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Leopold Cohn in Begleitung
Leopold Cohn
© Privat

Leopold Cohn * 1873

Adolphsplatz 1 (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)


LEOPOLD COHN
JG. 1873
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
RIGA

Weitere Stolpersteine in Adolphsplatz 1:
Valentin Burchard, Otto Friedeberg, John Hausmann, Ludwig Moritz Mainz, Heinrich Mayer, Ivan Philip, Franz Max Rappolt, Paul Salomon, Max Stein, Dr. Heinrich Wohlwill, Cäsar Wolf, Leo Wolfsohn

Leopold Cohn, geb. 7.5.1873 in Altona, am 6.12.1941 deportiert nach Riga und dort ermordet

Mitglied des Vorstands der Getreidebörse 1928–1933

Leopold Cohn entstammte väterlicherseits einer jüdischen Händlerfamilie aus Altona. Sein um 1801 geborener Großvater Ruben Joseph Cohn, verheiratet mit Adelaide geb. Meyer (Meier), war als Sohn des Altonaer Handelsmanns Joseph Lazarus Cohn und seiner Ehefrau Rosa geb. Meier dort unter wech-selnden Adressen als Produktenhändler ansässig gewesen. Am 25. Januar 1834 kam Leopolds Vater Marcus Ruben Cohn zur Welt.

Marcus Ruben Cohn war in Altona ebenfalls im Produktenhandel tätig. Um 1870 heiratete er Emma Hirsch, die am 23. Oktober 1839 in Niendorf bei Lübeck geborene Tochter des Kaufmanns Elias Hirsch und seiner Frau Betti, geb. Lehmann. Mit ihr bekam er mindestens zwei Kinder: am 22. März 1872 Joseph Cohn und am 7. Mai 1873 Leopold Cohn. Ab 1873 bis 1898 befand sich das Produktengeschäft von Marcus Cohn in der Altonaer Breitestraße 137. Unter derselben Adresse waren zunächst auch Synagoge und Spritzenhaus verzeichnet. Ruben Joseph Cohn, der bislang Bachstraße 33 in einer Hofwohnung gelebt hatte, zog 1873 bis zu seinem Tod am 13. April 1877 in den Rosengang 14. Am 19. April 1878 starb Emma Cohn im Alter von 38 Jahren. Im Jahr darauf, am 14. Oktober 1879, ging Marcus Cohn eine neue Ehe ein mit Rosalie Samter (1845–1915), Tochter des in Hamburg wohnenden Mobilienhändlers Abraham Heymann Samter und dessen verstorbener Frau Friederica, geb. Aaron. Mit seiner zweiten Frau Rosalie bekam Marcus Cohn am 17. August 1880 noch eine Tochter, Friederike (1880–1950). Am 9. Juni 1894 musste Marcus Cohn, der inzwischen Breitestraße 52 wohnte, den Tod seines ältesten Sohnes Joseph verschmerzen. Als 24-jähriger Kommis, also Handlungsgehilfe, hatte dieser noch in der elterlichen Wohnung gelebt. Auf den Tag genau fünf Jahre später, am 9. Juni 1899, zeigte Sohn Leopold das Ableben seines Vaters Marcus Cohn an, der seine letzten Jahre in Nienstedten verbracht hatte. Marcus Cohn wurde, ebenso wie Rosalie Cohn und der Großvater Ruben Joseph Cohn, auf dem Jüdischen Fried-hof Bahrenfeld, Bornkampsweg, bestattet.

Leopold Cohn, mittlerweile von Beruf Kaufmann, war 1899 kurzzeitig unter der ehemaligen väterlichen Wohnung in der Breitestraße 52 registriert. Um 1900 zog er ins Parterre der Altonaer Poststraße 7 und 1904 in den zweiten Stock der Hochstraße 33.

Am 8. Januar 1906 heiratete er in Berlin Gertrud Anna Jacoby (Jacobi), die dort am 25. August 1884 geboren war. Tochter des jüdischen Berliner Kaufmanns Alexander Jacoby und seiner Frau Hedwig, geb. Rehfisch (um 1856–1915), lebte sie wie ihre Eltern in Charlottenburg in der Schlüterstraße 44und kannte bereits einen Verwandten ihrer Mutter in Hamburg, Wandsbeker Chaussee 10.

