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Max Anton Schlichting * 1907

Hinterm Graben 11 (Bergedorf, Bergedorf)


hingerichtet am 24.3.1945 in Bützow-Dreibergen

Max Schlichting, geb. 8.2.1907 in Bergedorf, hingerichtet am 24.3.1945 in Bützow-Dreibergen

Hinterm Graben 11

Max Schlichting war das Kind von Wilhelm Schlichting und seiner Frau Ida, geb. Mordacht. Er hatte sechs Schwestern, eine Halbschwester und einen Bruder. Der Beruf des Vaters ist im Bergedorfer Adressbuch von 1908 mit "Arbeiter" angegeben. Zu diesem Zeitpunkt lebte die Familie in Bergedorf unter der Adresse Hinterm Graben 11.

Nach Abschluss der Schule, die er nach späterer Aussage seines Anwalts nur un­ter Schwierigkeiten absolvierte, arbeitete er zunächst in der Landwirtschaft, später als ungelernter Arbeiter in verschiedenen Stellen, zuletzt als "Kohlenarbeiter" in Altona. Während der Weimarer Republik lebte er in Bergedorf und geriet ab und zu wegen kleinerer Delikte mit dem Gesetz in Konflikt, so zum Beispiel 1931, als er wegen Diebstahls von "7qm Holz" zu zwei Wochen Gefängnis auf Bewährung und 20 Mark Schadenersatz, zu zahlen in Monatsraten à 5 Mark, verurteilt wurde. Da er die geforderte Geldleistung nicht erbrachte, musste er die Gefängnisstrafe im Dezember 1931 absitzen.

Auch im November 1931 war er der Bergedorfer Obrigkeit aufgefallen. Er hatte sich offenbar inzwischen der KPD angeschlossen und wurde festgesetzt, als er mit einer Klebekolonne dieser Partei zum Plakatieren unterwegs war. Das verstieß gegen eine Verordnung des Reichspräsidenten Hindenburg vom 28. März 1931, in der bestimmt wurde, dass Plakate politischen Inhalts den Behörden 24 Stunden vor Anschlag zur Kenntnis vorgelegt werden mussten. Die Gruppe wurde festgenommen, es kam zu einem weiteren Verfahren, das für die meisten Beteiligten mit einer Strafe von 3 Tagen Gefängnis und 15 Mark Strafe endete. Max Schlichting erhielt das doppelte Strafmaß, weil er sich schon zum zweiten Mal bei einer solchen Aktion hatte erwischen lassen.

Danach wechselte er oft den Arbeitsplatz und lebte allein zur Untermiete. Zur Zeit des Diebstahl-Verfahrens von 1931 war als Adresse noch "Hinter den Querstraßen 10, bei der Mutter" (heute Achterdwars) angegeben, zum Zeitpunkt des zweiten Verfahrens lautete seine Anschrift "Am Pool 4, bei Thießen".

In den folgenden Jahren zog er von Bergedorf nach Hamburg und schlug sich dort mit verschiedenen Jobs wohl eher schlecht als recht durchs Leben. Er wohnte weiter zur Untermiete, so sind die Adressen "Lindenstraße 54, bei Krug" (St. Georg) und "Kurze Straße 4, bei Wendlandt" (Neustadt) überliefert. 1939 lief ein Verfahren gegen ihn wegen des Verdachts, erneut Flugblätter der KPD verteilt zu haben, das aber wohl nicht mit einer Verurteilung endete. Da er wegen eines Augenleidens nur als "bedingt tauglich" galt, wurde er bei Kriegsausbruch nicht zum Militär eingezogen. Im Oktober 1940 erhielt er wegen "Trunkenheit als Fußgänger" eine Strafe von 5 Tagen Haft auf Bewährung. Im gleichen Jahr lief auch ein Verfahren wegen "Arbeitsvertragsbruch" gegen ihn. Ein Erlass "betr. Maßnahmen gegen die Arbeitsuntreue" vom 14. Juni 1940 mag dazu die Grundlage geliefert haben. Welches "Vergehen" Max Schlichting zur Last gelegt wurde, wird aus den Unterlagen im Staatsarchiv nicht deutlich, offenbar kam es zu keiner Verurteilung. Im Juli 1941 wurde er wegen "Verletzung der Volksdienstpflicht" zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Hamburg absaß.

