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Ida Meyer * 1869
Kurzer Kamp 6 Altenheim (Hamburg-Nord, Fuhlsbüttel)
1941 Riga
ermordet
further stumbling stones in Kurzer Kamp 6 Altenheim:
Dr. Julius Adam, Johanna Hinda Appel, Sara Bromberger, Therese Bromberger, Friederike Davidsohn, Margarethe Davidsohn, Gertrud Embden, Katharina Embden, Katharina Falk, Auguste Friedburg, Jenny Friedemann, Mary Halberstadt, Käthe Heckscher, Emily Heckscher, Betty Hirsch, Hanna Hirsch, Regina Hirschfeld, Clara Horneburg, Anita Horneburg, Emma Israel, Jenny Koopmann, Franziska Koopmann, Martha Kurzynski, Laura Levy, Chaile Charlotte Lippstadt, Isidor Mendelsohn, Balbine Meyer, Helene Adele Meyer, Ella Rosa Nauen, Celine Reincke, Friederike Rothenburg, Benny Salomon, Elsa Salomon, Martha Rosa Schlesinger, Louis Stiefel, Sophie Stiefel, Louise Strelitz, Eugenie Hanna Zimmermann
Ida Meyer, geb. 5.3.1869 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga und ermordet
Helene Adele Meyer, geb. 5.11.1878 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga und ermordet
Kurzer Kamp 6
In der Neustadt, wo die jüdischen Kaufleute ihren Handel betrieben, kam Ida Meyer, die älteste Schwester von Helene Adele Meyer, am 5. März 1869 mithilfe Geburtshelfers Dr. Seitz in der Wohnung ihrer Eltern, Fuhlentwiete 127, zur Welt. Ida war das erste Kind von Elise und Philipp Meyer. Ihre Mutter Elise, geb. Cohen (geb. 26.3.1843), stammte aus Köln und war die Tochter von Isaac Cohen und Sara, geb. Gompertz. Idas Vater, der Kaufmann Philipp Meyer, war am 31. August 1837 in Hamburg geboren. Sein Vater Abraham Meyer hatte ein Manufaktur- und Confektionsgeschäft am alten Steinweg 59/60, dort wo die Familie im 2. Stock wohnte. Er war 1794 in Bückeburg geboren, Sohn von Hanna, geb. Abraham, und Meyer Aron. Abraham Meyer, Idas Großvater, war bereits 25 Jahre in Hamburg als Kaufmann tätig gewesen und hatte mit seiner Ehefrau Rosa fünf Kinder, als er die Hamburger Staatsbürgerschaft als einer der ersten, einen Monat nach der Gleichstellung der Juden in Hamburg, am 27. April 1849 erlangte. Sein Handelsgeschäft betrieb er zu jener Zeit am Neuenwall Nr. 74. Idas Großmutter, Rosa Meyer, geb. Gompertz, stammte wie ihre Mutter ebenfalls aus Köln. Idas beide Großmütter waren Schwestern. Rosas Vater, Idas Urgroßvater, Philip Hertz Gompertz (geb. 9.8.1769 in Amsterdam), war sephardischer Jude und mit Rosas Mutter Goldina, geb. Kaufmann (geb. 1771 in Bonn), nach Hamburg gekommen. Dort war Philip Hertz Gompertz am 26. [30.] Januar 1833 verstorben. Diese Familie Gompertz lässt sich über Vorfahren in Bonn und Amsterdam bis zu Rabbinern in Emmerich, wie Rabbi Salomon ben Mordechai Gompel Emmerich und dessen Großvater Mordechai Gompel (geb. vor 1514) zurückverfolgen.
Auch der Bruder von Idas Großmutter, Salomon Philipp Gompertz (geb. 1798 in Bonn), war mit Ehefrau Mathilde, geb. Heine (geb.1833 in Bückeburg), und Sohn Eduard (geb. 1824 in Bonn) nach Hamburg gekommen und hier verstorben. Sie alle, Idas Urgroßeltern, Großeltern und Großonkel, wurden auf dem Grindelfriedhof bestattet.
