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Hanna Isaak * 1918

Brahmsallee 16 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Brahmsallee 16:
Charlotte Bravo, Ruth Isaak, Michael Isaak, Pauline Isaak, Daniel Isaak, Betty Jacobson, Recha Nathan, Helene Rabi, Max Warisch

Hanna Isaak, geb. am 15.7.1918 in Hamburg, am 18.11.1941 nach Minsk deportiert

Brahmsallee 16

Hanna Isaak hinterließ in Hamburg keinerlei Spuren. Alles, was wir über sie wissen, geht auf die Aussagen ihrer Mutter und ihrer Brüder zurück. Hanna war das jüngste Kind und die einzige Tochter von Isidor und Lea Isaak, geb. Gradenwitz. Hannas ältere Brüder waren der am 4.2.1911 geborene Felix Michael und Heinz Daniel, geb. 25.2.1921. Die Familie wohnte in der Rappstraße 2.

Der Vater Isidor Isaak war Beamter bei der Hamburger Bank M.M. Warburg & Co. Das Bankhaus war international renommiert, es hatte eine herausragende Stellung als Finanzier der Warenimporte vieler Hamburger Unternehmer des Im- und Exporthandels und der rohstoffverarbeitenden Industrie. Diese Funktionen behielt die Bank M.M. Warburg auch nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten. Alle Mitarbeiter wurden weiter beschäftigt. Sie fühlten sich durch die paternalistische Fürsorge des Chefs Max Warburg einigermaßen sicher. Isidor Isaak hielt es nicht für nötig, zu emigrieren, obwohl Max Warburg zahlreichen ausreisewilligen Juden den Weg ebnete. Sohn Felix Michael urteilte später auf einem Fragebogen der "Werkstatt der Erinnerung" von 1993, seine Eltern hätten die Gefahr, die ihnen von den Nazis drohte, nicht erkannt oder nicht wahr haben wollen. Die Eltern und auch die Schwester Hanna seien in ihrem orthodoxen Glauben so gefestigt gewesen, dass sie sich vor nichts gefürchtet hätten. Alle Feier- und Festtage wurden befolgt in engem Kontakt mit der Gemeinde der Synagoge am Bornplatz. Die Kinder wurden außerdem geprägt durch die vaterländisch-jüdische und demokratische Gesinnung ihrer Eltern, die mit der Erziehung in der Talmud Tora Schule übereinstimmte.

Trotz dieser stark wirkenden Einflüsse nahm die Entwicklung der Söhne einen anderen Weg. Seit dem 16. Lebensjahr schloss sich Felix Michael der zionistisch-religiösen Bewegung Misrachi an, trat der jüdischen Jugendbewegung "Esra" bei und wurde aktiver Zionist. Nach dem Abitur, das er 1929 ablegte, konnte oder wollte er seinen Berufswunsch, Arzt zu werden, nicht verfolgen. Er engagierte sich erst freiwillig, dann berufsmäßig in der Zionistischen Vereinigung Berlin. 1935 emigrierte er nach Palästina, unterstützt vom jüdischen Nationalfonds, in Palästina wurde er Beamter des Nationalfonds und 1948 sofort in den Israelischen Staatsdienst übernommen. Auch der jüngere Bruder Heinz Daniel emigrierte nach Palästina. Die zionistische Haltung ihrer Söhne widersprach der religiös orthodoxen Lebensauffassung von Isidor und Lea Isaak. Den Gedanken an eine Auswanderung nach Israel wiesen sie entschieden zurück. Es dürfte harte Auseinandersetzungen gegeben haben. Da Hanna sich nicht der zionistischen Bewegung anschloss, wird sie wohl auf Seiten der Eltern gestanden haben.

