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Sara Delmonte (geborene Delmonte) * 1860
Bundesstraße 35 (Eimsbüttel, Rotherbaum)
HIER WOHNTE
SARA DELMONTE
GEB. DELMONTE
JG. 1860
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
TREBLINKA
Weitere Stolpersteine in Bundesstraße 35:
Julius Asser, Rosa Bauer, Ernst Antonio Cassuto, Amalie Delmonte, Moses "Martin" Delmonte, Hans Gerson, Margot Gerson, Uri Gerson, Frieda Sternheim
Sara Delmonte, geboren 26.4.1860, deportiert am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt, am 21. September 1942 nach Treblinka weiterdeportiert und ermordet
Bundesstraße 35, Eimsbüttel
Die Familie Delmonte gehörte zur Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde in Hamburg, Nachfahren der Sepharden, die von der Iberischen Halbinsel vertrieben worden waren und sich dann gegen Ende des 16. Jahrhunderts auch in Hamburg angesiedelt und eine eigene Gemeinde gebildet hatten.
Jehuda/Judah Delmonte und Simcha Delmonte, geborene Sealtiel, hatten fünf Kinder bekommen: Johanna, geboren am 14. Februar 1850, Moses Hajim, geboren am 5. Mai 1853, Ester, geboren am 8. Oktober 1855, Sara, geboren am 26. April 1860 und Jacob Delmonte, geboren am 10. August 1862.
Jehuda Delmonte war als Arbeiter im Zigarrenhandel tätig.
Über Sara Delmontes Kindheit können wir nichts berichten, später erlernte sie den Beruf der Schneiderin.
Sara Delmonte heiratete am 6. Dezember 1887 in Hamburg den Zigarrenarbeiter Jakob Delmonte. Vermutlich hatten sich die Familien, die beide Delmonte hießen, über den Zigarrenhandel kennengelernt. Eine verwandtschaftliche Beziehung konnten wir nicht feststellen, eventuell gab es eine, die zeitlich weit zurück lag. Jakob Delmonte war am 5. April 1857 in Bühne, Kreis Warburg, geboren worden. Seine Eltern hießen Juda/Julius und Betti Delmonte, geborene Lövi/Lövÿ, die seit 1861 in Altona ansässig waren.
Jakob und Sara Delmonte wohnten seit dem 6. Dezember 1887 bei seinen Eltern in der Oelkersallee 32 in Altona-Nord. Am 8. Mai 1887 starb sein Vater, der mit seiner Frau Betti inzwischen in die Sternstraße 91 nach St. Pauli umgezogen war und die Wohnung in der Oelkersallee 32 für seinen Sohn Jakob frei gemacht hatte. Betti Delmonte zog nach dem Tod ihres Mannes wieder zu ihrem Sohn in die Oelkersallee 32. Sie starb in dieser Wohnung am 8. Juli 1893.
Jakob und Sara Delmonte bekamen die Töchter Betty Olga, geboren am 12. April 1889, und am 1. August 1895 Simcha Erika Delmonte. Beide Töchter wanderten später in die USA aus: 1907 Betty Olga, 1914 Simcha Erika Delmonte.
Vermutlich war die Auswanderung der jüngsten Tochter ein Grund für die Eltern, in eine kleinere Wohnung umzuziehen. Seit dem 26. August 1914 bewohnten sie eine günstige Wohnung im Samuel-Levy-Stift in der Bundesstraße 35 Haus A in Eimsbüttel.
Dieses Stift, durch Testament vom 4. Juli 1841 begründet, verwaltete von 1896 bis 1942 57 Wohnungen für bedürftige Menschen, die ohne Unterschied der Konfession vergeben werden sollten. (Das Stiftgebäude wurde 1942 zwangsverkauft und gelangte nach 1945 wieder in den Besitz der Jüdischen Gemeinde. Heute befindet sich an der Stelle ein Universitätsgebäude.)
1920 zogen Jakob Delmontes Bruder Martin und seine Frau Amalie Delmonte, geborene Zechlinski, in das Nachbarhaus in der Bundesstraße 35 Haus B.
Am 27. April 1923 starb Jakob Delmonte im Alter von 45 Jahren, die Todesursache ist uns nicht bekannt. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt.
Sara Delmonte blieb auch nach dem Tod ihres Ehemannes in der Bundesstraße 35 Haus A wohnen. Vermutlich finanzierte sich die 63jährige, in dem sie schneiderte. Doch ihr Verdienst war so gering, dass sie nicht einmal zur Kultussteuer für die Jüdische Gemeinde veranlagt wurde.