Philipp Meyer war in das Geschäft seines Vaters mit Manufaktur- und nun holländischen Waren hineingewachsen. Sein fünf Jahre älterer Bruder Adolph Meyer, der seit März 1860 Hamburger Staatsbürger war, hatte 1855 das Handelsgeschäft "A. L. Meyer" gegründet. Philipp Meyer war mit 28 Jahren am 1. Januar 1866 bei seinem Bruder Teilhaber des Geschäfts geworden. Adolph Meyer hatte im Juni desselben Jahres in Hannover Emma Hahlo aus Hann. Münden geheiratet. Im Jahr darauf, am 28. Juni 1867, war Philipp Meyer der Hamburger Bürgerbrief überreicht worden. Zu dieser Zeit hatte er mit den Eltern in der Böhmkenstraße 9 in der Hamburger Neustadt gewohnt. Die wirtschaftliche Sicherheit für eine Familiengründung war gegeben und im folgenden Jahr, am 8. Mai 1868, hatte die Hochzeit in Köln stattgefunden. Die Familie gehörte der Deutsch-Israelitischen Gemeinde an.
Ida Meyer konnte beide Großväter nicht mehr kennenlernen. Isaac Cohen war bereits am 7. November 1853 in Köln verstorben und der "Hamburger" Großvater Abraham Meyer schon wenige Monate nach der Hochzeit ihrer Eltern, am 21. August 1868 mit 70 Jahren. Er wurde auf dem Jüdischen Grindelfriedhof beigesetzt.
1869, im Geburtsjahr von Ida Meyer befand sich das Lagergeschäft, inzwischen für Konfektion, Stickereien und Weißwaren am Altenwall 49. Ihr Bruder Alfred Iwan kam ein Jahr nach Ida am 5. Mai 1870 in der gleichen Wohnung in der Neustadt, Fuhlentwiete 127 (später Düsternstraße 32–40), auf die Welt, wie auch die nächst jüngere Schwester Toni Helene am 12. Juni 1873. Als Helene Adele Martha am 5. November 1878 nach fünf Jahren folgte, war ihre Familie in das Karolinenviertel, Glashüttenstraße 36 verzogen. Die Firma mit dem Konfektions- und Weißwarengeschäft war in die Wilhelmstraße 33, 1. Stock, verlegt worden.
Die Großmutter Rosa Meyer, geb. Gompertz, verstarb vier Jahre nach dem Großvater. Ida war erst zweieinhalb Jahre alt. Beide wurden auf dem Jüdischen Grindelfriedhof beigesetzt.
Die Familie Meyer wohnte in Eimsbüttel, Margarethenstraße 39, als dort am 22. Februar 1882 Zwillinge geboren wurden. Die jüngste Schwester Elise Emma Clara kam vormittags um 5:30 auf die Welt. Der Zwillingsbruder war eine Totgeburt.Die fünf Geschwister wuchsen gemeinsam auf. Wo sie ihre Schulbildung erhielten, ist nicht belegt. Es ist jedoch zu vermuten, dass sie die kleine Privatschule ihrer ledigen Tante Charlotte Meyer, der drei Jahre älteren Schwester ihres Vaters, besuchten.
Charlotte Meyer (geb. 26.11.1834 in Hamburg), die als Kind die Privatschule Caroline Heyer besucht und Unterricht von ihrer älteren Schwester, die Erzieherin war, erhalten hatte, war von April 1856 bis 1861 an der Unterrichtsanstalt für Lehrerinnen des Schulwissenschaftlichen Bildungsvereins ausgebildet worden. Ihr Abschlusszeugnis weist vorwiegend die Schulnoten "Vorzüglich" und "Sehr gut" auf. Bereits mit 15 Jahren hatte sie einem "Zögling" Unterricht erteilt. Im Jahre 1856, ihr Vater Abraham Meyer hatte sein Geschäft krankheitshalber niederlegen müssen, hatte sie im Alter von 20 Jahren mit einem "Elementarkursus" für zwei Kindern begonnen, zehn Jahre später im Januar 1866, im Elternhaus in der Böhmkenstraße 9, waren es 24 Jungen und Mädchen. Im April 1866 war ihr von der zuständigen Oberschulbehörde, "Section für das Privatschulwesen", die Berechtigung zur Leitung einer Mädchenschule innerhalb der Stadt erteilt worden mit dem Eintrag in die Matrikel der Schulvorsteherinnen. In ihrem Antrag ist zu lesen: "Das Ziel, welches ich mir vorsteckte und bis jetzt eifrig zu erstreben suchte, war: In die mir anverantworteten Kindern nicht nur den Grund, welche zur allgemeinen Bildung erforderlich sind, sondern auch dieselben zu wirklich moralisch guten Menschen zu erziehen."
