Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Elisabeth Mansfeld, 1933
Elisabeth Mansfeld, 1933
© Privatbesitz

Elisabeth Mansfeld * 1920

Wellingsbütteler Landstraße 165 (Hamburg-Nord, Ohlsdorf)


HIER WOHNTE
ELISABETH MANSFELD
JG. 1920
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
RIGA

Weitere Stolpersteine in Wellingsbütteler Landstraße 165:
Dora Canepa, Anna Röhmann, Amalie Röhmann, Martin Röhmann

Elisabeth Mansfeld, geb. 29.8.1920 in Lüchow, deportiert am 6.12.1941 nach Riga und ermordet

Wellingsbütteler Landstraße 165

Elisabeth Mansfeld kam am 29. August 1920 in Lüchow im Wendland zur Welt. Sie war die Tochter von Karoline, genannt Lina, geb. Holländer (geb. 13.4.1882 in Mönchen-Gladbach), und dem aus Salzwedel stammenden Willi Mansfeld (geb. 19.8.1877). Nach den Einwohnerbüchern von Lüchow wohnte der Händler Willi Mansfeld 1929 in der Langestraße 46 und ab 1934 in der Drawehnerstraße 1. Bereits Elisabeths Großvater väterlicherseits hatte sich mit einem Tabakhandel in Lüchow niedergelassen.

Ebenfalls in Lüchow lebte auch die Familie ihres Onkels. Der acht Jahre ältere Bruder ihres Vaters, Siegmund Mansfeld (geb. 11.9.1869 in Lüchow), war Händler mit Fellen, Rohprodukten, Metallen und Porzellan. Seine Ehefrau Johanna, geb. Löwenstein (geb. 18.1.1870), stammte aus Wusterhausen an der Dosse. Gemeinsam hatten sie vier in Lüchow geborene Kinder, Ottilie (geb. 20.1.1900), Margarete (geb. 8.3.1903), Elli (geb. 18.5.1906) und Walter (geb. 29.1.1910). Die Familie hatte zunächst auf einem Gutshof in der Georgstraße 7 gewohnt. Nach einem Brand hatte Siegmund Mansfeld das Haus in der Kalandstraße 5 erworben und bewohnte es mit seiner Familie. Vermutlich arbeiteten die Brüder Mansfeld zusammen im Produktenhandel.

Elisabeth Mansfeld, genannt Liesel, wuchs in Lüchow auf und besuchte dort die Volksschule. Zusammen mit 66 Schüler*innen des Geburtsjahrgangs 1920/21 wurde sie von Lehrer Hermann Hildebrandt unterrichtet.

Ihre älteste Cousine Ottilie war bereits auf diese Schule gegangen und auch vermutlich ihre anderen wesentlich älteren Cousinen und Cousins. Es ist anzunehmen, dass Elisabeth Mansfeld mit ihrer Familie wie auch andere Verwandte an den hohen Feiertagen nach Salzwedel fuhr, um die Synagoge der kleinen Jüdischen Gemeinde zu besuchen.

Die Familien Mansfeld waren vor 1933 anscheinend gut im ländlichen Gemeinschaftsleben integriert, wie Fotos aus den 1920er Jahren mit Elisabeths Cousine Elli als Mitglied der Turnerinnenriege des Lüchower Turnvereins und mit Elisabeths Onkel Siegmund Mansfeld im Lüchower Schützenverein belegen.

Der "Produktenhändler" (handelte mit landwirtschaftliche Produkten) Siegmund Mansfeld hatte im Ort sein Geschäft geführt – bis in der Pogromnacht im November 1938 die Schaufenster seines Ladens und etliches Porzellan, laut dem polizeilichen Protokoll, durch "fünf große Männer in bürgerlicher Kleidung" zerstört wurden. Die sich im Erdgeschoss befindliche Werkstatt des nichtjüdischen Schusters Kautz hatten die Männer ebenfalls zerstört. Für den gesamten Schaden musste Siegmund Mansfeld anschließend aufkommen.

Im Jahre 1939 wurde Elisabeths Familie gezwungen, in das Haus ihres Onkels Siegmund in der Kalandstraße 5 mit einzuziehen, das "Judenhaus" direkt neben dem Kirchturm der St. Johannis Kirche.

Elisabeth Mansfeld kam über Hannover als 19jährige nach Hamburg. Am 5. Juni 1940 meldete sie sich zunächst bei Edgar Hirsch (siehe dessen Biographie) im Brombeerweg 47 an. Sie wohnte und arbeitete dort zusammen mit Dora Canepa, geb. Röhmann, als zusätzliche Haushaltshilfe fünf Monate lang, von Juni bis Oktober 1940. Anschließend, ab 28. Oktober 1940, wohnte und arbeitete sie im Haushalt von Dora Canepas Bruder, Martin Röhmann, in der Wellingsbütteler Landstraße 165 (siehe dessen Biographie). Dies war jedoch nur für zehn Monate möglich.

