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Bereits verlegte Stolpersteine



Bela Wimmer * 1940

Lehmweg 45 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
BELA WIMMER
JG. 1940
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Lehmweg 45:
David Hirsch, Johanna Hirsch, Wilhelm Wimmer, Margot Wimmer

Margot Wimmer, geb. Neufeld, geb. am 8.6.1911 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet
Wilhelm Wimmer, geb. am 23.12.1904 in Breslau, (heute Wroclaw/ Polen) deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet
Bela Wimmer, geb. am 24.6.1940 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet

Lehmweg 45

Margot Neufeld wuchs mit ihren Geschwistern Emmy (1906-1988), Hellmuth (1909-1960 USA) und Inge (1915) in Rothenburgsort auf. Die Eltern Regina Recha, geb. Katzenstein, (1880 Rhina/ Hessen – 1942 Hamburg) und Hermann Neufeld (1872 Rawitsch/Polen – 1932 Hamburg) hatten 1905 geheiratet. Zu dem Zeitpunkt lebte Regina Katzenstein bei ihrer Schwester Selma (1878 Rhina-1960) im Valentinskamp 55/Neustadt, die 1904 den aus Harburg stammenden Druckereibesitzer Ernst Katzenstein (1872-1956) geheiratet hatte. Der Bruder des Bräutigams, Siegfried Neufeld (1868-1935 Hamburg) wiederum, war bereits seit 1896 mit der Schwester des Druckereibesitzers Toni Katzenstein (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) verheiratet.

Das junge Ehepaar Neufeld übernahm kurz nach der Heirat ein Tabakwarengeschäft im Billhorner Röhrendamm 78. In der zweiten Etage des Hauses bewohnten sie eine Vierzimmerwohnung, welche gutbürgerlich eingerichtet war, so erinnerte sich eine ehemalige Kundin und Nachbarin nach 1945. Der damalige geschäftige Billhorner Röhrendamm, ist mit dem heutigen nicht vergleichbar. Wer es sich leisten konnte, kaufte dort ein und nutzte die unterschiedlichen Straßenbahnlinien durch das Viertel oder war zu Fuß unterwegs.

Margot Neufeld absolvierte ihre schulische Ausbildung in der Israelitischen Töchterschule Carolinenstraße. Danach besuchte sie eine Gewerbeschule und ließ sich zur Kinderpflegerin ausbilden, dafür verbrachte sie auch einige Zeit in Berlin. Ungefähr zu der Zeit siedelte der gebürtige Breslauer Wilhelm Wimmer nach Hamburg über. Am 28. Juni 1928 ließ er sich als Mitglied der Jüdischen Gemeinde registrieren. Auf seiner Mitgliedskarte wurde als Beruf Händler und Posthelfer eingetragen (die vermerkten Adressen sind jedoch unleserlich).

Nach Beendigung ihrer Ausbildung fand Margot Neufeld ab März 1930 eine Anstellung als Kinderfrau in einer jüdischen Familie mit drei Kindern in der Klosterallee/ Harvestehude. Bei freier Kost und Logis erhielt sie ein gutes Gehalt. Zusätzlich zahlte ihre Arbeitgeberin zu den jeweiligen hohen jüdischen Feiertagen ein 13. Gehalt. Dieses gute Arbeitsverhältnis währte jedoch nur bis zum Dezember 1935, da die Familie aufgrund von Verfolgungsmaßnahmen in das Ausland flüchtete.

Denn mittlerweile hatte sich das Leben für Juden dramatisch verändert. Während der Boykottaktionen, unter anderem gegen Geschäfte mit jüdischen Inhabern am 1. April 1933, wurden auch die Schaufenster des elterlichen Tabakgeschäftes beschmiert. Für alle wurde sichtbar, wer hier ein Geschäft betrieb. Vor der Tür standen Posten, die signalisierten "kauft hier nicht ein". Der Umsatz verringerte sich dadurch erheblich. Erschwerend kam hinzu, dass Regina Neufeld das Geschäft nun alleine führte, da ihr Mann Hermann bereits im April 1932 gestorben war. Möglicherweise halfen jetzt die Kinder im Geschäft. Schritt für Schritt wurden Juden aus dem Geschäfts- und Wirtschaftsleben gedrängt. Ihre Geschäfte wurden "arisiert", wie im Fall der Familie Neufeld. Damit verbunden war auch, dass Regina Neufeld ihre Wohnung verlor.

