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Albert von Halle * 1876
Neanderstraße , links neben der Hausnr. 35 (Hamburg-Mitte, Neustadt)
HIER WOHNTE
ALBERT VON HALLE
JG. 1876
DEPORTIERT 1941
RIGA
ERMORDET
Weitere Stolpersteine in Neanderstraße , links neben der Hausnr. 35:
Rosa von Halle
Albert von Halle, geb. am 8.3.1876 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof
Rosa von Halle, geb. Löwenthal, geb. am 5.3.1876 in Berlin, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof
Neanderstraße, links vor der Hausnummer 35 (Elbstraße 123)
Rosa Löwenthal und Albert von Halle hatten am 29. November 1900 in Hamburg geheiratet. Ihre Familien waren Nachbarn in der ehemaligen Elbstraße gewesen. Alberts Eltern, der "Lotteriekollekteur" Martin von Halle (geb. 11.6.1841, gest. 12.2.1928) und dessen Ehefrau Ledica, geb. de Lemos (geb. 1841, gest. 25.1.1890), wohnten schon in der 3. Elbstraße 24 (ab 1900 Elbstraße 123, heute Neanderstraße), als ihr Sohn geboren wurde. Die Vorfahren seiner Mutter Ledica waren sephardische Juden, die Ende des 16. Jahrhunderts wegen ihres Glaubens von der iberischen Halbinsel vertrieben worden waren.
Rosa Löwenthal hatte in Berlin, in der Wadzeckstraße 20, das Licht der Welt erblickt. Ihr Vater David Löwenthal (geb. 1850, gest. 12.11.1903) hatte seinen Lebensunterhalt als "Handelsmann" verdient, er war als Sohn der Händlerin Henriette Löwenthal in Greifenhagen geboren worden. Ihre Mutter Karoline/Keile, geb. Simon (geb. 4.7.1845, gest. 29.9.1925), stammte aus Grätz. Familie Löwenthal lebte in der 2. Elbstraße 9 (ab 1900 Elbstraße 74, heute Neanderstraße).
Albert von Halle war Glasermeister und seit 1899 in der Elbstraße selbstständig tätig. Rosa war Schneiderin. Ihr erstes Kind, Tochter Lilli, wurde am 3. September 1901 geboren. Ihren zweiten Vornamen Ledica erhielt sie nach ihrer 1890 verstorbenen Großmutter. Schwester Henriette folgte am 27. Februar 1903. Albert von Halle wurde im August 1915 eingezogen und nahm bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil. Nach dem Krieg arbeitete er wieder als Glaser.
Tochter Henriette, die Henny genannt wurde, begann nach der Schulzeit eine Friseurlehre und heiratete am 26. September 1929 den nichtjüdischen Bäckermeister Arnold Blaesing (geb. 9.7.1903) aus Wilhelmsburg. Das junge Paar lebte zunächst bei Henriettes Eltern, 1933 zogen sie in die Kurzestraße 8 (heute Kurze Straße). Arnold Blaesing ließ sich zum Glaser ausbilden und legte eine weitere Meisterprüfung ab. 1937 nahm Albert von Halle seinen Schwiegersohn als Teilhaber in seine Firma auf, in die Handwerksrolle wurde er am 13. März 1939 eingetragen. Wie Henriette und Arnold Blaesing im Rahmen ihrer Wiedergutmachung berichteten, forderten nach der Machtübernahme der NSDAP Parteifunktionäre durch Propaganda und Besuche in "arischen" Geschäften die Besitzer nachdrücklich auf, jüdischen Firmeninhabern keine Aufträge mehr zu erteilen. Mitte der 1930er Jahre konnte Henriettes Vater nur noch durch Aufträge der Grundstücksverwaltung der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Einkünfte erzielen. 1939, nach 40-jährigem Geschäftsbestehen, wurde Albert von Halle gezwungen, sich aus dem Geschäftsleben "zurückzuziehen". Arnold Blaesing übernahm die Nachfolge und die Versorgung seiner Schwiegereltern. Im selben Jahr mussten Albert und Rosa von Halle auf Anordnung der Gestapo auch ihre Wohnung aufgeben, sie wurden in das Lazarus-Gumpel-Stift, Schlachterstraße 47, Haus 5 einquartiert, wo das Ehepaar in beengten Verhältnissen lebte. Kurz nach dem 41. Hochzeitstag erhielt das Ehepaar von Halle seinen Deportationsbefehl für den 6. Dezember 1941 nach Riga. Die Schwester ihres Schwiegersohnes, Gertrud Nolte, geb. Blaesing, kam, um sich von ihnen zu verabschieden und berichtete später von "großen seelischen Sorgen im Hinblick auf die Deportation". Henriette begleitete ihre Eltern noch zur Moorweide, um dort von ihnen Abschied zu nehmen. Lilli konnte ihre Eltern aus Krankheitsgründen nicht verabschieden. Sie erhielt aber noch eine Nachricht von ihrem Vater, die er während des Transportes aus Berlin schickte, dann verliert sich die Spur von Albert und Rosa von Halle.
