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Leonhard Weinberg * 1893

Grindelberg 90 (Eimsbüttel, Harvestehude)


Weitere Stolpersteine in Grindelberg 90:
Werner Beit, Bertha Beit, Berl Beit, Louise Loevy, Sophie Loevy, Vera Neustadt, Paula Stoppelmann, Aron Adolf Stoppelmann

Leonhard Siegfried Weinberg, geb. am 10.4.1893 in Hamburg, wahrscheinlich zwischen dem 2. und 5.6.1942 in der Tötungsanstalt Bernburg an der Saale ermordet

Grindelberg 90

Leonhard Siegfried Weinberg wurde im Grindelviertel geboren. Seine Eltern waren der jüdische Kaufmann Siegfried Weinberg und dessen Frau Henny, geborene Gans, die zu dieser Zeit eine Wohnung im Haus Rutschbahn 17 bewohnten. Bereits drei Jahre zuvor war Leonhards ältere Schwester Ilse Helene geboren worden. In den Jahren vor Siegfrieds Heirat im Jahr 1889 lebte und arbeitete dieser als Agent am Großneumarkt in seiner eigenen, nach ihm benannten und seit 1881 existierenden Firma. Dort befand sich auch die elterliche Firma L.S. Weinberg Wwe., eine Agentur für Lotterie-, Fonds- und Wechselgeschäfte, die allerdings bis 1900 von Samuel Joseph Levy geführt wurde, dem zweiten Ehemann von Fanny Levy (geborene Horwitz, verwitwete Weinberg), Siegfrieds Mutter. Die 1869 geschlossene Ehe der beiden blieb kinderlos und in seinem Testament vermachte er seinen Besitz nicht nur seiner Ehefrau, sondern auch ihren drei Kindern aus erster Ehe mit dem Handelsmann Levy Simon Weinberg. Leonhards Vater erbte nach Levys Tod 1898 nicht nur die stattliche Summe von 25000 Mark, sondern auch das Lotteriegeschäft des Stiefvaters. Siegfrieds Firmen waren bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs Tür an Tür in zwei Häusern mit den Nummern 73 und 75 in der Großen Reichenstraße untergebracht. Anschließend mietete er Geschäftsräume in der Königstraße, heute Poststraße, zwischen den Hohen und den Großen Bleichen in der Neustadt.

Die Familie lebte seit 1899 in einer Wohnung in der Klosterallee 13 zwischen Haller- und Hansastraße, einem Teil des Straßenzuges, der heute durch die Grindel-Hochhäuser überbaut ist. Zu Leonhard Weinbergs Jugend und Ausbildung liegen keine gesicherten Angaben vor, er dürfte jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit eine Kaufmannslehre im Betrieb seiner Eltern absolviert haben. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Soldat teil, jedoch anscheinend ohne an der Front gekämpft zu haben. Sein Vorgesetzter, Hauptmann Edmund Graffunder vom Infanterieregiment 48, schenkte ihm am Tag des Waffenstillstandes ein Porträtfoto in Uniform und dankte ihm in der Widmung für "treue und erfolgreiche Mitarbeit". Nach Kriegsende, Demobilisierung und der Rückkehr in seine Heimatstadt arbeitete Leonhard und unterstützte zunächst für kurze Zeit seinen Vater, nachdem seine Mutter Henny 1919 gestorben war. Siegfried Weinberg betrieb auch nach Kriegsende weiterhin zwei Firmen. In seinem Handelsgeschäft verkaufte er unter anderem Spiritus, Zucker, Schweizer Schokolade, Kondensmilch und Zement.

