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Eduard Duckesz
© Yad Vashem

Eduard Duckesz * 1868

Königstraße 10a (Jüdischer Friedhof) (Altona, Altona-Altstadt)


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EDUARD DUCKESZ
RABBINER
JG. 1868
FLUCHT 1938
HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 6.3.1944

Eduard Jecheskel Duckesz, geb. am 3.8.1868 in Ungarn, deportiert 1943 aus den Niederlanden nach Auschwitz, ermordet am 6.3.1944 in Auschwitz
Hanna de Lange, geb. Duckesz, geb. am 7.6.1895, Flucht nach Holland, interniert in Westerbork am 26.5.1943, deportiert nach Sobibor am 20.7.1943, dort ermordet

Biernatzkistraße 14 (Sonninstraße)
Königstraße 10 a (Jüdischer Friedhof)

Eduard Duckesz, in Szelepszeny in Ungarn als Sohn von Yosef und Tereza Duckesz geboren, gehörte zu den orthodoxen Rabbinern, die aus dem Osten nach Deutschland kamen. Nach dem Studium in Bratislava war er zum Rabbiner ordiniert und 1891 mit 22 Jahren als Klausrabbiner und Mitglied des Rabbinatsgerichts nach Altona berufen worden. Ganz Rabbiner der alten Schule, wies er sich durch eine konservative Grundhaltung aus. In der jüdischen Gemeinde in Altona, die sich im Kern der Altstadt konzentrierte und eine Synagoge, Klaus-Gebetsräume, Gemeindeeinrichtungen wie Waisenhaus, Kindergarten, Altersheim und Verwaltung besaß, amtierte Duckesz als Prediger, Krankenhausseelsorger und stand dem Beerdigungs-Verein vor. In den Schul-, Wohlfahrts- und Kalenderkommissionen des Verbandes der jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins und der Hansestädte hatte er eine beratende Funktion. Im Ersten Weltkrieg engagierte sich Eduard Duckesz in der Militär- und Gefangenenfürsorge.

1936, nachdem der Altonaer Oberrabbiner Joseph Carlebach nach elfjähriger Tätigkeit in das Amt des Oberrabbiners in die Nachbargemeinde Hamburg übergewechselt war, wurde Duckesz zunächst die religiöse und geistige Leitung der Altonaer Gemeinde anvertraut, die er dann aber an den neu gewählten Oberrabbiner Theodor Weisz abgab. Beide bildeten zusammen mit dem Rabbiner Jacob B. Cohen das Rabbinatsgericht in Altona.

Vor allem machte Duckesz sich als Forscher und Gelehrter mit zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen verdient. Auf dem Gebiet der jüdischen Familienforschung leistete er Pionierarbeit, er verfasste genealogische und biographische Werke über alteingesessene Hamburger und Altonaer Familien, sein wichtigstes Werk war "Chachme AHW, Biographien und Grabsteininschriften der Dajanim, Autoren und der sonstigen hervorragenden Männer der drei Gemeinden Altona, Hamburg, Wandsbek", das in Hamburg im Jahre 1908 erschien. Auch publizierte er im Jahrbuch der Jüdisch-Literarischen Gesellschaft, im Gemeindeblatt der Deutsch-Israelitischen Gemeinde zu Hamburg und im Jahrbuch für die Jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins und der Hansestädte.

Eduard Duckesz war verheiratet mit Eva Sasel (oder Saxl), die 1868 im tschechischen Boskowitz geboren worden war. Das Ehepaar bekam fünf Kinder: Leo, geboren 1894; Hanna, geboren 1895; Max, geboren 1896; Michael, geboren 1902 und Esther, geboren 1904. Die Familie lebte seit dem 13. August 1901 in der Parterrewohnung Sonninstraße 14 (der heutigen Biernatzkistraße), in der Salomon Joseph und Marianne Hertz-Stiftung in der Altonaer Altstadt. Das Haus wurde im Krieg zerstört.

Nach der Pogromnacht am 9./10. November 1938 stellte Eduard Duckesz einen Auswanderungsantrag mit dem Reiseziel Niederlande, von dort wollte er weiter nach New York. Am 31. Dezember 1938 emigrierte er in die Niederlande. Aus einer seiner letzten Karten aus Amsterdam ging hervor, dass er wegen eines Unfalls ins jüdische Krankenhaus in Amsterdam eingeliefert werden musste. 1943 wurde er von den deutschen Besatzern im Durchgangslager Westerbork interniert und 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo er am 6. März 1944 im Alter von 75 Jahren ermordet wurde.

Seine Tochter Hanna, die am 7. Juni 1895 in Altona zur Welt gekommen war, heiratete am 8. September 1919 den vermögenden Kaufmann Jacob Rottenstein und zog zu ihm nach Leipzig. Am 13. Juli 1920 wurde der gemeinsame Sohn Manfred geboren. Noch im selben Jahr kehrte Hanna nach Altona zu ihren Eltern zurück und lebte fortan mit ihrem Sohn bei ihnen in der Sonninstraße 14. Später wurde ihre Ehe geschieden.

