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Emil Demrath
Emil Demrath
© Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf

Emil Demrath * 1916

Ausschläger Billdeich Ecke Billstraße (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)


HIER WOHNTE
EMIL DEMRATH
JG. 1916
EINGEWIESEN 7.8.1943
’HEILANSTALT’ EICHBERG
ERMORDET 2.12.1943
’HEILANSTALT’ HADAMAR

Emil Demrath, geb. 15.5.1916 in São Paulo, ermordet am 2.12.1943 in der "Landes­heilanstalt" Hadamar/Nassau

Ecke Ausschläger Billdeich/Billstraße (Ausschläger Billdeich 10)

13 Jahre nach seiner ersten Aufnahme in den damaligen Alsterdorfer Anstalten heißt es über Emil Demrath: "Stets ruhig und freundlich, macht keine Schwierigkeiten, führt jeden Auftrag aus, soweit er dazu in der Lage ist. Hilft meist hilfsbedürftigen Mitpatienten. Fährt sie aus, macht ihnen kleine Handreichungen, zieht sie an und aus. An Körper und Kleidung sauber. Appetit gut." Vielleicht wurde Emil Demrath wegen seiner Hilfsbereitschaft anderen gegenüber für den ersten Transport von Bewohnern der ehemaligen Alsterdorfer Anstalten ausgewählt, die zu deren "Entlastung" im August 1943 verlegt wurden.

Emils Vater Eugen Demrath arbeitete für die Hamburger Firma Frey & Co. in São Paulo und war mit Agnes, geb. Reger, verheiratet. Als ihr einziges Kind wurde Emil dort am 15. Mai 1916 geboren und am 3. Dezember 1916 in der deutschen Gemeinde in São Paulo getauft. Schon früh zeigten sich körperliche Eigenarten: Emil war grazil, hielt den Kopf zur linken Seite geneigt und schielte mit dem linken Auge nach außen, seine Hände waren in ständiger Bewegung; vielleicht hatten Komplikationen bei der Geburt einen Hirnschaden bewirkt.

Am 16. August 1916 starb der Vater an einem Krebsleiden. Die Mutter reiste mit Emil zu Verwandten nach Hamburg, erhielt vom Arbeitgeber ihres Mannes eine Rente und wohnte zur Untermiete am Ausschläger Billdeich 10 in Rothenburgsort. 1922 entschloss sie sich, Emil in die damaligen Alsterdorfer Anstalten zu geben. Auffälligste Merkmale an ihm waren seine Magerkeit und die deutlich kleinere linke Gesichtshälfte. Nach nur fünf Monaten Aufenthalt nahm Agnes Demrath ihren Sohn wieder zu sich. Aufgrund seiner unkontrollierten Bewegungen, der Athetose, und seines geistigen Rückstands übergab sie ihn erneut am 7. April 1923 der Anstalt. Sie selbst zog in die Bürgerweide um.

Emil wurde als nicht bildungsfähig im Sinne formaler Schulbildung eingestuft, arbeitete aber in der Webwerkstatt und half umsichtig seinen Mitpatienten. 1936 fand man als Ursache seiner Athetose eine nicht näher bestimmte Erkrankung des Mittelhirns. Im selben Jahr und noch einmal 1941 wurde seine Wehruntauglichkeit festgestellt, womit er ganz aus dem Wehr­pflichtverband ausschied.

Agnes Demrath hielt engen Kontakt zu ihrem Sohn, holte ihn zum Spazierengehen ab und ließ ihn häufig zu sich nach Hause beurlauben. Emil überzog mehrfach den Urlaub, was jedoch für ihn als ruhigen und gutmütigen Patienten keine Konsequenzen nach sich zog. Die schweren Luftangriffe im Juli/August 1943 auf Hamburg beendeten den Kontakt. Agnes Demrath wurde in Borgfelde ausgebombt und nach Breddin in der Ostprignitz evakuiert, Emil Demrath am 7. August 1943 in die Heil- und Pflegeanstalt Eichberg im Rheingau verlegt. Am 17. Januar 1944 erbat seine Mutter bei der Leitung der ehemaligen Alsterdorfer Anstalten Auskunft über ihren Sohn. Man informierte sie über dessen Verlegung. Doch zu diesem Zeitpunkt lebte er schon nicht mehr. Er war im Oktober 1943 in die "Heil- und Pflegeanstalt Hadamar" verlegt und dort am 2. Dezember 1943 ermordet worden. Emil Demrath wurde 27 Jahre alt.

© Hildegard Thevs

Quellen: Ev. Stiftung Alsterdorf, Archiv, V 110; Jenner, Meldebögen; Wunder, Abtransporte; ders., Exodus.

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