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Bereits verlegte Stolpersteine



Ruth Lissauer * 1924

Isestraße 85 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
RUTH LISSAUER
JG. 1924
FUCHT 1938
HOLLAND
INTERNIERT
DEPORTIERT 1944
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Weitere Stolpersteine in Isestraße 85:
Erna Baruch, Walter Baruch, Gretchen Cohn, Max Cohn, Erwin Cohn, Senta Lissauer, Wolfgang Lissauer, Cerline Elise Nathan

Senta Lissauer, geb. Lippstadt, geb. 7.12.1889 in Hamburg, am 25.10.1941 deportiert nach Lodz
Wolfgang Lissauer, geb. 14.12.1921, aus Holland deportiert nach Auschwitz, am 30.9.1942 ermordet
Ruth Lissauer, geb. 8.1.1924, aus Holland deportiert nach Auschwitz, am 31.7.1944 ermordet

Senta Lissauer stammte aus einer wohlhabenden Familie. Ihr Vater, Emil Lippstadt, war ein erfolgreicher Effektenmakler. Von 1907 bis 1911 besuchte sie eine Grundschule, danach bis 1917 eine Realschule in Hamburg.

Sie wollte Konzertpianistin werden und studierte Musik. Bis zu ihrer Heirat am 4. März 1921 konnte Senta Lissauer einige Male in Konzerten auftreten. Danach widmete sie sich dem Haushalt und ihren drei Kindern, die bis 1925 geboren wurden.

Als sie 1926 geschieden wurde, nahm sie ihren Beruf wieder auf. Sie trat als Konzertpianistin auf, gab Klavierunterricht und arbeitete als Klavierbegleiterin in Ballettschulen. In der Wohnung fanden Hauskonzerte statt. Die Familie hatte ein gutes Auskommen und konnte ein Dienstmädchen für die Kinderbetreuung und den Haushalt einstellen.

Das änderte sich, als jüdische Künstler nur noch im jüdischen Kulturbereich auftreten durften. Ein Konzert, das sie am 27. Februar 1937 im Gabriel-Riesser-Saal im Tempel in der Oberstraße, heute der Studiosaal des NDR, gab, ist dokumentiert. Senta Lissauer erhielt auch noch Gelegenheit, im kleinen Privatorchester des nichtjüdischen Hans Bauer in Eppendorf zu spielen, in dessen Haus sie auch privat verkehrte.

Für Senta Lissauer hatte seit Beginn der NS-Herrschaft eine Odyssee durch verschiedene Wohnungen begonnen, die nicht genau nachzuvollziehen ist. 1937 bezog sie mit ihren Kindern in der Hansastraße die Wohnung ihrer inzwischen verstorbenen Eltern.

Der im Dezember 1921 geborene Sohn Wolfgang konnte 1936 noch seine kaufmännische Lehre beenden, verlor aber 1938 seine Arbeit. Wolfgang und seine beiden Schwestern, Ruth, geboren 1924, und Beatrice, geboren 1925, kamen im Dezember 1938 mit einem Kindertransport nach Holland in ein Kinderheim. Am 25. Januar 1939 beantragte Senta Lissauer bei der Oberfinanzdirektion, den Kindern zehn RM schicken zu dürfen, weil sie auf dem Transport kein Geld mitnehmen durften. Während dieser Antrag ohne Begründung abgelehnt wurde, durfte Senta Lissauer ihren Kindern im April 1939 ihre Sommerkleidung nachschicken.

In Holland wurden die Geschwister später getrennt. Ruth kam zunächst im Kinderlager "Mulo" in Scheveningen unter, nach dem Einmarsch der deutschen Truppen gelangte sie nach Arnheim. Am 11. Dezember 1942 wurde sie ins Durchgangslager Westerbork gebracht und von dort nach Auschwitz deportiert. Hier wurde sie am 31. Juli 1944 ermordet.

Das Schicksal ihres älteren Bruders Wolfgang ließ sich nicht genau rekonstruieren. Jedenfalls wurde er nach Auschwitz deportiert und schon fast zwei Jahre vor seiner Schwester am 30. September1942 ermordet.

Allein Beatrice überlebte das "Dritte Reich" in der Emigration.

Senta Lissauer, inzwischen ganz allein, musste im November 1939 die Wohnung in der Hansastraße räumen. Sie lebte noch fast zwei Jahre in einem Zimmer in der Isestraße zur Untermiete, bis sie den Deportationsbefehl ins Getto Lodz erhielt, wo sie zu einem unbekannten Zeitpunkt ums Leben kam. Wahrscheinlich starb sie noch vor ihren Kindern, die vermutlich nichts vom Schicksal der Mutter erfuhren.

© Christa Fladhammer

Quellen: 1; AfW 230725; Gemeindeblatt der der Deutsch-Israelitischen Ge­meinde von 1937, Nr. 3.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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