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Bereits verlegte Stolpersteine



Carolina Falck (geborene Neukorn) * 1879

Herrengraben 4 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
CAROLINA FALCK
GEB. NEUKORN
JG. 1879
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
RIGA

Weitere Stolpersteine in Herrengraben 4:
Esther Neukorn

Carolina Falck, geb. Neukorn, geb. am 5.5.1879 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga

Herrengraben 4 (früher Herrengraben 91)

Caroline Falck geb. Neukorn war am 5. Mai 1879 in Hamburg geboren worden. Aus ihrer Geburtsurkunde geht hervor, dass beide Eltern jüdischen Glaubens waren. An der Rechtmäßigkeit ihrer Ehe kamen jedoch von staatlicher Seite Zweifel auf, denn sie war zunächst nur rituell geschlossen worden. Deshalb wurde sie von staatlicher Seite nicht anerkannt. So erhielt Carolina Neukorns Geburtsurkunde am 6. April 1900 folgende Ergänzung:

"Auf Anordnung des Amtsgerichts Hamburg wird berichtigend vermerkt:
1. die Mutter des in der Eintragung bezeichneten Kindes ist nicht des Anzeigenden Ehefrau, die nach der vorgezeigten ‚Trauakte‘ zwischen ihr und dem Anzeigenden am 6. Februar 1871 geschlossene rituelle Ehe ist als ein rechtlich nicht in Betracht kommender Vorgang anzusehen.
2. dieselbe war zur Zeit des Geburtsfalles Händlerin und ihre Namen lauteten richtig:
Beila, geb. Berkner, verw. Spitzel".

Daraufhin schlossen der schon einmal verheiratete Salomon Neukorn und die verwitwete BeilaSpitzel, geb. Berkner, am 6. April 1900 die Ehe auch vor einem Standesbeamten. An demselben Tag erklärte Salomon Neukorn auf dem Standesamt, "Ich erkenne das nebenbezeichnete Kind mit Vornamen Carolina, mit dessen Mutter ich ausweislich der vorgelegten Heiratsurkunde die Ehe geschlossen habe, als das meinige an." Damit war Carolina Neukorn ab dem 6. April 1900 auch formal das eheliche Kind des Handelsmannes Salomon Neukorn und seiner Ehefrau Beila.

Carolina Neukorn hatte drei Schwestern: Anna Neukorn, geboren am 25. Juni 1877, Maria Neukorn, geboren am 17. Oktober 1881 und Esther Neukorn, geboren am 16. März 1886. Salomon Neukorn legitimierte Maria und Esther in gleicher Weise wie Carolina. Die vierte Tochter, Anna, war 1879 im Alter von zwei Jahren gestorben. Damit stellte sich die Frage ihrer Legitimierung im Jahre 1900 nicht mehr.

Die Eltern Salomon und Beila Neukorn waren beide in Krakau zur Welt gekommen. Sie besaßen die österreichische Staatsangehörigkeit, als sie im November 1885 nach Hamburg einwanderten und in den nächsten acht Jahren in der Straße Herrengraben 91 (Keller) in der Hamburger Neustadt wohnten. Laut Meldekarte aus dieser Zeit war Salomon Neukorn als "Handelsmann" tätig. Die Familie lebte danach an mehreren Stellen der Neustadt, zuletzt einige Jahre in der Straße Eichholz 48. Salomon Neukorn starb am 26. Mai 1904 im Alter von 71 Jahren.

Über Carolinas Kindheit und die ihrer Schwestern wissen wir nichts. Carolina heiratete am 23. Juni 1907 den 1877 in Hamburg geborenen, ebenfalls jüdischen "Lackiergehilfen" Julius Falck. Das Ehepaar bekam am 12.Oktober 1910 eine Tochter: Fanny. Im Hamburger Adressbuch findet sich von 1911 bis 1919 der Eintrag "Julius Falck, Maler, Billhorner Röhrendamm 111d", so dass angenommen werden kann, dass die Familie einige Jahre in Billbrook wohnte. Sie zog dann später, den Zeitpunkt kennen wir nicht, in die Bornstraße 31 im Grindelviertel. Dort starb Julius Falck am 5. März 1936. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel in Hamburg-Ohlsdorf beigesetzt.

Carolina Falck blieb nach dem Tod ihres Mannes noch einige Jahre in der Bornstraße. Sie lebte von einer kleinen Witwenrente. Auch sie war nach 1933 von den zunehmenden Einschränkungs- und Ausgrenzungsmaßnahmen des nationalsozialistischen Staates gegen Menschen jüdischer Abstammung betroffen.

So musste sie unfreiwillig in das sog. Judenhaus in der Großen Bergstraße 108 ziehen. Dort lebte auch ihre Tochter Fanny zusammen mit deren Ehemann Walter Lazarus, geboren am 4. Oktober 1902, und den Töchtern Vera, geboren 1933, sowie Edith Beate, geboren 1937. In der Großen Bergstraße erhielten Carolina Falck und die Familie Lazarus den Deportationsbefehl.
Carolina Falck wurde am 6. Dezember 1941 zusammen mit der Familie ihrer Tochter und weiteren 748 Jüdinnen und Juden nach Riga deportiert. Dort verliert sich ihre Spur. Sie wurden im Holocaust ermordet.

Zum Zeitpunkt der Deportation von Carolina Falck nach Riga war ihre Schwester Esther Neukorn bereits tot. Sie war am 23. September 1940 aus der Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn nach Brandenburg an der Havel transportiert und am selben Tag zusammen mit 134 anderen Menschen jüdischer Abstammung mit Kohlenmonoxid ermordet worden (siehe dort).

Maria Neukorn, die vierte der Neukorn-Schwestern, hatte 1908 den Schuhmacher Moses Rosenblatt geheiratet und war 1935 mit ihm und den Kindern Irmgard und Walter nach Palästina geflüchtet.

Der Stolperstein für Carolina Falck liegt neben dem ihrer Schwester Esther Neukorn im Herrengraben 4 in der Neustadt. Dort befindet sich heute die Katholische Akademie.


Stand: Oktober 2018
© Ingo Wille

Quellen:1; 4; 5; 6;332-5 Standesämter 69 Sterberegister Nr. 1811/1879 Neukorn Anna, 535 Sterberegister Nr. 720/1904 Neukorn Salomon, 1907 Geburtsregister Nr. 2476/1877 Falck Julius, 1909 Geburtsregister Nr. 3035/1877 Neukorn Anna, 1954 Geburtsregister Nr. 2234/1879 Neukorn Carolina, 2008 Geburtsregister Nr. 4929/1881 Neukorn Maria, 2125 Geburtsregister Nr. 1424/1886 Esther Neukorn, 2943 Heiratsregister Nr. 265/1900 Neukorn Salomon/Spitzel Beila, 3087 Heiratsregister Nr. 372/1990 Falck Julius/Neukorn Carolina, 8137 Sterberegister Nr. 130/1936 Julius Falck.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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