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Raja Ilinauk * n.b.
Ahrensburger Straße 161 (KZ Außenlager) (Wandsbek, Tonndorf)
HIER ARBEITETE
RAJA ILINAUK
RUSSISCHE
ZWANGSARBEITERIN
HINGERICHTET 29.8.1944
AUSSENLAGER WANDSBEK
"SABOTAGE"
Raja Ilinauk, geb. ca. 1926 in der Sowjetunion, hingerichtet 29.8.1944 in Hamburg-Wandsbek
Ahrensburger Straße 161 (Tonndorf)
Über die Herkunft und auch den korrekten Namen von Raja Ilinauk besitzen wir keine Informationen. Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme erhielt den Hinweis, dass der Familienname Ilinauk im russischen nicht existiert und es sich möglicherweise aufgrund der Endung um einen fehlerhaft notierten ukrainischen Namen handelt. Der Vorname Raja könnte eine Koseform von Raissa oder Raisa sein.
Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion wurden von dort auch Frauen für Zwangsarbeiten ins Deutsche Reich verschleppt. Sofern ihnen Vergehen wie das Hören von Feindsendern, Unterstützung von Verfolgten, Verweigerung von Zwangsarbeit oder Fluchtversuche vorgeworfen wurden, wurden sie in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt. Dorthin war auch Raja Ilinauk verschleppt worden. Es ist nicht bekannt, wo sie vorher Zwangsarbeit geleistet hatte und welchen "Vergehens" sie beschuldigt wurde.
Vermutlich zwischen Juni 1944 und August 1944 wurde sie in einem Viehwaggon aus dem Konzentrationslager Ravensbrück in ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme gebracht. Dort, in Hamburg-Wandsbek, wurden die Gefangenen für das Drägerwerk in der kriegswichtigen Produktion von Gasmasken und Schläuchen für Tauchgeräte eingesetzt.
Als Lagerkommandant im Außenlager Drägerwerk fungierte von August 1944 bis Dezember 1944 der SS-Unterscharführer (entspricht dem Polizeidienstgrad Oberwachtmeister) Johannes Heinrich Steenbock (geb. 18.9.1907 in Schleswig, kaufmännischer Angestellter, 1938 Eintritt in die SS, Oktober 1942 SS-Unterscharführer). Ihm unterstanden die rund 500 weibliche Häftlinge, 15 SS-Aufseherinnen und einige männliche Wachposten.
Eine polnische Mitgefangene berichtete: "In der Arbeitsgruppe bei den Vulkanisieröfen arbeitete eine Mitgefangene, die Russin Raja. In einer der Nachtschichten hatte die sehr erschöpfte Raja kurz vor Feierabend eine der sehr schweren gusseisernen Formen fallengelassen (…)". Dieser Vorfall wurde vom Lagerkommandanten zur Sabotage erklärt, auf die nach nationalsozialistischem Verständnis mit dem höchsten Strafmaß zu reagieren war, der Todesstrafe.
Eine slowenische Mitgefangene berichtete: "Raja war achtzehn Jahre alt, sie war ein gesundes und fröhliches Mädchen. Am 29. August 1944 starb sie mit dem Lächeln auf den Lippen. Zwei Gefangene, Polen, mussten die Hinrichtung vollziehen. Zuerst war eine Russin bestimmt worden, das Urteil zu verlesen. Aber sie konnte es nicht. An ihrer Stelle machte das ein SS-Mann. Die Baracken waren leer, wir alle mussten der Hinrichtung beiwohnen. (…) Fünfzehn Minuten ließ man Raja vor unserer Baracke hängen – uns allen zur Mahnung."
So wenig wie ihr korrekter Name ist auch die Grabstelle von Raja Ilinauk bekannt.
2016 wurde nach ihr in Hamburg-Jenfeld die Raja-Ilinauk-Straße benannt. 2017 wurde am Standort des früheren Lagers in der Ahrensburger Straße 161 ein Stolperstein für sie verlegt.
Lagerkommandant Johannes Steenbock stand 1947 vor einem britischen Militärgericht. Verschiedene Zeuginnen beschrieben ihn im Prozess als Sadisten. Er wurde wegen Beteiligung an der Tötung von drei Häftlingen zu 20 Jahren Haft verurteilt. Über seinen weiteren Lebensweg ist nichts bekannt.
© Björn Eggert
Quellen: KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Archiv; KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.), Die Gedenkstätte Plattenhaus Poppenbüttel – Die Verfolgung von Frauen im nationalsozialistischen Hamburg und die Erinnerung an die Opfer, Hamburg 2014, S. 58 (Prozess zum Außenlager Wandsbek, mit Abbildung von Steenbock aus Akte des Bundesarchivs); Stefan Romey, Ein KZ in Wandsbek – Zwangsarbeit im Hamburger Drägerwerk, Hamburg 1994, S. 52, 129/130, 137.