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Emma Sievert
Emma Sievert
© StaH

Emma Sievert (née Kraus) * 1890

Bökenkamp 34 (Altona, Bahrenfeld)


HIER WOHNTE
EMMA SIEVERT
GEB. KRAUS
JG. 1890
EINGEWIESEN 1942
HEILANSTALT LANGENHORN
"VERLEGT" 21.7.1943
HEILANSTALT HADAMAR
ERMORDET 18.2.1944

Emma Amanda Carola Sievert, geb. Kraus, geboren am 8.8.1890, eingewiesen am 19.2.1942 in die Heilanstalt Langenhorn, am 21.7.1943 in die Heilanstalt Hadamar "verlegt" und am 18.2.1944 in Hadamar ermordet

Bökenkamp 34 (früher Sandkamp), Bahrenfeld

"An die Anstaltsleitung Hadamar!
Zur Vervollständigung der Unterlagen für meine Frau füge ich Ihnen Geburts- und Heiratsurkunde mit bei. Gleichzeitig habe ich das Taschengeld für meine Frau per Post 50 RM überwiesen und bitte dieses in Verwahrung zu nehmen und meiner Frau, soweit möglich kleinere Wünsche zu erfüllen. Für einen kurzen Bericht über das Befinden meiner Frau wäre ich sehr dankbar. Ihr Friedrich Sievert".

Diesen Brief richtete Friedrich Sievert am 23. November 1943 an die Anstaltsleitung in Hadamar.

Seine Frau, Emma Amanda Carola Kraus war am 8. August 1890 in Altona geboren worden. Ihre Eltern waren der Kolonialwarenhändler Carl Adolf Kraus, geboren am 7. März 1855 und Amanda Margaretha Dorothea Kraus, geborene Maschmann, geboren am 3. Dezember 1865. Am 13. Oktober 1891 wurde Emmas Schwester Marianna Martha Kraus geboren. Beide Mädchen wurden evangelisch-lutherisch getauft und erzogen. Über die Kindheit von Emma Kraus können wir nichts berichten. Einen Beruf erlernte sie nicht.

Am 1. August 1914 heiratete Emma Kraus im Altonaer Standesamt den Ingenieur Friedrich Christian Sievert, geboren am 25. Dezember 1887 in der Carolinenstraße 29 (heute Olbersweg) in Altona.

Emma Sievert bekam mit ihrem Mann die beiden Kinder Herbert Karl Sievert, geboren am 22. Juli 1915, und Gerda Dorothea Sievert, geboren am 6. März 1918. Beide wurden in der Nettelbeckstraße 13 in Bahrenfeld geboren. 1921 zog die Familie in die Straße Sandkamp 34 (heute Bökenkamp) in Bahrenfeld. Emma Sievert war nicht erwerbstätig, sie erzog die Kinder und organisierte den Haushalt.

Tochter Gerda Sievert absolvierte eine Ausbildung zur Säuglingsschwester in Kattowitz/ Schlesien. Wenn Gerda Sievert in den folgenden Jahren nach Hamburg kam, wohnte sie bei ihrer Familie. Karl Sievert, als Soldat im Zweiten Weltkrieg eingezogen, geriet in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst am 5. April 1949 zurückkehren sollte.

Am 11. Februar 1942 wurde Emma Sievert auf Veranlassung ihres Mannes in die Krankenanstalt Friedrichsberg eingewiesen, die zur Psychiatrischen Universitätsklinik Eppendorf gehörte. Er beklagte im Aufnahmegespräch, dass Emma Sievert Stimmen höre. Sie schimpfe mit den Stimmen von Politikern, die nur sie allein hören könne. Friedrich Sievert gab an, dass er seine Frau in diesem Zustand in der Wohnung nicht mehr allein lassen könne.

Am 19. Februar 1942 wurde Emma Sievert in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn "verlegt". Laut Akte verhielt sie sich ruhig und unauffällig. Sie esse gut, beobachte ihre Umgebung, kümmere sich um ihre Hygiene, schlafe gut und verlange morgens nach frischer Bettwäsche. Im Bericht steht weiter, dass sie viel lesen und sich freundlich und gefällig verhalten würde.

In Langenhorn wurde Emma Sievert ab 13. März 1942 mit den Medikamenten Leberextrakt, Rinderherzextrakt und Menschenherzextrakt behandelt. Die Behandlung mit den Extrakten brachte jedoch keine Veränderung ihres Zustandes.