1906/07 verlegte das junge Ehepaar seinen Wohnsitz nach Hamburg in die zweite Etage eines vierstöckigen Wohnhauses am Grindelberg 76. Das Grindelviertel war zu dieser Zeit das bevorzugte Wohnquartier des jüdischen Kleinbürgertums. Die meist orthodoxen Bewohner konnten hier in direkter Umgebung die Bornplatz-Synagoge, jüdische Bildungsinstitute und vielfältige soziale und kulturelle jüdische Einrichtungen nutzen. An den Straßen blühten Kleinhandel und Gewerbe, was sich auch in der unmittelbaren Nachbarschaft von Leopold und Gertrud Cohn widerspiegelte: Im Parterre lagen ein Wäschegeschäft und ein Kolonialwarenladen, im Haus lebten mehrere kleine Kaufleute. Am Grindelberg kamen am 15. Januar 1907 der Sohn Franz Markus und am 2. April 1908 die Tochter Charlotte (Lotte) Lucie Emma zur Welt. Ungefähr 1913 zog die Familie zum Jungfrauenthal 20. Hier im vornehmen Harvestehude, beliebtes Wohnviertel der bessergestellten, liberalen und häufig auch assimilierten Juden, bewohnten sie nun die eine Hälfte der zweiten Etage eines viergeschossigen großbürgerlichen Wohnhauses. Unter ihren Nachbarn befanden sich 1915 u. a. ein Amtsrichter, ein Direktor und ein Kaufmann. Über Leopold Cohns Einstellung zu seiner Religion, dem Judentum, ist wenig bekannt. Am 18. Juli 1906 trat er der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg bei und wurde von ihr ab 1913 besteuert.

Spätestens seit 1903 war Leopold Cohn bereits beruflich in Hamburg tätig. In jenem Jahr hatte er gemeinsam mit dem Hamburger Kaufmann Adolf Caspary als Inhaber die Getreideagentur H. S. Cramer, Louisenhof 91/92, übernommen. Im Adressbuch war diese erstmals 1898 erwähnt, zuletzt unter den Inhabern H. Cramer und Leo Bohm. Am 27. Dezember 1906 gründeten Adolf Caspary und Leopold Cohn unter derselben Adresse die eigene Firma Caspary & Cohn als offene Handelsgesellschaft. 1908 verlegten sie den Sitz ihres Unternehmens zum Katharinenkirchhof 2 und schließlich 1914 dauerhaft zum Neuen Wall 54.

Leopold Cohns Sohn Franz Markus besuchte die Vorschule der Oberrealschule Eppendorf und später das Heinrich-Hertz-Realgymnasium. Ab 1923 absolvierte er eine kaufmännische Lehre bei der Getreide-Importfirma Mais Import GmbH, arbeitete seit 1926 bei verschiedenen Firmen als Börsenvertreter und sammelte 1927 Berufserfahrungen in England. Mit dem 1. Januar 1928 trat er als Angestellter und Bör-senvertreter in die väterliche Firma Caspary & Cohn ein.

Aufgrund von Differenzen trennten sich im Herbst 1929 die beiden Geschäftsinhaber, lösten die gemeinsame OHG zu Jahresende auf und gründeten jeder unter seinem eigenen Namen einen neuen Betrieb. In der am 26. September 1929 ins Handelsregister eingetragenen Firma "Leopold Cohn – Großhandel mit Getreide und Futtermitteln, Vertretungen" erhielt Sohn Franz Markus von Beginn an Prokura. Das Unternehmen blieb weiterhin am Neuen Wall 54 ansässig, die Getreide-Agentur Adolf Caspary zog zu dessen Privatadresse Curschmannstraße 35.

