. Nach den Nürnberger Gesetzen aus dem Jahr 1935 bildeten Arthur und Alina Prager eine "nicht-privilegierte" Mischehe; Kinder hatten sie nicht.

Arthur Prager war von Beruf Drogist. Spätestens seit 1907 betrieb er eine Drogerie in der Bellealliancestraße 68, gehörte also fast noch zur ersten Generation der Geschäftsleute, die sich in diesem an der Grenze zu Altona neu entstandenen Hamburger Stadtteil niedergelassen hatten. Die finanziellen Mittel dafür soll ihm seine Mutter zur Verfügung gestellt haben. Der Laden, den er gemietet hatte – Geschäftslokal mit anschließender kleiner Wohnung – war ein damals übliches Modell für den kleinen Einzelhandel in gemischten Wohn- und Gewerbegebieten. Als Händler war er Mitglied eines Gewerbefachverbandes, in seinem Fall im "Drogisten-Verband Hamburg e.V." Er war dem Verband nicht unbekannt, und so konnte der Geschäftsführer des Verbandes, W., noch zwanzig Jahre, nachdem Arthur Prager aus seinem Geschäft vertrieben worden war und das Amt für Wiedergutmachung ein Restitutionsverfahren für dessen Hinterbliebenen bearbeitete, Auskunft über ihn geben:
"Da Herr Prager Jude war, wurden ihm durch die Instanzen der NSDAP seit dem Jahr 1933 erhebliche Schwierigkeiten bereitet", hieß es in einem seiner Schreiben. "Die Drogerie wurde aus diesem Grunde auch im November 1938 behördlich geschlossen und das Warenlager wurde beschlagnahmt. Herr Prager betrieb seine Drogerie gemeinsam mit seiner Ehefrau unter zeitweiliger Mithilfe eines Verwandten." Die Größe des Geschäfts sei mit einem Jahresumsatz von 40.000 Reichsmark (RM) und einem Reingewinn von 7–8.000 RM zu schätzen: "Uns ist bekannt, daß Herr Prager ein großes Warenlager unterhielt", dessen Wert auf 30.000 RM geschätzt werden könne.

Tatsächlich lief das Geschäft 1938 allerdings nicht mehr so gut, wie es die Schätzungen des Drogistenverbandes vermuten lassen. Der Boykott jüdischer Geschäfte, auf den der Fachverband der Drogisten hinwies – wobei er offen ließ, wieweit er selbst an Boykottaufrufen beteiligt war – zeitigte für das Ehepaar Prager existenzielle Auswirkungen, die 1938 bereits zu einer Verschuldung geführt hatten. Pragers scheinen darüber mit ihren nächsten Verwandten und Freunden nicht oder kaum gesprochen zu haben. Als die Hamburger Behörde für Handel, Schiffahrt und Gewerbe am 5. Dezember 1938 das Geschäft gemäß der "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12.11.1938" schloss, hatte sich bei Arthur und Alina Prager bereits ein Mietrückstand von mehreren hundert RM angehäuft.

Die Miete war ihnen gestundet worden; als Sicherheit diente der Warenbestand der Drogerie. Einen Monat durfte das Ehepaar dann noch in der Geschäftswohnung bleiben – für die es monatlich 100 RM zu zahlen hatte –, dann musste sie aufgegeben werden. Am 1. Februar 1939 bezogen sie zwei Zimmer zur Untermiete in der Wohnung des befreundeten Kaufmanns Ewald W. in der Osterstraße 20, ihre Möbel aus der alten Wohnung nahmen sie mit. Finanzielle Rücklagen besaßen sie nicht mehr, hatten jedoch Mietschulden von insgesamt 900 RM. Sie mussten Fürsorgeunterstützung beantragen.

Vermutlich 1939 nach dem Umzug starb Alina Prager, womit für Arthur Prager der Schutz der "Mischehe" entfiel. Er musste in das "Judenhaus" in der Heinrich-Barth-Straße 8 ziehen, wo er den Deportationsbefehl für den 8. November 1941 nach Minsk erhielt. Dort verliert sich seine Spur.

© Peter Offenborn

Quellen: 1; 2 (P 320); 4; 5; Frank Bajohr, "Arisierung".
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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