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Bereits verlegte Stolpersteine



Hans Ludwig Goldschmidt * 1901

Englische Planke 14 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
HANS LUDWIG
GOLDSCHMIDT
JG. 1901
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Weitere Stolpersteine in Englische Planke 14:
Alice Goldschmidt, Gotthold Goldschmidt

Alice Goldschmidt, geb. Peine, geb. am 30.11.1875 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, ermordet am 21.9.1942 im Vernichtungslager Treblinka
Gotthold Goldschmidt, geb. am 10.12.1873 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, ermordet am 21.9.1942 im Vernichtungslager Treblinka
Hans Ludwig Goldschmidt, geb. am 10.10.1901 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Englische Planke 14 (Englische Planke 7)

Alice Goldschmidt war als drittes von acht Kindern des jüdischen Ehepaares Eduard Peine (geb. 2.10.1846) und Rosa, geb. Hirsch (geb. 29.6.1848), in Hamburg geboren worden. Sie und ihre älteren Geschwister Helene (geb. 28.5.1872, gest. 11.4.1940) und Adolf (geb. 3.2.1874) kamen noch in der Neustadt in der Wexstraße 11 zur Welt. Der geschäftliche Erfolg des Vaters ermöglichte dann einen Umzug in eine bessere Wohngegend. Seit 1878 lautete ihre Adresse Esplanade 17, wo die jüngeren Kinder Meyer (geb. 2.3.1877, gest. 1917), Wally (geb. 4.2.1879), Paul (geb. 9.5.1881), Rudolf (geb. 23.3.1885, gest. 1885) und Kurt (geb. 30.11.1887, gest. 12.4.1963) geboren wurden. Eduard Peine betrieb die Manschettenknopf-Fabrik Eduard Peine & Co., die er im Jahre 1871 mitbegründet hatte.

Familie Peine war gut situiert, sodass Alice bei ihrer Vermählung am 18. Dezember 1900 eine Mitgift von 40.000 Mark erhielt. Ihr zukünftiger Ehemann, der Kaufmann Gotthold Goldschmidt, war im Kraienkamp 35 (heute Krayenkamp) aufgewachsen, wo sein Vater Levi Goldschmidt Lederhändler war. Nach dem Tod des Vaters am 5. Dezember 1898 hatte Gotthold Goldschmidt unter gleicher Adresse ein "Spezialgeschäft in Fellen, Felldecken und Pelze" gegründet, zudem präparierte er Kleintiere und setzte Geweihe auf. Alice zog nach der Eheschließung zu Gotthold in den Haushalt ihrer Schwiegermutter Elisa Goldschmidt, geb. Simon (geb. 19.4.1838 in Harzgerode), in den Kraienkamp. Dort wurde am 10. Oktober 1901 der Sohn Hans Ludwig geboren. Ein weiterer Sohn kam im August 1908 tot zur Welt. Zwei Jahre später, am 7. Juni 1910, folgte dann Tochter Else Clara. Der Großvater Eduard Peine verstarb im selben Jahr, am 1. September 1910, die Großmutter Rosa fast 20 Jahre später, im Jahre 1929. Ihre Gräber befinden auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf.

Vom Kraienkamp zogen die Eheleute Goldschmidt 1908 in die nahegelegene Englische Planke 7, gegenüber der St. Michaeliskirche, wo sie die nächsten drei Jahrzehnte im Erdgeschoss arbeiteten und in der oberen Etage lebten (heute ein Nachkriegsgebäude). Gottholds Mutter Elisa Goldschmidt zog dort nicht mit ein, sie fand eine Wohnung in der Reuterstraße 8 in Uhlenhorst, wo sie am 10. April 1933 verstarb.

Alice Goldschmidt war nach einem Eintrag im Handelsregister als Prokuristin im Geschäft ihres Mannes tätig und auch Sohn Hans arbeitete nach einem Vermerk auf seiner Kultussteuerkarte als Angestellter im Geschäft seiner Eltern. Seit 1922 wurde er in der Kartei der Jüdischen Gemeinde als Mitglied geführt. Einige Zeit lebte er zur Untermiete im Nachbarhaus Englische Planke 6 bei dem Briefträger H. Kruse und in der Winklerstraße 17 bei dem Kaiarbeiter A. Höpfner. Ende 1935 zog Hans zu seinen Eltern zurück. Wann und woran Hans Goldschmidt dann erkrankte, ist nicht überliefert. Nach der Volkszählung im Jahre 1939 befand sich Hans zu diesem Zeitpunkt bereits in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn. In dem Zu- und Abgangsbuch der ehemaligen Pflegeanstalt wurde am 18. September 1940 vermerkt "Heilabteilung entlassen".

