Namen, Orte und Biografien suchen
Bereits verlegte Stolpersteine
Suche
Jette Heymann (geborene Katz) * 1881
Markusstraße 10 (Hamburg-Mitte, Neustadt)
HIER WOHNTE
JETTE HEYMANN
GEB. KATZ
JG. 1881
DEPORTIERT 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET
Weitere Stolpersteine in Markusstraße 10:
Max Aron, Rachel Johanna Aron, Wilhelm Bünger, Alfred Neumann, Ursula Neumann, Judis Neumann, Uri Neumann, Siegfried Rosenblum, Paul Günther Rosenblum, Margot Rosenblum, Albert Zirz
Jette/Jettka Heymann, geb. Katz, geb. 16.10.1881 in Wongrowitz, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz
Markusstraße 10 (Marcusstraße 23)
Als Jette Heymann ihren Evakuierungsbefehl für den 11. Juli 1942 "in den Osten" erhielt, bewohnte sie ein Zimmer bei dem Ehepaar Max und Johanna/Rachel Aron in der Marcusstraße 23 (heute Markustraße). Schon in den Jahren zuvor hatte die geschiedene 61-Jährige in sehr bescheidenen Verhältnissen an häufig wechselnden Adressen zur Untermiete oder gegen Dienstleistungen gelebt. Da sie mittellos war, befreite die Jüdische Gemeinde in Hamburg Jette Heymann von den Kultussteuern.
Jette Heymann war am 16. Oktober 1881 als Tochter von Joseph Katz und Karoline, geb. Schwinke, in Wongrowitz in der preußischen Provinz Posen geboren worden. Am 6. Dezember 1906 hatte sie den Buchdrucker Hermann Michel Heymann (geb. 31.4.1880) geheiratet, Sohn Ludwig war am 24. Dezember 1907 zur Welt gekommen. Nach den Hamburger Adressbüchern wohnte die Familie 1909 in der Rappstraße 29, dann in der Mansteinstraße 50 und 1913 im Neuen Steinweg 64. Bevor Hermann Heymann 1915 zur Kriegsmarine eingezogen wurde, besaß er eine gutgehende Druckerei in der Deichstraße 40/50.
Nach eigenen Angaben lebte Jette Heymann bereits seit 1914 von ihrem Mann getrennt und war nach Wongrowitz zu ihrem dort lebenden Bruder zurückgekehrt. Nach Ende des Ersten Weltkrieges fiel ihr Geburtsort an Polen. Aus der Kreisstadt Wongrowitz wurde das polnische Wągrowiec. Jette Heymann entschied sich, Posen zu verlassen, und meldete sich im Juli 1920 erneut in Hamburg an. Sohn Ludwig war offenbar bei seinem Vater in Hamburg geblieben. Wahrscheinlich sorgten seine Großeltern väterlicherseits, Salomon Sally (geb. 26.11.1847) und Bertha Heymann, geb. Wagner (geb. 30.4.1851), während des Krieges für ihn. Sie wohnten im Wolfshagen 16 im Stadtteil Hamm, wo nach Kriegsende auch Ludwigs Vater Hermann gemeldet war.
Jette Heymann arbeitete zunächst drei bis vier Tage in der Woche in ihrem Beruf als Weißnäherin für die Jüdische Gemeinde in Hamburg. Ihren Lebensunterhalt konnte sie damit allerdings nicht bestreiten. Auch ein Kursus in Kunststopfen, den sie an der Staatlichen Schule für Frauenberufe in der Brennerstraße belegt hatte, brachte sie nicht in geregelte Arbeit. Von einem Bruder in Berlin erhielt sie Unterstützung, bis dieser seinerseits in Not geriet. Da ihr unterhaltspflichtiger Mann nur unregelmäßig zahlte, wandte sich Jette Heymann an das Wohlfahrtsamt. Den wöchentlichen Unterhalt von 6 Reichsmark musste Hermann Heymann nun an die Fürsorgebehörde abführen.
Hermann Heymann lebte seit 1921 mit seiner nichtjüdischen Freundin Minna (Minnie) Meiners (geb. 1.12.1891, gest. 1978) in der Eimsbüttlerstraße 12, wo sie ab 1928 eine Druckerei betrieben. Sie hatten zwei gemeinsame Kinder, Karla (geb. 19.7.1926) und Inge (geb. 22.2.1931). Am 9. März 1932 wurde die Ehe zwischen Jette und Hermann Heymann geschieden. Hermann Heymann wanderte über England, wo er und Minna Meiners heirateten, am 30. September 1937 nach Kuba und von dort in die USA aus. Sohn Ludwig hatte Deutschland offenbar bereits früher verlassen. Er wohnte zuletzt in der Beneckestraße 6, wo sich das Jugendwohnheim "Bet Chaluz" der Jugend-Alijah befand. Wahrscheinlich besuchte Ludwig eine Hachschara-Einrichtung und bereitete sich in einer landwirtschaftlichen oder handwerklichen Ausbildung auf seine Auswanderung nach Palästina vor. Auf seiner Kultussteuerkarte wurde am 5. April 1935 vermerkt: "auf Reisen". Seine Großeltern Salomon Sally und Bertha Heymann lebten da schon nicht mehr, sie waren am 4. März 1930 und am 8. Februar 1932 in Hamburg verstorben.
Jette Heymann musste Anfang 1939 "Unterstützungsarbeit" in der Nähstube Rosenallee und im Schulgarten in der Ralf Barbarastraße 42 leisten. Sie wurde dann arbeitsunfähig, litt an Rheumatismus und war zuckerkrank. Im April 1940 zog Jette Heymann aus der Grindelallee 5 bei Jacoby in die Marcusstraße zu dem Ehepaar Aron. Dort erhielt sie ihren "Evakuierungsbefehl" (Deportationsbefehl). Am 11. Juli 1942 wurde Jette Heymann nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Ihr Bruder Michaelis Katz (geb. 23.1.1872) wurde am 17. Juli 1942 aus Berlin-Charlottenburg, Leibnitzstraße 47 nach Theresienstadt deportiert, wo er am 13. September 1942 an einer Lungenentzündung verstarb.
Jette Heymanns Vermieter, das Ehepaar Max und Rachel Aron (s. www.stolpersteine-hamburg.de), wurden am 19. Juli 1942 aus der Schlachterstraße 46/47, dem ehemaligen Lazarus-Gumpel-Stift, nach Theresienstadt deportiert. Am 21. September desselben Jahres wurden sie im Vernichtungslager Treblinka ermordet.
Der Stolperstein für Jette Heymann wird in der Kurve der heutigen Markusstraße verlegt. Die ehemalige Straße hatte einen anderen Verlauf. Sie führte über die Peterstraße und die Marienstraße bis zur Kurze Straße und wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört.
Stand: März 2017
© Susanne Rosendahl
Quellen: 1; 3; 5; StaH 332-5 Standesämter 8946 u 1145/1880; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 4; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 5; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1270 (Heymann, Jette); StaH 351-11 AfW 32587 (Heymann, Ludwig); StaH 351-11 AfW 13135 (Heymann, Minnie/Minna); diverse Hamburger Adressbücher.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.