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Bereits verlegte Stolpersteine



Heinz Frank * 1920

Beim Andreasbrunnen 9 (Hamburg-Nord, Eppendorf)


HIER WOHNTE
HEINZ FRANK
JG. 1920
DEPORTIERT 1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET 22.1.1942

Weitere Stolpersteine in Beim Andreasbrunnen 9:
Heinz Becher, Gertrud Becher, Wilhelm Frank, Emmy Frank, Erika Hesse

Wilhelm Frank, geb. 1.1.1882 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, dort gestorben am 11.4.1942
Emmy Frank, geb. Stern, geb. 11.8.1888 in Frankfurt/Main, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, dort gestorben am 5.4.1944
Heinz Frank, geb. 12.11.1920 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, dort gestorben am 22.1.1942

Beim Andreasbrunnen 9

Wilhelm Frank stammte aus einer jüdischen Hamburger Kaufmannsfamilie. Sein Vater war Jakob Frank; die Mutter, Sara Frank, war eine geborene Spiro. Der Vater starb, als Wilhelm fünf Jahre alt war. Doch die Mutter und ihre Familie achteten darauf, dass Wilhelm eine gute Ausbildung bekam. So machte er im Jahre 1900 als Primus des Jahrgangs das Abitur, leistete dann den Militär-Dienst als Einjährig-Freiwilliger ab und trat anschließend in die kaufmännische Lehre bei der Hamburger Im- und Export-Firma Emil Behr ein. Er hatte offensichtlich Freude an fremden Sprachen und auch die Begabung und den Fleiß dazu, denn in seiner Freizeit vervollständigte er seine Kenntnisse in Englisch und Französisch und lernte darüber hinaus Spanisch, Italienisch und Russisch. Später kam Hebräisch hinzu.

In der Firma erkannte man Franks Fähigkeiten und beauftragte den jungen Mann, der unterdessen seine Lehre abgeschlossen und Angestellter bei Behr geworden war, um 1908 mit der Leitung der Geschäfte in der Moskauer Dependance des Unternehmens. Damit ließ es Wilhelm Frank aber nicht bewenden: Er machte sich in Russland mit einer eigenen Import-Export-Firma selbstständig. Antisemitische Wellen jedoch, wie sie im Zarenreich immer wieder durchs Land liefen bzw. geschickt wurden, veranlassten Wilhelm Frank, nach Deutschland zurückzukehren. Sein Bruder Victor Frank, Bankier in Hamburg, Große Bleichen 31, wartete schon auf ihn, nahm ihn in sein Geschäft auf und ernannte ihn 1913 zum Prokuristen.

Es kam der Erste Weltkrieg. Wilhelm Frank wurde eingezogen und an die Ostfront geschickt. Hier nahm er an den schweren Kämpfen bei Tannenberg/Ostpreußen (1914) teil. Dann wurde es für ihn ruhiger: Er avancierte in der 11. Landwehrdivision zum Russisch-Dolmetscher. Zum Schluss wurde er sogar mit dem Eisernen Kreuz II dekoriert und, wieder zuhause, auch noch mit dem Hanseatenkreuz. Zurück in Hamburg, stieg er in der Bank des Bruders zum Teilhaber auf.

Im Januar 1920 heiratete er, 38 Jahre alt und ein erfahrener und wohlhabender Mann, die 22-jährige Jüdin Johanna Hertha Krohn aus Hamburg-Rotherbaum (geb. 22. Oktober 1898). Das Paar nahm sich eine geräumige Wohnung im Woldsenweg 3. Am 12. November 1920 wurde der Sohn Heinz-Joachim geboren. Doch das Familienglück währte nur ein Jahr: Am 21. Dezember 1921 starb Johanna plötzlich. Ihrem Sohn vererbte sie ein großes Vermögen an Wert-Papieren, das der Witwer verwaltete.

Am 5. Oktober 1923 ging Wilhelm Frank eine zweite Ehe ein, mit der 1888 geborenen Emmy Stern aus Frankfurt. Emmy war gelernte Sekretärin und Stenotypistin. Aus dieser Ehe ging die Tochter Ingeborg Ruth hervor (geb. 16.3.1926).

Erfolgreich in seiner Tätigkeit als Bankkaufmann und ausgestattet mit einem respektablen Privatvermögen, ging Wilhelm Frank in seinem Beruf erneut einen Schritt weiter: Nach mehrjähriger Vorbereitung schied er aus der Bank Victor und Wilhelm Frank aus und gründete ein eigenes Geldinstitut. Er begann ohne Angestellte. Das Büro befand sich zunächst in der neuen und größeren Privatwohnung im Loogestieg 11, dann Am Andreasbrunnen 9 II. Am 27. April 1933 wurde die Firma unter der Nummer HR A 38020 ins Handelsregister Hamburg eingetragen.

Am 30. Januar 1933, Frank war gerade in der Endphase der Vorbereitungen, hatten die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernommen und sofort damit begonnen, schrittweise ihren Terror zu entfalten. Franks Unternehmen war zum Scheitern verurteilt. Es machte Jahr für Jahr Verlust. Die Familie lebte von den Einkünften aus den Wertpapieren, bis die Nationalsozialisten auch diese sperrten. Am 19. Juli 1938 musste Wilhelm Frank als Jude die Devisenhandelsermächtigung zurückgeben, dann wurde ihm der Besuch der Börse untersagt und die Vergünstigung des Händlerstempels entzogen. Damit war die Führung eines Bankgeschäftes nicht mehr möglich. Wilhelm Frank gab auf. Unter dem Datum des 24. März 1939 hieß es im Handelsregister: "Die Firma ist erloschen".