Wir können über die folgenden Jahre bis 1932 nichts über Sara Delmonte berichten.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderte sich ab Sommer 1933 schlagartig das Alltagsleben der Jüdinnen und Juden auch in Hamburg. Sie wurden aus nichtjüdischen Vereinen, Stiftungen und vielen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen. Die Jüdische Gemeinde gewann als gesellschaftlicher Mittelpunkt zunehmend an Bedeutung. Sie bot unter anderem Versorgungseinrichtungen an, die die Not mildern sollten. Dazu zählte bis Ende November 1941 die Essensausgabe an bedürftige Gemeindemitglieder im Heim Innocentiastraße 37 und ab 1941 in der Volksküche in der Schäferkampsallee 27. Der "Jüdische Kulturbund" bot im Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße Vorträge und Unterhaltungsmöglichkeiten für die jüdischen Menschen an, die inzwischen von allen anderen kulturellen Veranstaltungen ausgeschlossen waren. Vermutlich nutzte Sara Delmonte die Essensausgabe und die Unterhaltungsmöglichkeiten.
Sara Delmonte und ihr Schwager Moses/Martin Delmonte erhielten im Juli 1942 ihren Deportationsbefehl für die erste Großdeportation aus Hamburg nach Theresienstadt, einen sogenannten Alterstransport. Vermutlich machten sich die 82jährige Sara Delmonte und der schwer sehbehinderte 74jährige Moses/Martin Delmonte gemeinsam zu Fuß auf den Weg zum 20 Minuten entfernten Sammelplatz an der Schanzenstraße. Das 1884 errichtete Schulgebäude lag versteckt hinter Wohnhäusern und war von der Straße aus nicht einsehbar. Aufgrund dieser abgeschirmten Lage war der Schulhof von der Geheimen Staatspolizei im Juli 1942 zum Sammelplatz für die jüdischen Menschen erklärt worden.
Der Zug nach Theresienstadt fuhr am 15. Juli morgens vom Hannoverschen Bahnhof mit 925 Menschen ab. Er erreichte am 16. Juli 1942 Theresienstadt.
Sara Delmonte und ihr Schwager Moses/Martin wurden gut zwei Monate später nach Treblinka weiterdeportiert und dort vermutlich noch am Tag ihrer Ankunft in Treblinka ermordet.
An Moses/Martin und seine Frau Amalie Delmonte erinnern Stolpersteine in der Bundesstraße 35 (Siehe www.stolpersteine-hamburg.de)
Zum Schicksal der Geschwister von Sara Delmonte:
Hana/Johanna Delmonte hatte Ferdinand Holstein geheiratet, geboren am 17. September 1845. Sie bekamen die Kinder Betty, geboren am 17. Juni 1884, Selma Zimcha, geboren am 29. Oktober 1885, Leo Martin, geboren am 6. Dezember 1886 und Ellen Holstein, geboren am 11. Januar 1894. Ferdinand Holstein starb bereits am 3. Juni 1920. Johanna/Hana erlitt am 2. Februar 1941 in Hamburg einen Schlaganfall, an dem sie starb. Das Ehepaar wurde auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt.
Betty Holstein und Ellen Kämpfer, geborene Holstein, wurden am 25. Oktober 1941 ins Getto Lodz deportiert und im Vernichtungslager Chelmno ermordet. (Siehe www.stolpersteine-hamburg.de).
Leo Martin Holstein fiel im Ersten Weltkrieg.
Selma Holstein hatte Ludwig Baier geheiratet, geboren am 29. September 1890. Sie bekamen den Sohn Ludwig Baier, geboren am 30. August 1919. Die Familie flüchtete im März 1939 nach England.
Moses Hajim/Moritz Delmonte heiratete Judith Garcia de los Reyes, geboren am 10. Februar 1862. Sie bekamen die Kinder Gertrud Simcha, geboren am 20. März 1890, Hannah Elli, geboren am 18. Februar 1891/verstorben am 14. April 1891, Hannah Erna, geboren am 21. März 1892, Rachel Käthi, geboren am 8. Juli 1894 und Angelina Harriet Delmonte, geboren am 4. Juni 1896.
Moses Hajim Delmonte starb am 25. Juni 1909, Judith Delmonte am 23. Dezember 1938. Das Ehepaar wurde auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt.
