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Already layed Stumbling Stones



Edda Purwin * 1940

Langenhorner Chaussee 560 (Hamburg-Nord, Langenhorn)


ERMORDET IN DER
"KINDERFACHABTEILUNG"
DER HEIL- UND PFLEGEANSTALT
LANGENHORN

EDDA PURWIN
GEB. 1.7.1940
ERMORDET 18.1.1942

further stumbling stones in Langenhorner Chaussee 560:
Gerda Behrmann, Uwe Diekwisch, Peter Evers, Elke Gosch, Claus Grimm, Werner Hammerich, Marianne Harms, Hillene Hellmers, Helga Heuer, Waltraud Imbach, Inge Kersebaum, Hella Körper, Dieter Kullak, Helga Liebschner, Theo Lorenzen, Jutta Müller, Ingrid Neuhaus, Traudel Passburg, Angela Quast, Erwin Sänger, Hermann Scheel, Gottfried Simon, Monika Ziemer

Edda Purwin, geb. am 1.7.1940 in Lüneburg, getötet am 18.1.1942 in der "Kinderfachabteilung der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn"

Asklepios-Klinik Nord-Ochsenzoll, Henny-Schütz-Allee, Gedenkort Haus 25, Einfahrt Langenhorner Chaussee 560

Edda Purwin wurde am 1. Juli 1940 in Lüneburg geboren. Sie war die Tochter der ledigen Hausgehilfin Anneliese Auguste Hermine Sophie Dora Purwin und von Albert Gerstenberg. Zuvor hatte ihre Mutter in der Landwirtschaft in Luhdorf, Boltersen, Barföde, Bleckede und Peine gearbeitet. Über vier Tage lang dauerte die schwere Geburt, Edda war scheintot auf die Welt gekommen. Anschließend wurde sie vier Wochen lang untersucht.

Sie kam in das Kinderhospital Lüneburg. In der Zwischenzeit war ihre Mutter eine neue Beziehung mit dem Unteroffizier Johann Seebeck (geb. 1914) eingegangen und erwartete ihr zweites Kind.

Edda wurde an ihrem ersten Geburtstag von Dr. Hans Rohlfing, Leiter des Gesundheitsamtes Lüneburg, dem "Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leidens" gemeldet. Von dort kam am 18. September 1941 die Anweisung, Edda in die "Kinderfachabteilung" in Langenhorn zu überweisen. Obwohl die Lüneburger "Kinderfachabteilung" am 9./10. Oktober 1941 neu eingerichtet worden war, wurde Edda aus dem Kinderhospital in der Barckhausenstraße im Alter von fünf Monaten von einer Fürsorgeschwester aus Lüneburg am 8. Dezember 1941 mit dem Attest des Gesundheitsfürsorgeamtes Lüneburg und der Diagnose "Idiotie" in die "Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn" gebracht.

Der zuständige Arzt Dr. Knigge stellte fest: "Redet nicht, allmählich spastisch". Edda lebte dort nur noch sechs Wochen. Am 10. Januar 1942 protokollierte Knigge: "hat ein stark stinkendes Ekzem am Hinterkopf bekommen. Di-Abstrich [Diphtherie]: negativ". Acht Tage später wurde der letzte Tag in ihrem kurzen Leben protokolliert: "18.I.42. Exitus [Tod]. Di-Abstrich im Rachen: + [positiv]. Diagnose: "cerebrale Kinderlähmung bei Mikrozephalie [kleiner Kopf, vermindertes Gehirnwachstum]. Idiotie. Dr. Knigge"

Edda verstarb am 18. Januar 1942 um 11:30 Uhr in Haus M 10. In der Todesbescheinigung gab Dr. Knigge als Todesursache "Idiotie, Mikrocephalie, Diphterie" an.

Edda wurde in der "Kinderfachabteilung der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn" vermutlich mit Luminal-Injektionen (einem Schlafmittel) von Knigge getötet. Die häufig von ihm dabei verzeichnete Angabe "Bronchopneumonie" (Lungenentzündung) als Todesursache fehlt hier. Ob die Diagnose Diphtherie der Verschleierung diente, kann nicht belegt, aber vermutet werden.

Edda wurde 1 Jahr, 6 Monate und 17 Tage alt.

Neun Tage später fand ihre Beisetzung durch die Beerdigungsgesellschaft Bork am 27. Januar 1942 um 9:00 Uhr auf dem Friedhof Ohlsdorf statt, Grablage Bh 58, Reihe 34, Nr. 7. Ihre Grabstelle ist nicht mehr erhalten.

Eddas Bruder Hans Peter kam am 21. Februar 1942 in Lüneburg unehelich zur Welt. Sein Vater Johann Seebeck wurde am 30. März 1942 als Soldat an der Ostfront getötet. Seine Mutter heiratete im Juli 1942 den Fabrikarbeiter und Obergefreiten Joseph Pfeiffer (geb. 1911), doch auch er fiel im Krieg, im August 1944 in Lettland. Nach einer zweiten Ehe, geschlossen im Mai 1951, lebte Anneliese Purwin mit dem Koch Heinrich Ludwig in der Artlenburger Straße, Lüneburg-St. Lorenz Nord.

Nach dem Krieg äußerte sich Knigge zu den erhobenen Beschuldigungen wegen Mordes bzw. Sterbehilfe in der "Kinderstation" des Krankenhauses Langenhorn. In einem Schreiben vom 13. Juni 1945 an die Kriminalpolizei über Prof. Rudolf Degkwitz, Leitender Beamter der Hamburger Gesundheitsbehörde, gab er lediglich Sterbehilfe bei zehn bis elf "geisteskranken und mißgestalteten" Kindern zu, die er durch die Anordnung des Reichsausschusses für gerechtfertigt hielt. Den Namen von Edda Purwin verschwieg er.

© Margot Löhr

Quellen: StaH, 332-5 Standesämter, Sterbefallsammelakten, 64217 u. 51/1942 Edda Purwin; StaH, 332-5 Standesämter, Sterberegister, 9933 u. 51/1942 Edda Purwin; StaH, 352-5 Standesämter, Todesbescheinigungen, 1942 Sta 1b Nr. 51 Edda Purwin; StaH, 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn, Abl. 2000/01 Nr. 32 Akte 29253; Standesamt Lüneburg, Geburtsregister, Nr. 473/1940 Edda Purwin; Archiv Friedhof Ohlsdorf, Beerdigungsregister 1942 Nr. 3857; Auskünfte Dr. Carola Rudnick vom 8.7.2021 aus der Akte Edda Purwin, Landesarchiv Niedersachsen, NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 102/88 Nr. 3027.

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