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Betty Hirsch * 1876

Kurzer Kamp 6 Altenheim (Hamburg-Nord, Fuhlsbüttel)

1942 Theresienstadt
tot 25.9.1942

further stumbling stones in Kurzer Kamp 6 Altenheim:
Dr. Julius Adam, Johanna Hinda Appel, Sara Bromberger, Therese Bromberger, Friederike Davidsohn, Margarethe Davidsohn, Gertrud Embden, Katharina Embden, Katharina Falk, Auguste Friedburg, Jenny Friedemann, Mary Halberstadt, Käthe Heckscher, Emily Heckscher, Hanna Hirsch, Regina Hirschfeld, Clara Horneburg, Anita Horneburg, Emma Israel, Jenny Koopmann, Franziska Koopmann, Martha Kurzynski, Laura Levy, Chaile Charlotte Lippstadt, Isidor Mendelsohn, Balbine Meyer, Helene Adele Meyer, Ida Meyer, Ella Rosa Nauen, Celine Reincke, Friederike Rothenburg, Benny Salomon, Elsa Salomon, Martha Rosa Schlesinger, Louis Stiefel, Sophie Stiefel, Louise Strelitz, Eugenie Hanna Zimmermann

Betty Hirsch, geb. am 25.10.1876 in Altona, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, dort umgekommen am 25.9.1942

Kurzer Kamp 6

Als Betty Hirsch am 25. Oktober 1876 in der Wohnung ihrer Eltern, Altona, Langestraße 47/Unterhaus, auf die Welt kam, war ihre Mutter Jeanette, geb. Selke, 33 Jahre und ihr Vater, der Kaufmann Lazarus Hirsch, 48 Jahre alt. Ihren Namen bekam Betty von ihrer Großmutter väterlicherseits. Ihre Großmutter Betty Hirsch, geb. Lehmann, war bereits in Altona verstorben, ihr Großvater, der Kaufmann Elias Hirsch, geb. in Selsingen, Provinz Hannover, verstarb mit 83 Jahren im Jahr ihrer Geburt am 1. Mai 1876 in Altona, Breitestraße 137. Er war der Sohn von Friederike, geb. Reichenberg, und Juda Levy aus Selsingen.

Bettys Mutter Jeanette, geb. Selke, stammte aus Glückstadt. Sie hatte bis zu ihrer Hochzeit dort bei ihrer Mutter Amalie Selke, geb. Hirschfeld, gelebt. Der Großvater mütterlicherseits, Jacob David Selke, war Kaufmann und in Glücksstadt verstorben.

Ihr Vater Lazarus Hirsch (geb. 3.11.1827 in Niendorf bei Lübeck) gehörte seit seiner Geburt der Hochdeutschen Israeliten-Gemeinde Altona an. Den Lebensunterhalt verdiente er als "Manufacturwarenhändler". Am 13. März 1896 verstarb er in der gemeinsamen Wohnung in Altona, Palmaille 52, 1. Stock. Er hatte an Magenkrebs gelitten und wurde 68 Jahre alt. Einen Tag später fand die Beerdigung auf dem Friedhof Bornkampsweg der Hochdeutschen Israeliten-Gemeinde Altona statt. Betty war 19 Jahre alt. Sie war das einzige Kind und lebte weiterhin mit ihrer Mutter zusammen.

Zwei Onkel von Betty Hirsch lebten ebenfalls in Altona. Der zwei Jahre ältere Bruder ihres Vaters Elias Moses Hirsch (geb. 5.5.1825) und der neun Jahre jüngere Bruder Julius Hirsch (geb. 12.7.1836), beide ebenfalls in Niendorf bei Lübeck geboren. Beide verstarben im selben Jahr, Elias Moses, ledig, mit 77 Jahren am 16. März 1903 in der Oelkersallee 6, 1. Stock, und Julius mit 67 Jahren an einer Herzgefäßerkrankung am 22. Oktober 1903. Julius Hirsch hinterließ die Witwe Rahel Curjel in der Kirchenstraße 18. Vermutlich stand Betty Hirsch zu deren Tochter Bella (geb. 26. März 1876 in Altona), ihrer sieben Monate älteren Cousine, in enger Verbindung.