In der Zeit als Ida sieben Jahre alt war, belegten die Klassenräume der "Höheren Töchterschule" drei Etagen in der Böhmkenstraße 9 und wurden von 85 Mädchen und sechs Knaben besucht.
Freundschaftliche Beziehungen bestanden auch zur Familie Gompertz in Hamburg, insbesondere wohl von Ida Meyer zu der vier Jahre älteren Martha Gompertz (geb. 29.5.1865 in Hamburg), der Cousine ihrer Mutter, der Tochter von Eduard Gompertz. Sie verzog nach ihrer Heirat im Dezember 1898 zu ihrem Ehemann Marcus Magnus nach Berlin. Der von Ida Meyer eingetragene handgeschriebene Vers im Poesiealbum von Martha Gompertz, das im Jüdischen Museum Berlin aufbewahrt wird, zeugt von dieser Zeit: "Rosen blühen hier auf Erden, Aber ohne Dornen nicht, Martha willst Du glücklich werden, Vergiß die Jugend nicht – Zur freundlichen Erinnerung an Ida Meyer."
Der Vater der Schwestern, Philipp Meyer, trat am 1. Mai 1884 aus dem gemeinsamen Handelsgeschäft mit seinem Bruder aus und gründete am selben Tag unter "Ph. Meyer" einen eigenen Handelsbetrieb, zunächst im Graskeller 21, 1. Stock. Sein Bruder Adolph führte "A. L. Meyer" mit seiner Ehefrau als Prokuristin weiter.
Nach dem Tod von Großvater Isaac Cohen in Köln zog die verwitwete Großmutter Sara Cohen nach Hamburg und lebte bei der Familie ihrer Tochter Elise. Ida war 16 und Helene sieben Jahre alt, als ihre Großmutter Sara Cohen, geb. Gompertz, am 3. Dezember 1885, im Kreise ihrer Familie in der Margarethenstraße verstarb. Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel, Grabplatz ZZ 11, Nr. 205. Im Jahre 1886 verlegte Philipp Meyer den Geschäftsbetrieb in den Großen Burstah 50 und die Wohnung für die Familie im Jahre 1888 in die Fettstraße 2.
Idas Tante Bertha Meyer (geb. 28.2.1831 in Hamburg), die ältere und ebenfalls ledig gebliebene Schwester des Vaters, meldete im Mai 1889 einen neuen Gewerbebetrieb als Händlerin mit Weißwaren in der Hamburger Neustadt, Heuberg 1, an. In dieser Zeit verlegte deren Schwester Charlotte Meyer ihre "Höhere Töchterschule", zeitweise auch mit Kindergarten geführt, in die Neue ABC-Straße 2.
Idas Bruder Alfred Meyer, war Kaufmann geworden. Vor seiner Heirat mit der sieben Jahre jüngeren Martha Caroline Louise, geb. Bauer, konvertierte er zum Christentum, wurde wie seine Braut evangelisch-lutherisch und sie heirateten am 20. Oktober 1896. Seine Ehefrau stammte aus Hamburg und war die Tochter von Nicoline, geb. Bruns, und dem Ewerführer (= Schiff) Martin Bauer. Alfred Meyer verließ danach sein Elternhaus, und das frisch getraute Ehepaar verzog nach Bernburg (Saale).
Die Tante "Frl." Bertha Meyer konnte ihr Tapisseriegeschäft (Wäschegeschäft) nicht sehr lange in der Hamburger Neustadt führen. Sie verstarb am 12. September 1893 im Alter von 62 Jahren in ihrer Wohnung Grindelallee 84, 2. Stock. Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf, Grablage ZZ 12, Nr. 392. Ihr Geschäft am Heuberg ging in die Firma ihres Bruders "Ph. Meyer" über.
Ihr Bruder Adolph Meyer verstarb am 16. Februar 1898 im Alter von 66 Jahren. Nach der Einäscherung im Krematorium Ohlsdorf wurde seine Urne zunächst oberirdisch aufbewahrt.