Bei der Anamnese am 17. Februar 1942 stellte der Arzt fest, dass der paranoide Prozess vermutlich schon Anfang des Jahres 1941 begonnen hatte und diagnostizierte "Paranoide Schizophrenie", die von Wahnvorstellungen, Verfolgungswahn und Halluzinationen begleitet würde.

Friedrich Sievert war sehr daran gelegen, seine Frau sobald als möglich gesundet wieder nach Hause zu holen. Das brachte er in seinen Briefen an die Anstaltsleitung immer wieder zum Ausdruck. Die Heil- und Pflegeanstalt entschied jedoch, sie stattdessen am 21. Juli 1943 mit 49 weiteren Menschen von Langenhorn in die Landesheilanstalt Hadamar zu "verlegen".

Im Juni, Juli und August 1943 wurden aus Langenhorn in sechs Transporten insgesamt 347 ausschließlich weibliche Personen in die Landesheilanstalt Hadamar transportiert. Diese Anstalt wurde im Rahmen der "dezentralen NS-Euthanasie" als Tötungsanstalt genutzt. Die Ärzte ermordeten die dort eingelieferten Menschen mit psychischen Erkrankungen und körperlichen Beeinträchtigungen durch die Überdosierung von Medikamenten wie Luminal oder Veronal, sowie durch Injektionen von Luft oder Morphin-Skopolamin.

Am 17. August 1943 schrieb Friedrich Sievert einen Brief nach Hadamar und bat um Auskunft über das Befinden seiner Ehefrau und fragte die Anstaltsleitung, womit er seiner Frau eine Freude machen könne. Die Anstaltsleitung antwortete ihm nicht. Am 23. November 1943 richtete er das eingangs zitierte Schreiben dorthin. Diesen Brief beantworte die Heilanstalt Hadamar dann wie folgt:

"Sehr geehrter Herr Sievert!, 29. November 1943
Ihre Frau ist seit meiner Nachricht im August des Jahres im geistigen Zustande unverändert geblieben. Bei dem Charakter der Psychose ist auch mit einer Besserung leider nicht mehr zu rechnen. Körperlich ist sie zurückgegangen. Wir danken Ihnen bestens für die uns freundlicherweise überlassene Geburts- und Heiratsurkunde. Das von Ihnen übersandte Taschengeld für ihre Frau werden wir Ihrem Wunsche entsprechend verwenden.
Der Chefarzt"

Am 16. Februar 1944 folgte ein Schreiben an Friedrich Sievert:
"Der körperliche Verfall Ihrer Frau ist in den letzten Tagen auffallend fortgeschritten. Seit einigen Tagen besteht Herzschwäche mit Anschwellungen. Emma Sievert hatte einen Kollaps erlitten.
Der Chefarzt"

Wenige Wochen später, am 18. Februar 1944, starb Emma Sievert in der Tötungsanstalt Hadamar. Es ist davon auszugehen, dass sie keines natürlichen Todes starb. In den Unterlagen wurden Erschöpfung, Geisteskrankheit und Herzschwäche vermerkt.

Der Leichnam von Emma Sievert wurde eingeäschert, die Urne mit den angeblichen Ascheresten wurde dem Hauptfriedhof Altona zugesandt.

Emma Sievert wurde am 5. April 1944 im Familiengrab 14.IV.9-10 auf dem staatlichen Friedhof Altona in der Stadionstraße 5, in Hamburg beigesetzt.

© Bärbel Klein

Quellen: StaH, 352-8/7 Gesundheitsfürsorge – Krankenhäuser Abl 1/1995_29537 Emma Amanda Carola Sievert; 332-5 Geburtsregister 6250 Nr. 3886/1887 Friedrich Christian Sievert, 6265 Nr. 2584/1890 Emma Amanda Carola Kraus, 6272 Nr. 3392/1891 Marianna Martha Kraus; 332-5 Heiratsregister 6020 Nr. 834/1914 Sievert/Kraus; 14374 Nr. 233/1934 Mertes/Diedecke, 332-5 Sterberegister 4691 Nr. 1649/1976 Marianna Martha Witt; Sterberegister 5342 Nr. 214/1926 Karl Adolf Sievert; 741-4 Fotoarchiv K 2579, K 7325; Beisetzungsunterlagen Hauptfriedhof Altona; Wege in den Tod, Klaus Böhme, Uwe Lohalm, Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg 1993, Seite 337; www.wikipedea.de (Einsicht am 01.01.2021).

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