Laut Eintrag auf der Kultussteuerkarte reiste Hanna Rotten-stein (hier Rothenstein) am 29. November 1933 in die Tschechoslowakei. Offenbar hielt sie sich nur zeitweilig dort auf, denn nach Aussage des Zeitzeugen Siegmund Koppel im Verfahren zur Wiedergutmachung wohnte sie bis zu ihrer Auswanderung nach Holland bei den Eltern in Altona.

Ihr Sohn Manfred Rottenstein besuchte die Israelitische Gemeindeschule in Altona und wechselte im August 1931 in ein jüdisches Schülerheim nach Marburg. Nach einem kaufmännischen Lehrgang hätte er die chemische Fabrik seines inzwischen verstorbenen Vaters in Leipzig übernehmen sollen; die jüdische Firma wurde jedoch zwangsversteigert. Da er als Jude keine Lehrstelle bekam, nahm er von Juni 1935 bis April 1937 in Altona-Blankenese an einem Gartenbaulehrgang einer Hachschara-Ausbildungsstätte für Auswanderer nach Palästina teil. Anschließend war er in Lübeck in der Ausbildungsstätte Beth Chaluz, "Haus der Pioniere", und arbeitete bei einem Bauern. Es gelang ihm aber nicht, ein Zertifikat für die Ausreise nach Palästina zu bekommen. Ab 1938 musste er sich versteckt halten, bis er am 3. März 1939 ins englische Manchester entkommen konnte.

Hanna emigrierte in die Niederlande und heiratete am 22. August 1939 in Amsterdam den Rabbiner Georg de Lange. Ihr 19 Jahre älterer Mann stammte aus der holländischen Hauptstadt, wo er am 1. Juli 1876 geboren worden war. Das Ehepaar lebte dort in der Plantage Franschelaan 25. Hanna de Lange war als Hausfrau tätig.

1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Als die Nationalsozialisten am 2. Mai 1942 die "Kennzeichnungspflicht" für Juden einführten, waren auch die Eheleute de Lange zum Tragen des "Judensterns" verpflichtet. Ab Juli 1942 begann die Deportation der holländischen und der aus Deutschland immigrierten Juden und Jüdinnen. Die Aufrufe waren als Arbeitseinsätze getarnt; wer dem nicht folgte, lief Gefahr, bei den Großrazzien durch deutsche und niederländische Polizisten gefasst zu werden.

Am 26. Mai 1943 wurden Hanna und Georg de Lange im Durchgangslager Westerbork interniert, wo Hanna in der Baracke 57 Quartier fand. Ab Juli 1942 wurden aus Westerbork etwa 98.000 holländische und aus Deutschland geflohene Juden und Jüdinnen in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor, nach Theresienstadt und Bergen-Belsen deportiert. Hanna und Georg de Lange mussten am 20. Juli 1943 den Zug ins Vernichtungslager Sobibor besteigen, wo Schätzungen zufolge etwa 250.000 Menschen ermordet wurden. Im Oktober 1943 kam es zu einem Aufstand mit anschließender Massenflucht. Die Gefangenen, die nicht hatten fliehen können, wurden von der SS ermordet, das Lager dem Erdboden gleichgemacht. Hanna de Lange kehrte nie aus Sobibor zurück. Sie wurde mit Datum 23. Juli 1943 für tot erklärt, dem Ankunftstag des Zuges aus Westerbork. Auch ihr Mann Georg de Lange wurde in Sobibor ermordet.

Hanna de Langes Sohn Manfred emigrierte 1946 nach Palästina zu seinem Onkel und seiner Tante, Josef und Esther Rosenthal, geb. Duckesz.

Eduard Duckeszs Kinder Esther und Leo konnten 1936 nach Palästina fliehen. Michael entkam 1938 nach Argentinien. Max lebte seit 1924 in den Vereinigten Staaten.

Das Fotoarchiv von Eduard Duckesz befindet sich in Jerusalem.

Stand September 2015

© Birgit Gewehr

Quellen: 1; 4; 5; 8; StaH 332-8 Meldewesen, A 50/1 (= 741-4 Fotoarchiv, K 5000); StaH 332-5 Standesämter, 6289 (Eintrag Nr. 1708, Hanna Duckesz); StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 1411 (Rottenstein, Manfred); Schwarz, E. J. Duckesz; Blumenfeld, "Geistige Führer"; Digital Monument Joodse Gemeenschap in Nederland, www.joodsmonument.nl, Zugriff 5.7.2006; Auskunft Sobibor Foundation 29.7.2013; Auskunft Guido Abuys, Gedenkstätte Kamp Westerbork 1.8.2013.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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