Arnold Blaesing wurde 1941 zur Marine eingezogen und im folgenden Jahr wegen seiner jüdischen Ehefrau als "wehrunwürdig" entlassen. Im Februar 1943 musste er auf Anordnung der Gestapo die Glaserei aufgeben. Die Werkstatt in der Straße Thielbek war bereits ausgebombt. Arnold Blaesing wurde, wie auch Fritz Spradau, der Ehemann seiner Schwägerin Lilli, als "jüdisch Versippter" zur Zwangsarbeit verpflichtet. Für die Bauverwaltung leistete er in den Hamburger Trümmergebieten unter lebensbedrohlichen Bedingungen Aufräumarbeiten.
Seine Schwägerin Lilli hatte am 18. Oktober 1923 den Glaser Fritz Spradau (geb. 23.7.1898) geheiratet und lebte in der Sophienallee 44 in Hamburg-Eimsbüttel ebenfalls in sogenannter Mischehe. Henriette Blaesing und Lilli Spradau sollten noch kurz vor Kriegsende, im Februar 1945 zu einem "auswärtigen Arbeitseinsatz", nach Theresienstadt deportiert werden, beide Schwestern waren aber aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig.
Auch die Geschwister von Albert von Halle wurden deportiert und ermordet. Seine Schwester Auguste von Halle (geb. 8.12.1877) kam am 15. Juli 1942 aus der Sedanstraße 23 nach Theresienstadt und von dort am 15. Mai 1944 nach Auschwitz.
Alberts Bruder Felix von Halle (geb. 19.4.1885) war Schriftsetzer und wurde bereits am 8. November 1941 ins Getto Minsk deportiert. Ein Stolperstein am Schulterblatt 84 erinnert an ihn (s. Stolpersteine in Hamburg-St. Pauli).
Der Älteste Mordechai/Max von Halle (geb. 4.9.1871) starb am 7. April 1939 in Hamburg und erlebte die Deportation seiner Geschwister sowie seiner Frau Jenny und Tochter Lissy Ledica von Halle (s. dort) nicht mehr.
Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl
Quellen: 1; 6; 9; StaH 332-5 Standesämter 1880 u 1237/1876; StaH 332-5 Standesämter 13561 u 2339/1901; StaH 332-5 Standesämter 2946 u 1242/1900; StaH 332-5 Standesämter 521 u 1766/1903; StaH 332-5 Standesämter 898 u 393/1925; StaH 332-5 Standesämter 8093 u 70/1928; StaH 332-5 Standesämter 273 u 256/1890; StaH 351-11 AfW 3121 (von Halle, Rosa); StaH 351-11 AfW 3124 (von Halle, Albert); StaH 351-11 AfW 24339 (Spradau, Lilli); StaH 351-11 AfW 21344 (Spradau, Fritz); StaH 351-11 AfW 26879 (Blaesing, Arnold); StaH 351-11 AfW 27940 (Blaesing, Henriette); StaH 314-15 Abl. 1998 H729; Jungblut/Ohl-Hinz: Stolpersteine, S. 192; Meyer: Verfolgung, S. 79–87.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".