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Abmeldung aus Lodz
© Archivum Panstwowe, Lodz

Erich Kohn * 1882

Mettlerkampsweg 9 (Hamburg-Mitte, Hamm)

1941 Lodz
ermordet 24.08.1942

Weitere Stolpersteine in Mettlerkampsweg 9:
Edith Kohn

Edith und Jakob Kohn

Edith Kohn, geb. Marqueur, geb. 15.3.1879, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz
Jakob Erich Kohn, geb. 18.7.1882, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, Todesdatum dort 24.8.1942

Mettlerkampsweg 9

Die Brüder Erich und Siegfried Kohn, geb. 18.7.1882 bzw. 7.1.1884, wurden in Berlin geboren und lebten später mit ihren Eltern, den Eheleuten Jakob Julius Kohn und Gütel Henriette, genannt Auguste Kohn, geb. Salinger, in Hamburg. Die Familie war jüdisch.

Siegfried Kohn heiratete am 29. Juni 1916 in Friedrichstadt/Eider Elsa Kohn, geb. Levy. Ihr einziger Sohn Hans-Günther Kohn wurde am 7.1.1919 in Hamburg geboren. Erich Kohn heiratete 1918 Edith Marqueur.

Edith Kohn wurde am 15.3.1879 in Lissa/Polen geboren. Sie wuchs in Berlin auf. Ihre Eltern, Jakob Marqueur und Henriette Marqueur, geb. Landhut, geb. 10.6.1852 in Lissa/Polen, hatten etwa 1874 in Berlin geheiratet und lebten weiterhin dort. Edith Marqueur hatte vier Geschwister. Ihr Vater verstarb um 1920. Die Mutter Henriette Marqueur wurde am 22. Juli 1942 von der Gestapo Berlin verhaftet und nach Theresienstadt deportiert, im Alter von 90 Jahren. Sie starb dort am 5. Oktober 1942.

Aus der Ehe von Edith und Erich Kohn stammte der Sohn Max Gerd Kohn, geb. 1.12.1921 in Hamburg. Er starb bereits als kleines Kind am 8. Juli 1923.

Die Brüder Erich und Siegfried Kohn waren Kaufleute. Sie gründeten am 10. Februar 1919 die im Handelsregister eingetragene Firma Gebrüder Kohn Kohlenhandlung, Säge- und Spaltwerk, Hamburg. Der Betrieb lag in der Eiffestraße 410. Siegfried Kohn wohnte mit seiner Familie in der Eiffestraße 255, bevor er zum Dimpfelsweg zog, Erich wohnte in "Oben Hamm" Mettlerkampsweg 9. Neffe Rudi Marqueur, geb. 26.1.1915 in Charlottenburg, lebte bei ihnen, während er seine Ausbildung zum Ingenieur absolvierte. 1937 zog er nach Köln. Er überlebte die NS-Zeit.

Die Brüder Kohn hatten mit ihrem Kohlen- und Holzhandel sowie Sägewerk ein gutes wirtschaftliches Auskommen für beide Familien. Sie lebten in gutbürgerlichen Verhältnissen. Der Boykott jüdischer Geschäfte ab April 1933 führte dann zu erheblichen Einkommenseinbußen und schließlich zum Existenzverlust.

Am 15. März 1937 starb Elsa Kohn, wie ihr Sohn später schrieb, "infolge politischer und wirtschaftlicher Erschütterungen, die sie zur Einnahme ständig wachsender Dosen Schlafmittel trieben".

1938 wurde ein großer Teil des Büroinventars und der Betriebseinrichtungen gewaltsam zerstört. Nach der sog. Kristallnacht am 9./10. November 1938 erging am 23. November 1938 die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben. Dies bedeutete für die Brüder Kohn, dass sie ihren ohnehin durch den Boykott und die Zerstörungen geschwächten Betrieb nicht mehr fortführen durften. Mit Schreiben vom 7. Dezember 1938 teilten sie offiziell die Schließung ihres Unternehmens mit. Zehn Tage später wurde der Kohlenmakler Heinrich Hanser durch Bestallung der Gemeindeverwaltung Hamburg zum "Abwickler des jüdischen Einzelhandelsgeschäfts der Gebr. Kohn Eiffestraße 410" bestellt. Hanser hat die Abwicklung des Betriebes durchgeführt und anschließend die Löschung der Firma im Handelsregister beantragt. Sie erfolgte am 24. November 1939. Das erlebte Siegfried Kohn nicht mehr; er starb am 8. September 1939. Sein Tod war, wie sein Sohn später schrieb, "ebenfalls die Folge von Vermögens-, Geschäftsverlust und anschließender Existenzschwierigkeiten".

Nach der erzwungenen Geschäftsaufgabe Ende 1938 war Erich Kohn mit seiner Frau, seinem Bruder Siegfried und dessen Sohn unter Aufgabe ihrer bisherigen Wohnungen in eine gemeinsame Wohnung in der Han-
sastraße gezogen, wo er bis 1940 lebte.

1939 verlor der Neffe Hans-Günther Kohn seine Anstellung und begann auf dem Gut Schniebinchen/Sommerfeld/Niederlausitz mit der Vorbereitung auf seine Emigration nach Palästina. Am 13. August 1940 wanderte er nach Palästina aus, wo er im November 1940 ankam. Noch auf dem Schiff lernte er seine spätere Frau kennen. Sie heirateten erst am 26. Oktober 1943, da Hans-Günther Kohn von der englischen Mandatsmacht unmittelbar nach seiner Einreise verhaftet und für ca. zwei Jahre interniert worden war.

Erich und Edith Kohn wurden am 25. Oktober 1941 aus der Haynstraße 7 in das Getto Lodz deportiert. Sie kehrten nicht zurück und wurden zum 31. Dezember 1945 für tot erklärt. Die aus Lodz vorliegenden An-, Um- und Abmeldungen zeigen, dass sie am 19. November 1941 zu zweit ein Zimmer ohne Küche in der Blattbinderstraße 7a/7 zugewiesen bekamen. Im folgenden August zogen sie in ein anderes Zimmer innerhalb des Hauses zu 6 (!) weiteren Personen. Wenige Tage später, am 24. August 1942, verstarb Erich Kohn. Edith Kohn wurde im September 1942 in das Vernichtungslager Chelmo deportiert und dort ermordet.

Den hinterlassenen Hausrat lieferte die Firma Friedrich Wiese, Schäferkampsallee 16, am
15. Dezember 1941 beim Auktionshaus Elsas, Rödingsmarkt 82, an. Die Versteigerung erzielte einen Erlös von 2337,80 RM zu Gunsten des Deutschen Reiches.

© Hildegard Thevs mit Bettina Nathan

Quellen: 1; 3; 4; 5; StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, o. Sign. Mitgliederzählung der DIGH 1928; 390 Wählerverzeichnis 1930; 391 Mitgliederliste 1935; 922 e 2 Deportationslisten Bd. 1; AfW 180782; Archivum Panstwowe, Lodz; HA 1933 und 1938.

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