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Bereits verlegte Stolpersteine



Gertrud Penkert (geborene Blankenstein) * 1888

Sierichstraße 56 (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
GERTRUD PENKERT
GEB. BLANKENSTEIN
JG. 1888
VERHAFTET 1943
GEFÄNGNIS FUHLSBÜTTEL
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 1.12.1943

Weitere Stolpersteine in Sierichstraße 56:
Siegfried Salomon, Martha Salomon

Gertrud Penkert, geb. am 8. 1.1888 in Hamburg, verhaftet am 9.4.1943, deportiert nach Auschwitz, dort ermordet am 1.12.1943

Sierichstraße 56

Gertrud Betty Blankenstein wurde als jüngstes von fünf Kindern in Hamburg geboren. Die Eltern, der Kaufmann Hermann (Herz) Blankenstein und seine Frau Emma Eleonore, geb. Levinger, waren 1879 von Dortmund nach Hamburg gezogen. Die jüdische Familie wohnte zunächst am Steindamm, von dort übersiedelten sie 1891 - mit einer Zwischenstation in der Rutschbahn - in das damals preußische Altona.

Ihre fünf Kinder ließen sie 1892 in der Johanniskirche in Altona evangelisch taufen. Sie erhielten alle eine gute Ausbildung. Die Söhne Curt (geb. 1878) und Georg (geb. 1879) (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) besuchten das Christianeum und absolvierten im Anschluss eine kaufmännische Lehre. Gertruds Schwestern Bertha (geb. 1876) und Edith (geb. 1883) (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) entschieden sich für den Beruf der Lehrerin. Für die Ausübung des Lehrerinnenberufs war damals die Voraussetzung, dass sie unverheiratet blieben. Sie teilten sich eine Wohnung im Abendrothsweg. Als 1933 "nichtarische" Beamte und Beamtinnen aus dem Schuldienst entlassen wurden, verloren die Schwestern ihr gesichertes Einkommen, konnten sich die gemeinsame Wohnung nicht mehr leisten und waren zunehmend antisemitischen Repressalien ausgesetzt.

Bruder Georg war verheiratet und arbeitete nach dem 1. Weltkrieg als selbstständiger Kaufmann. Der älteste Sohn Curt war verheiratet und hatte drei Kinder, von denen zwei emigrieren konnten. Er hatte sich wie sein Bruder als Kaufmann selbstständig gemacht. Nach 1933 war er zunehmend beruflich NS-Repressalien ausgesetzt und starb 1939 an einem Herzleiden.

Gertrud Blankenstein hatte am Vogt´schen Konservatorium (an der Verbindungsbahn 10) eine Ausbildung zur Musiklehrerin absolviert und 1908 die Abschlussprüfung bestanden. Am Vogt‘schen Konservatorium lernte sie vermutlich ihren nichtjüdischen Ehemann Anton Penkert kennen, der dort unterrichtete. Am 10.7.1909 fand die Eheschließung statt und es ist anzunehmen, dass Gertrud Penkert in der Folgezeit nicht berufstätig war.

Die Wohnadressen des kinderlosen Paares bewegten sich innerhalb des Stadtteils Winterhude (Bussestraße, Hirtenstraße, Immenhof), bis sie ab 1934 in der Sierichstraße 56 lebten.

In der NS-Zeit galt Gertrud Penkerts Ehe als "privilegierte" Mischehe, was sie vor der Deportation schützte. Sie musste auch keinen "Judenstern" tragen. Wenn die Gestapo solche geschützten Juden allerdings wegen eines tatsächlichen oder angenommenen Fehlverhaltens kriminalisierte, erlosch der Schutz der Mischehe. Das konnte beispielsweise die Nichtangabe der jüdischen Herkunft bei einer Behörde sein. Ob dies oder ein anderer Vorwand die Gestapo auf sie aufmerksam machte: Gertrud Penkert wurde am 26.3.1943 zunächst zu einem Verhör in die Rothenbaumchaussee 38 ("Judenreferat") vorgeladen und nach ihrer jüdischen Abstammung befragt. Am 9.4.1943 wurde sie dann verhaftet. Bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz im Herbst 1943 blieb sie im "Kolafu" in "Schutzhaft". Das genaue Datum ihrer Überstellung nach Auschwitz ist nicht bekannt.

Dort wurde sie am 1.12.1943 ermordet, ohne dass die Eheleute sich seit der Verhaftung noch einmal hatten sehen können.

Auch Gertrud Penkerts Geschwister wurden Opfer des Holocaust: Bertha und Edith Blankenstein wurden bereits am 25.10.1941 nach Lodz deportiert und am 20.5.1942 in Chelmno (Kulmhof) ermordet (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), Stolpersteine erinnern an sie im Abendrothsweg.

Georg Blankenstein war seit dem 24.10.1942 im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel in Haft, wurde am 24.2.1943 nach Theresienstadt deportiert und dort am 14.4.1943 ermordet. Er lebte mit seiner nichtjüdischen Frau Helene seit 1938 wie das Ehepaar Penkert in der Sierichstraße (Hausnummer 70). Dort wurde für ihn ein Stolperstein verlegt (siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Gertrud Penkerts Ehemann Anton Adolph Penkert (geb. 8.3.1875) war als festangestellter Seminarlehrer tätig und übte mehrere Nebentätigkeiten aus: So war er als Organist in der Gemeinde Borgfelde tätig, mit einigen Stunden als Lehrer am Vogt´schen Konservatorium und beim Hamburger Konservatorium beschäftigt, und arbeitete als Musikkritiker beim Hamburger Fremdenblatt. Seine Festanstellung wurde ihm 1933 gekündigt, sodass er im Alter von 58 Jahren frühpensioniert war und in der Folge auch seine Nebenbeschäftigungen verlor. Die finanzielle Situation der Eheleute wurde deshalb zunehmend kritischer. In einem Wiedergutmachungsverfahren wurde Penkert nach dem Krieg eine Entschädigung zugesprochen. Unter den Repressalien gegen seine Frau und deren Familie, die zunehmend auch ihm galten, litt er sehr, was sicher dazu beitrug, dass er schwer herzkrank wurde. Mit seiner zweiten Ehefrau lebte er bis zu seinem Tod am 3.10.1959 in der Sierichstraße 56 II.

Stand: Oktober 2024
© Ursula Mühler

Quellen: StaH 351-11_2652, 361-3_A1672, 332-5_11911 und 1453/1959, 331-1II_7254; arolsen-archives.org; Hamburger Adressbücher; www.stolpersteine-hamburg.de Biografien von Maria Koser (Bertha und Edith Blankenstein) und Björn Eggert (Georg Blankenstein); Maximilian Strnad: Privileg Mischehe, Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden, Bd 54; Beate Meyer: Fragwürdiger Schutz-Mischehen in Hamburg, In: Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933-1945, hrsg. v. Beate Meyer; zum Judenreferat siehe:https://schluesseldokumente.net/beitrag/althoff-rothenbaumchaussee38#section-1

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