Mit 55 Jahren konnte Leopold Cohn auf einen beachtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstieg zurückblicken: Aus einer Familie, die sich seit mindestens zwei Generationen mit dem – auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft – wenig angesehenen Produktenhandel beschäftigte, zum geachteten Großhandelskaufmann mit eigener Firma, einer vornehmen Geschäftsadresse und einer standesgemäßen Wohnung. Gekrönt wurde dies dadurch, dass er am 13. April 1928, noch als Inhaber von Caspary & Cohn, vom Plenum der Handelskammer auf Vorschlag des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse zum Vorstandsmitglied der Getreidebörse berufen wurde. Bis einschließlich 1932 wurde er jährlich wiederernannt, nun für die Firma Leopold Cohn. Von 1919 bis 1933 gehörte er zudem der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns an. Am 10. Oktober 1912 war Leopold Cohn in die Loge "Ferdinande Caroline zu den drei Sternen" aufgenommen worden und hatte 1927 den III. Grad inne.

Zusätzlich zu seiner eigenen Firma übernahm Cohn eine weitere Aufgabe: Am 26. März 1930 hatte das Agrarministerium im Rahmen der Bewirtschaftung von Rohstoffen das Reichsmaisgesetz erlassen. Zur Überwachung wurde eine "Reichsmaisstelle" mit Sitz in Berlin eingerichtet, die sämtliche Im- und Expor-te von Mais kontrollierte. Seit Gründung der Reichsmaisstelle am 31. März 1930 fungierte Cohn als Geschäftsführer ihrer Abteilung in Hamburg. Er erhielt hierfür ein jährliches Gehalt von ca. 27.500 RM zuzüglich Spesen. Auf diese Weise konnte er "in den Jahren 1931/32 bis 1933/34 ein erhebliches Einkom-men" erzielen. Seine eigene Firma musste er "während dieser Zeit ruhen lassen. Sie blieb aber weiter im Handelsregister eingetragen". Die Reichsmaisstelle, die zu 65 Prozent vom Verband der Getreide- und Futtermittelhersteller finanziert werden musste, war jedoch in Hamburg bei den Getreidehändlern nicht unumstritten. Dies wurde deutlich, als Leopold Cohn am 2. Januar 1933 für den Vorsitz im Verwaltungsrat des Vereins der Vermittler für Getreide, Mehl und Futtermittel der Hamburger Börse vorgeschlagen wurde. In der Vorstandssitzung des Vereins am 13. Februar 1933 opponierten mehrere Mitglieder gegen die Wahl von Cohn, "weil dieser das Maismonopol hier in Hamburg leitet". Man berief ihn stattdessen zum stellvertretenden Vorsitzenden. Doch schon bald darauf, im Juni 1933, wurde Leopold Cohn wegen seiner Zugehörigkeit zur "jüdischen Rasse" vorzeitig aus dem Vertrag mit der Reichsmaisstelle entlassen.

Seit März 1933 kursierten Gerüchte darüber, dass die neu gebildete nationalsozialistische Reichsregierung Verhandlungen mit Verbänden ablehne, zu deren Mitgliedern Juden zählten. Im Verein der Vermittler für Getreide, Mehl und Futtermittel führte dies zu intensiven Diskussionen des Vorstands. Während einige Vorstandsmitglieder für eine Reorganisation des Vorstands aus rein "arischen" Personen plädierten, warnten andere wie z. B. Leopold Hiller vor diesem Schritt, da der Verein 40 Prozent jüdische Mitglieder habe, auf die Rücksicht genommen werden müsse. Mittlerweile hatten bereits einige jüdische Vorstandsmitglieder ihr Amt zur Verfügung gestellt und Leopold Cohn, offenbar 1933 im Vorstand, appellierte in der Sitzung am 27. März 1933 an alle Vorstandsmitglieder, sie sollten endgültig zurücktreten. Um die künftige Weiterexistenz des Vereins zu sichern, erklärte Cohn, ebenso wie Leopold Hiller, Otto Friedeberg und John Hausmann, seinen Rücktritt aus dem Vorstand. Bereits am 31. März wurde ein Nachfolger für ihn gewählt. Auch in der Vorschlagsliste des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse an die Handelskammer vom 12. Mai 1933 für den Vorstand der Getreidebörse war Leopold Cohn nicht mehr enthalten.

