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Bereits verlegte Stolpersteine



Gertrud Ehrenberg (geborene Jacobsen) * 1898

Grindelhof 64 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Grindelhof 64:
Ernst Reinhold Ascher, Nanni Ascher, Chana Ascher, Carl Cohn, Carmen Cohn, Hans Cohn, Julius Cohn, Inge Ehrenberg, Lotte Ehrenberg, Blanka Ehrenberg, Manfred Lewinsohn, Richard Lewinsohn, Max Renner

Blanka (Blanche) Ehrenberg, geb. Steinberg, geb. am 4.6.1868 in Hamburg, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort umgekommen am 29.1.1943
Gertrud Ehrenberg, geb. Jacobson, geb. am 2.2.1898 in Hamburg, am 18.11.1941 nach Minsk deportiert, ermordet
Inge Ehrenberg, geb. am 18.1.1933 in Hamburg, am 18.11.1941 nach Minsk deportiert, ermordet
Lotte Ehrenberg, geb. am 3.7.1936 in Hamburg, am 18.11.1941 nach Minsk deportiert, ermordet
(Kurt Ehrenberg, geb. am 17.4.1892 in Hamburg, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert, ermordet)

Grindelhof 64

Die Stolpersteine für Familie Ehrenberg legen Zeugnis ab von der Vernichtung dreier Generationen einer jüdischen Familie in Hamburg.

Schon Kurt Ehrenbergs Mutter Blanka wurde in Hamburg geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Hirsch Steinberg und dessen Frau Friederike, geborene Schoeneberg, und hatte mehrere Geschwister. Namentlich bekannt ist nur ihr Bruder Paul, der in einer "Mischehe" überlebte. Dessen Sohn Werner Steinberg wiederum berichtete 1987 in der ZEIT über seine Erfahrungen und erwähnte dabei auch seine Tante Blanka. Ein Zeitzeugeninterview von Werner Steinberg findet sich zudem in der Publikation "Wo Wurzeln waren" über Jüdinnen und Juden in Hamburg-Eimsbüttel.

Am 13. September 1889 heiratete Blanka den Kaufmann Ludwig Rudolph Ehrenberg. Auch dieser war in Hamburg zur Welt gekommen, am 16. März 1862, und stammte ebenfalls aus einer jüdischen Familie. Sein Vater Rudolph Ehrenberg besaß seit April 1861 den Hamburger Bürgerbrief und war beeidigter Dolmetscher und Lehrer für Naturwissenschaften sowie Norwegisch, Schwedisch und Dänisch. Seine Mutter Emma Melusina, geborene Benjamin, lebte zum Zeitpunkt der Hochzeit schon nicht mehr. Ludwig Ehrenberg hatte mindestens einen Bruder, Franz Rudolph, und auch dieser überlebte den Nationalsozialismus in der Ehe mit einer nichtjüdischen Frau.

Schon am 11. März 1890 bekamen Ludwig und Blanka Ehrenberg ihren ersten Sohn, Bruno Rudolph. Ihm folgte am 17. April 1892 Kurt Hermann. Beide Kinder wurden zu Hause geboren, am Steindamm 21 in St. Georg.

Die junge Familie zog eine Zeit lang häufig um. Während Blankas Schwiegervater Rudolph von 1896 bis zu seinem Tod 1911 in den Alsterarkaden 12 sesshaft blieb, wohnten Blanka, Ludwig und die beiden Söhne um 1899 in der Altonaerstraße 38, 1902 in der Faberstraße 6, 1905 in der Rellingerstraße 22 und 1906 am Heussweg 29. 1915 zogen sie ans Goldbekufer 28 nach Winterhude, wo sie die nächsten 24 Jahre blieben.

Kurt Ehrenbergs Lebensweg führte ihn zur See. Im Ersten Weltkrieg sei er, so erinnerte sich sein Cousin Werner Steinberg, bei der Kriegsmarine gewesen. Danach arbeitete er bis 1937 als Zahlmeister auf diversen Schiffen für die Hapag-Reederei. Als er am 9. Juni 1931 Gertrud Hedwig Jacobson aus Altona heiratete, gab er als Adresse Goldbekufer 28 an – vielleicht wohnte er als Seemann bis dahin noch bei seinen Eltern, wenn er Landurlaub hatte.

Gertrud Jacobson war am 2. Februar 1898 zur Welt gekommen. Ihre Eltern Siegmund und Mary, geborene Rothenburg, betrieben bis 1933 eine Firma für Theaterbedarf in der Rentzelstraße 14. Auch Gertrud hatte einen Bruder. Dieser hielt sich während der NS-Zeit in Südamerika auf und überlebte als einziger der Familie.

Kurt und Gertrud Ehrenbergs Hochzeitsfreude dürfte nur von kurzer Dauer gewesen sein, denn eine Woche nach der Trauung, am 15. Juni 1931, starb Kurts Bruder Bruno in seiner Wohnung in der Cäcilienstraße 4 in Winterhude. Es war Kurts Schwiegervater Siegmund Jacobson, der Brunos Tod beim Standesamt meldete. Bruno Ehrenberg hinterließ seine Frau Thekla Maria Toni, geborene Kramer, geboren am 9. Juni 1895. Sie war die Tochter eines evangelisch-lutherischen Schneiders.

Blanka Ehrenberg, ihr Mann Ludwig und die Schwiegertochter Thekla führten Brunos 1921 gegründeten Südweinimport fort, bis die Firma am 12. Mai 1939 aufgelöst wurde. Zwar heiratete Thekla 1933 erneut, ließ sich scheiden und heiratete 1938 noch einmal, aber all das scheint die Verbindung zur Familie Ehrenberg nicht beeinträchtigt zu haben.

