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Hedwig Tuteur (née Salomon) * 1884
Hamburger Straße 199-205 (Hamburg-Nord, Barmbek-Süd)
HIER WOHNTE
HEDWIG TUTEUR
GEB. SALOMON
JG. 1884
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET
Hedwig Tuteur, geb. Salomon, geb. 9.12.1884 Hamburg, am 18.11.1941 nach Minsk deportiert und ermordet
Hamburger Straße 199-205
Hedwig Tuteur wurde am 9.12.1884 als Tochter der jüdischen Eheleute Neumann und Charlotte Salomon in Hamburg geboren. Neumann Salomon (*1854-1855) stammte aus Barmbek und hatte im Jahr 1883 Charlotte, geb. Lehmann (*26.4.1862) aus Ahrensburg geheiratet, die aus der alt eingesessenen jüdischen Familie Lehmann stammte. Die Großeltern hießen Lehmann Hirsch Lehmann und Friederike, geb. Lazarus.
Hedwig Salomon, über deren Kindheit und Ausbildung uns nichts bekannt ist, heiratete am 11. Mai 1904 den in Mannheim geborenen Kaufmann Eugen Tuteur (*31.1.1870) (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), dessen Eltern Benjamin Tuteur und Sara geb. Boehr aus einer weit verzweigten pfälzischen Familie stammten.
Aus einer vorangegangenen Beziehung hatte Eugen Tuteur bereits einen außerehelichen Sohn, Eugen Herbert Paul Thomas (*12.11.1898 Altona – 5.12.1965 Hamburg), der bei seiner Mutter lebte.
Aus der Ehe gingen noch drei Kinder hervor: Edgar (*9.4.1905 – 27.7.1985), Harald Richard (*1.9.1911 – 26.6.1994) und Ruth, (*2.11.1919).
Nach ihrer Heirat bezogen Eugen und Hedwig Tuteur eine Wohnung in Barmbek am Markt 41. Dies blieb auch über Jahre die Adresse von Hedwig Tuteur.
Eugen Tuteur war seit 1901 Inhaber der Firma "Tuteur & Laupheimer, Niederlage der Tuchfabrik Larochette, Luxemburg" zusammen mit Max Laupheimer. Die Firma befand sich zunächst im Zentrum von Hamburg, Großer Burstah 40, später bestand ein Tuchlager in der Kaiser-Wilhelm-Straße 98. 1913/14 wurde die Firma aufgelöst und erst 1916 hatte Eugen Tuteur mit "Säcke en gros" eine neue Firma gegründet. Im väterlichen Betrieb arbeitete auch der Sohn Herbert Richard Tuteur mit, während der Sohn Edgar in Neapel bei der Firma Sorveglianza SAI beschäftigt war. Die Tochter Ruth bestand Ostern 1938 ihr Abitur an der Talmud-Thora-Schule. (Nach 1933 nahm die bis dahin als reine Jungenschule geführte Talmud-Thora-Schule auch Mädchen auf, 1939 wurde sie mit der Israelitischen Töchterschule zusammengelegt.)
Zu diesem Zeitpunkt bestand die Ehe der Tuteurs allerdings bereits seit Jahren nicht mehr: Schon wenige Monate nach der Geburt der Tochter Ruth war sie am 28. Februar 1920 geschieden worden, weil Eugen Tuteur zu seiner späteren Lebensgefährtin Olga Hertha Stahlmann (*12.12.1896 Hamburg) eine Beziehung unterhielt. Er verließ die gemeinsame Wohnung, ab 1925 lautete seine Adresse Imstedt 39. Hier lebte er in Wohngemeinschaft mit Olga Stahlmann, bis sie 1935/36 in das gerade errichtete Haus Goethestraße 4 zogen.
Zunächst aus Rücksicht auf seine jungen Kinder, später aufgrund des Verbotes von Mischehen in den Nürnberger Gesetzen gingen Eugen Tuteur und Olga Stahlmann nicht die Ehe ein. Nach dem Krieg erreichte Olga Stahlmann die rückwirkende Anerkennung der Beziehung als Ehe.
