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Already layed Stumbling Stones



Alfred Pein 1942

Alfred Pein * 1890

Bornstraße 22 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1942 Auschwitz

further stumbling stones in Bornstraße 22:
Emma Cohen, Jenny Drucker, Minna Drucker, Ursula Geistlich, Selma Isenberg, Emmy Pein, Abraham Schwarzschild, Betty Schwarzschild, Sara Schwarzschild, Ignatz Schwarzschild, Rachel Süss, Clara Weil, Rosa Wolff, Bella Wolff

Alfred und Emmy Pein und Rachel Süss — zerstörte Hoffnungen auf Überleben

An den Geruch des Sohlenleders, das in großen Rollen im Großhandelslager der Firma Alfred Pein stand, erinnert sich seine Tochter Inge, die heute mit ihrem Mann in Hamburg lebt, noch genau. Für sie und ihre Schwester war es ein großes Vergnügen, den Vater in der Firma besuchen zu dürfen, weil er sie dann herumführte und ihnen die verschiedenen Ledersorten im Lager zeigte. Die sorglose und von den Eltern beschützte Kindheit der Schwestern erfuhr erste Risse, als der Vater mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 den Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben musste. Die von den Nationalsozialisten angeheizte antijüdische Stimmung gegen Geschäftsleute und Unternehmer war ein Grund für den Niedergang der Firma Alfred Pein. Unterstützt durch Freunde und Verwandte hielt sich die Familie über Wasser. In Zeiten zunehmender Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung geriet Alfred Pein in das Visier der Behörden. Ein Bagatelldelikt gab die Scheinlegitimation für brutales Vorgehen in einer groß angelegten Aktion gegen Juden im Juni 1938.

Auch Alfred Pein [Photo links] wurde verhaftet und in das KZ Fuhlsbüttel gebracht. Einer Anordnung entsprechend ließ man diejenigen, die über 50 Jahre alt waren, bald wieder frei; oft nur vorläufig. Mit 48 Jahren zählte er zu den Jüngeren und wurde länger in Haft gehalten. Kurz nach seiner Entlassung aus dem KZ Fuhlsbüttel verhaftete die Gestapo ihn erneut und transportierte ihn in das KZ Sachsenhausen. Die Haftbedingungen waren dort im strengen Winter 1938/39 so schrecklich, dass er mit erfrorenen Fingern im Januar 1939 nach Hamburg zurückkehrte und drei Wochen lang im Krankenhaus behandelt werden musste.

Unter dem Druck der Verhältnisse zerbrach die Ehe. Wegen der ursprünglich nichtjüdischen Mutter, die erst bei der Heirat zum Judentum konvertiert war, galten Inge und ihre Schwester als nicht rein jüdisch und wurden deshalb von schlimmsten Repressalien verschont. Mutig bemühte sich die Tochter Inge, dem Vater zu helfen, und erkundigte sich bei der Gestapo nach Möglichkeiten einer Auswanderung für ihn. Es gelang ihr, ihm eine Schiffspassage von Genua nach Shanghai zu verschaffen. Alfred Pein fuhr mit dem Zug nach Italien und ging in Genua am 30. August 1939 an Bord des Schiffes, das ihn und die vielen anderen Verfolgten in Sicherheit bringen sollte. Unmittelbar vor dem geplanten Auslaufen des Schiffes brach am 1. September der Krieg aus. Alle Passagiere wurden wieder in ihre Heimatländer transportiert, und Alfred Pein kehrte verzweifelt nach Hamburg zurück.

Hier lernte er Emmy Süss kennen und hoffte trotz allem, mit ihr zusammen ein neues Leben beginnen zu können. Nach der Heirat zog das Paar 1941 zu Emmys Mutter Rachel Süss in das "Judenhaus" Bornstraße 22, 2. Stock. Zwei Zimmer waren am 8.11.1941 in der kleinen Dreizimmerwohnung durch die Deportation des Ehepaars Laupheimer mit seinem Sohn Rolf nach Minsk "frei" geworden. Einige Monate lebten Alfred und Emmy Pein mit ihrer Mutter dort und versuchten trotz der bedrohlichen Situation zurechtzukommen.

