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Bereits verlegte Stolpersteine



Marion Marcus * 1929

Grindelberg 7 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Grindelberg 7:
Dr. Kaatje Benninga, Else Marcus, Julius Marcus

Else Marcus, geb. Koppel, geb. am 10.1.1906 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, dort ermordet
Julius Marcus, geb. am 26.4.1904 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, dort ermordet
Marion Marcus, geb. am 21.7.1929 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, dort ermordet

Grindelberg 7

Julius Marcus und Else Koppel heirateten im Herbst 1928, am 12. Oktober. Else war zu der Zeit zweiundzwanzig, ihr Ehemann vierundzwanzig Jahre alt. Beide waren in Hamburg zur Welt gekommen und am Großneumarkt aufgewachsen, dem alten jüdischen Viertel Hamburgs – Julius in der Peterstraße, Else in der Schlachterstraße 47, die es heute nicht mehr gibt. Sie zog sich damals vom Großneumarkt bis zum Michel und querte die heutige Ludwig-Erhard-(Ostwest-)Straße. Auch stammten beide aus Familien, die überwiegend von der Arbeit des Vaters als Kleingewerbetreibendem lebten – bzw. gelebt hatten. Denn Elses Vater Konrad Koppel, geboren am 11. Juli 1880 in Hamburg, war schon mit 42 Jahren am 27. September 1923 gestorben. Er hatte sich in der Neustadt als Zigarrenhändler betätigt. So war Elses Mutter Johanna, geborene Gressmann, früh Witwe geworden. Sie arbeitete ab Ende der 1920er-Jahre für den Jüdischen Religionsverband, ab 1935 für den Jüdischen Kulturbund. Else war das älteste der drei Kinder des Ehepaars, sie hatte noch zwei jüngere Brüder: Curt (Kurt), geboren am 3. Oktober 1907, hatte Klempner gelernt, und Herbert, geboren am 14. Oktober 1908, war Maler geworden und arbeitete in der Firma des Malermeisters Ivan Levy in der Kippingstraße in Eimsbüttel.

Julius‘ Vater Gustav Marcus wiederum, der auch Trauzeuge bei der Hochzeit seines Sohnes mit Else Koppel war, betrieb in der Neustadt zunächst eine Kohlenhandlung, dann ein Papierwarengeschäft. Er stammte aus Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt und war mit der Hamburgerin Dina, geborene Simon, verheiratet. Sie entstammte wie er einer jüdischen Familie und war zwei Jahre jünger als ihr Mann. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Julius kam fast fünf Jahre nach seiner Schwester Rosalie zur Welt. Sie hieß nach einer der beiden Großmütter, wurde kurz Rosa genannt und war am 15. November 1899 geboren worden. Sie heiratete den am 6. April 1889 in Hamburg geborenen, nichtjüdischen Ludwig Dietzmann.

Julius Marcus hatte den Beruf des Silberschmieds erlernt – ein Gewerbe, das handwerkliches Geschick ebenso verlangte wie künstlerische Fähigkeiten. Nur wenige Monate nach der Hochzeit, am 29. Juli 1929, bekamen Else und er eine Tochter, der sie den Namen Marion gaben. Zu der Zeit wohnten sie in der Schumannstraße 50a in Barmbek-Süd, wo Julius auch seinem Beruf nachging. Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 verringerte sich sein Verdienst umgehend und ab 1934 war er so gering, dass er keine Kultussteuer bei der Jüdischen Gemeinde mehr entrichten musste. Ein Grund dafür war sicher der nationalsozialistische Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933. 1939 verdiente Julius Marcus wieder geringfügig mehr; offenbar hatte er in einem ganz anderen Bereich neue Arbeit gefunden und war als Posthelfer tätig. Nun konnte er auch wieder einen wenngleich niedrigen Betrag von durchschnittlich 1,50 Reichsmark Kultussteuer an die Jüdische Gemeinde zahlen.

Julius, Else und die mittlerweile elfjährige Marion wohnten 1940 zur Untermiete in den Terrassenhäusern am Grindelberg 7a bei Port. Ab September 1941 mussten sie wie alle Jüdinnen und Juden den "Judenstern" auf ihre Kleidung nähen, um sofort erkennbar zu sein. Elses Bruder Curt Koppel wohnte bei seiner und Elses Mutter Johanna inzwischen in der Schlachterstraße 47, Haus 3, sie waren damit Nachbarn von Elses Schwiegereltern Dina und Gustav Marcus.

Julius, Else und Marion Marcus wurden zusammen mit Elses Mutter Johanna Koppel sowie mit ihrem Bruder Curt und fast 1000 weiteren Jüdinnen und Juden am 8. November 1941 vom Hannoverschen Bahnhof aus nach Minsk in Weißrussland deportiert. Am Tag vorher mussten sie sich im ehemaligen Logenhaus an der Moorweide einfinden. Mitnehmen durften sie nur ihre Kennkarte, soweit vorhanden das Arbeitsbuch und den Reisepass, einen Koffer mit maximal 50 Kilogramm Gewicht, Bettzeug und eine Decke sowie Verpflegung für einige Tage. Am 10. November trafen sie in Minsk ein. Zusammen mit Frankfurter Jüdinnen und Juden arrangierten sich die aus Hamburg Deportierten im sogenannten Roten Haus. Viele starben bald an Hunger und Infektionskrankheiten. Von denen, die die schwere Arbeit, die unerträglichen Lebensbedingungen und die häufigen Erschießungsaktionen überlebten, wurden fast alle am 8. Mai 1943 erschossen oder in Gas-Lkws erstickt. Von den 7000 deutsch-jüdischen Häftlingen in Minsk überlebten nicht einmal zwölf. Julius, Else und Marion Marcus sowie Johanna und Curt Koppel gehörten nicht dazu.

Offenbar hatte Julius Marcus’ Schwager Ludwig Dietzmann seine Frau Rosa nach 1939 verlassen. Sie wohnte 1942 wieder bei ihren Eltern in der Schlachterstraße 47, Haus 4, und hatte den Schutz ihrer "Mischehe" verloren. Am 19. Juli 1942 wurde sie zusammen mit Julius’ und ihren Eltern Gustav und Dina Marcus nach Theresienstadt deportiert. Zwei Monate später, am 21. September 1942, wurden Gustav und Dina Marcus zusammen mit 2000 anderen Jüdinnen und Juden mit dem Transport Bp, Nr. 435, ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und ermordet. Rosa Dietzmann überlebte Hunger, Krankheiten und Gewalt in Theresienstadt mehr als zwei Jahre lang. Dann wurde sie mit dem Transport Ep, Nr. 676, am 9. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Stand: Juli 2017
© Frauke Steinhäuser

Quellen: 1; 4; 5; 6; 8; 9; StaH 332-5 Standesämter 13176 u. Nr. 3686/1899; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 992 e 2 Bd. 2, Transport nach Minsk am 08. November 1941, Liste 1, u. Bd. 5, Transport nach Theresienstadt am 19. Juli 1942, Liste 1; Hamburger Adressbücher; Meyer: Die Deportation, S. 58f. u. 62ff.; www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/8935-rosalie-dietzmann; www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/23635-gustav-marcus/; www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/23622-dina-marcus.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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