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Already layed Stumbling Stones



Elsa Nathan (née Heimann) * 1889

Großneumarkt 56 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
ELSA NATHAN
GEB. HEIMANN
JG. 1889
DEPORTIERT 1941
RIGA-JUNGFERNHOF
ERMORDET

further stumbling stones in Großneumarkt 56:
Sella Cohen, Bertha Cohen, A(h)ron Albert Cohn, Thekla Daltrop, David Elias, Theresia Elias, Louisa(e) Elias, Helene Martha Fernich, Martha Minna Fernich, Camilla Fuchs, Siegmund Josephi, Robert Martin Levy, Hertha Liebermann, Fritz Mainzer, Ruth Nathan, Siegfried Neumann, Fanny Neumann, Lieselotte Neumann, Mirjam Neumann, Max Leo Neumann, Therese Neumann, Bela Neumann, Josef Polack, Bertha Polack, Eva Samuel, Rosa Therese Weil, Bernhard Weil, Rosa Weinberg, Siegfried Weinberg

Elsa Nathan, geb. Heimann, geb. 12.5.1889 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof
Ruth Nathan, geb. 11.6.1925 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof, weiterdeportiert am 19.7.1944 ins KZ Stutthof

Großneumarkt 56

Elsa Nathan war als Elsa Heimann in der Neustädter Fuhlentwiete 15 zur Welt gekommen. Ihr Vater Gustav Heimann (geb. 5.9.1850) war Buchdrucker. Er stammte aus Dortmund, ihre Mutter Wilhelmine, geb. Jakob (geb. 25.10.1861), aus Bonn. Dort hatten ihre Eltern am 21. Februar 1883 geheiratet, und dort wurde auch Elsas ältere Schwester Rosa (geb. 7.3.1885) geboren. Zwei Jahre später lebte die Familie dann in Hamburg.

Obwohl die Mutter Wilhelmine zwischen 1885 und 1903 elf Kinder zur Welt gebracht hatte, trug sie zum Lebensunterhalt bei. Sie betrieb ab 1895 in der Wohnung in der Wexstraße 35 ein "Engagements-Bureau" (vermutlich vermittelte sie Hausangestellte) und seit 1913, nach dem Umzug ins Grindelviertel, an verschiedenen Adressen eine "Grünwarenhandlung", zuletzt in der Dillstraße 4. Wilhelmine Heimann kehrte einige Jahre nach dem Tod ihres Mannes - Gustav Heimann verstarb am 26. Juli 1917 nach einem Schlaganfall - mit ihren unverheirateten Kindern in die Neustadt zurück. 1922 zog sie in die Schlachterstraße 40/42 ins jüdische Marcus-Nordheim-Stift. Als Gewerbe ließ sie nun ins Hamburger Adressbuch "Händlerin" eintragen.

Ihre Tochter Elsa heiratete den Kaufmann Michaelis Nathan. Der Sohn von Moses Nathan und Hendel Adelheid, geb. Landsberger, wurde am 1. Februar 1875 in Hamburg geboren. Seine Eltern betrieben seit 1864 eine Strumpf- und Weißwaren-Großhandlung, die Michaelis Nathan später übernahm und aus der Düsternstraße 43 in den Neuen Steinweg 27/28 verlegte. Dort wurde am 11. Juni 1925 ihr einziges Kind, Tochter Ruth, geboren.

1929 zog das Ehepaar Nathan in das jüdische Hertz-Joseph-Levy-Stift am Großneumarkt 56, Haus B. Michaelis Nathan gab das Geschäft auf und arbeitete nun von der Privatwohnung aus. Er starb am 29. April 1933 im Israelitischen Krankenhaus, so dass Elsa Nathan jetzt allein für die Erziehung ihrer Tochter sorgen musste.

Auch zwei ihrer Schwestern lebten unter ähnlichen Bedingungen. Margarete Levor, geb. Heimann (geb. 9.5.1886), wohnte bereits seit 1928 mit ihrer Tochter Ingrid (geb. 3.8.1926) im Vorderhaus des Hertz-Joseph-Levy-Stiftes. Margarete, Grete genannt, hatte am 16. Oktober 1925 Ludwig Levor (geb. 1.10.1897) geheiratet und sich noch vor der Geburt ihrer Tochter von ihrem Mann getrennt. Sie ließen sich 1926 scheiden. Da Ludwig Levor bereits am 21. April 1934 verstorben war, erhielt Margarete für ihre Tochter Ingrid eine kleine Waisenrente.

Schwester Ernestine Lina Bähr, geb. Heimann (geb. 20.11.1887), musste vier minderjährige Kinder versorgen: Erwin (geb. 8. 2.1907, gest. 16.8.1959), Alma (geb. 17.11.1909, gest. 3.8.1942 in Glasgow), Harry (geb. 7.6.1911) und Rudolf (geb. 15.6.1914). Die "mittellose Kriegerwitwe" lebte seit 1925 im Samuel Lewisohn-Stift, Kleiner Schäferkamp 32. Sie hatte am 8. Mai 1906 den "Feuerungshändler" Simon Bähr (geb. 17.1.1877 in Hann. Münden) geheiratet. Simon Bähr war aus dem Ersten Weltkrieg nicht zurückgekehrt, er wurde am 21. Oktober 1918 als Soldat getötet.

