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Erich Werth * 1911

Blosweg 1 (Hamburg-Mitte, Horn)


Verhaftet 1941
KZ Neuengamme
MS Cap Arcona
Tod 03.05.1945

Erich Werth, geb. 11.4.1911 in Hamburg, inhaftiert 1941, auf den 3.5.1945 für tot erklärt

Blosweg 1 (Otto-Piepgras-Straße 1)

Erich Adolf Werth wurde am 11. April 1911 als Sohn des Anton Werth und der Maria, geb. Fittkau, in Hamburg geboren. Nach dem Besuch der Realschule wurde er zum Musiker (Trompete) ausgebildet. Anschließend war er als freier Musiker und als Arbeiter in Heeresbetrieben tätig. Aus dem Wehrdienst wurde er wegen eines Leistenbruchs vorzeitig entlassen. Schließlich schloss er sich der Reserve-Kompagnie Ost der Polizei an, aus der er am 31. Januar 1941 entlassen wurde.

Im Januar 1941 wurde Erich Werth Opfer einer gezielten Provokation und Denunziation durch einen Kameraden der Reserve-Kompanie Ost, Paul Klob. Durch einen von diesem verfassten "Bericht eines Vorfalles Homosexueller Art" wurde die Kriminalpolizei auf Werth aufmerksam. Aus dem Bericht: "Während dem Dienste ... zeigte er leider ..., dass er überhaupt kein soldatisches Benehmen und Talent zeigte und sich auch keine Mühe gab, ein solches zu erwerben. ... Eines Tages erzählte mir Rottw[achtmeister] Werth eine Geschichte Homosexueller Art. ... Da er mir jeher kein weiteres Interesse an Mädchen zeigte ... wurde ich selbst [von] starkem Misstrauen erfüllt und ein leichter Verdacht stieg in mir auf. Um ihn zu erproben, erzählte ich eine selbst zusammengereimte Geschichte d. Art, worin der Ausdruck: ‚Bin ich nicht ein schöner Pfau?‘ vorkam. ... auch durch einen Ausspruch, ich glaube, Du bist warm veranlagt, während der Pause auf dem Lübeckertorfeld, zeigte sich Wachtm. Werth sehr erschrocken, und ich musste annehmen, dass mein Verdacht berechtigt war. ... fasste ich nach langem, innerem Zögern den Entschluss, selbst was es auch kosten möge, ihn auf die Probe zu stellen. Eines Sonntagnachmittags, ... stellte ich mich schlafend und ich merkte sofort, dass Rottwachtm. Werth sich d. Art nützl. zu machen bediente, er streichelte mich und wurde dabei zudringlich, und als ich verworrene Antworten auf seine Frage gab, sagte er, ich sollte mich mal umdrehen. Diesen Moment nutzte ich aus, um ihn zu packen, da fuhr sogleich Wachtm. Werth zurück und fragte, ob ich ihn anzeigen wollte ... Ich gab Werth eine Probezeit von 4 Wochen zur Besserung mit d. Bedingung, eine alte Verbindung mit einem Fräulein wieder aufzunehmen, Wille und Energie im Dienst zu zeigen, sowie seine Mutter nur mit guten Nachrichten zu überraschen und keinen Menschen zu belästigen versuchen. Rottwachtmeister Werth gab dieses Versprechen schriftl. und mündlich in die Hand mit der Gewissheit, wenn keine Besserung eintritt, angezeigt zu werden. Dieses Versprechen gab er auch seinem Stubenältesten, der ihn auf seiner Stube beobachtet."

Die nachfolgende von Erich Werth erpresste Erklärung schütze ihn nicht vor der Verfolgung durch die Kriminalpolizei:

Erklärung! Hamburg, den 11.1.41
Ich verspreche hiermit, dass ich mich bessern werde und nicht mehr versuche, andere Menschen mit meiner unglücklichen Veranlagung (Homosexuell) zu belästigen.
Sollte keine Besserung meines Verhaltens d. Hinsicht eintreten, bin ich mir bewusst, dass Anzeige gegen meine Person erstattet wird.
gez. Erich Werth Wachtmeister d. R. S. Ost. Hamburg 34, Oscar-Piepgrasstraße 1

Am 8. Februar 1941 wurde er verhaftet und bis zum 24. Februar 1941 in "Schutzhaft" im KZ Fuhlsbüttel genommen. Am 27. März 1941 verurteilte ihn das Amtsgericht Hamburg wegen fortgesetzten Vergehens gegen § 175 zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe. Begründet wurde das Urteil damit, dass er ab 1936 mehrmals gleichgeschlechtliche Kontakte gehabt hatte. Nach der Strafverbüßung wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Möglicherweise war es wieder zu sexuellen Handlungen mit Männern gekommen, da sowohl die Division zur besonderen Verwendung 410 im März 1942 als auch die Hamburger Kriminalpolizei im April und Dezember 1944 seine Strafjustizakte angefordert haben. Sein weiteres Schicksal ist bisher unbekannt. Auf Antrag seiner Mutter wurde Erich Werth 1947 vom Amtsgericht Hamburg auf den 3. Mai 1945 für tot erklärt.

© Bernhard Rosenkranz(†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaH, 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 6033/41; 242-1II Gefängnisverwaltung II, Ablieferungen 13 und 16; 331-1II Polizeibehörde II, Ablieferung 15 Band 1; Amtsgericht Hamburg Az. 54 II 274/47, Todeserklärung Werth; BA, Bestand RW 60, dort werden verschiedene Dokumente zum Gericht der 410. Division verwahrt, die noch nicht ausgewertet wurden. Rosenkranz/Bollmann/Lorenz, Ho­mosexuellen-Verfolgung, S. 266–267.

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