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Bereits verlegte Stolpersteine



Anna Luise (Louise Hedwig) Weimann * 1869

ohne Hamburger Adresse


ermordet am 23.9.1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel

Weitere Stolpersteine in ohne Hamburger Adresse :
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Anna Luise (Louise Hedwig) Weimann, geb. am 19.11.1869, ermordet am 23.9.1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel

Ohne Stolperstein

Am 23. September 1940 wurden 136 Jüdinnen und Juden aus der Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn nach Brandenburg an der Havel abtransportiert und dort am selben Tag in dem zur Gasmordanstalt umgebauten Teil des ehemaligen Zuchthauses mit Kohlenmonoxyd ermordet. Zu ihnen gehörte auch eine Anna Luise Weimann. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Eintrag "Anna Weimann" im Aufnahme- und Abgangsbuch der Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn. Es enthält eine handgeschriebene Liste mit den Namen der 136 Jüdinnen und Juden, die am 23. September 1940 aus Langenhorn abtransportiert wurden.

Im Gedenkbuch des Bundesarchivs "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945" wird an zwei Frauen mit dem Nachnamen Weimann erinnert, die im September 1940 in der Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel ermordet worden sein sollen.

Es ist davon auszugehen, dass einer der Einträge unrichtig ist und dass es sich bei der am 19. November 1869 geborenen Anna Luise Weimann um die Person handelt, die mit den 135 Jüdinnen und Juden aus der Heil-und Pflegeanstalt Langenhorn abtransportiert wurde.

Die jüdische Arbeiterin Anna Luise Weimann war laut Kultussteuerkarte die Tochter von Gottfried und Marie Weimann, geborene Ludwig. Sie befand sich ab 1904 als Patientin in der "Irrenanstalt Friedrichsberg”. Das ergibt sich u.a. aus ihrer noch existierenden Patienten-Karteikarte.

Laut Eintragung auf der Patienten-Karteikarte hieß sie mit vollem Namen Anna Louise (nicht Luise) Hedwig Weimann und war in Biadauschke zur Welt gekommen. Dieser Ort gehörte früher zum Deutschen Reich und hieß damals Bartschgrund. Heute heißt der nun in Polen liegende Ort Biedaszkowo. Für eine Geburt in Rom, wie im Gedenkbuch des Bundesarchivs angegeben, war keine Bestätigung zu erhalten. Über ihre Kindheit, Jugend oder Ausbildung wissen wir nichts. Auch die Dauer des Aufenthalts von Anna Luise/Louise Hedwig Weimann in Friedrichsberg ist nicht überliefert. Am 16. Juli 1909 wies die Hamburger Polizeibehörde sie wegen einer nicht näher bekannten psychischen Krankheit in die "Irrenanstalt Langenhorn" ein.

Dort lebte Anna Luise/Louise Hedwig Weimann, bis sie im Zuge der zahlreichen Patientenverlegungen als Folge des sogenannten Friedrichsberg-Langenhorner Plans am 9. Juli 1935 mit anderen Männern und Frauen aus Langenhorn nach Eichenkamp überführt wurde. Diese private Einrichtung für Alte, Kranke und Menschen mit Behinderung in Thesdorf/Pinneberg war 1928/1929 gegründet worden. Am 15. Juli 1939 wurden die jüdischen Frauen und Männer aus Langenhorn zurückgebracht.

Im Frühjahr/Sommer 1940 plante die "Euthanasie"-Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4, eine Sonderaktion gegen Juden in öffentlichen und privaten Heil- und Pflegeanstalten. Sie ließ die in den Anstalten lebenden jüdischen Menschen erfassen und in staatlichen sogenannten Sammelanstalten zusammenziehen. Die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn wurde zur norddeutschen Sammelanstalt bestimmt. Alle Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg wurden angewiesen, die in ihren Anstalten lebenden Juden bis zum 18. September 1940 dorthin zu verlegen. Nachdem alle jüdischen Patienten aus den norddeutschen Anstalten in Langenhorn eingetroffen waren, wurden sie gemeinsam mit den dort bereits länger lebenden jüdischen Patienten, unter ihnen Anna Luise Weimann, am 23. September 1940 in einem Transport von insgesamt 136 Menschen nach Brandenburg an der Havel gebracht. Noch am selben Tag wurden sie in dem zur Gasmordanstalt umgebauten Teil des ehemaligen Zuchthauses mit Kohlenmonoxyd getötet. Nur eine Patientin, Ilse Herta Zachmann, entkam diesem Schicksal zunächst (siehe dort).

Es ist nicht bekannt, ob und ggf. wann Angehörige Kenntnis von Anna Luise Weimanns Tod erhielten. In allen dokumentierten Mitteilungen wurde behauptet, dass der oder die Betroffene in Chelm (polnisch) oder Cholm (deutsch) verstorben sei.

Die in Brandenburg Ermordeten waren jedoch nie in dieser Stadt östlich von Lublin. Die dort früher existierende polnische Heilanstalt bestand nicht mehr, nachdem SS-Einheiten am 12. Januar 1940 fast alle Patienten ermordet hatten. Auch gab es in Chelm kein deutsches Standesamt. Dessen Erfindung und die Verwendung späterer als der tatsächlichen Sterbedaten dienten dazu, die Mordaktion zu verschleiern und zugleich entsprechend länger Verpflegungskosten einfordern zu können.

Für Anna Luise/Louise Hedwig Weimann konnte keine persönliche Adresse in Hamburg ermittelt werden. So kann kein individueller Ort bestimmt werden, an dem ihrer mit einem Stolperstein gedacht werden könnte.

Stand: November 2017
© Ingo Wille

Quellen: 1; 4; 5; StaH 133-1 III Staatsarchiv III, 3171-2/4 U.A. 4, Liste psychisch kranker jüdischer Patientinnen und Patienten der psychiatrischen Anstalt Langenhorn, die aufgrund nationalsozialistischer "Euthanasie"-Maßnahmen ermordet wurden, zusammengestellt von Peter von Rönn, Hamburg (Projektgruppe zur Erforschung des Schicksals psychisch Kranker in Langenhorn); 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn Abl. 1/1995 Aufnahme-/Abgangsbuch Langenhorn 26.8.1939 bis 27.1.1941; UKE/IGEM, Archiv, Patienten-Karteikarte Anna Weimann der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg; Stadtarchiv Pinneberg, Auskunft vom 28. 5. 2015.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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