Gertrud Delmonte hatte Julius Cohn geheiratet, geboren am 8. Juni 1882. Das Ehepaar wurde ins Getto von Lodz deportiert und ermordet. (Siehe www.stolpersteine-hamburg.de)
Hannah/Hanna Erna Delmonte hatte den katholischen Montserrat Lorenzo José Marti y Segura geheiratet, geboren am 13. Januar 1890. Das Ehepaar flüchtete 1939 nach Spanien.
Rachel Käthi/Käthe hatte Berthold Goldschmidt geheiratet. Sie überlebte und starb am 19. März 1973 in Tel Aviv.
Angelina Harriet Delmonte heiratete Carlos Höchstetter. Sie überlebte und starb am 22. Februar 1970 in Argentinien.
Ester Delmonte hatte Joseph Algava geheiratet, geboren am 31. Dezember 1850. Sie bekamen die Kinder Simcha Sophia, geboren am 5. Dezember 1884, Rika, geboren am 25. Juli 1886 und Hanna Anita Algava, geboren am 23. April 1888. Ester und Joseph Algava wurden auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt.
Simcha Sophia Algava heiratete Aron Heilbut, geboren am 21. November 1877. Das Ehepaar wurde ins Getto von Lodz deportiert und ermordet.
Rika Algava wanderte nach Amerika aus.
Hanna Anita Algava heiratete den katholischen Otto John August Beller, geboren am 29. März 1886. Sie bekamen zwei Kinder Werner Otto John Beller, geboren am 31. August 1911 und Konrad Kurt Eberhard Beller, geboren am 14. Oktober 1912. Die Ehe wurde 1925 geschieden. Hanna Anita Beller flüchtete mit ihren Söhnen nach Buenos Aires und starb dort am 3. Januar 1939.
Stand: März 2023
© Bärbel Klein
Quellen: 1; 4; 5; 7; 8; 9; StaH, 351-14 Sozialfürsorge – Arbeits- und Sozialwesen Nr. 1088 (Moses gen. Martin Delmonte); 351-11 AfW 14610 (Hannah Erna Delmonte); 332-5 Geburtsregister 2056 Nr. 3352/1883 Amalie Delmonte, 2085 Nr. 5743/1884 Simcha Sophia Algava, 2134 Nr. 5906/1886 Leo Martin Holstein, 1257 Nr. 1202/1889 Betty Olga Delmonte, 9068 Nr. 588/1891 Hannah Elli Delmonte, 9079 Nr. 717/1892 Hannah Erna Delmonte, 9104 Nr. 1726/1894 Rachel Delmonte, 9126 Nr. 1393/1896 Angelina Harriet Delmonte; 332-5 Heiratsregister 5901 Nr. 1042/1887 Jakob Delmonte/Sara Delmonte, 8543 Nr. 264/1889 Delmonte/Garcia de los Reyes, 225 Nr. 1527/1887 Juda gen. Julius Delmonte, 2176 Nr. 488/1919 Otto John August Beller/Hanna Anita Algava, 8678 Nr. 297/1911 Julius Cohn/Gertrud Simcha Delmonte, 8689 Nr. 102/1913 Simcha Sophia Algava/Aron Heilbut, 8740 Nr. 142/1920 Moses gen. Martin Delmonte/Amalie Zechlinski; 332-5 Sterberegister 7859 Nr. 384/1891 Hannah Elli Delmonte, 5221 Nr. 1433/1893 Betti Delmonte, 8000 Nr. 535/1909 Moses Hajim Delmonte, 8005 Nr. 879/1910 Simcha Delmonte, 8006 Nr. 263/1911 Joseph Algava, 8073 Nr. 244/1923 Jakob Delmonte, 1104 Nr. 524/1939 Johanna Delmonte, 1121 Nr. 610/1940 Amalie Delmonte, 8168 Nr. 40/1941 Hana Holstein; 741-4 Fotoarchiv K4358, K , K2440, K 7276; ITS Archives Bad Arolsen Digital Archive Copy of 1.2.4.1 / 7105 Archivnummer [12651515]; Irmgard Stein, Jüdische Baudenkmäler in Hamburg, erschienen 1984, Seite 115 Samuel-Levy-Stiftung; Stefanie Fischer, Familie und Alltag, in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte, 22.09.2016; www.wikipedea.de; www.geni.com; www.ancestry.de; www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/ (Einsicht 26.4.2020).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".