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Bereits verlegte Stolpersteine



Martha und Ludwig Weiss
Martha und Ludwig Weiss als junges Paar an der Ostsee
© Privat

Gerda Weiss * 1922

Kleiner Schäferkamp 32 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
GERDA WEISS
JG. 1922
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Weitere Stolpersteine in Kleiner Schäferkamp 32:
Lina Bähr, Rudolf Bähr, Esther Bähr, Frida Dannenbaum, Frieda Meiberg, Julius Meiberg, Manfred Meiberg, Ruth Meiberg, Fanny Meiberg, Ellen Weiss, Louis Weiss, Martha Weiss

Louis Ludwig Weiss, geb. 25.3.1887 in Berlin, 1938 inhaftiert in Sachsenhausen, am 8.11.1941 deportiert nach Minsk
Martha Weiss, geb. Moses, genannt Kirschstein, geb. 28.5.1891 in Berlin, am 8.11.1941 deportiert nach Minsk
Gerda Weiss, geb. 28.10.1922 in Hamburg, am 8.11.1941 deportiert nach Minsk
Ellen Anna Weiss, geb. 24.3.1933 in Hamburg, am 8.11.1941 deportiert nach Minsk

Kleiner Schäferkamp 32

Leben und Sterben von Ludwig Weiss, seiner Ehefrau Martha und seinen Töchtern Gerda und Ellen haben nur wenige Spuren in den Archiven hinterlassen, aber die Erinnerung an diese Familie wird von den Nachkommen von Ludwigs Bruder Sam in Israel bewahrt. Auf alten Photos ist die Familie Weiss in Hamburg-Eimsbüttel abgebildet. Sam Weiss‘ Enkel hat sich um die Verlegung der Stolpersteine für die Familie seines Großonkels bemüht.

Martha und Ludwig Weiss stammten beide aus Berlin. Martha Weiss war die Tochter des Kaufmanns Jacob Moses, genannt Kirschstein, und seiner Ehefrau Rudolfine, geb. Rosenberg. Geboren wurde Martha in der damaligen Neuen Friedrichstraße, einer der ältesten Straßenzüge der Stadt.

Die Eltern von Ludwig Weiss waren Levy Leopold Weiss (1846–1911) und Anna Weiss geb. Munk (1858–1929). Bei der Geburt hatte er den Namen Louis erhalten, nannte sich später jedoch Ludwig. Dieser Vorname stand später auch im Hamburger Adressbuch. Als Ludwig geboren wurde, lebte die Familie in der Alten Schönhauser Straße 35 in Berlin-Mitte.

Ludwig hatte drei Geschwister, Sam (Samuel) Weiss (1883 bis 1960), Else (verheiratete Bendix, geb. 1881 in Berlin, 1943 in Auschwitz ermordet) und Gertrud (verheiratete Hoffmann, geb 1891 in Berlin, 1940 bei einem Bombenangriff in London gestorben). Nur der Bruder Sam, der Zionist war, überlebte mit seiner zweiten Frau – seine erste Frau Selma Hanna, geb. Wolff, war bei der Geburt der Tochter Miriam in Hamburg gestorben – und den Töchtern Ruth und Miriam durch die Emigration nach Palästina. (An Gertrud Hoffmann, geb. Weiss, und ihren Ehemann Dr. med. Gustav Hoffmann erinnern Stolpersteine in der Ifflandstraße 8 in Hohenfelde. Das Ehepaar Hoffmann konnte seine Kinder Hadassa und Hanan nach Palästina schicken, wo sie überlebten.)

Die Geschwister Ludwig, Sam und Gertrud hatten Berlin verlassen und waren nach Hamburg gezogen. Sam Weiss, der 1913 in die Jüdische Gemeinde eingetreten war, führte Am Weiher 23 und dann in der Ottersbekallee 9 eine Arztpraxis. Die Wohnung befand sich in der Ottersbekallee 21. Gertrud heiratete einen Kollegen ihres Bruders Sam.

Ludwig Weiss arbeitete in Hamburg als Textilvertreter oder – wie es in Kultussteuer-Karteikarte hieß, als "Reisender". Er wohnte bis zu seiner Deportation in Eimsbüttel im Kleinen Schäferkamp 32. Vorher lautete die Adresse Nissenstraße 8 in Eppendorf. Zeitweise hatte er auch bei seinem Bruder in der Ottersbekallee und in der Bismarckstraße 82 gelebt.

Die Familie Weiss wohnte im zweiten Stock der Samuel-Lewisohn-Stiftung. Diese gewährte Freiwohnungen "an israelitische Angehörige des Hamburger Staates, und zwar vorzugsweise an solche Familien, welche in besseren Verhältnissen gelebt haben", wie es im Stiftungszweck heißt. Ludwig Weiss war vermutlich nicht erfolgreich als Kaufmann. Schon 1931 zahlte er wegen niedriger oder gar keiner Einkünfte keine Kultussteuer mehr.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verschlechterten sich seine beruflichen Möglichkeiten weiter. Der emigrierte Arzt und Bruder Sam Weiss versuchte, ihn finanziell zu unterstützen, soweit es ihm möglich war. Er hatte ein Sperrkonto bei der Dresdner Bank in Hamburg, und im April 1935 beantragte er, dem Bruder Ludwig eine einmalige Zahlung von 400 RM zukommen zu lassen, damit dieser in die Lage versetzt werden sollte, seine Reisetätigkeit wieder aufzunehmen. Der Enkel von Sam Weiss berichtet, dass Ludwig Weiss sich auch über seinen Bruder um eine Auswanderung bemüht habe. In den Akten des Hamburger Oberfinanzpräsidenten lassen sich darauf keine Hinweise finden.

Allerdings hatte Sam Weiss für Ludwigs ältere Tochter Gerda eine Ausreisemöglichkeit in die USA vermitteln können. Dort lebten Verwandte. Gerda war erst 14 Jahre alt, als sie mit dem amerikanischen Schiff SS Washington im April 1936 von Hamburg nach New York fuhr. Sie konnte sich aber alleine in Amerika nicht einleben und kehrte zurück nach Deutschland, was ihren Tod bedeutete.

Die zweite Tochter Ellen Anna Weiss war zehn Jahre jünger als ihre ältere Schwester und wurde erst während der nationalsozialistischen Herrschaft geboren (geb. 24.3.1933). Als sie das schulpflichtige Alter erreichte, durfte sie keine staatlichen Schulen mehr besuchen, nur die Talmud Tora Schule stand ihr noch offen.

Die ganze Familie Weiss wurde mit 964 anderen Hamburgern am 8.11.1941 nach Minsk deportiert und ermordet.

Stand: März 2018
© Susanne Lohmeyer

Quellen: 1; 5; Geburtsregister Berlin 410/1891; Geburtsregister Berlin 658/1887; www.stolpersteine-hamburg.de, Biografie Dr. Gustav Hoffmann; www.ancestry.de Passagierlisten 1936; StaH 351-11, 6725; Informationen des Nachkommen Emanuel Pelleg.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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