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Martha Goldschmidt (geborene Fein) * 1883

Curschmannstraße 13 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)

1941 Riga

Weitere Stolpersteine in Curschmannstraße 13:
Dr. Jacob Sakom, Sophie Sakom

Martha Goldschmidt, geb. Fein, geb. 19.4.1883 in Breslau, am 6.12.1941 nach Riga deportiert

Curschmannstraße 13

Martha Goldschmidt stammte aus einer wohlhabenden Familie, die in der "schlesischen Hauptstadt" Breslau, dem heute polnischen Wrocław, wohnte. Ihr Vater, Abraham Hiller Fein war seit 1880 zusammen mit dem Bruder seiner Frau Rosalie, Salo Wurst, Inhaber der Firma Wurst & Fein. Sie vertrieben Putzartikel, Samt, Seiden, Bänder, Spitzen und Blumen en gros. Martha genoss wie ihre Schwestern Bianca, Margarethe und Elly die Erziehung und Ausbildung einer höheren Tochter: Sie besuchte zehn Jahre lang die Augustenschule, lernte Klavier spielen und hatte Privatunterricht in Literatur, Philosophie und englischer Sprache.

1907, mit 24 Jahren, heiratete sie Paul Goldschmidt. Auch er war ein erfolgreicher Geschäftsmann, Inhaber der Metallgießerei und Armaturenfabrik Albert Goldschmidt mit Sitz auf dem Venusberg 4/6. Um im Notfall in der Firma ihres Mannes aushelfen zu können, belegte Martha Goldschmidt Buchhaltungskurse.

Im Wiedergutmachungsverfahren berichtete ihre Schwester Elly de Vries: "Ich weiß, dass meine Schwester Martha immer einsprang, wenn es nötig war. Sie hatte zu diesem Zweck einen Kursus fuer Buchhaltung und Stenografie genommen. Ich selbst uebte mit ihr – sie war so willig zu helfen. Infolgedessen konnte mein Schwager Paul G. ihr Briefe diktieren, und sie hat lange Zeit die Buecher geführt. In den letzten Jahren, bis zum Tode meines Schwagers, wurde es eine mehr staendige Beschaeftigung, besonders als die letzte Hilfskraft ihren Posten verließ, die diese Art Taetigkeit ausgeuebt hatte." Nachdem nach 1933 jüdischen Unternehmern die Beschäftigung "arischer" Angestellter verboten war, übernahm Martha Goldschmidt alle Verwaltungsaufgaben im Betrieb. Jetzt war sie für die Buchhaltung, die Kontenführung und die Korrespondenz zuständig.

Im April 1937 starb Paul Goldschmidt an einer doppelseitigen Lungenentzündung. Da das Ehepaar kinderlos war, hatte er seine Frau testamentarisch zu seiner Nachfolgerin bestimmt. Sie führte nun mithilfe der ehemaligen nichtjüdischen Angestellten Arthur Henning und Wilhelm Weber die Firma weiter. Im Oktober 1937 entschloss sie sich, ihnen die Firma gegen eine Kaufsumme von 37171,72 RM, die sie in Raten bezahlen sollten, zu verkaufen. Außerdem war vorgesehen, dass nach Abzahlung der Kaufpreissumme, Martha Goldschmidt lebenslang eine monatliche Rente von 300 RM erhalten sollte. Diesen für beide Seiten fairen Vertrag lehnte der Gauwirtschaftberater ab. Er verfügte den Verkauf in einer Summe ohne Zinsen und Rente. Die jüdische Firma sollte liquidiert werden. Die "arischen" Besitzer mussten jetzt eine neue Handelsgesellschaft gründen.

Aber auch über die Summe des Barverkaufs konnte Martha Goldschmidt nicht frei verfügen. Ihre Konten stellte der Oberfinanzpräsident unter "Sicherungsanordnung". Monatlich stand ihr lediglich ein Betrag von 320 RM ihres eigenen Vermögens zu. Brauchte sie darüber hinaus Geld, musste sie einen Antrag ausfüllen und genehmigen lassen. So beantragte sie im Frühjahr 1940 zwei Mal 90 RM, um die Lagerkosten der Liftvans ihrer Schwestern bezahlen zu können: "da Frau Friedlaender meine Schwester ist, bitte ich um ihre gütige Genehmigung die obige Summe der Breslauer Speditionsfirma bezahlen zu dürfen … ". Margarethe und Hans Friedländer waren noch kurz vor Kriegsbeginn ausgewandert und warteten mittellos in einem Transitland auf die Einreise nach Palästina. Ihr ganzes Hab und Gut lagerte noch bei einer Speditionsfirma in Breslau. Auch Marthas Schwester Elly wartete im März 1940 in Boston noch immer auf ihr Umzugsgut. Im Juli 1940 füllte Martha Goldschmidt einen Antrag auf "Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung" aus. Sie wollte nach Schanghai auswandern, den Ort, der für Viele die letzte Hoffnung bedeutete, da China kein Visum verlangte. Aber die Ausreise scheiterte. Martha Goldschmidt wurde am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert.

© Maria Koser

Quellen: 1; 4; 6; 8; AfW 190483 Goldschmidt, Martha; StaH 314-15 OFP, R 1940/195; StaH 352-5 Todesbescheinigungen, Sta. 21b, Nr. 81 1937; StaH 332-5 7195 Nr. 81 Jg. 1937.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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