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Bereits verlegte Stolpersteine



Ernst Wilda * 1863

Lenhartzstraße 3 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

1942 Theresienstadt
ermordet 6.8.1942

Weitere Stolpersteine in Lenhartzstraße 3:
Ina Behrmann, Siegmund Hofmann, Hermine Hofmann, Wolf Jägermann, Carl Löwenberg, Selma Meyer, Elka Naphtalie, Gerda Pulka, Marie Sievers, Elise Wilda, Emma Wilda, Therese Wilda

Elise Wilda, geb. 22.11.1859, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort am 13.2.1943 gestorben
Emma Wilda, geb.16.4.1872, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort am 21.3.1943 gestorben
Ernst Wilda, geb. 30.4.1863, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort am 6.8.1942 gestorben
Therese Wilda, geb. 20.11.1870, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort am 27.1.1943 gestorben

Lenhartzstraße 3

Die Geschwister Wilda lebten lange Jahre in der Meridianstraße in Hamburg-Hamm zusammen, bevor sie gemeinsam in die Lenhartzstraße 3 zogen.

Die Wohngemeinschaft der vier Geschwister war nichts Ungewöhnliches. Sie waren alle ledig, hatten eine Ausbildung und ihr Auskommen, solange sie nicht durch Wirtschaftskrisen oder Krankheit betroffen waren. Es gab noch zwei weitere Geschwister, Prof. Hermann Wilda, geboren am 4. Februar 1862, der am Staatlichen Technikum in Bremen Schiffsbau lehrte, und Paul, der schon um 1933 nach Brasilien auswanderte. Ihre Eltern waren der Maler Wilhelm Wilda, geb. 1816 in Hamburg, und Leonore Sophie Oppert, ebenfalls in Hamburg ge­boren. Sie hatten am 13. Dezember 1857 geheiratet. Wilhelm Wilda starb bereits 1881 mit 65 Jah­ren; da war die älteste Tochter, Elise, 22 Jahre und die jüngste, Emma, neun Jahre alt.

Im April 1905 bezogen Ernst Wilda als Haushaltungsvorstand, Paul, die drei Schwestern und ihre Mutter eine Neubauwohnung in der Meridianstraße 13 in Hamburg-Hamm, wo Leonore Sophie Wilda zwei Jahre später im Alter von fast 78 Jahren starb.

Als Ernst Wilda 1913 in der Jüdischen Gemeinde registriert wurde, arbeitete er als selbstständiger Handelsvertreter, wohnte in Hamm und betrieb seine Exportagentur am Großen Burstah 16. Nach dem Ersten Weltkrieg, für dessen Teilnahme er zu alt war, ging er nach Berlin, kehrte aber bereits 1920 zurück und eröffnete erneut eine Exportagentur, doch gelang es ihm nicht, beruflich wieder richtig Fuß zu fassen.
1915/16 lebte für sechs Monate die zehnjährige Maria Wilda aus Bremen bei ihren Verwandten.

Paul Wilda war Bankbeamter geworden und hatte 1910 die Lehrerin Felice Wulff geheiratet. Das Ehepaar lebte in Winterhude, wo die Söhne Heinz und Gerhard zur Welt kamen.

Von Emma ist nicht bekannt, welcher Art ihre Berufstätigkeit war. Elise und Therese Wilda waren Volksschullehrerinnen an städtischen Schulen, mit Festanstellung und Pensionsberechtigung. Sie erhielten ihre Ausbildungen in Lehrerinnenseminaren außerhalb Hamburgs: Elise in Hannover, Therese in Münster. Sie versahen ihren Dienst laut Lehrerverzeichnis von 1920 im Schulbezirk 4, Billwärder Ausschlag, dem heutigen Rothenburgsort. Elise Wilda unterrichtete an der Mädchenschule Vierländerstraße 79, Therese an der Knabenschule Bullenhuserdamm 94. Elise betätigte sich auch berufsständisch; sie gehörte dem Verein Hamburger Volksschullehrerinnen an. Am 1. Januar 1925 trat sie in den Ruhestand. Ihre Pension wurde infolge der Notverordnungen Anfang der 1930er Jahre gekürzt.

1932 wurde Therese wegen eines Augenleidens vorzeitig pensioniert. Damit wurde die finanzielle Situation der Geschwister noch schwieriger. 1931 wandte sich Elise Wilda mit der Bitte um Steuererlass an die Deutsch-Israelitische Gemeinde Hamburg. Ihre Bitte wurde mit der Begründung abgewiesen, dass "die Not, in der sich unsere Gemeinde befindet, so groß ist, dass wir auf jeden veranlagten Betrag angewiesen sind". Immerhin kam man ihr mit einer Steuerminderung und Stundung entgegen.

Am 30. April 1939 hob das "Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden" den Kündigungsschutz für jüdische Mieter auf. Sie mussten sich jetzt, häufig mithilfe der Gemeinde, als Mieter oder Untermieter in "jüdischen Häusern" eine Wohnung suchen bzw. bekamen eine zugewiesen.

1940/41 zogen Ernst, Elise, Emma und Therese Wilda aus der Meridianstraße 13 in die Lenhartzstraße 3, einem Haus, das dem jüdischen Kaufmann Leon Guttmann gehörte (siehe "Das ,jüdische Haus‘ Lenhartzstraße 3"). Für Viele, die hier wohnten, war die Lenhartzstraße nur eine Durchgangsstation in ein "Judenhaus". So wurden auch die Geschwister Wilda von der Jüdischen Gemeinde in der Frickestraße 24 untergebracht, wo bereits ihre Schwägerin wohnte. Felice Wilda gelang die Emigration zu ihrem Sohn nach Brasilien. Sie reiste am 30. Januar 1941 nach Rio de Janeiro ab. Ihr Umzugsgut kam nie an und wurde unter dem Namen ihres Schwagers Ernst versteigert.

Warum die vier Geschwister im Februar 1942 jeweils für einen Tag ins KZ Fuhlsbüttel in "Schutzhaft" kamen, ist nicht bekannt; möglicherweise verstießen sie gegen die Pflicht, den "Judenstern" zu tragen.

Am 15. Juli 1942 wurden sie gemeinsam ins Getto Theresienstadt transportiert. Als erster starb dort Ernst Wilda, als letzte Emma. Therese erlag offiziell am 27. Januar 1943 um 6.30 Uhr einer Blasenerkrankung, Elise starb am 18. November 1943 um 3.30 Uhr an "Altersschwäche".

© Maria Koser

Quellen: 1; 2; 3; 4; 5; 7; 9; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, o.Sign., Mitgliederzählung der DIGH 1928, 390 Wählerverzeichnis 1930, 391 Mitgliederliste 1935, 992 d Steuerakten Band 34, 992e2 Band 4; StaH 332-5 Standesämter, 1038 und 377/1935 (Paul Wilda); StaH 314-15 OFP, Fvg 8381; StaH 214-1 Gerichtsvollzieherwesen, 709; StaH 332-5 Standesämter, 94 und 842/1881 (Wilhelm Wilda) und 591 und 95/1907 (Sophie Wilda); StaH 332-8 Meldewesen, K 7173; Thevs, Hildegard, Stolpersteine in Hamburg-Hamm S. 102–104; Hamburger Lehrerverzeichnis, Jg. 1920/21, Jg. 1927, Jg. 1930, Jg.1933; Degener (Hrsg.), Wer ist’s?, 1909, S. 1550.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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