Sein Sohn, der mit Alfred Meyer gleichaltrige Cousin Richard Meyer (geb. 31.3.1870), war im Januar 1895 bereits als Gesellschafter in das Handelsgeschäft seines Vaters aufgenommen worden. Nun wurde er alleiniger Inhaber des Agentur und Commissionsgeschäftes "A. L. Meyer". Im selben Jahr wurde das Geschäft "Ph. Meyer" nach zwölf Jahren an die Ellernthorsbrücke 11 verlegt, daneben wurde eine Filiale in der Grindelallee gegründet.
Im Juli 1900 kehrte Alfred Meyer mit seiner Ehefrau nach Hamburg zurück. Sechs Jahre blieben sie dort, Anfang 1906 zogen sie dann nach Stettin.
Im Oktober desselben Jahres, nach zehn Jahren in der Fettstraße, verzog Idas Familie in die Schäferkampsallee 37, Hochparterre, und die Schwestern lebten dort 31 Jahre lang.
Ihre Tante, Charlotte Meyer, war mit ihrer inzwischen immer kleiner werdenden privaten höheren Töchterschule in die Grindelallee 27 verzogen. An Magenkrebs erkrankt, verstarb sie am 17. Februar 1910 im Alter von 75 Jahren im Vereinshospital Schlump. Nach der Einäscherung im Krematorium Ohlsdorf wurde ihre Asche dort im Urnenhain drei Tage nach ihrem Tod beigesetzt.
Die Schwestern waren in den väterlichen Betrieb hineingewachsen. Am 11. Januar 1913 übertrug ihr Vater ihnen geschäftliche Verantwortung und erteilte Ida und Helene Meyer Einzelprokura für die "Tapisserie en gros Fabrik, ausgezeichneter Weisswaren". Im Jahr darauf verlegten sie ihren Firmensitz nach einer Zeit von vier Jahren im Alten Steinweg 66/67 in die Wexstraße 14, oberes Erdgeschoß; die Filialen Heuberg 1 und Grindelallee 17 blieben bestehen.
Für Reisen im Inland ließ sich die damals 48-jährige Ida Meyer einen Pass ausstellen. Nach den Angaben im Passprotokoll war sie mittelgroß, hatte ein ovales Gesicht, dunkelbraune Haare und graugrüne Augen.
Im selben Jahr, am 12. Mai 1917, verstarb ihre Mutter Elise Meyer mit 72 Jahren in der gemeinsamen Wohnung. Zwei Jahre später, am 3. April 1919, verstarb dort auch ihr Vater Philipp Meyer. Er wurde 81 Jahre alt. Der Cousin der Schwestern, Richard Meyer, stand der Familie in dieser schweren Zeit zur Seite. Wie zuvor für die Mutter wurde auch für den Vater eine Feuerbestattung veranlasst. Die Einäscherung für Philipp Meyer fand am 5. April 1919 statt. Beider Grabplatz, C 626, im unterirdischen Urnenhain neben dem alten Krematorium, ist nicht mehr erhalten.
Nach dem Tod des Vaters ging das Geschäft auf die vier Schwestern über und sie führten es unter gleichem Namen weiter. Als Inhaberinnen meldeten sie am 19. September 1919 das kaufmännische Geschäft, eine Stickerei in der Wexstraße 14,
Hochparterre, als Gewerbe an.
Auch die Mutter ihres Cousins, Emma Meyer, geb. Hahlo, verstarb ein Jahr später am 30. Juni 1920. Richard Meyer suchte ein Familiengrab auf dem Friedhof Ohlsdorf mit vier Grabstellen aus und die Asche seiner Eltern wurde dort beigesetzt, Grablage Y 13 IV, Nr. 285.
