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Ferdinande Goldschmidt (geborene Bernheim) * 1884
Marckmannstraße Ecke Lindleystraße (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)
HIER WOHNTE
FERDINANDE
GOLDSCHMIDT
GEB. BERNHEIM
JG. 1884
DEPORTIERT 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET
Weitere Stolpersteine in Marckmannstraße Ecke Lindleystraße:
Julius Goldschmidt
Ferdinande Goldschmidt, geb. Bernheim, geb. 16.4.1884 in Hamburg, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz
Julius Goldschmidt, geb. 27.5.1881 in Hamburg, inhaftiert 1938 KZ Sachsenhausen, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz
Marckmannstraße/Ecke Lindleystraße (Marckmannstraße 58)
Obwohl Ferdinande Henriette Goldschmidt nach nationalsozialistischer Klassifikation eine "Vierteljüdin" war, wurde sie wegen ihrer Ehe mit einem "volljüdischen" Mann in die Vernichtung der deutschen Juden einbezogen. Die Gestapo wies beide dem Transport vom 11. Juli 1942 zu. Entgegen anderen Transporten in den Osten verließ dieser Hamburg angeblich mit unbekanntem Ziel.
Als Ferdinande geboren wurde, wohnten ihre Eltern, der Kaufmann Heinrich Bernheim und seine Ehefrau Gesche, geb. Bergmann, Colonnaden 36 in der Neustadt. Von dort zog die Familie in die Poolstraße 13. Der Vater war Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde, die Mutter gehörte der evangelisch-lutherischen Kirche an. Ferdinande Bernheim wuchs offenbar konfessionslos auf. Ihr späterer Ehemann Julius Goldschmidt stammte aus einer jüdischen Familie. Seine Eltern, der Kaufmann Joseph Goldschmidt und seine Ehefrau Giedel, genannt Jettchen, geb. Block, wohnten, als er geboren wurde, ebenfalls in der Neustadt, in der ABC-Straße 34; sie zogen später in das Grindelviertel.
Julius Goldschmidt wurde kaufmännischer Angestellter und arbeitete als solcher auch als Vertreter. Die Hochzeit mit Ferdinande Bernheim fand am 30. September 1905 statt. Das Ehepaar zog in die Bleichenbrücke 6. Ferdinande Goldschmidts Vater Heinrich Bernheim war einer der Trauzeugen, der andere Karl Closius, offenbar ein Freund des Bräutigams. Warum kein Verwandter Julius Goldschmidts als Trauzeuge fungierte, dessen beide Eltern noch lebten, ließ sich nicht klären. Vielleicht nahmen sie Anstoß an der "Mischehe", vielleicht an der 1903 vorehelich geborenen Tochter H.
Über das Leben der Familie Goldschmidt in den Jahrzehnten bis 1932 ließ sich nichts Näheres ermitteln. 1932 legte die Deutsch-Israelitische Gemeinde Hamburg eine neue Steuerkarte für Julius Goldschmidt an, auf der auch seine Frau Ferdinande und die Tochter vermerkt wurden, Ferdinande mit dem Zusatz "Austritt". Julius Goldschmidt verlor in den 1930er Jahren seine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter und blieb erwerbslos. Er erteilte Klavierunterricht, erreichte damit jedoch kein steuerpflichtiges Einkommen. Vermutlich im Zusammenhang des Novemberpogroms 1938 wurde er im KZ Sachsenhausen inhaftiert und mit der Auflage entlassen, so bald wie möglich zu emigrieren. Julius Goldschmidt betrieb seine Auswanderung nach England, wobei ihn der Jüdische Hilfsverein unterstützte.
Am 22. April 1939 trug der Standesbeamte in das Geburtsregister Ferdinande Goldschmidts einen Randvermerk ein:
"Laut Anzeige des Julius Goldschmidt, wohnhaft in Hamburg, Marckmannstraße 58, hat seine Ehefrau Ferdinande Henriette, geb. Bernheim, den zusätzlichen Vornamen Sara gemäß § 2 der II. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familien- und Vornamen vom 17. August 1938 angenommen." Diese Formulierung verbrämte, dass es sich um eine allgemeine Zwangsmaßnahme gegen Juden handelte, die in gleicher Weise Julius Goldschmidt selbst betraf, der seinem Namen ein "Israel" hinzusetzen musste. Er erhielt am 11. Juli 1939 die Unbedenklichkeitsbescheinigung für seine Auswanderung, und die jüdische Gemeinde ging davon aus, dass er im August 1939 nach England emigriert sei. Vermutlich scheiterte die Auswanderung am Kriegsbeginn. Offen bleibt nach den Akten, ob Ferdinande Goldschmidt und die Tochter ebenfalls emigrieren wollten. Julius Goldschmidt arbeitete danach in einer Sägerei, vermutlich als Zwangsarbeiter.
Die Eheleute Goldschmidt verließen ihre Wohnung in der Marckmannstraße 58 am 12. Februar 1942 und zogen in die Kielortallee 24, wo die jüdische Gemeinde auf Anordnung der Gestapo im Oppenheimer-Stift ein "Judenhaus" eingerichtet hatte. Nach nur vier Monaten verließen Ferdinande und Julius Goldschmidt diese Unterkunft gezwungenermaßen. Der Deportationstransport, dessen Ziel ihnen nicht genannt wurde, führte nach Auschwitz, wo die Ankommenden offenbar gleich in die noch im Probestadium befindlichen Gaskammern getrieben und ermordet wurden. Ihr Leben endete mit 58 bzw. 61 Jahren.
© Hildegard Thevs
Quellen: 1; 4; 5; AB div., StaH 332-5 Standesämter, 2204+2575/1881, 2077+1939/1884, 3042+636 /1905; 552-1 Jüdische Gemeinden, 391; 872 Jüd. Gemeindeblatt XIV; Sielemann, Jürgen, Zielort.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".