Die Firma seines Vaters war schon 1938 durch die Übernahme des Kürschners Henry Mohneke, Milchstraße 25, "arisiert" worden. Das Ehepaar Goldschmidt konnte zunächst in seiner Wohnung verbleiben. Erst später wurde es mit seinem Sohn Hans im "Judenhaus" Frickestraße 24 einquartiert.

Ihre Tochter Else Clara heiratete Alfred Stoppelman (geb. 1.12.1911 in Hannover). Das Ehepaar wohnte mit seinem am 25. Januar 1938 geborenen Sohn Gerhard in der Marckmannstraße 88a. Auch Alfred Stoppelman musste sein Gewerbe als Wild- und Geflügelhändler am Billhorner Röhrendamm 163 aufgeben. Im September 1938 emigrierte die Familie in die Niederlande, deren Staatsangehörigkeit Alfred Stoppelman besaß. Aber die Niederlande waren nach der Besetzung durch die Deutsche Wehrmacht kein sicherer Zufluchtsort mehr. Familie Stoppelman wohnte in Amsterdam in der Biesboschstraat 38. Von dort wurde sie im Durchgangslager Westerbork interniert. Am 2. August 1942 wurde Else Stoppelman mit ihrem Sohn Gerhard nach Auschwitz deportiert. Alfred Stoppelman folgte wenig später, am 30. September. Stolpersteine in der Marckmannstraße 88a erinnern an sie (s. Stolpersteine in Hamburg-Rothenburgsort).

Als Hans Goldschmidt seinen Deportationsbefehl erhielt, wohnte er in der Villa seiner verwitweten Tante Wally Simon, geb. Peine, Bellevue 34. Wally Simon hatte am 22. Mai 1901 den Großschlachtereibesitzer Willy Simon (geb. 26.10.1870) geheiratet. Dessen Bruder Cäsar -Simon (geb. 27.11.1868, gest. 24.7.1922) war seit dem 28. Dezember 1894 mit Wallys und Alices Schwester Helene verheiratet. Die Ehepaare Simon sowie Kurt Peine, der die Knopffabrik seines Vaters übernommen hatte, waren 1929 in die Villa an der Außenalster gezogen.

Wie die Firma seines Schwagers Gotthold Goldschmidt war auch das Unternehmen "Schiffsproviant u. Schiffsausrüstungen, Pickhuben 1" von Willy Simon bereits "arisiert" worden. Bei dem Versuch, einige Wertgegenstände durch einen befreundeten Schiffskapitän außer Landes zu schaffen, wurde Willy Simon denunziert. Während seiner Vernehmung am 3. März 1939 verstarb er in der Amtsstelle der Zollfahndungsstelle, laut Protokoll nach einem Herzschlag.

Außer Hans Goldschmidt zog 1940 auch sein Onkel Adolf Peine mit seiner Frau Auguste Johanna, geb. Graf (geb. 23.4.1884 in Essen), in die Villa Bellevue ein. Der jüngste Bruder seiner Mutter, Kurt Peine, und dessen Frau Auguste, geb. Winter, hatten Deutschland bereits verlassen, sie waren am 25. November 1936 in die USA emigriert.

Hans Goldschmidt wurde am 8. November 1941 ohne seine Familie in das Getto nach Minsk deportiert. Seine Eltern kamen am 15. Juli 1942 in das Getto nach Theresienstadt. Ihnen mussten vier Tage später das Ehepaar Adolf und Auguste Peine sowie Wally Simon folgen. Adolfs und Augustes Tochter Susi (geb. 14.11.1918) konnte 1939 als Hausangestellte nach England emigrieren, ihr Sohn Eduard (geb. 8.1.1911) verstarb am 28. Januar 1937 in Hamburg. Die Ehepaare Goldschmidt und Peine wurden am 21. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka überstellt und ermordet. Wally Simon verstarb in Theresienstadt, laut der offiziellen Todesfallanzeige am 21. Januar 1943. Stolpersteine vor der Villa Bellevue 34 erinnern an sie (s. Stolpersteine in Hamburg-Winterhude).


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 3; 9; StaH 351-11 AfW 4113 (Simon, Wally); StaH 332-5 Standesämter 2947 u 1329/1900; StaH 332-5 Standesämter 2003 u 2266/1881; StaH 332-5 Standesämter 13562 u 2743/1901; StaH 332-5 Standesämter 637 u 678/1910; StaH 332-5 Standesämter 7142 u 340/1933; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 2; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 4; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 5; StaH 352-8-7_Abl. 1999-1 Zugangsbuch der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn 1940; http://www.jüdischer-friedhofaltona.de/img/Datenbanken/ilandkoppel_grabregister.pdf (Zugriff 7.5.2015); http://www.joodsmonument.nl/page/396137 (Zugriff 12.5.2015); Hamburger Börsenfirmen, 1923, S. 343, S. 822; Thevs: Stolpersteine, S. 99; Eggert: Stolpersteine S. 190, S. 238.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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