Der mittlerweile 60-jährige Kaufmann versuchte nach der Entlassung aus der Reichsmaisstelle seine eigene Firma wieder zu reaktivieren, was jedoch wenig Erfolg zeigte. Schon 1934/35 blieb sein Einkommen um mehr als 25 Prozent hinter dem der vorangegangenen zwei Jahre zurück und verringerte sich jährlich weiter. Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, dass die Familie ca. 1935/36 zum Rothenbaum in eine etwas bescheidenere Wohnung in der ersten Etage am Mittelweg 69 umzog. Auch Leopold Cohns Firma wurde seit 1935 im Adressbuch nicht mehr am Neuen Wall, sondern nur noch unter seiner Privat-adresse geführt.

Laut Durchführungsbestimmungen des Reichswirtschaftsministeriums hatten die Behörden seit Juni 1938 Verzeichnisse über jüdische Betriebe zu führen. In Hamburg war ab Mitte 1938 die Handelskammer (seit 1. Februar Industrie- und Handelskammer) intensiver in die Maßnahmen des Reichsstatthalters zur "Arisierung" jüdischer Handels- und Gewerbebetriebe eingebunden. Bislang noch hatte sie auf Anfragen grundsätzlich keine Erklärungen über die "Ariereigenschaft oder Nichteigenschaft von Firmen" abgegeben. Nun jedoch erstellte sie – versehen mit dem Vermerk "Nur für den internen Dienstgebrauch" – eine Liste über "nichtarische" Firmen nach Geschäftszweigen. Unter der Rubrik Getreidehandel wurde u. a. die Firma Leopold Cohn vermerkt. Im Sommer 1940 stellte die Industrie- und Handelskammer zu Leopold Cohn fest: "Hat auf Anforderung seinen Gewerbeschein abgegeben. Betrieb ruht." Sohn Franz entsann sich später, dass die Firma schon 1938 zwangsliquidiert wurde. Der Löschungseintrag im Handelsregister stammt vom 26. Juli 1940.

Am 9. November 1938, dem Tag des Novemberpogroms, wurde der ledige Sohn Franz Cohn verhaftet, in das Gefängnis Fuhlsbüttel eingeliefert und von dort am 11. November 1938 ins KZ Sachsenhausen überstellt. Nach seiner Entlassung am 12. Januar 1939 emigrierte er am 21. März 1939 nach England. Nachdem er dort aufgrund des Kriegsausbruches als "feindlicher Ausländer" erneut mehrere Monate interniert war, wanderte er im September 1939 nach Chile aus.

Tochter Charlotte hatte am 11. April 1935 in Hamburg den jüdischen Kaufmann Fritz Goldschmidt (1901–1970), Doktor der Staatswissenschaften, geheiratet. Gemeinsam mit ihm emigrierte sie im Dezember 1938 nach Bombay.

Leopold Cohn hatte nach seiner Entlassung aus der Reichsmaisstelle und dem Verlust seiner Firma keine Möglichkeit mehr gefunden, die Lebensgrundlage für sich und seine Frau zu verdienen. In der letzten ihnen noch verbleibenden Zeit in Hamburg lebten sie von den Resten ihres Vermögens. Auf Gertrud Cohn waren im Schiffsregister vier Kastenschuten eingetragen, die sie damals an den Hamburger Otto Hinz veräußerte.

Ab November 1938 setzten massive staatliche Mechanismen zur Ausplünderung der deutschen Juden ein. Entsprechend der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 mussten Leopold und Gertrud Cohn im März 1939 Schmuck, Tafelsilber und weitere Gold- und Silbersachen im nachträglich geschätzten Wert von ca. 8.600 RM bei der städtischen Pfandleihe als Ankaufstelle für einen Bruchteil ihres realen Wertes abliefern.

