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Bereits verlegte Stolpersteine



Karl Friedrich Michael * 1910

ohne Hamburger Adresse


ermordet am 23.9.1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel

Weitere Stolpersteine in ohne Hamburger Adresse :
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Karl Friedrich Michael, geb. am 24.7.1910 in Mannheim, ermordet am 23.9.1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel

Ohne Stolperstein

Karl Friedrich Michael kam am 24. Juli 1910 im katholischen Wöchnerinnenasylheim "Luisenheim" in Mannheim zur Welt. Seine Mutter war die ledige Verkäuferin Klara Michael aus Halle an der Saale, die Tochter des Bauunternehmers Friedrich Karl Michael. Sie bekannte sich laut der Geburtsurkunde ihres Sohnes zum evangelischen Glauben. Es ist nicht ersichtlich, warum Karl Friedrich Michael in den Transport von jüdischen Frauen und Männern am 23. September 1940 nach Brandenburg an der Havel eingeteilt wurde. Für einen Glaubensübertritt seiner Mutter vom Judentum zum Protestantismus haben wir keine Anhaltspunkte.

Wir wissen nicht, wann und aus welchem Grunde Karl Friedrich Michael nach Hamburg kam und ob er hier allein lebte. Im Mai 1931 kam er mit der Polizei in Konflikt, als er mit einer Gruppe junger Leute auf der Wiese des Bornparks lagerte und spielende Kinder belästigte. Die Gruppe folgte der Aufforderung des herbeigerufenen Polizeibeamten, die Wiese zu verlassen. Nur Karl Friedrich weigerte sich. Er versuchte, sich von dem Polizisten, der ihn gewaltsam entfernen wollte, loszureißen und beschimpfte ihn mit derben Ausdrücken. Erst als Passanten beruhigend auf Karl Friedrich einredeten, folgte er dem Beamten zur Wache. Das Gericht verurteilte ihn am 21. Mai 1931 wegen Beamtenbeleidigung und Verstoßes gegen die Straßenordnung zu "zwei Wochen Gefängnis und zwei Wochen Haft". Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht, dass Karl Friedrich als "offensichtlicher Psychopath" als vermindert zurechnungsfähig anzusehen war. Es gewährte einen Strafaufschub bis zum 21. Mai 1934. Zwei Monate nach seiner Verurteilung, im Juli 1931, verwirkte Karl Friedrich diese Bewährungsfrist. Er war beim Betteln aufgegriffen worden und musste am 21. Juli 1931 seine Strafe antreten. Nach weniger als einem Monat, am 17. August 1931, kam er wieder frei. Danach muss es wieder zu Problemen mit der Polizei gekommen sein, denn Karl Friedrich wurde erneut in Untersuchungshaft genommen und am 3. November 1931 in die Staatskrankenanstalt Hamburg-Langenhorn eingewiesen. Weitere Einzelheiten über diese Inhaftierung wie auch über seinen Aufenthalt in Langenhorn sind nicht bekannt.

Im Frühjahr/Sommer 1940 plante die "Euthanasie"-Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4, eine Sonderaktion gegen Juden in öffentlichen und privaten Heil- und Pflegeanstalten. Sie ließ die in den Anstalten lebenden jüdischen Menschen erfassen und in sogenannten Sammelanstalten zusammenziehen. Die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn wurde zur norddeutschen Sammelanstalt bestimmt. Alle Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg wurden angewiesen, die in ihren Anstalten lebenden Juden bis zum 18. September 1940 dorthin zu verlegen. Nachdem alle jüdischen Patienten aus den norddeutschen Anstalten in Langenhorn eingetroffen waren, wurden sie gemeinsam mit den dort bereits länger lebenden jüdischen Menschen am 23. September 1940 nach Brandenburg an der Havel transportiert. Noch am selben Tag wurden sie in dem zur Gasmordanstalt umgebauten Teil des ehemaligen Zuchthauses mit Kohlenmonoxyd getötet. Nur eine Patientin, Ilse Herta Zachmann, entkam diesem Schicksal zunächst (siehe dort).

Wir wissen nicht, ob und ggf. wann Karl Friedrich Michaels Mutter Kenntnis von seinem Tod erhielt. Auf seinem Geburtsregistereintrag wurde notiert, dass er am 2. Februar 1941 in Cholm verstorben sei. Das Standesamt Cholm II (Generalgouvernement) soll den Todesfall am 2. Februar 1941 unter der Nr. 467/1941 registriert haben. Die in Brandenburg Ermordeten waren jedoch nie in Cholm (polnisch Chelm), einer Stadt östlich von Lublin. Die dort früher existierende polnische Heilanstalt bestand nicht mehr, nachdem SS-Einheiten am 12. Januar 1940 fast alle Patienten ermordet hatten. Auch gab es in Cholm kein deutsches Standesamt. Dessen Erfindung und die Verwendung späterer als der tatsächlichen Sterbedaten dienten dazu, die Mordaktion zu verschleiern und zugleich entsprechend länger Verpflegungskosten einfordern zu können.

Eine Adresse von Karl Friedrich Michael in Hamburg ist nicht bekannt, so dass kein individueller Ort bestimmt werden kann, an dem seiner mit einem Stolperstein gedacht werden könnte.

Stand: November 2017
© Ingo Wille

Quellen: 1; 5; StaH 133-1 III Staatsarchiv III, 3171-2/4 U.A. 4, Liste psychisch kranker jüdischer Patientinnen und Patienten der psychiatrischen Anstalt Langenhorn, die aufgrund nationalsozialistischer "Euthanasie"-Maßnahmen ermordet wurden, zusammengestellt von Peter von Rönn, Hamburg (Projektgruppe zur Erforschung des Schicksals psychisch Kranker in Langenhorn); 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht A10998/31 Karl Friedrich Michael; 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn Abl. 1/1995 Aufnahme-/Abgangsbuch Langenhorn 26.8.1939 bis 27.1.1941; Standesamt Mannheim, Geburtsregister Nr. 2744/1910 Karl Friedrich Michael.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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