Leonhard machte sich im April 1920 als Versicherungskaufmann selbstständig, teilte jedoch weiterhin mit seinem Vater die Geschäftsräume im Kontorhaus "Ottoburg" in der Königstraße. Als Versicherungsmakler vermittelte er in erster Linie Transportversicherungen für See- und Binnenschiffe. Trotz der Währungs- und Wirtschaftskrisen, welche die Weimarer Republik in ihren Anfangsjahren erlebte, gelang es ihm, eine solide Existenz aufzubauen, was sich in seinen Kultussteuerzahlungen und vereinzelten Spenden an die Deutsch-Israelitische Gemeinde Hamburg niederschlug. 1923 verließ er die elterliche Wohnung in der Klosterallee und kaufte Anteile an der Isehaus GmbH, einer Wohnungsgesellschaft, die das Haus Grindelberg 90 direkt an der Ecke Isestraße/Grindelberg verwaltete. Er zog im 1.Stock in eine 74 Quadratmeter große Wohnung mit 4,5 Zimmern, Küche, Bad, separater Toilette, Speisekammer und einem Besenraum. Am 18. August des Jahres heiratete er die am 24. März 1897 geborene nichtjüdische Anita Wilhelmine Flebbe. Die Verbindung hielt allerdings nur drei Jahre und wurde am 28. August 1926 geschieden. Leonhards Schwester Ilse Helene starb 1931. 1933 verlegte Leonhard Weinberg sein Geschäft ins Kontorhausviertel der Hamburger Altstadt. Für zwei Jahre befand es sich im Haus Hubertus in der Burchardstraße 24. 1935 verlegte er seine Geschäftsräume in seine Wohnung am Grindelberg.

Am 10. November 1938 wurde Leonhard Weinberg im Zuge des Novemberpogroms festgenommen und im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert und am Tag darauf in das KZ Sachsenhausen bei Oranienburg überstellt. Untergebracht in Häftlingsblock 18 und mit der Nummer 8398 versehen, wurde er bis zum 23. Dezember festgehalten und dann auf Anweisung der Politischen Abteilung in der Lagerverwaltung entlassen. Leonhard Weinberg musste eine "Judenvermögensabgabe" von 4500 Reichsmark zahlen. Für viele Jüdinnen und Juden aus Hamburg und dem gesamten Deutschen Reich war die Flucht ins Ausland die einzig logische Konsequenz der Ereignisse des Novemberpogroms und den sich immer weiter verschärfenden Diskriminierungen. Für Leonhard Weinberg schien diese Option trotz vorhandener Geldmittel und weiterhin stabiler Einkünfte aus den über Jahre laufenden Versicherungspolicen jedoch nicht in Betracht zu kommen. Ein Grund dafür dürfte sein Vater gewesen sein, der sein Handelsgeschäft bis 1937 an wechselnden Adressen weitergeführt hatte und schließlich kurz vor seinem 78. Geburtstag ins jüdische Altenheim in der Sedanstraße zog. Dort starb er am 26. März 1940. Zuvor war Siegfried Weinberg am 3. Februar 1939 durch das Amtsgericht auferlegt worden, seine immer noch im Handelsregister eingetragene Firma L.S. Weinberg Wwe. streichen zu lassen. Er kam dieser Aufforderung umgehend und ohne Widerspruch nach, bemerkte jedoch in seinem Antwortschreiben, er könne die anfallenden Gebühren nicht zahlen, da er völlig mittellos sei.

Genau einen Monat nach dem Tod seines Vaters, im April 1940, erreichte Leonhard Weinberg und drei andere jüdische Bewohner bzw. Teilhaber des Hauses Grindelberg 90 – Minnie Ascher sowie Richard und Josef Meier – ein Schreiben der Verwaltung für Handel, Schiffahrt und Gewerbe in Hamburg, in welchem sie aufgefordert wurden, unter Berufung auf die Paragraphen 1 und 2 der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938, ihre Anteile an der Isehaus GmbH bis zum Ende des Folgemonats zu veräußern. Über den jüdischen Rechtskonsulenten Alexander Bachur legten die Betroffenen Beschwerde ein, da die Isehaus GmbH kein auf Gewinn ausgerichteter Betrieb sei, sondern einzig und allein der Unterhaltung der Liegenschaft diene und den Anteilseignern durch ihre Einlagen mietfreies Wohnen ermögliche. Es wurde zudem darauf verwiesen, dass es sich um keinen jüdischen Betrieb im Sinne der Verordnung handele, da keiner der Genannten in der Geschäftsführung tätig sei. Leonhard Weinberg war dort bereits im September 1938 ausgeschieden. Insgesamt besaßen die jüdischen Bewohner zum Zeitpunkt der Beschwerde lediglich 25 Prozent des Stammkapitals. Nach einer Prüfung wurde der Beschwerde stattgegeben.