Die Tuteurs waren noch bis Ende der 1930er Jahre gut situiert, das Einkommen sank erst seit Mitte 1938. Die Liquidation des Sackgroßhandels zog sich hin, von seinem Wohnsitz in der Goethestraße 4 aus konnte Eugen Tuteur noch Großhandelsgeschäfte bis zum April 1941 abwickeln. Danach dürfte die finanzielle Situation für die gesamte Familie schwierig gewesen sein.
Hedwig Tuteur lebte mit ihrer Mutter Charlotte Salomon, geb. Lehmann, ihrem Sohn Harald Richard und ihrer Tochter Ruth in der Hamburger Straße 201a. Während Harald Richard Tuteur 1938 nach Argentinien emigrierte, scheiterte die geplante Emigration nach London für Ruth Tuteur. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs machte ihre Pläne zunichte.
Am 6. November 1941 waren Mutter und Großmutter Trauzeugen von Ruth Tuteur, die Werner Wolfsohn heiratete und zwei Tage später am 8. November 1941 freiwillig mit ihm in die "Evakuierung" ging, wie die Deportation beschönigend hieß. Das Paar wurde nach Minsk deportiert und kam dort um.
Zehn Tage später, am 18. November 1941, wurden Hedwig Tuteur, geb. Salomon und ihre Mutter Charlotte Salomon, geb. Lehmann ebenfalls nach Minsk deportiert. Ob sie einander dort trafen, ist nicht bekannt.
Eugen Tuteur wurde am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert, an ihn erinnert ein Stolperstein in der Grillparzerstraße 4, der früheren Goethestraße.
Für Clara, Werner und Ruth Wolfsohn liegen Stolpersteine im Abendrothsweg 19, für Clara Wolfsohn auch Grindelberg 45 (siehe www.stolpersteine-hamburg.de).
Ein Stolperstein für die Tante von Hedwig Tuteur, Sophie Hirsch, geb. Lehmann, die ältere Schwester von Charlotte Salomon, geb. Lehmann, liegt in Wandsbek, Königsreihe 32 (siehe www.stolpersteine-hamburg.de).
Nachfahren
Der Sohn Edgar Tuteur lebte in Italien, wo er für die Firma Sorveglianza SAI in Neapel arbeitete. Er hatte Ingeborg "Inge" Glass (*3.1.1912 Hamburg) geheiratet. Als er auf Druck der Gestapo in Neapel verhaftet und interniert worden war, setzte sich seine Frau unermüdlich für ihn ein und erreichte letztlich mit Hilfe vatikanischer Stellen seine Freilassung. Das Paar emigrierte über Lissabon in die USA. Ingeborg Glass Vater Hermann Glass starb 1943 in Theresienstadt (siehe www.stolpersteine-hamburg.de).
Der Sohn Harald Richard Tuteur sollte eigentlich den väterlichen Betrieb übernehmen, wurde aber im Oktober 1938 zur Auswanderung gezwungen. Er emigrierte über Montevideo/Uruguay nach Buenos Aires/Argentinien. Nach einem wirtschaftlich schwierigen Start heiratete er 1948 Mira Ravich, die aus Russland stammte, und bekam mit ihr 1949 den Sohn Eugenio Israel Tuteur.
Nach dem Krieg stellten die Söhne Edgar und Harald Richard Tuteur Wiedergutmachungsanträge für beschlagnahmte Vermögenswerte der Mutter und Großmutter, die abgewiesen wurden, weil die beschlagnahmten Gelder von Hamburg an das Deutsche Reich überwiesen worden und nicht mehr feststellbar seien. Das Haus der Großeltern in Ahrensburg Große Straße 40, ein Grundstück mit einem Laden und zwei Wohnungen, wurde an die Erben rückerstattet.
© Christiane Stephani
Quellen: StAH 332-4_579; 213-13_457; Deportationslisten 8.11.1941 und 18.11.1941 https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411118-18.jpg; Michael Tuteur: Tuteur Family History, Selbstverlag. 5. Auflage 2022.