Das Vermögen von Leopold Cohn in Form von Konten und Wertpapieren lag bei der Deutschen Bank Filiale Hamburg und der Hamburger Sparkasse, das von Getrud Cohn ebenfalls bei der Deutschen Bank und dem Bankhaus M. M. Warburg. Auf Basis der am 12. November 1938 per Verordnung auferlegten sogenannten Judenvermögensabgabe wurden im Juni 1939 für Leopold Cohn Wertpapiere im Gesamtannahmewert von 3.738 RM an die Preußische Staatsbank abgeliefert, für Gertrud Cohn Wertpapiere im Gesamtannahmewert von 7.038 RM in Zahlung gegeben.

Zu Anfang des Jahres 1941 wurden Leopold und Gertrud Cohn gezwungen, ihre Wohnung am Mittelweg zu räumen und in eine kleinere Bleibe in der Bellevue 34 umzuziehen. In dem fünfgeschossigen Mietshaus, in dem sie vermutlich zur Untermiete unterkamen, lebten jeweils mehrere Mietparteien auf einer Etage, darunter Handwerker, Arbeiter und ein Seemann. Im Keller befand sich eine Rossschlachterei.

Für den 4. Dezember 1941 bestellte die Geheime Staatspolizei die beiden zur Deportation ein. Mit dem Transport vom 6. Dezember wurden sie in das Außenlager Jungfernhof des Ghettos Riga deportiert. Ihr zurückgelassener Hausrat, darunter hochwertiges Mobiliar, ein umfangreicher Buchbestand und kostbares Porzellan, kam anschließend zur Versteigerung.

Schatzanweisungen des Deutschen Reiches im Wert von 1.000 RM wurden 1942 an die Reichsschuldenverwaltung in Berlin abgeliefert und vernichtet. Weiterhin wurden eine große Menge Wertpapiere und Schatzanweisungen aufgrund einer Einziehungsverfügung des Reichsstatthalters in Hamburg an die Deutsche Reichsbank bzw. an die Preußische Staatsbank in Berlin abgeliefert.

Seit ihrer Deportation gab es von Leopold und Gertrud Cohn kein Lebenszeichen mehr, sie wurden als verschollen angesehen, mit Stichtag Ende 1945 für tot erklärt und gelten als ermordet.

Franz Cohn und Charlotte Goldschmidt stellten als Erben von Leopold und Gertrud Cohn 1950 und 1953/54 über ihre Anwälte in Hamburg Anträge auf Wiedergutmachung. Zugunsten ihres mittellosen Bruders verzichtete Charlotte am 13. Oktober 1951 auf ihren Erbteil. In den amtlichen Verfahren wurden ihnen in den folgenden Jahren Entschädigungen für die Haftzeit von Vater und Mutter, für deren Tragen des Judensterns, für den Schaden im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen Leopold Cohns sowie für die erzwungene Abgabe von Gold- und Silbersachen zugesprochen. Zu Entschädigungsleistungen für entzogene Bankguthaben, Wertpapiere und sonstiges Vermögen ist nichts überliefert, ebenso wie über die geforderte Rückgabe der vier Kastenschuten der Mutter. Eine Wiedergutmachung für die Zwangsliquidation der Firma Leopold Cohn wurde abgelehnt, "da sie wegen seiner Tätigkeit bei der Reichsmaisstelle bereits seit langen Jahren ruhte und auch nicht dargetan ist, daß er nach seinem Ausscheiden bei der Reichsmaisstelle wieder für eigene Rechnung arbeitete."

Franz Markus Cohn hatte 1940 in Chile die Jüdin Ruth Helene Maier geheiratet. 1948 kam ihre Tochter Irma Gertrud zur Welt. Nach seiner Emigration hatte Franz vergeblich versucht, sich in Chile als Kaufmann zu etablieren. Mit wechselnden Tätigkeiten bemühte er sich in den folgenden Jahren, seine durch Krankheit halbseitig gelähmte Frau und seine Tochter zu ernähren. In Santiago de Chile wurde er durch die dortige Jüdische Gemeinde unterstützt. Ohne Aussicht auf Zukunft in Chile, kehrte er im November 1953 mit seiner Familie nach Hamburg zurück. Dort starb er am 12. Dezember 1961.
Charlotte Goldschmidt lebte zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes 1970 in Forest Hills, New York. Sie verstarb am 22. Februar 1985 und wurde in New York bestattet.