Bereits im Juli 1940 geriet Leonhard Weinberg erneut ins Visier der Behörden. Diesmal war die "Entjudung" seiner Firma das Ziel. Das im Namen des Reichsstatthalters in Hamburg aufgesetzte Schreiben berief sich wieder auf Paragraph 1 der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 und trug Weinberg auf, seinen Gewerbebetrieb aufzugeben und bis zum Ende des Monats September abzuwickeln. Am 14. August legte Leonhard Weinberg abermals durch den "Konsulenten" Bachur Beschwerde ein. Bachur forderte darin, den Fall noch einmal eingehend zu prüfen und die Verfügung zurückzuziehen. Er führte an, dass Weinberg einer seit mehreren Generationen in Hamburg ansässigen Kaufmannsfamilie angehöre und Inhaber des Kriegsteilnehmer-Ehrenkreuzes sei. Der Beschwerde beigefügt waren zahlreiche Fotokopien: die Bürgereide seines Vaters und Großvaters, das Porträt seines Vorgesetzten aus dem Krieg samt Widmung, ein Empfehlungsschreiben des Direktors der Hamburger Allgemeinen Versicherungs AG, Henry J. Duve, in welchem er Leonhard Weinberg attestierte, ein Fachmann auf dem Gebiet der Transportversicherung zu sein und in allen Belangen stets vorbildhaft und ohne Beanstandungen gearbeitet zu haben, sowie ein Attest des Bezirks- und obersten Luftschutzarztes Moltrecht aus Eppendorf, aus dem hervorging, dass Weinberg an einer schweren Stoffwechselerkrankung, Herzschwäche, Nierensteinen, Schwerhörigkeit und "erheblichen nervösen Störungen" leide. Diesmal wurde die Beschwerde seitens des Reichswirtschaftsministers abgewiesen.

Am 26. August 1940 erreichte Leonhard Weinberg ein Schreiben der Fachgruppe Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler in der Wirtschaftsgruppe Vermittlergewerbe Berlin. Darin wurde er aufgefordert, seinen Mitgliedsschein unverzüglich zurückzugeben. Die Begründung lautete: "Nachdem wir Ihr Nichtariertum festgestellt haben, müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir Ihnen den bereits versehentlich ausgehändigten Ausweis für 1940 wieder entziehen müssen." Vorausgegangen war eine Mitteilung der Bezirksgruppe Nordmark, dass Weinberg den seit Januar 1939 vorgeschriebenen Vornamen "Israel" nicht im Firmennamen führe. Weinberg weigerte sich und verwies darauf, dass seine Firma unter diesem Namen im Handelsregister eingetragen sei und dass er laut Paragraph 3 Absatz 2 der zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familien- und Vornamen vom 17. August 1938 nicht dazu verpflichtet sei, diesen im Geschäftsverkehr auszuweisen. Weitere Maßnahmen vonseiten der Fachgruppe sind nicht überliefert.

Weniger Erfolg hatte hingegen seine Beschwerde bezüglich der Liquidierung seiner Firma. Am 30. September 1940 beantragte Alexander Bachur, zumindest die Frist zur Liquidierung bis zum 30. Juni 1941 zu verlängern und von der Einsetzung eines Treuhänders abzusehen. Die Verwaltung für Handel, Schiffahrt und Gewerbe setzte daraufhin umgehend den Versicherungskaufmann Fritz Plickert zur Prüfung der Verhältnisse in der Firma Weinberg ein, was bedeutete, dass diesem jederzeit uneingeschränkt Einsicht in die Geschäftsakten und Auskunft zu gewähren war. Nach eingehender Untersuchung durch Plickert wurde Bachurs Antrag nicht entsprochen und die Abwicklung bis zum 31. Dezember 1940 angeordnet. Als "Alternative" wurde Weinberg die Veräußerung seines Geschäfts an eine "arische" Firma angeboten.