Noch im selben Jahr verstarb ihr Bruder Alfred Meyer am 11. Dezember 1920 in Halle (Saale), Weidenplan 6, die Adresse der privaten Heilanstalt Weidenplan GmbH mit Geschäftsführer Dr. med. Otto Kneise. Der Kaufmann Friedrich Thomas, wohnhaft in Halle, Leipzigerstraße 9, zeigte den Todesfall an. Warum der 50-jährige Alfred Meyer dort untergebracht war, ist nicht bekannt. Vermutlich befand er sich auf Geschäftsreise. Alfred Meyer war zu dieser Zeit gemeinsam mit der Witwe Margarethe Erhardt aus Hamburg, Adolphstraße 46 (seit 1986 Herbert-Weichmann-Straße), Mitinhaber der Firma Cohrs & Ammé Nachfolger, Spedition und Lagerung, Große Lastadie 90–92, 1. Stock (Hansa-Haus). Dort wohnte er auch mit Ehefrau Martha. Sie waren Eigentümer der Lagerhöfe Fährstraße 4, Altdammer Straße 35 und Frauendorf, Herrenwieser Straße 15. Prokuristen waren H. Schmidt und L. Gabali Cp.
Alfred Meyers Leichnam wurde auf den Friedhof in Stettin überführt. Dort existiert noch heute ein großes Familiengrabmal mit der Inschrift "Meyer". Keine weiteren Namen, Daten oder andere Inschriften auf Grabsteinen weisen auf bestimmte Personen hin. Es ist in der Verwaltung nicht bekannt, wer dort begraben liegt, da die deutschen Register der Verstorbenen und das gesamte Archiv des Zentralfriedhofs Stettin 1941 bei einem Luftangriff niedergebrannt ist.
Ob die Schwestern oder eine von ihnen damals nach Halle oder zur Beerdigung nach Stettin fuhren, ist nicht bekannt. Lediglich ein Passprotokoll von Ida Meyer vom August 1922 weist auf eine Reise ins Ausland hin, allerdings ist nicht überliefert, wohin sie fahren wollte.
Alle vier Schwestern blieben unverheiratet und wohnten weiterhin zusammen in der Schäferkampsallee 37. Unerwartet verstarb Toni Meyer am 27. Januar 1922 nachmittags um 4 Uhr in der Grindelallee 17, im Erdgeschoß, wo sich eine Filiale der Tapisseriegroßhandlung befand. Sie war mit 50 Jahren einem Herzschlag erlegen. Für die drei Schwestern bedeutete das nicht nur einen großen persönlichen Verlust, auch bei der Geschäftsführung in der Wexstraße 14, Heuberg 1 und der Grindelallee 17 wird sie eine spürbare Lücke hinterlassen haben. Toni Meyer erhielt eine Feuerbestattung, ihr Urne wurde wie die ihrer Eltern auf Platz C 626 im unterirdischen Friedhofshain beigesetzt.
Die Weltwirtschaftskrise und die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten einsetzenden Boykotte der jüdischen Geschäfte ab April 1933 erschwerten zunehmend die Handelsgeschäfte. In dieser Zeit der Verfolgung traf die Schwestern ein weiterer harter Schicksalsschlag. Clara, die jüngste der vier Schwestern, sie war bereits Rentenempfängerin, verstarb am 8. Oktober 1937 nachmittags zu Hause um Viertel nach vier an Herzschwäche; sie wurde nur 55 Jahre alt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie nach einer Feuerbestattung bei ihren Eltern und Geschwistern, Grabplatz 627, neben dem alten Krematorium; dieser Urnenhain wurde 1979 aufgehoben. Das im Jahr 1892 nach der Cholera-Epidemie eingeweihte Krematorium in der Alsterdorfer Straße 523 ist heute das älteste erhaltene Krematorium in Deutschland.
Die beiden zurückgebliebenen Schwestern zogen damals zusammen in den Schrammsweg 29. Ihre drei Filialen mussten sie im Zuge der nationalsozialistischen Verfolgungen aufgeben und ihr Geschäft notdürftig auf diese Wohnung beschränken. Nach Erlass der "Nürnberger Gesetze" wurden beide Schwestern, obwohl sie inzwischen evangelisch geworden waren, nach den neu geschaffenen "Rassegesetzen" als "Volljüdinnen" betrachtet. Sie waren gezwungen, ihr letztes Geschäft aufzugeben. Die offene Handelsgesellschaft wurde aufgelöst, am 6. Mai 1939 war die Firma "Ph. Meyer" erloschen. Ida und Helene Meyer mussten vom Schrammsweg in ein "Judenhaus" umzuziehen, für sie war es das Mendelson-Israel-Stift. Gemeinsam wohnten die beiden Schwestern in der Wohnung 25, 1. Stock.