Zum letzten und für Max Schlichting katastrophalen Zusammenstoß mit der NS-Justiz kam es am Nachmittag des 7. Juni 1944, einen Tag nach Beginn der alliierten Invasion in der Normandie. Die Invasionstruppen waren den deutschen Besatzern in Frankreich militärisch überlegen und leiteten so die Niederlage NS-Deutschlands von Westen her ein. In der Sowjetunion begann am 22. Juni die Sommer-Offensive der Roten Armee, die deutsche Heeresteile im Osten band, sodass die Westfront von deutscher Seite nicht verstärkt werden konnte.

Der Aufwand, der in Hamburg vom 7. Juni an betrieben wurde, um den "gemeingefährlichen Wehrkraftzersetzer" Max Schlichting unschädlich zu machen, wirkt wie ein absurder Kommentar zum weiteren Kriegsverlauf an der Westfront. Henry Helms, ein durch besondere Brutalität berüchtigter Kriminalsekretär der Gestapo, war an diesem Tag undercover unterwegs, verkleidet als Hafenarbeiter. Zwei weitere Spitzel, Alfons Pannek und Helene Müller (auch als Helene Reimers aktiv), waren ebenfalls im Einsatz. Ziel der Aktion war die Verhaftung des Kommunisten Heinz Nilsson, eines aktiven Mitglieds der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe, dem Pannek auf die Spur gekommen war. Die Observierung von Nilsson spielte sich im Bereich des Großneumarkts ab. Nur wenige hundert Meter nördlich, in der Kurze Straße, wohnte zu diesem Zeitpunkt Max Schlichting.

Im Zuge des Einsatzes suchte Helms das Toilettenhäuschen auf dem Großneumarkt auf. Da gerade ein heftiger Regenschauer niederging, befanden sich, nach dem von Helms verfassten Bericht über den Vorfall, ungefähr zehn Personen in dem Häuschen, darunter ein Fronturlauber. Dieser und ein Zivilist unterhielten sich über die Kriegslage nach der Landung der Amerikaner in der Normandie und äußerten sich zuversichtlich über den Kriegsausgang. Helms fiel ein Mann – Max Schlichting – auf, der offenbar gegenteiliger Meinung war und sich in die Unterhaltung einschaltete: "Ich habe eine ganz andere Mitteilung über die Stärke der deutschen Truppen im Westen erhalten. Es sind nur wenige Truppen dort. Alle 10 km steht ein Geschütz ... Den Amerikaner können wir nie besiegen, der ist viel zu stark ... was haben wir denn jetzt für Zeiten, nach 1918 hatten wir gute Zeiten. Damals hatten wir jedenfalls genügend zu essen, im Gegenteil zu heute."

Der Zivilist, ein Parteimitglied namens Weiss, nahm dagegen Stellung, aber der Fronturlauber zeigte sich laut Helms von den "zersetzenden Äußerungen ... beeindruckt". Nun griff Helms ein: Er gab sich als Gestapomann zu erkennen und nahm Schlichting fest. Während der Festnahme entfernte sich der Front­ur­lauber. Helms‘ Begründung für die Festnahme: "Die zersetzenden Äußerungen des Schlichting sind als äußerst gefährlich anzusehen und wiesen kommunistische Tendenzen auf." Nachdem er Schlichting im Polizeigefängnis Hütten, ebenfalls in der Neustadt gelegen, abgeliefert hatte, setzte er seinen eigentlichen Einsatz fort. Heinz Nilsson wurde noch am selben Tag festgenommen. (Er wurde schwer misshandelt, überlebte aber die Haft.)

Am 8. Juni 1944 untersuchte Helms das Zimmer von Max Schlichting in der Kurze Straße. Er fand kein belastendes Material, protokollierte aber eine Denunziation: "Der anwesende Vermieter, Wendlandt, teilte mit, dass er froh sei, den Schlichting endlich los zu werden. Schlich­ting sei ein vollkommen asozialer Mensch, der wenig Lust zum Arbeiten hat, und dessen Zimmer immer wie ein Dreckstall aussehe."

