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Bereits verlegte Stolpersteine



Gertrud Rosenbaum
Gertrud Rosenbaum
© Yad Vashem

Gertrud Rosenbaum * 1898

Isestraße 61 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1941 Lodz
1942 ermordet in Chelmno

Weitere Stolpersteine in Isestraße 61:
Josepha Ambor, Else Baer, Hedi Baer, Ingrid Baer, Joseph Baer, Minna Benjamin, Rosalie Benjamin, Emma Dugowski, Henriette Dugowski, Hermann Dugowski, Ida Dugowski, Moritz Dugowski, Wanda Dugowski, Selly Gottlieb, Heinrich Ilse, Ella Meyer, Max Meyer, Otto Meyer, Gregor Niessengart, Sophie Philip, Michael Pielen, Edmund Sonn

Gertrud Rosenbaum, geb. 22.2.1898 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert

Isestraße 61

Gertrud Rosenbaum arbeitete als Jugendleiterin im Jüdischen Volksheim in der Wohlers Allee 58 in Altona. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts lebten über zweitausend Juden in Altona. Nach dem Ersten Weltkrieg flohen viele Juden aus politischen und wirtschaftlichen Gründen aus östlich gelegenen Ländern nach Deutschland. Während ihnen Hamburg die Einreise verweigerte, fanden Viele in Altona, das vor 1937 noch nicht zu Hamburg gehörte, eine neue Bleibe.

Gertrud Rosenbaum kümmerte sich als Jugendleiterin um die Kinder jüdischer Migranten, die häufig auch als "Ostjuden" bezeichnet wurden. Im Jüdischen Volksheim arbeitete sie zusammen mit einem Lehrer, einer Hauswirtschafterin und mehreren Praktikantinnen. Bis zu 60 Kinder konnten dort lernen, essen und spielen. Im Keller gab es Waschmöglichkeiten. Dem Jüdischen Gemeindeblatt ist zu entnehmen, dass Gertrud Rosenbaum auch Vorträge hielt, so beispielsweise im Februar 1929 zum Thema "Elternhaus und Hort". Den Vortrag hatte der Frauenbund für ehrenamtliche Mitarbeiter in der Wohlfahrtspflege unter der Leitung von Sidonie Werner organisiert.

Nach dem Beginn der nationalsozialistischen Diktatur 1933 wurden die finanziellen Mittel für das Jüdische Volksheim immer weiter gekürzt, während die Not in den eingewanderten jüdischen Familien immer größer wurde. Mit großem persönlichem Einsatz versuchte Gertrud Rosenbaum Abhilfe zu schaffen. Die antijüdischen Gesetze und die Zusammenlegung von Hilfsorganisationen führten jedoch dazu, dass das Volksheim in der Wohlers Allee schließen musste.

Der Kinderhort wurde in die Grünestraße verlegt. Im Oktober 1936 erhielt Gertrud Rosenbaum die Kündigung. Danach ging sie für kurze Zeit nach Berlin, kam allerdings nach Hamburg zurück. Mehrmals hatte sie die Wohnung gewechselt. Ihr Bruder, Dr. Eduard Rosenbaum, ein Wirtschaftswissenschaftler, unterstützte seine Schwester von London aus mit einer monatlichen Zuwendung. Die Hälfte des Betrages gab sie an ihren Vater, Samuel Rosenbaum, weiter, der in der Klosterallee 24 im I. Stock, vermutlich in der Pension von Grete Marcus wohnte. Nach deren Deportation nach Riga am 6.12.1941 wurde die Pension geschlossen. Samuel Rosenbaum zog in den Laufgraben 37 um, einem Altenheim der jüdischen Gemeinde. Wenige Wochen später, am 5. Februar 1942 starb Samuel Rosenbaum. Er wurde neben seiner am 26.10.1935 verstorbenen Ehefrau Minna, geb. Marcus, auf dem Jüdischen Friedhof Hamburg Ilandkoppel beerdigt.

1938 mussten die polnisch-jüdischen Einwanderer im Zuge der sogenannten Polenaktion Deutschland verlassen. Gertrud Rosenbaum kannte viele dieser abgeschobenen Menschen von ihrer Arbeit her persönlich. Im April 1939 zog Gertrud Rosenbaum in die Isestraße, wo sie bei der Familie Max Meyer zur Untermiete wohnte, bis sie nach Lodz deportiert wurde. Laut Deportationsliste meldete sie sich "freiwillig". In der Liste ist als Beruf "Fabrikarbeiterin" vermerkt, vermutlich ein Hinweis darauf, dass sie vor der Deportation Zwangsarbeit in einer Hamburger Fabrik leisten musste.

Im Getto Lodz wurde ihr ein Wohnplatz in der Hohensteiner Straße 43 zugewiesen. Als eine der wenigen Hamburger Juden fand sie Arbeit als Lehrerin. Im Getto konnte die von den Lagerbewohnern organisierte Schule jedoch nicht lange aufrechterhalten werden. Nach Plänen der nationalsozialistischen Gettoaufsicht sollten die älteren Kinder arbeiten, die jüngeren ermordet werden. Jedenfalls durfte Gertrud Rosenbaum nicht weiterarbeiten und verlor damit auch die Möglichkeit, ihre Lebenszeit im Getto durch Arbeit zu verlängern. Im Mai 1942 wurde sie im Vernichtungslager Chelmno mit Giftgas erstickt.

Gertrud Rosenbaums Geschwister Max (1886-1967), Eduard (Dr. phil.) (1887-1979), Elsa (1889-1982) und Erich (1891-1954) überlebten den Holocaust im Ausland.

Ihr Bruder Albert, geb. 1888, war im Jahr 1934 nach Holland geflohen. Er wurde am 6. Juli 1943 vom Internierungslager Westerbork aus in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und am 9. Juli 1943 ermordet. An Albert Rosenbaum erinnert ein Stolperstein am Heidberg 65 in Hamburg-Winterhude.
Gertruds Bruder Max Rosenbaum (später Rozenbaum) hat im Jahr 1955 Gedenkblätter für Gertrud und Albert Rosenbaum in der Gedenkstätte Yad Vashem hinterlegt.

Stand: Dezember 2022
© Maike Grünwaldt/Christina Igla

Quellen: 1; 4;5; 8; StaH, 621-1 Firmen; StaH, 522-1 Jüd. Gemeinden, Sa 1224; Jürgen Moysich, Wohlers Allee 58: Zur Geschichte des ehemaligen jüdischen Volksheims, Hamburg 1996; Jens Michelsen, Jüdisches Leben in der Wohlers Allee, Hamburg 1993; Gordon J. Horwitz, Gettostadt, Cambridge 2008, S. 192f.; www.geni.com, www.ancestry.de; https://agora.sub.uni-hamburg.de/ (Hamburger Adressbuch online) www.yad-Vashem.org(alle abgerufen am 02.12.2022) Grabregister des Jüdischen Friedhofs Hamburg Ilandkoppel. "Spätes Gedenken-Ein Geschichtsverein erinnert sich seiner ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder" Hrsg. Joist Grolle und Andreas Schmoock, Edition Temmen, 2009, Seiten 137-157, 239.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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