Am 31. August 1941 musste sie ein weiteres Mal umziehen. Sie kam im Grindelviertel, in der Grindelallee 54, Haus 3, bei Cohen, unter. Nur drei Monate später erhielt sie den Deportationsbefehl und musste Hamburg verlassen.

Im selben Zug, am 6. Dezember 1941 nach Riga-Jungfernhof, wurden auch ihre Eltern Karoline und Willi Mansfeld, ihre Cousine Ottilie Mansfeld, ihr Cousin Walter und seine Ehefrau Ursula Mansfeld, geb. Leyser, mit Sohn Heinz, deportiert. Sie bestiegen den Deportationszug in Lüneburg. Elisabeth Mansfeld, 21 Jahre, ihre Mutter Lina, 59 Jahre, ihr Vater Willi, 62 Jahre, und ihre Cousine Ottilie, 41 Jahre, ihre Schwägerin Ursula, 27 Jahre, und deren Sohn Heinz, 4 Jahre alt – sie wurden alle in Riga ermordet. Ihr Cousin Walter, 31 Jahre alt, verschleppt in das KZ Buchenwald, wurde dort ermordet. Ottilie Mansfeld hatte zuvor vergeblich versucht, nach England zu emigrieren; über Auswanderungsabsichten von Elisabeth Mansfeld und ihren Eltern ist nichts bekannt.

Der weitere Schicksalsweg ihrer Verwandten
Elisabeth Mansfelds weitere Verwandte, ihr Onkel Siegmund Mansfeld, und dessen Ehefrau Johanna, geb. Löwenstein, wurden am 17. Juli 1942 als letzte Juden aus Lüchow nach Theresienstadt deportiert. Siegmund Mansfeld verstarb dort am 11. April 1943 mit 73 Jahren, Johanna Mansfeld ein Jahr später, am 14. April 1944, im Alter von 74 Jahren. Deren Tochter Elli, 36 Jahre, Rechtsanwaltsgehilfin in Meiningen, wurde im Mai 1942 nach Belzec deportiert und ermordet. Elisabeth Mansfelds Cousine Margarete war nichtjüdisch verheiratet und kam mit einer der letzten Deportationen am 9. Februar 1945 nach Theresienstadt. Sie ist die einzig Überlebende der Familie Mansfeld aus Lüchow.

Im Geburtsort von Elisabeth wurde am Glockenturm der St. Johannis Kirche, der an das ehemalige letzte Wohnhaus der Mansfelds in der Kalandstraße 5 grenzt, im Jahre 1995 eine Gedenktafel für die Großfamilie Mansfeld angebracht. Im selben Jahr teilte ein anonymer Anrufer dem Stadtarchiv in Lüchow mit, dass sein Vater als Soldat im Jahre 1942 Willi Mansfeld, Elisabeths Vater, in einer Arbeitskolonne an der Rollbahn im russischen Smolensk begegnet sei.

Stand: Januar 2023
© Margot Löhr

Quellen: Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 210 Acc. 2004/025 Nr. 1385; Niedersächsischen Landesarchiv, Bestand NLA Hannover Hann. 210 Acc. 160/98 Nr. 8, fol. 100-101, Deportationsliste; Recherche und Auskünfte Bettina Wolf, Standesamt Lüchow, Geburtsregister 1920, Nr. 76; Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, hrsg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier und David Fraenkel, Göttingen 2005, Bd. 2, S. 1001–1006 (Lüchow); Axel Kahrs/Christiane Beyer: "Meinen Glauben habe ich verloren". Erinnerungen von Margarete Mansfeld, in: Elke Meyer-Hoos (Hrsg.): Das Hakenkreuz im Saatfeld. Beiträge zur NS-Zeit in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Salzwedel, Neuaufl., Wustrow 2013, S. 468–471; Elke Meyer-Hoos: Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung: Die Großfamilie Mansfeld, Lüchow, in: dies. (Hrsg.): Das Hakenkreuz im Saatfeld. Beiträge zur NS-Zeit in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Salzwedel, Neuaufl., Wustrow 2013, S. 450–463; Die Online-Datenbank zur Geschichte des Landkreises Lüchow-Dannenberg, http://www.wendland-archiv.de, eingesehen am: 14.3.2022; Theresienstadt-Lexikon, Margarete Mansfeld, http://www.ghetto-theresienstadt.de/pages/m/mannsfeldm.htm, eingesehen am: 7.4.2022; Zeitzeugin Lydia Kulow, http://www.damals-im-wendland.de/1940-1945-Luechow.htm, eingesehen am: 7.4.2022. Herzlichen Dank an Burghard Kulow!

druckansicht  / Seitenanfang