Im von Helms protokollierten Verhör vom 14. Juni 1944 gab Max Schlichting an, er sei 1930 ein halbes Jahr Mitglied der KPD gewesen und habe sich danach nicht mehr politisch betätigt. Und: "Mit der heutigen Staatsführung bin ich nicht einverstanden."

Diesen Satz hat Max Schlichting später bestritten, während er den Inhalt des Gesprächs in der Bedürfnisanstalt Großneumarkt im Wesentlichen bestätigte. Zur Erläuterung seiner Äußerung zu Deutschlands Kriegsaussichten gab er an, er habe nur wiedergegeben, was er am Tag zuvor aus einem Gespräch zweier Reisender auf einer Zugfahrt von Bergedorf nach Hamburg aufgeschnappt habe.

Vom Hütten-Gefängnis wurde Max Schlichting zunächst als "Schutzhäftling" ins Konzentrationslager Fuhlsbüttel gebracht und am 12. Juli 1944 in das Hamburger Untersuchungsgefängnis verlegt. Wie es ihm in dieser Haftzeit und in den Verhören erging, wissen wir nicht. Allerdings existieren zahllose Berichte über die Misshandlung von Häftlingen im Verhör und in den Hamburger Haftanstalten und Konzentrationslagern. Über Henry Helms, der an brutalen Folterungen von politischen Gefangenen beteiligt war, berichtete seine ehemalige Sekretärin: "Jeden Tag musste etwas zum Erleben sein, sonst war es nicht richtig ... Mit einer geradezu fanatischen Begeisterung ging er an die Arbeit. Wenn nichts los war, fühlte er sich nicht wohl und suchte förmlich seine Opfer ... Da ja auch nach seiner Ansicht fast alles Todeskandidaten waren, war es ja auch egal, ob sie heute oder morgen abgeurteilt wurden." So kann man wohl davon ausgehen, dass auch Max Schlichting von Helms misshandelt oder gefoltert wurde. In seinem Schlussbericht fasste Helms die Vorwürfe, die inzwischen auch vom Zeugen Weiss bestätigt worden waren, noch einmal zusammen und ergänzte: "Bezeichnend ist, dass Schlichting bei seiner Festnahme keine Lebensmittelkarten mehr im Besitz hatte, obgleich die laufende Periode erst begonnen hatte. Nach seinen Angaben hatte er bereits die ganzen Karten verbraucht. Es muss aber angenommen werden, dass er die Karten verkauft hat."

Für das Gericht war das später ein Hinweis darauf, dass Schlichting sich in "fragwürdigen Kreisen" bewegt haben müsse, wo es möglich sei, sich auch ohne Lebensmittelkarten zu versorgen. In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen werden, dass Max Schlichting von Ursel Hochmuth ins Umfeld der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe eingeordnet wird, allerdings ohne weitere Erläuterungen. Möglicherweise war dafür der zeitliche Zusammenhang mit der Verhaftung von Heinz Nilsson verantwortlich. Die Gestapo hatte aber keinen Hinweis auf eine solche Verbindung, Helms betrachtete Schlichting ganz offensichtlich als "Zufallsfang". Für diese Sicht spricht, dass Schlichting sich einfach in der Nähe seines Wohnorts aufhielt, als er die fatale Äußerung tat. Von seiner Persönlichkeit her entsprach er wohl auch nicht dem Bild des ideologisch gefestigten und überlegt handelnden Genossen, den man mit schwierigen Missionen im Widerstand hätte betrauen können. Vielleicht aber hatte er tatsächlich seine Lebensmittelkarten weitergegeben oder verkauft – diese waren ein begehrtes Gut für alle, die sich im Untergrund bewegten und daher keine eigenen Marken hatten. Einen solchen Zusammenhang stellte die Gestapo jedoch nicht her.