Weil bereits die ersten Transporte Hamburg verlassen hatten, rechneten sie mit einer "Evakuierung" — der NS Sprachgebrauch schrieb das Wort "Abwanderung" vor - zum angeblichen Arbeitseinsatz "im Osten". Die Tochter Alfred Peins erinnert sich, dass sie die zweite Frau ihres Vaters und deren Mutter bei ihren Besuchen in der Bornstraße im Winter 1941 dabei antraf, wie beide Socken und Handschuhe strickten, um im Osten nicht frieren zu müssen.

Mit neun Mitbewohnern aus der Bornstraße 22 wurden Alfred und Emmy Pein und deren Mutter Rachel Süss am 11. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert. 305 Menschen aller Altersgruppen, Kinder mit ihren Eltern, Alleinstehende und Alte aus Hamburg wurden im Viehwaggon in das Tötungslager transportiert. 292 von ihnen sind nachweislich dort ermordet worden, auch Alfred und Emmy Pein und Rachel Süss.

© Karin Guth

Quelle: Karin Guth, Bornstraße 22 – Ein Erinnerungsbuch, Hamburg – München 2001, S. 73 ff. ISBN 3-935549-06-7


Alfred Pein, born 5/12/1890, deported to Auschwitz on 7/11/1942
Emmy Pein, born 07/08/1900, deported to Auschwitz on 7/11/1942

Bornstrasse 22 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

Alfred Pein absolved junior high school and an apprenticeship at a wholesale leather shop. In World War I, he served in the infantry; however, he did not see duty at the front because of a chronic ear ailment. After the war, he founded his own business, which he ran until 1933/34. In the following, he worked as an independent sales representative. In 1919, he had married a non-Jewish woman, who converted to Judaism at their marriage. The Peins lived in Isestrasse with their daughters Ursula and Inge and later, after the forced closure of his business, in a more modest apartment in Schäferkampsallee. On June 16th, 1938, Alfred Pein was arrested in the course of the so-called "June operation”, because he had been previously convicted of a minor offense, and detained at the Sachsenhausen concentration camp until January 1939. In the meantime, his daughter tried to organize an opportunity for him to emigrate.

Alfred Pein returned home with two frostbitten fingers, but nonetheless did "dutiful work”, i.e. forced labor for welfare recipients. Alfred Pein’s wife decided to remain in Germany with her daughters. Pein’s departure was delayed because he had trouble fulfilling all the official requirements. He finally arrived in Genoa on August 31st, 1939, the eve of World War II. His ship did not leave port, the German emigrants were sent back. Alfred Pein’s wife filed for divorce and left the Jewish Community.

Sometime later, Alfred Pein met Emmy Süss and married her. The couple moved to the apartment of Emmy’s mother Rachel’s Süss in Bornstrasse 22. Emmy Pein earned 20 RM a week at her job with Jewish Cultural Society, respectively the Jewish Community House. Alfred Pein, by then classified as "not fit for work”, received 9.70 RM per week from the welfare agency. As it was all but impossible for three people to live from not quite thirty marks a week, Alfred Pein secretly began to deal with shoes and suiting on a small scale. However, these items were rationed, and it was illegal to trade them freely. On August 4th, 1941, Alfred Pein and four non-Jewish associates were arrested. Whereas the others were given administrative penalties, Alfred Pein was sentenced to ten months in jail by a special court on September 18th for having "maliciously jeopardized the fulfillment of demand” and run "a really evil black market.”

He served his sentence in the prison wing of the Fuhlsbüttel penitentiary until May 15th, 1942. His sisters were deported to Lodz and Riga. Because of his jail sentence, Alfred Pein was only put on the deportation list in 1942. He had hardly two months left before being called up for deportation with his wife; his occupation was given as "worker”, Emmy’s as "salesgirl”. His mother-in-law Rachel Süss joined them voluntarily, listed as "stateless” and "linen business.” The three of them were deported to an unknown destination, presumably Auschwitz.

Translated by Peter Hubschmid
Kindly supported by the Hermann Reemtsma Stiftung, Hamburg.


Stand: February 2018
© Beate Meyer

Auszug aus Beate Meyer (Hrsg.), Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933–1945 – Geschichte. Zeugnis. Erinnerung, Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 2006, S. 179

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