Die Warburg-Bank wurde 1938 "arisiert". Da der Stadtregierung aber sehr daran gelegen war, das für Hamburgs Wirtschaft außerordentlich wichtige Geldinstitut zu erhalten, war man um möglichst geräuschlose Umwandlung bemüht; über den tatsächlich mit der "Arisierung" verbundenen Raubzug erfuhr die Öffentlichkeit nichts. Natürlich mussten alle jüdischen Mitarbeiter entlassen werden, so auch Isidor Isaak. Von diesem Zeitpunkt an sperrte er sich nicht mehr gegen die Bemühungen seiner Söhne um die Ausreise der Eltern. Die Emigration war zunehmend schwieriger geworden und glückte erst in letzter Minute. Hanna blieb in Hamburg zurück, betrieb aber weiter ihre Auswanderung. Am 3. September 1939 wurde ihr die Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt.

Am 14. September 1939 fuhren Isidor und Lea Isaak mit der Eisenbahn nach Triest. Nach der Übernachtung im Hotel ging es weiter mit dem Schiff "Galilea" nach Haifa. Vater Isaak war krank, deshalb mussten sie 1. Klasse fahren. Kurze Zeit nach der Ankunft in Palästina, im Jahr 1940, starb Isidor Isaak. Mutter Lea war auf Hilfe und Unterstützung ihrer Kinder angewiesen.

Hanna Isaak zog in die Brahmsallee 16 zu ihren Verwandten Michael und Pauline Isaak. Wahrscheinlich erfuhr sie von der Ankunft der Eltern und vom Tod des Vaters. Sie war in Hamburg allein auf sich gestellt, alle Tore nach draußen waren verschlossen. In der Gemeinde kümmerte sie sich um die kleinen Kinder, aber dokumentiert wurde diese Arbeit nicht, Zeugnisse wurden nicht mehr ausgestellt. Hanna hatte ihre Ausbildung in dem Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen Seminar in Berlin Wangenheimstraße absolviert. Für kurze Zeit arbeitete sie in einem Privatkindergarten in Hamburg, außerdem gab sie Privatstunden. Danach, so bezeugte der Bruder vor der Wiedergutmachungsbehörde, arbeitete sie bis zu ihrer Deportierung im November 1941 als Kinder-Hortnerin in der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, wo sie eine feste Anstellung mit gutem Gehalt hatte. Wie die anderen jüdischen Hausbewohner der Brahmsallee 16 erhielt Hanna Isaak den schriftlichen Befehl, sich zur "Aussiedlung" in das Sammellager Logenhaus zu begeben. Am 18. November 1941 fuhr der aus Bremen kommende Transportzug vom Hannoverschen Bahnhof in Hamburg ab und erreichte drei Tage später Minsk. Von Hanna Isaak sah und hörte niemand mehr.

Ein makabres Nachspiel um ihre Person fand in den 1950er- und 1960er-Jahren in der Hamburger Behörde für Wiedergutmachung statt. Den Erben Felix Michael (jetzt Michael Uzay) und Heinz Daniel ging es dabei vor allem um eine Aufbesserung der Minimalrente ihrer Mutter Lea, die selbst Anträge als Erbin stellte. Für die Wiedergutmachungsansprüche war die berufliche Tätigkeit von Hanna Isaak genau zu klären: Welchen Beruf übte sie nun wirklich aus? Nach welcher Kategorie wurde sie entlohnt? Der Bruder listete ihre Anstellungen als Kindergärtnerin und Hortnerin auf, Mutter Lea gab an, ihre Tochter sei kaufmännische Angestellte gewesen. Weder das eine noch das andere ließ sich belegen. Hätte Hanna, die doch gesund und leistungsfähig war, ihre Mutter unterhalten können, wenn sie nicht ermordet worden wäre? Die Söhne Michael und Daniel Isaak belegten, warum sie selbst dazu nicht in der Lage waren, zumal der eine, Heinz Daniel, nach England emigrierte, weil er in Israel keine Arbeit mehr fand. Die Unklarheiten zogen den Prozess in die Länge; der Anwalt bat in Anbetracht des vorgerückten Alters der Antragstellerin – Lea Israel war 75 Jahre alt – um Beschleunigung des Verfahrens.

Stand: September 2016
© Inge Grolle

Quellen: 1; 4; 5; 6; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung 42808, 4206, 8025; FZH/WdE, Fragebogen, ausgefüllt von Michael Uzay; Bajohr, "Arisierung", S. 254–260.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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