© Text mit freundlicher Genehmigung der Handelskammer Hamburg (Hrsg.) entnommen aus: "Gegen das Vergessen. Opfer totalitärer Verfolgung aus dem Ehren- und Hauptamt der Handelskammer Hamburg". Hamburg 2019


© Dr. Karin Gröwer

Quellen: 1; 5; 8; HK-Archiv 100.B.1.21 (Verzeichnis der jüdischen Betriebe nach Geschäftszweigen); HK-Archiv 100.B.1.29 (Ablehnung von Anträgen und Anregungen, Firmen als nichtarisch zu bezeichnen oder Listen nichtarischer Firmen aufzustellen oder weiterzuleiten); HK-Archiv 100.B.1.37 (Entjudung des Großhandels); HK-Archiv 53.D.10.2 (Ernennung der Mitglieder des Vorstandes der Getreidebörse (Gerste, Mais, Weizen und Roggen) in den Jahren 1928–1933); HK-Archiv 53.D.2.2.9 (Ernennung der Mitglieder der Allgemeinen Abteilung des Börsenvorstandes (Börsenkommission) 1926–1934); HK-Archiv Firmenaktenarchiv (Handelsregisterauszüge Firma Leopold Cohn); SHWA V8/127 (Verein der Vermittler für Getreide, Mehl und Futtermittel der Hamburger Börse E. V. zu Hamburg 1928–1933: Sitzungsprotokoll des Vorstands); SHWA V8/17 (Verein der Vermittler für Getreide, Mehl und Futtermittel der Hamburger Börse E. V. zu Hamburg 1933, Vorstand Sitzungsprotokolle); StAHH 213-13_11193 (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachung, Leopold und Gertrud Cohn); StAHH 231-7_A 1 Band 162 (Handelsregister A 36122 und A 36123); StAHH 231-7_A 1 Band 19 (Handelsregister A 4997); StAHH 332-5_884 (Standesamt Hamburg 2a, Sterberegister 1924 Nr. 225); StAHH 332-5_4790 (Sterberegister Osdorf 1899, Nr. 43); StAHH 332-5_5148 (Sterberegister Altona 1877 Bd. 1, Nr. 664); StAHH 332-5_5153 (Sterberegister Altona 1878 Bd. 2, Nr. 805); StAHH 332-5_5225 (Sterberegister Altona I, 1894 Band 2, Nr. 1257); StAHH 332-5_5873 (Heiratsregister Altona 1879 Bd. 2, Nr. 625);StAHH 332-5_5959 (Standesamt Altona I, Heiratsregister 1903 Nr. 135); StAHH 332-5_6212 (Standesamt Altona, Geburtsregister 1880 Nr. 2303); StAHH 332-5_10013 (Standesamt Hamburg-Eppendorf, Sterberegister 1950 Nr. 148);StAHH 351-11_32237 (Amt für Wiedergutmachung, Lotte Lucie Emma Goldschmidt); StAHH 351-11_32703 (Amt für Wiedergutmachung, Franz Markus Cohn); StAHH 351-11_32919 (Amt für Wiedergutmachung, Charlotte Lucie Emma Goldschmidt, Renten); Online-Grabregister des Jüdischen Friedhofs Altona; Hamburger Adressbücher; Altonaer Adressbücher; Offizielles Hamburger Börsen-Adressbuch; Prabel, Wolfgang: Der Bausatz des Dritten Reiches, Verlag XinXii (e-book), 2015; Bajohr, Frank: "Arisierung" in Hamburg. Die Verdrängung der jüdischen Unternehmer 1933–1945, Hamburg 1997, S. 223ff; Lorenz, Ina/Berkemann, Jörg: Die Hamburger Juden im NS-Staat 1933 bis 1938/39, Band 1–7, (Hamburger Beiträge zur Geschich-te der deutschen Juden 45) Göttingen 2016, Band 2, S. 927ff.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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