Es ist nicht bekannt, wie Betty Hirschs Leben in den folgenden 20 Jahren verlief und wovon sie und ihre Mutter lebten.
Als Betty Hirsch 40 Jahre alt war, verzogen beide von Altona nach Hamburg. Seit dem 20. Januar 1917 war sie dort gemeldet. Anfang des Jahres 1923, in der Zeit der Wirtschaftskrise und Inflation, ließen sich beide einen Gewerbeschein ausstellen, um in ihrer Wohnung, Eppendorferweg 43, 1. Stock, Zimmer an "Einheimische" vermieten zu können. Als preußische Staatsbürgerin beantragte Betty Hirsch 1926 die Aufnahme in den Hamburger Staatsverband. Sie war unverheiratet, ohne Beruf und hatte nur ein geringes Einkommen. Sie bestritt den gemeinsamen Lebensunterhalt für sich und ihre Mutter mit Zimmeruntervermietung und gelegentlicher Nachhilfe für Schulkinder. Armenunterstützung hatten sie aber bis dahin nicht in Anspruch nehmen müssen. Bei ihrem Einbürgerungsantrag gab sie an: "Da ich mich um eine Stiftswohnung bemühen möchte und ein sehr bescheidenes Auskommen habe, bitte ich um Ermäßigung der Stempelgebühr auf 1 Mark." Die Staatsangehörigkeitsurkunde wurde Betty Hirsch am 15. November 1926 kurz nach ihrem 50. Geburtstag ausgehändigt. Zwei RM für die Stempelgebühr musste sie dennoch bezahlen. Um den Lebensunterhalt bestreiten zu können, meldete sich Betty Hirsch Anfang des Jahres 1927 mit einem Gewerbeschein als Musiklehrerin an. Sie unterrichtete in ihrer Wohnung. Kurze Zeit später, am 21. März 1927, verstarb ihre Mutter in ihrer gemeinsamen Eppendorfer Wohnung. Sie wurde 83 Jahre alt. Einen Tag darauf fand Jeanette Hirsch, geb. Selke, ihre letzte Ruhe neben ihrem Ehemann auf dem Jüdischen Friedhof Bornkamp in Altona. Hugo Lippstadt stand Betty Hirsch in dieser Zeit zur Seite.

In das Mendelson-Israel-Stift wurde Betty Hirsch bereits um 1935 aufgenommen, möglicherweise auch schon früher. Sie bezog die Wohnung Nr. 8, Parterre. In der Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg ist sie als Kleinrentnerin mit steuerfreiem Einkommen eingetragen. Die Zeit des sorgenfreien Wohnens in der Gemeinschaft der Stiftsbewohner*innen währte sieben Jahre. Am 19. Juli 1942 wurde sie gemeinsam mit 22 Leidensgenoss*innen aus dem Stift in das Getto Theresienstadt deportiert. Nur drei Monate später, am 25. September 1942, verstarb Betty Hirsch dort morgens um 7 Uhr in dem Gebäude L 415. Sie war 66 Jahre alt. Die Todesursache lautete "Marasmus-Altersschwäche"; das bedeutete im Getto Theresienstadt Sterben an Hunger und Kälte und den unmenschlichen Bedingungen.

Am 29. August 1942 wurde im "Hamburger Tageblatt" von dem vereidigten und öffentlich bestellten Versteigerer Heinrich Schopmann im Auftrag "einer Behörde" ein "Freihändiger Verkauf" zum 31. August im Kurzen Kamp 6 angekündigt. Unter anderem wurden auch Pianos angepriesen. In einer Liste von Schopmann wurde neben Betty Hirschs Nummer ihrer "Evakuierung" der Versteigerungserlös ihrer Hinterlassenschaft mit 835,- RM angegeben. Ob es sich bei einem der versteigerten Pianos um ein Klavier von Betty Hirsch aus Zeiten ihres Musikunterrichts handelte, bleibt ungeklärt.

© Margot Löhr

Quellen: 1; 3; 4; 5; 7; 8; StaH, 332-5 Standesämter, Geburtsregister, 6193 u. 3046/1876 Betty Hirsch; StaH, 332-5 Standesämter, Heiratsregister, 5859 u. 529/1875 Lazarus Hirsch/Jeanette Selke; StaH, 332-5 Standesämter, Sterberegister, 5230 u. 535/1896 Lazarus Hirsch; 8091 u. 125/1927 Jeanette Hirsch; StaH, 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, B III, Nr. 955 Betty Hirsch; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, 230 Bd. 2, 1039/1027, 1040/1029; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Abl. 1993 B Ordner 23 Versteigerer Schopmann; StaH, 741-4 Fotoarchiv, K 3845; Institut Theresienstädter Initiative, Nationalarchiv Prag, Jüdische Matrikeln, Todesfallanzeigen, 418029 Hirsch, Betty; Hamburger Adressbücher 1875–1942; Datenbankprojekt des Eduard-Duckesz-Fellow und der Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie, Bornkampsweg, http://jüdischer-friedhof-altona.de/datenbank.html, eingesehen am: 22.2.2022.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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