Der Generalstaatsanwalt Stegemann am Hanseatischen Oberlandesgericht gab den Fall Schlichting mit dem Anklagevorwurf "Wehrkraftzersetzung" am 15. Juli 1944 an den Volksgerichtshof ab, der Gefangene wurde auf seine Anweisung hin "aus besonderem Anlass" nach Landsberg an der Warthe verlegt. Am 7. August gab der Oberreichsanwalt das Verfahren wieder zurück nach Hamburg. Am 15. August landeten französische und amerikanische Streit­kräfte in Marseille und zwangen das deutsche Militär auch von Süden her zum Rückzug, während die "Schlacht um Paris" am 25. August mit dem Sieg der alliierten Streitkräfte endete. Max Schlichting unternahm am 3. September von Landsberg aus einen Versuch, Strafaufschub zu erhalten, indem er sich bereit erklärte, sich sofort nach seiner Freilassung zum Kriegseinsatz zu melden. Dies wurde abgelehnt. Im November 1944 war das deutsche Heer bis an die Reichsgrenzen zurückgedrängt und Hitler versuchte, erfolglos, mit der Arden­nenoffensive im Westen eine Wende herbeizuführen.

Am 22. Dezember 1944 wurde Max Schlichting ins Untersuchungsgefängnis Hamburg überstellt, am 16. Januar 1945 fand die Verhandlung vor dem 1. Strafsenat des Hamburgischen Oberlandesgerichts (Senatspräsident Herr, Vorsitzender Oberlandesgerichtsrat Hostkotte, Beisitzer Landgerichtsrat Reuter, Staatsanwalt K. Wollmann) statt. Als Belastungszeugen traten Henry Helms und der Parteigenosse Weiss auf. Das Ergebnis war ein Todesurteil wegen "Feindbegünstigung und öffentlicher Wehrkraftzersetzung".

In der Urteilsbegründung wurde Schlichting wiederum als "gemeingefährlicher Kommunist" bezeichnet. Nun hatte er aber in der ihm vorgeworfenen Äußerung lediglich positive Erwartungen an die Amerikaner formuliert, denen wohl selbst die NS-Richter keine Nähe zum Kommunismus zutrauten. Wahrscheinlich deshalb tauchte in der Urteilsbegründung erstmalig ein vager Bezug zu Russland auf: "[...] er machte auch noch in Verbindung hiermit Ausführungen über Rußland, deren Inhalt die Zeugen einzeln nicht mehr erinnern." Das Gericht verneinte ausdrücklich das Vorliegen eines minderschweren Falles, da es sich bei dem Angeklagten um eine "Persönlichkeit mit kommunistischer, staatsfeindlicher und asozialer Gesinnung" handele. Er sei keiner geregelten Tätigkeit nachgegangen, habe sich womöglich in verbrecherischen Kreisen aufgehalten und sei einer Nachuntersuchung auf Kriegsdiensttauglichkeit "aller Wahrscheinlichkeit nach durch häufigen Wechsel seiner Unterkunft" ausgewichen. "Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, daß der Angeklagte im Falle innerer Unruhen oder eines Bürgerkrieges sofort auf seiten des Umsturzes aktiv mitwirken und, nach seinem äußeren Eindruck zu schließen, hierbei keinerlei Rücksichten kennen würde. Eine solche Existenz ist aber für die Volksgemeinschaft in Zeiten wie den jetzigen untragbar und muß aus derselben ausgeschieden werden." Trotz des hier zum Ausdruck gebrachten Vernichtungswillens gab es in den folgenden Wochen mehrere Versuche, die Vollstreckung des Todesurteils zu verhindern.

Schon einen Tag nach der Urteilsverkündung, am 17. Januar 1945, richteten Max Schlichtings Geschwister und ihre Ehepartner ein Gnadengesuch an die Staatsanwaltschaft. Dabei versuchten sie, etwas ungelenk, die Tat ihres Bruders mit seiner "Dummheit" zu erklären:

"Der Verurteilte ist ein Mensch von grenzenloser Dummheit, die mitunter den Gedanken aufkommen läßt, ob er überhaupt geistig ganz normal ist. Er ist nicht in der Lage, sich einen eigenen Gedankengang zu bilden, etwas zu kritisieren oder zu bemängeln. [...] Seine Dummheit gepaart mit dem Leichtsinn, ließen es zu, dass der Verurteilte sich des öfteren in Fälle verwickelte, die ein Mensch mit klarer Überlegung von sich gewiesen hätte. Dieses trieb ihn auch zu der K.P.D., der er nach Aufklärung, die er von Seiten seiner Verwandtschaft erhielt, den Rücken gekehrt hat. [...] Die eigene Initiative zu ergreifen, war der Verurteilte seinem Wesen nach kein Mann dazu. Seine Schulbildung ließ dieses nicht zu, machte ihm [sic] zu einem Menschen, der andere für sich denken ließ, und wurde zum Werkzeug anderer. Darauf sind auch seine defaitistischen Reden zurückzuführen. [...] Seine ganzen Geschwister, sechs Schwestern und einen Bruder treten daher an Sie heran mit der Bitte, ihren Bruder, Schwager und Onkel vor der Vollstreckung des Todesurteils zu bewahren und die Strafe in eine andere umzuwandeln. Heil Hitler"