Ihre Schwägerin Martha Meyer, geb. Bauer, verstarb am 15. August 1939 im Krankenhaus Bethanien in Stettin. Sie hatte an Gebärmutterkrebs gelitten und war 62 Jahre alt. Von ihrer Schwägerin erbten Ida und Helene Meyer als Vermächtnis zusammen 5.391,75 RM. Es war nur noch wenigen Rechtsanwälten und Notaren erlaubt, für Juden tätig zu sein. Zu diesen gehörte Dr. Manfred Zadik, der als "Konsulent" die Erbschaft abwickelte. Er beschreibt die Verhältnisse der Schwestern als äußerst bescheiden und bat den Oberfinanzpräsidenten, von einer "Sicherungsanordnung" des Vermögens abzusehen; dem wurde stattgegeben. So konnten die Schwestern im September einen geringen Beitrag an Kultussteuern zahlen. Ansonsten waren sie ohne Einkommen.
Am 6. Dezember 1941 wurden Ida und Helene Meyer aus dem Mendelson-Israel-Stift zusammen mit ihren jüdischen Mitbewohnerinnen Sara Bromberger und Franziska Koopmann nach Riga deportiert und ermordet. Ida Meyer war 72 Jahre und Helene Adele Meyer 63 Jahre alt.
Martha Magnus, geb. Gompertz, die Cousine ihrer Mutter, verstarb am 5. September 1942 in Berlin. Sie war seit 1932 verwitwet, wie auch seit 1930 ihr Bruder Carl Gompertz (geb. 5.4.1859 in Hamburg), der gleichfalls in ihrem Poesiealbum verewigt ist. Er nahm sich zwei Monate später, am 8. November 1942, in Berlin das Leben.
Der Cousin der Schwestern, Richard Meyer, und seine Ehefrau Gretchen, geb.Hartig, wurden am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert und am 21. September nach Treblinka weiterverschleppt und ermordet. Deren Sohn Edgar Adolf Meyer war bereits vor ihnen, am 8. November 1941, nach Minsk deportiert und ermordet worden. Stolpersteine erinnern an diese Familie Meyer in der Isestraße 71 (Biographie siehe www.stolpersteine-hamburg.de).
Es waren die vier selbstständigen Enkelinnen, ein Enkel und ein Urenkel von Abraham Meyer – einem der ersten jüdischen Staatsbürger Hamburgs, der mühsam mit seinen Handelsgeschäften für seine Nachkommen eine gesicherte Existenzgrundlage geschaffen hatte –, die zuletzt, nach über hundert Jahren, seine Geschäfte fortgeführt hatten.
© Margot Löhr
Quellen: 1; 2; 4; 5; 6; 8; StaH, 231-3 Handelsregister, A 1 Bd. 13 Nr. A 3582 Ph. Meyer, A 1 Bd. 43 Nr. A 10407 A. L. Meyer, A 6 Bd. 16 Nr. F 4155 Adolph Meyer, A 12 Bd. 13 Nr. F 21978 Ph. Meyer, A 12 Bd. 13 Nr. F 21979; StaH, 314-15 Oberfinanzpräsident, R 1940/0835 Ida Helen Meyer, R 1941/0077 Meyer, Richard Adolf Ernst; StaH, 332-3 Zivilstandsaufsicht, Geburtsregister, A 64 Nr. 1166/1869 Ida Meyer, A 87 Nr. 2037 Richard Meyer, A 88 Nr. 2743/1870 Alfred Iwan Meyer, A 155 Nr. 3842/1873 Toni Meyer; StaH, 332-3 Zivilstandsaufsicht, Sterberegister, C 46 Nr. 3721/1868 Abraham Meyer; StaH, 332-5 Standesämter, Geburtsregister, 1892 u. 495/1877 Martha Bauer, 1937 u. 5005/1878 Helene Adele Martha Meyer, 8964 u. 669/1882 Elise Emma Clara; StaH, 332-5 Standesämter, Heiratsregister, 2863 u. 955/1896 Alfred Meyer/Martha Bauer; StaH, 332-5 Standesämter, Sterberegister, 7781 u. 449/1882 Zwillingsgeburt, 7806 u. 3497/1885 Elise Cohen, 7879 u. 1508/1893 Bertha