Leonhard Weinberg entschied sich dafür seinen Betrieb an Henry Rughase, einen Versicherungsmakler aus Hamburg-Bergstedt, zu verkaufen, und reichte den Vertrag zur Genehmigung an die Verwaltung für Handel, Schiffahrt und Gewerbe ein. Die Genehmigung wurde versagt und Leonhard Weinberg im Januar aufgetragen, seinen Betrieb an Wilhelm Paschen zu veräußern. Gleichzeitig wurde der vormalige Prüfer Plickert zum Treuhänder berufen. Wiederum reichte Weinberg Beschwerde ein, da er den zuvor geschlossenen Vertrag mit Rughase als bindend ansah. Plickert verfügte ab März 1941 über die alleinige Zeichnungsbefugnis der Firma Weinberg und kontrollierte alle Geschäftsvorgänge. Auch hiergegen versuchte Weinberg mit einer Beschwerde an die Verwaltung für Handel, Schiffahrt und Gewerbe vorzugehen. Vergebens. Ende April erfolgte eine Hausdurchsuchung in seinen Geschäfts- und Privaträumen durch die Gestapo und die "Sicherstellung" aller Geschäftsakten. Weinberg erlitt dabei einen Schwächeanfall, woraufhin er in das Jüdische Krankenhaus in der Johnsallee eingeliefert wurde.

Vom Krankenbett aus verzichtete Weinberg auf die Abmachung mit dem Käufer Rughase und trat die Firma an Treuhänder Plickert ab – vorbehaltlich seiner finanziellen Ansprüche und unter der Maßgabe, dass sein Privatkonto wieder freigegeben und ihm alle seine Privatakten wieder ausgehändigt würden. "Sachbearbeiter" in dieser Angelegenheit war höchstwahrscheinlich der Gestapobeamte Walter Wohlers, dem Weinberg nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 12. Mai 1941 seinen weiterhin schlechten Gesundheitszustand und seine Erreichbarkeit meldete. Erstmals äußerte Leonhard Weinberg in seinem Verzichtschreiben die Absicht, das Deutsche Reich zu verlassen, ohne jedoch Ziel oder konkrete Maßnahmen zu nennen. Dafür erstellte er eine detaillierte Liste mit Akten und Material, die er für die Ausübung seines Berufes im Ausland benötigte, die aber immer noch beschlagnahmt waren. Ein Teil der Privatakten wurde ihm tatsächlich wieder ausgehändigt. Plickert behielt jedoch große Mengen an unbenutzten Schreibwaren bei sich.

Bei der Hausdurchsuchung wurde seitens der Gestapo erneut Weinbergs Wohnsituation zur Sprache gebracht. Er wurde angewiesen, zwei seiner Räume abzugeben. Bei einer anschließenden Besichtigung mit dem Wohnungskommissar Stelling teilte er diesem mit, dass er beabsichtige zu heiraten, weswegen die Angelegenheit zunächst vertagt wurde. Die Heirat kam jedoch nicht zustande, da die Braut von der Verlobung zurücktrat, obwohl bereits das Aufgebot bestellt war. Leonhard Weinberg versuchte sofort eine andere Heirat in die Wege zu leiten. Die Namen beider Verlobten sind unbekannt und letzten Endes hatte Weinberg die beiden Zimmer abzugeben.

Im Mai ersuchte Leonhard Weinberg den Treuhänder Plickert, einige Überweisungen zur Begleichung seiner Krankenhauskosten zu unterzeichnen, was dieser jedoch mit der Begründung ablehnte, dass die aus der treuhänderischen Bearbeitung der Firmengeschäfte erwachsenen Kosten noch nicht absehbar seien und für Weinbergs private Ausgaben nur ein geringer Betrag zu Verfügung stehe. Am 22. Mai 1941 wandte sich Weinberg an den "Konsulenten" Bachur mit der Bitte, nochmals bei Plickert eine Freigabe des Privatkontos zu erwirken und die Überweisungen vorzunehmen. Er informierte Bachur, dass er keinen Pfennig mehr besitze und sich bereits Geld leihen müsse. Schon gegen Ende des Vorjahres war Weinberg nicht mehr in der Lage gewesen, die Beiträge für die Mitgliedschaft im Jüdischen Religionsverband zu zahlen. Gleichzeitig wurde seitens des Reichswirtschaftsministers auch Weinbergs Beschwerde aus dem Januar endgültig abgelehnt.

Am 14. Juni 1941 wurde der Kaufvertrag zwischen Paschen und Plickert geschlossen. Er enthielt unter anderem folgende Klauseln: Übertragung des Versicherungsbestandes, Verzicht Weinbergs auf das Rücktrittsrecht vom Vertrag, sowie Verzicht auf Einflussnahme und Kontakt zu seinen ehemaligen Kunden. Am 24. Juni wurde Leonhard Weinberg über die Veräußerung des von ihm verwalteten Versicherungsbestandes informiert. Am 2. Juli 1941 forderte er zunächst bei Plickert und eine Woche später nochmal bei der Verwaltung für Handel, Schiffahrt und Gewerbe eine Abschrift des Vertrages zur Einsicht.