März 1939: Die Kinder Heinz-Joachim und Ingeborg Ruth waren nun 19 bzw. 13 Jahre alt. Der Junge scheint es in seiner schulischen und persönlichen Entwicklung nicht einfach gehabt zu haben, vor allem als er durch Zufall erfuhr, dass seine leibliche Mutter schon kurz nach seiner Geburt gestorben und des Vaters Frau seine Stiefmutter war. Er besuchte von Anfang an Privatschulen, zunächst in Hamburg. Die Anmeldung zum Heinrich-Hertz-Gymnasium Ende 1930 wurde im Januar 1931 zurückgezogen. Stattdessen kam er zunächst auf ein Internat in Mannheim, dann auf "Dr. Müller`s Privatlehranstalt" in Marburg, wo er bis 1935 blieb. Der Vater holte ihn nach Hamburg zurück, als ihm klar wurde, dass es unter der NS-Herrschaft aussichtslos war, eine höhere Ausbildung anzustreben. Am 1. Januar 1936 begann Heinz-Joachim eine kaufmännische Lehre, die er nach zwei Jahren, am 4. Januar 1938, jedoch abbrach.

Warum? Die Familie hatte sich unterdessen entschieden, die Kinder außerhalb Deutschlands in Sicherheit zu bringen. Heinz lernte nun in der Jüdischen Gemeinde so praktische Dinge wie Tischlerei und Grundkenntnisse in Landwirtschaft: Er absolvierte die "Hachscharah", die Vorbereitung der Jugendlichen auf die Auswanderung nach Palästina.

Der jüngeren Schwester fiel die Schule leicht, stets hatte sie sehr gute Zeugnisse, zunächst an der Volksschule Breitenfelder Straße, dann, nach der Zwangsumschulung, auf der Israelitischen Töchterschule in der Carolinenstraße. Als Klassenbeste (in Turnen hatte sie allerdings eine Vier) brach sie im März 1939 in Klasse III die Oberschule ab.

Am 29. März, vier Tage nachdem die väterliche Firma im Handelsregister gelöscht worden war, brachte ein Kindertransport die Dreizehnjährige nach Bristol in England. Sie war gerettet.

Wie unmenschlich die NS-Bürokratie war, zeigt ein scheinbar kleiner Vorgang: Am 8. Juni 1939 bat Wilhelm Frank die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidiums, der Tochter ein Paket mit gebrauchten Gegenständen nachsenden zu dürfen, mit einem dunkelblauen Handtäschchen darin, einem Tuschkasten, zwei kleinen Postkartenrahmen und einigen anderen Kleinigkeiten aus dem persönlichen Besitz des Kindes. Devisenstelle F 36 antwortete am 19. Juni: "Abgelehnt, da zu viel aufgeführt."

Mit Intelligenz, Fleiß und Ausdauer kam Ingeborg Ruth in der fremden Welt zu so beeindruckenden Leistungen, dass sie, von Schulgeld befreit, auf Stipendien gestützt, im Oktober 1943 an der Londoner Universität ein Studium in Geschichte, Internationalem Recht und Ökonomie aufnehmen konnte. Im Juni 1946, gerade 20 Jahre alt, schloss sie es mit dem Bachelor of Science ab.

Zunächst als freie Journalistin tätig, wurde sie Redakteurin in einem Verlag für technische Bücher. Ihren Wunsch, Medizin zu studieren, konnte sie sich nicht erfüllen. Das Studium hätte zu lange gedauert, sie musste Geld verdienen.

Verhängnisvoll scheiterte der Versuch des Bruders Heinz, sich nach Palästina zu retten. Die Prozedur mit den Formalitäten war überstanden, Heinz war schon auf dem Weg und im Juni 1939 endlich in Spanien an der Sammelstelle der jungen Auswanderer angekommen, von wo sie das Schiff ins Gelobte Land bringen sollte. Da erkrankte er an einer Blinddarmentzündung. Man konnte oder wollte sich nicht mit einem Kranken belasten und schickte Heinz nach Hamburg zurück.

Am 25. Oktober 1941 wurden Wilhelm, Emmy und Heinz Frank ins Getto Lodz deportiert.
Gemeinsam mit drei weiteren Personen wurden sie in ein Zimmer ohne Küche gesteckt. Heinz-Joachim Frank starb dort am 22. Januar 1942, 21 Jahre alt, sein Vater Wilhelm Frank, am 11. April 1942, 60 Jahre alt, Emmy Frank, zu allem Elend auch noch von Herzschwäche, Ödemen und schmerzhaften Hautkrankheiten gequält, am 5. April 1944, 55 Jahre alt.

© Johannes Grossmann

Quellen: 1; 2; 4; 5; 8; AfW 160326 Hingston, Ingeborg; AfW 010182 Frank, Wilhelm; AfW 121120 Frank, Heinz; Archivum Panstwowe, Lodz (Getto-Archiv), Melderegister Nr. PL 39-278-1011-831,-832,-6069,-6070,-6091,- 6092; USHMM, RG 15083, M 301/701-708, Fritz Neubauer, Universität Bielefeld, E-Mail vom 10.5.2010; Lohalm, Die nationalsozialistische Judenverfolgung, 1999, S. 38; Ueckert-Hilbert, Fremd in der eigenen Stadt, 1989, S.170.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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