Meyer, 430 u. 257/1898 Adolph Meyer, 8002 u. 84/1910 Charlotte Meyer; 8041 u. 341/1817 Elise Meyer, 8055 u. 247/1819 Philipp Meyer, 8068 u. 73/1922 Toni Meyer, 9888 u. 670/1937 Elise Emma Clara Meyer; StaH 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, A I f 89 Nr. 512 Abraham Meyer, A I f 124 Nr. 316 Adolph Meyer, A I f 145 Nr. 1436 Philipp Meyer, B I a 1849 Nr. 512 Abraham Meyer, B I a 1860 Nr. 316 Adolph Meyer; StaH, 332-8 Meldewesen, A 24 Bd. 147 Nr. 1762/1917 Ida Meyer, A 24 Bd. 172 Nr. 13050/1918 Toni Meyer, A 24 Bd. 272 Nr. 19097/1922 Ida Meyer; StaH, 352-5 Gesundheitsbehörde, Todesbescheinigungen, 1893 Sta 3. Nr. 1508 Bertha Meyer; 1910 Sta 3. Nr. 84 Charlotte Meyer, 1922, Sta 3. Nr. 73 Toni Meyer, 1937, Sta 3a. Nr. 670 Elise Emma Clara Meyer; StaH, 361-2 II Oberschulbehörde II, Einzelne Privatschulen, B 194 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 5, Nr. 7 Charlotte Meyer; StaH, 376-2 Gewerbescheine, Spz VIII C 1 erteilt 1894, Spz VIII C b 30 Bd. 1, Spz VIII C 36 Nr. 1224; StaH, 411-2, II M 1224 Meyer, Charlotte; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Geburtsregister, 696 b Nr. 72/1829 Henriette Abraham Meyer, 696 c Nr. 24/1831 Bertha Abraham Meyer, 696 c Nr. 184/1832 Adolph Abraham Meyer, 696 c Nr. 200/1834 Charlotte Abraham Meyer, 696 c Nr. 142/1837 Philip Abraham Meyer; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Heiratsregister, 702 a Nr. 16/1828 Abraham Meyer u. Rosa Gompertz; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Sterbefälle, 725 l, Nr. 152/1868 Abraham Meyer; StaH, 741-4 Fotoarchiv, K 6607, K 6608, K 3856, K 3857; Standesamt Berlin, Sta I/II Heiratsregister, 689/1896 Carl Gompertz/Tekla Ruschkewitz; Standesamt Berlin, XII a, Heiratsregister, 628/1898 Marcus Magnus/Martha Gompertz; Archiv Friedhof Ohlsdorf, Beerdigungsregister, Feuerbestattungen, Nr. 1895/1910 Charlotte Meyer, Nr. 293/1917 Elise Meyer, Nr. 255/1919 Philipp Meyer, Nr. 211/1920 Emma Meyer, Nr. 106/1922 Toni Meyer, Nr. 4110/1937 Clara Meyer, Grabbrief 101712/1920 Richard Meyer; Hamburger Adressbücher 1837–1943; Stettiner Adressbücher 1914, 1924, 1936; Datenbankprojekt des Eduard-Duckesz-Fellow und der Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie, Grindelfriedhof, Ohlsdorf 1883–1889, 1890–1895, 1896–1901, ZZ 11-205, ZZ 12-392, ZX 11-62, http://jüdischer-friedhof-altona.de/datenbank.html, eingesehen am: 22.2.2022; Auskünfte Karin Paulat, Standesamt I Berlin; Auskünfte Barbara Schulze, Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e. V., Elise Meyer, Grabstelle Altes Krematorium, Grab 156; Erich Cohen: Aufbewahrtes Leben unter schützenden Händen, erinnert von einem rheinischen Pfarrer, Düsseldorf 1998, S. 488 f.; Adressbuch Stettin 1914, https://bibliotekacyfrowa.eu/dlibra/publication/edition/599?id=599&from=latest%20Internet%20biblioteka%20baltycka%20biblioteka%20Cyfrowa, eingesehen am: 27.3.2022; Salomon Philipp Gompertz, https://www.geni.com/people/Salomon-Gompertz/6000000002764495957, eingesehen am: 22.2.2022.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".