Wenige Tage später lud die Gestapo Leonhard Weinberg vor und verhaftete ihn anschließend. Am 12. August wandte sich "Konsulent" Bachur an den Jüdischen Religionsverband in der Beneckestraße – in der Hoffnung, dass dort eventuell jemand Informationen zu Leonhard Weinbergs Verbleib hätte und bot seine Hilfe bei der Klärung der Anschuldigungen an. Eine Rückmeldung seitens des Religionsverbandes auf Bachurs Anfrage ist nicht überliefert und lässt Raum für Spekulationen. Hatte sich Leonhard Weinberg einmal zu oft beschwert? Wurden seine Heiratspläne als Täuschungsversuch gewertet, um seine Wohnung halten zu können? Oder handelte es sich um einen reinen Willkürakt der Gestapo? Die wenigen erhaltenen Dokumente geben darauf keine Antwort.

Eine Häftlingsliste weist Leonhard Weinberg als Häftling des Referats II B 2, also des "Judenreferats" der Gestapo aus. Am 11. September 1941 wurde er vom Polizeigefängnis Fuhlsbüttel ins KZ Neuengamme überstellt und erhielt dort die Häftlingsnummer 06053. Es ist anzunehmen, dass Leonhard Weinberg nach seiner Ankunft wie die meisten anderen jüdischen Insassen einem Arbeitskommando zur Ausschachtung der Dove-Elbe zugeteilt wurde und er körperlich äußerst anstrengende Zwangsarbeit leisten musste. Mit großer Sicherheit wurde er schließlich Mitte 1942 ein Opfer der "Euthanasie"-Aktion "14 f 13". Im Frühjahr 1942 bereiste eine Ärztedelegation reichsweit verschiedene Konzentrationslager zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit der Häftlinge, um die für den Arbeitseinsatz ungeeigneten anschließend auszusondern und zu ermorden. Verzögert durch eine im Lager grassierende Flecktyphusepidemie nahmen die Ärzte ihre Arbeit im KZ Neuengamme erst im April 1942 auf. Die erhaltenen Laboruntersuchungsbücher des Krankenreviers weisen für Leonhard Weinberg eine Urinuntersuchung am 23. April aus, die jedoch ohne Befund vermerkt wurde. In den meisten Fällen entschieden die Ärzte nach Aktenlage, wobei jedoch überdurchschnittlich viele Juden ausgewählt wurden.

Die betroffenen Häftlinge, 295 an der Zahl, kamen daraufhin in einen gesonderten Block und wurden in den ersten Junitagen 1942 nach Bernburg an der Saale in die dortige Tötungsanstalt gebracht und mit Gas ermordet.

Die durch den SS-Unterscharführer Wilhelm Brake ab dem 5. Juni durchgeführten Nachtragungen ins Sterberegister des konzentrationslagereigenen Standesamtes erfolgten in alphabetischer Reihenfolge mit jeweils zwei Personen pro Tag. Am 26. Juni war Brake schließlich beim Namen Weinberg angelangt. Das Todesdatum, das auch in den Stolperstein für Leonhard Weinberg graviert ist, entspricht nach den inzwischen erfolgten umfangreichen Recherchen nicht der Realität – vermutlich ebenso wenig wie die auf dem Meldeschein eingetragene Todesursache "Versagen von Herz und Kreislauf nach chron. Magen- und Darmkatarrh".

Stand: Juli 2017
© Thomas Rost

Quellen: 1; 3; 4; 7; Hamburger Adressbücher 1890–1941; StaH 213–8 451a E 1, 1c; StaH 231–7 B 1955–290; StaH 232–3 H 18868; StaH 331–3 Ablieferung 15 Band 2; StaH 332-5 47035 und 47037; StaH 351-11 52826; StAH 621–1/82 8 und 9; Garbe: Jüdische Häftlinge, S.163–166; Römmer: "Sonderbehandlung 14f13", S. 209–211; Schreiben der KZ–Gedenkstätte Neuengamme vom 16. und 23.12.2015 und vom 18.2.2016; Schreiben der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen von 20.1.2016.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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