Wir fanden keine Hinweise, wann und wo sich Margot Neufeld und Wilhelm Wimmer kennenlernten und wie sie die Zeit bis zur Heirat verbrachten. Sie heirateten am 22. Mai 1939 in Hamburg. Die wenige Tage vorher stattgefundene Volkszählung, registrierte Wilhelm Wimmer unter der Adresse Glashüttenstraße im Karolinenviertel. Im Oktober 1939 bezogen sie ihre erste möblierte "Wohnung", zur Untermiete bei der Witwe Johanna Kunodi im Lehmweg 45. Für eine eigene Wohnung reichten die finanziellen Mittel nicht.

Die Ausgrenzungen der Juden nahmen stetig zu, dies zeigte sich mit dem Kriegsbeginn September 1939: nächtliche Ausgangssperren, Radiogeräte waren abzugeben und der Befehl Zwangsarbeit zu leisten, stellen gravierende, aber mitnichten alle antijüdischen Maßnahmen dar, einhergehend mit der Kennzeichnungspflicht in Form eines "Gelben Sterns" an der Kleidung ab Mitte September 1941.

Es gab jedoch auch kleine Lichtblicke in diesen Zeiten, so mit der Geburt von Bela Wimmer am 24.6.1940. Dass ihr nur ein kurzes Leben bevorstand, ahnte jedoch zu dem Zeitpunkt niemand.

Im Oktober 1941 wurde die Auswanderung für Juden verboten. Wenige Tage später begannen die Deportationen in den Osten.

Mit dem dritten Transport ab Hamburg deportierten die Nationalsozialisten Bela, Margot und Wilhelm Wimmer am 8. November 1941 ins Getto Minsk. Für diesen Transport waren ebenfalls Margots Schwester Inge und deren Ehemann Ernst Bauer (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) ebenso wie die Vermieterin Johanna Kunodi (1883), mit ihrem zweiten Ehemann David Hirsch (1882) (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) eingeteilt. Niemand von ihnen überlebte. Wann und wo genau sie den Tod fanden, ist nicht bekannt.

Welche Spuren fanden sich zu den Familienangehörigen:
Nachdem Margots Mutter Regina Neufeld ihre Wohnung in Rothenburgsort verloren hatte, lebte sie zur Untermiete in der Heinrich-Barth-Straße und wenig später in einer Stiftswohnung in der Bundesstraße 35, inzwischen zum "Judenhaus" deklariert. Regina Neufeld starb dort am 20. August 1942. Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel, neben ihrem Mann Hermann.

Margots älteste Schwester Emmy Neufeld heiratete im August 1933 Rudolf Freudenfels (1900-1980), mit dem sie zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Palästina flüchtete.

Der Bruder Hellmuth Neufeld flüchtete zunächst nach Dänemark. Seit Herbst 1946 lebte er in den USA. Seine Fluchtgeschichte findet sich in der Biographie seiner Schwester Inge Bauer (siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Stand: Oktober 2024
© Sonja Zoder

Quellen: 1; 4; 5; 8; 9; StaH 213-13 Landgericht Wiedergutmachung 23822 (Wimmer, Margot); 351-11 AfW 36355 (Wimmer, Margot); 351-11 AfW 46978 (Neufeld, Regina Recha); 351-11 AfW 40893 (Bauer, Inge, geb. Neufeld) jeweils am 24.9./ 30.9.2019; Frank Bajohr, "Arisierung in Hamburg", S. 362, 367, Hamburg 1997, Koser/ Brunotte, Stolpersteine in Hamburg-Eppendorf, S. 65-67; URL: www.stolpersteine-hamburg.de am 14.10.2019; https://www.tracingthepast.org/minority-census am 7.10.2019; www.ancestry.de (Geburts-, Heirats-, und Sterberegister Familien Neufeld, Katzenstein, Wimmer, Kunodi und Hirsch am 9.10.2019); www.geni.com am 31.7.2024; diverse Hamburger Adressbücher.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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