Am 19. Januar reichte der Verteidiger, Rechtsanwalt Hermann Schwarz, ein weiteres Gnadengesuch ein. Auch er verfolgte die Strategie, die "Gemeingefährlichkeit" seines Mandanten mit Hinweis auf dessen "Dummheit" zumindest zu relativieren: "Schlichting ist von Natur aus beschränkt, was zur Folge hatte, dass er noch mit 14 Jahren in der Schule in der 5. Klasse war. Daraus ist zu entnehmen, dass er seine Tat mehr aus Dummheit als aus der Ab­sicht der Zersetzung getan hat. [...] Wenn Schlichting in stramme Erziehung in der Strafanstalt genommen würde, glaube ich sagen zu dürfen, dass dann noch ein ordentlicher Mensch aus ihm werden kann." Im Februar 1945 war klar, dass auch die Ardennen-Offensive nicht geeignet war, den amerikanischen Vormarsch im Westen zu stoppen.

Am 18. März 1945 verfasste der Verurteilte in der Haftanstalt Bützow-Dreibergen selbst noch ein weiteres Gnadengesuch: "Da ich am 16.1.45 bei meinen Urteil völlig zusammen brach und ich nicht fähig war, meine Sache zu verteidigen, möchte ich Sie meine Sache noch einmal schriftlich mitteilen wie ich zu den Äußerungen gekommen bin." Er schilderte erneut, wie er die Äußerungen über die Invasion der Amerikaner und die Verteidigungsaussichten dagegen in der Bahn auf der Fahrt von Bergedorf nach Hamburg gehört habe, dies habe er "ohne Überlegung" in der Bedürfnisanstalt am Großneumarkt wiedergegeben. Keinesfalls habe er etwas gegen die heutige Staatsführung, schließlich sehne auch er den Sieg herbei, sonst habe er eine liebe Schwester mit ihren beiden Kindern im "Terror Angriff am 28. Juli 1943 in Hammerbrook ja umsonst verloren". Aber auch seine Bitte: "Ich bitte Sie, mir doch Gnade zu schenken und mir das Leben zu schenken ich werde beweisen, das Sie keinem Unwürdigen das Leben schenkten" sollte kein Gehör finden.

Bereits am 28. Januar hatte der Vorsitzende des 1. Strafsenats, Herr, befunden: "Bei der klaren Sachlage kann das Gericht ein Gnadengesuch nicht befürworten." Danach wurde das Urteil auf bürokratischem Wege unaufhaltsam der Vollstreckung nähergebracht. Am 3. Februar bekundete der Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann mit Unterschrift und Stempel seine Zustimmung. Die förmliche Anordnung zur Vollstreckung folgte am 21. Februar durch den Reichsminister der Justiz. Am 24. März 1945 wurde Max Schlichting in der Haftanstalt Bützow-Dreibergen enthauptet.

© Ulrike Sparr

Quellen: StaH 242-1 II, Abl. 13, Gefangenenkartei Männer; StaH 213-11 A 17506/31; StaH 213-11 A 10107/32; StaH 213-9, Abl. 2003/1 OJs 245/44; StaH 741-4 Fotoarchiv, K 4887; Bergedorfer Adressbuch, 1908; Meyer, Gertrud, Nacht über Hamburg, Frankfurt/M. 1971; Ursel Hochmuth, Gertrud Meyer, Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand, Frankfurt/M. 1980; Ursel Hochmuth, Niemand und nichts wird vergessen, Hamburg 2005; Alfred Dreckmann, In Bergedorf war alles genauso, Hamburg, 2004 (Schlossheft Nr. 9); Gerhard Werle, Justiz-Strafrecht und polizeiliche Verbrechensbekämpfung im Dritten Reich, Berlin 1989, S. 210–212, 606 Anm. 9.

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