Kurt Ehrenberg und seine Frau Gertrud lebten in der ersten Zeit ihrer Ehe bei Gertruds Eltern in der Rentzelstraße 14. Dort kam am 18. Januar 1933 auch ihre erste Tochter Inge Friederike Flora zur Welt. Ende 1933 bezog die junge Familie eine eigene Wohnung in der Semperstraße 74 in Winterhude und blieb dort bis 1939. Der entsprechende Adressbucheintrag bezeichnete Kurt als "Zahlmstr. der Handelsmarine". In der Semperstraße wurde am 3. Juli 1936 die zweite Tochter Lotte Julia Martha geboren. Spätestens seit 1932 waren Kurt und seine Frau auch Mitglieder der Jüdischen Gemeinde, was dann ebenso für ihre beiden Töchter galt.

Im September 1937 wurde Kurt Ehrenberg als Zahlmeister von der Hapag entlassen. Seitdem arbeitete er als Sprachlehrer.

Am 23. Juni 1939 starb Kurts Vater Ludwig Rudolph Ehrenberg im Alter von 77 Jahren. Seine Mutter Blanka verließ danach die Wohnung am Goldbekufer und zog zusammen mit ihm und seiner Familie an den Grindelhof 64. Schon dies dürfte kein freiwilliger Umzug gewesen sein, denn niemand aus der Familie hatte jemals im Grindelviertel gewohnt und das Reichsgesetz über die "Mietverhältnisse mit Juden" hatte die freie Wohnungswahl für Jüdinnen und Juden am 30. April 1939 aufgehoben.

Wie sich aus den wenigen erhaltenen Papieren ergibt, verdiente Kurt Ehrenberg als Sprachlehrer kaum etwas – Kultussteuer zahlte er ab 1938 nicht mehr. Eine Abrechnung von Juni 1940 bezifferte das Familien"vermögen" auf 31 Reichsmark (RM) Sparguthaben und den Rückkaufswert einer Lebensversicherung auf 2500 RM. Beides wurde im November 1940 "zu Gunsten des Deutschen Reiches" eingezogen.

Kurt, Gertrud und die beiden Töchter mussten wenige Wochen vor ihrer Deportation noch in die Wohnung von Valentina und Erna Brociner in den Grindelhof 83 ziehen (s. Grindelhof 83). Dort war auch Leopold Bielefeld (s. Grindelhof 83) zwangsweise einquartiert.

Kurt Ehrenberg und Leopold Bielefeld wurden am 8. November 1941 nach Minsk deportiert und dort ermordet.

Zehn Tage nach ihnen, am 18. November 1941, wurden auch Gertrud, Inge und Lotte Ehrenberg sowie Erna und Valentina Brociner nach Minsk verschleppt und ermordet.

Die "Transportliste" für den 18. November 1941 nach Minsk nannte als Adresse für Gertrud, Inge und Lotte Ehrenberg "Grindelhof 64". Die Abrechnung, die das Auktionshaus Schlüter später über die Versteigerung der Gegenstände aus der Wohnung Brociner vorlegte, führt jedoch unter anderem zwei Betten auf, was den Schluss zulässt, dass die gesamte Familie und nicht nur Kurt Ehrenberg allein dort untergebracht war.

Blanka Ehrenberg musste die Wohnung am Grindelhof 64 wahrscheinlich Anfang 1942 verlassen. Ihr wurde eine Bleibe in dem "Judenhaus" Kielortallee 22 zugewiesen. Dort erhielt sie den Befehl für die Deportation am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt.

Ihr Neffe Werner Steinberg erinnerte sich:
"Meine liebe Tante Blanche musste mit anderen älteren Menschen einen offenen, polizeilich gesicherten Lastwagen besteigen, der sie von ihrer Wohnung im Oppenheim-Stift zu einer Sammelstelle am Bahnhof Sternschanze transportierte. Meine Mutter und ich umarmten sie vor dem Besteigen des Lastwagens noch einmal und zum letzten Mal. Aus ihrer Wohnung konnte ich selbst mit knapper Not entkommen, als die Gestapo-Beamten bereits lärmend am Verteilen der Hinterlassenschaft waren. – Der Abtransport der Juden geschah nicht etwa bei Dunkelheit oder Nacht und Nebel, sondern nachmittags bei hellem Sommerwetter. Trotzdem war die Straße menschenleer und keine Gardine bewegte sich. Eine makabre Ruhe."

Blanka Ehrenberg starb im Getto Theresienstadt am 29. Januar 1943. Laut Todesfallanzeige des dortigen Ältestenrats litt sie an diversen Krankheiten, starb aber an Herzschwäche.

Stand: Juli 2017
© Carola von Paczensky

Quellen: 1; 2; 4; 5; 8; 9; StaH 231-7 Handelsregister A1 Bd. 118 Nr. 26916; StaH 314-15 Oberfinanzpräsident J2/188; StaH 332-3 Zivilstandsaufsicht A 50, 1868; StaH 332-5 Standesämter 2737 u. 906/1889, 2216 u. 807/1890, 2277 u. 1102/1892, 13628 u. 221/1931, 9853 u. 1367/1931, 2372 u. 1902/1895; 1103 u. 399/1939; 654 u. 879/1911, 14106 u. 243/1931; StaH 314-15 Oberfinanzpräsident R 1940/0733; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung 14188 u. 1057; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 992 e 2 Bände 2, 3 u. 4; StaH 552-1 Jüdische Gemeinden 391 u. 392 Mitgliederlisten; StaH 741-4 Melderegister K6033; Hamburger Adressbücher; Steinberg: Im Grunde, S. 171–178; Ohne Autor: Freunde; www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/dokument/93432-ehrenberg-blanka-todesfallanzeige-ghetto-theresienstadt (letzter Aufruf: 1.6.2016).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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