Elsa Nathans Tochter Ruth begann nach ihrer Schulzeit eine Schneiderlehre, die sie nicht mehr beenden konnte. Vermutlich besuchte sie die Jüdische Fachschule für Schneiderinnen in der Heimhuder Straße 70. Von der Lehrstellenvermittlung war sie als Jüdin bereits ausgeschlossen. Anfang 1939 zog Wilhelmine Heimann aus der Schlachterstraße zu ihrer Tochter Elsa und Enkeltochter Ruth. Wilhelmine wurde von zweien ihrer Söhne finanziell unterstützt. Alfred Jacob Heimann (geb. 4.1.1900, gest. 2.10.1958) lebte mit seiner Frau Elli, geb. Schulz (geb. 21.1.1902), und ihren drei Kindern in sogenannter Mischehe in der Feldbrunnenstraße 27. Sein Bruder Eduard Heimann (geb. 27.12.1903, gest. 9.7.1958) wohnte mit seiner Frau Mathilde, geb. Hamel (geb. 10.2.1896, gest. 10.11.1973), in der Fruchtallee 115. Letztgenannte konnten 1939 ihre Flucht nach Manila auf die Philippinen ermöglichen.

Auch Wilhelmines älteste Tochter Rosa Paege, geb. Heimann (geb. 7.3.1885, gest. 24.5.1947), die den nichtjüdischen Schauspieler Paul (geb. 21.1.1882 in Halle/Saale, gest. 29.6.1963) geheiratet hatte und in Dresden lebte, trug zum Lebensunterhalt der Mutter bei, obwohl ihr Mann nur noch mit Sondergenehmigung auftreten durfte. Paul Paulsen (Künstlername) galt wegen dieser Ehe in der NS-Zeit als "jüdisch versippt".

Am 6. April 1941 ereignete sich in Elsa Nathans Wohnung ein Unglücksfall: Ihre Mutter Wilhelmine Heimann starb an einer Leuchtgasvergiftung.
Sechs Monate später erhielten Elsas Schwester Lina Bähr, ihr Sohn Rudolf und dessen Frau Esther, geb. Daicz (geb. 10.4.1919 in Brzezany), die er kurz zuvor am 17. Oktober 1941 in Hamburg geheiratet hatte, ihre Deportationsbefehle. Sie wurden am 8. November 1941 nach Minsk deportiert. In diesem Transport befand sich auch Iwan Emanuel (s. Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel), der noch am Tag vor der Deportation eine zweite Ehe mit Lina Bährs und Elsa Nathans Schwester Margarete Levor eingegangen war.

Die Nächsten, die sich für einen Abtransport bereitzuhalten hatten, waren dann Elsa Nathan und Ruth sowie Margarete Emanuel mit ihrer Tochter Ingrid Levor. Am 6. Dezember 1941 wurden sie gemeinsam nach Riga deportiert. Der Hamburger Transport wurde jedoch in das nahe gelegene Gut Jungfernhof verbracht, da die Erschießungen der einheimischen Gettobewohner in Riga noch nicht beendet waren. Offensichtlich gehörten sie zu den wenigen Überlebenden des Außenlagers Jungfernhof, die Anfang 1942 ins Getto Riga eingeliefert wurden. Im Dezember 1942 starb Elsa Nathan.

Ruth gelangte am 19. Juli 1944 mit anderen Häftlingen ins KZ Stutthof bei Danzig, wo sie die Haftnummer 47813 erhielt und sich ihre Spur verlor.

Margarete Emanuel und ihre Tochter Ingrid Levor überlebten. Margarete Emanuel wanderte 1948 zu ihrem Bruder Eduard Heimann nach Manila aus und kehrte fünf Jahre später nach Hamburg zurück. Margarete Emanuel verstarb am 8. Januar 1974, ihre Tochter Ingrid am 21. Januar 1985. Ihre Gräber befinden sich nebeneinander auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf.

Für Lina Bähr, Rudolf Bähr und Esther Bähr wurden Stolpersteine in der Straße Kleiner Schäferkamp 32 verlegt.

© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 5; 6; 8; StaH 351-11 AfW 9755 (Bähr, Lina Ernestine); StaH 351-11 AfW 17935 (Emanuel, Margarete); StaH 351-11 AfW 22902 (Heimann, Alfred); StaH 332-5 Standesämter 2159 u 5864/1887; StaH 332-5 Standesämter 2199 u 2061/1889; StaH 332-5 Standesämter 2259 u 3908/1891; StaH 332-5 Standesämter 2316 u 3430/1893; StaH 332-5 Standesämter 2427 u 5/1896; StaH 332-5 Standesämter 13272 u 38/1900; StaH 332-5 Standesämter 13616 u 1934/1901; StaH 332-5 Standesämter 8644 u 112/1906; StaH 332-5 Standesämter 771 u 1662/1917; StaH 332-5 Standesämter 1009 u 186/1933; StaH 332-5 Standesämter 1139 u 133/1941; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1442 (Levor, Margarete); StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 2; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 3; Auskunft aus dem Muzeum Stutthof von Boguslawa Tartakowska, E-Mail vom 18.10.2016; Hamburger Adressbuch von 1882; Hamburger Börsenfirmen, 1923, S. 763; https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Paulsen; (Zugriff 14.10.2016); http://www.stolpersteine-luebeck.de/n/de/main/adressen/fuenfhausen-5.html (Zugriff 14.10.2016).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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