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Dr. Hugo Salinger
© Yad Vashem

Dr. Hugo Salinger * 1866

Bogenstraße 25 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)

1942 Theresienstadt
ermordet am 8.8.1944

Weitere Stolpersteine in Bogenstraße 25:
Hermann Asser, Jettchen Asser, Ruth Meyer, Else Zimmack / Zimmak, Denny Zimmack / Zimmak

Dr. Hugo Salinger, geb. 5.4.1866 in Marienwerder, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben 8.8.1944
Regine Salinger, geb. Hirschberg, geb. 3.9.1875 in Marienwerder, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, von dort weiter deportiert am 15.5.1944 nach Auschwitz

Dr. Hugo Salinger wurde am 5. April 1866 als Sohn des Kaufmanns Carl Salinger und dessen Ehefrau Emma, geb. Lachmann, in Marienwerder (heute Kwidzyn) in Westpreußen geboren. Auch seine Ehefrau Regine (geb. 3.9.1875) war gebürtig aus Marienwerder. Ihre Eltern waren Elias und Rosalia Hirschfeld, geb. Lachmann. Hugo und Regine Salinger waren vermutlich Vetter und Cousine. Ihre Mütter hatten denselben Mädchennamen, was ein Gedenkblatt in Yad Vashem belegt. Dort scheint sich der Hinweis zwar auf die Eltern von Regine zu beziehen, aber das ist vermutlich eine irreführende Zuordnung.

Marienwerder war seit 1818 Kreisstadt und Sitz des gleichnamigen Regierungsbezirks, der das gesamte südliche Westpreußen umfasste. Als Hugo Salinger geboren wurde, hatte die Stadt etwa 65000 Einwohner.

Hugo Salinger besuchte in Marienwerder das Königliche Gymnasium und legte dort Ostern 1885 die Reifeprüfung ab. In seinem Zeugnis steht als Note bei jedem Unterrichtsfach "genügend", ein herausragend guter Schüler war er, trotz späterer Karriere, also nicht. Vom Turnen war er dispensiert, was vielleicht auf eine schwache körperliche Konstitution hindeutet. Im Zeugnis heißt es weiter "Sein Betragen war gut, sein Fleiß regelmäßig und angestrengt".

Als er Abitur machte, wollte er Arzt werden, änderte seine Pläne aber kurz darauf. Im Sommersemester 1885 trat er in die juristische Fakultät in Berlin ein. Ostern 1887 verließ er Berlin, um sein Studium in Greifswald fortzusetzen, kehrte aber nach einem Semester nach Berlin zurück. Schon im Mai 1888 bestand er beim Königlichen Kammergericht zu Berlin die erste juristische Prüfung.

Im Juli desselben Jahres begann er sein Referendariat im preußischen Staatsdienst und war zur Ausbildung in Tiegenhof, Danzig, Berlin und Marienwerder beschäftigt. In Berlin hatte er die Ausbildungsstation in einer Anwaltskanzlei absolviert, und zwar bei M. Kempner, Rechtsanwalt und Notar, in der Französischen Straße 9.

Nachdem Salinger 1892 die große juristische Staatsprüfung bestanden hatte, wurde er in Marien­werder zum Assessor ernannt und arbeitete in dieser Stellung vertretungsweise als Richter in Konitz, Graudenz, Elbing und Gollub. In Danzig war er am Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft tätig. Promoviert worden war er im Dezember 1895 in Greifswald cum laude. Seine Dissertation zu einem Thema aus dem Versicherungsrecht ("Über den Umfang des der Hypothek und Grundschuld verhafteten Objekts nach preußischem Recht") widmete er seiner Braut. Da er eigentlich auf eine Universitätslaufbahn gehofft hatte, setzte er das Studium nach seinem 2. juristischen Staatsexamen neben seiner Assessorentätigkeit im Hinblick auf eine spätere Dozentenkarriere fort.

1909 versuchte er, sich in Breslau zu habilitieren, allerdings ohne Erfolg. Möglicherweise hat seine jüdische Herkunft diese Pläne vereitelt. Im Justizdienst engagierte er sich dann später sehr für die Referendarsausbildung und verfasste 1908 dazu in der Juristischen Wochenschrift einen Beitrag.

Regine und Hugo Salinger haben im Juli 1898 geheiratet, nachdem Hugo sich beruflich etabliert hatte. Im April 1899 kam der einzige Sohn Hans Dietrich in Konitz (heute Chojnice) zur Welt.

In Konitz (Westpreußen) nämlich wurde Salinger 1898 Landrichter und arbeitete dort bis 1906. In diese Phase fielen die schwersten lokalen antisemitischen Ausschreitungen im Deutschen Kaiserreich. Hintergrund war der angebliche Konitzer Ritualmord, durch den das kleine Provinzstädtchen mit ungefähr 10000 Einwohnern, darunter knapp 500 Juden, zu einer traurigen Berühmtheit im Deutschen Reich gelangte.

Im März 1900 hatte man die zerstückelte und ausgeblutete Leiche des 18-jährigen Gymnasiasten Ernst Winter aufgefunden. Daraufhin kam es zu Gerüchten über einen Ritualmord und zu Ausbrüchen antisemitischer Gewalt. Das Militär musste eingreifen, um die jüdische Bevölkerung zu schützen. Im Februar 1901 debattierten sogar der Reichstag und das Preußische Abgeordnetenhaus über den Konitzer Ritualmordvorwurf. Die jüdischen Bewohner von Konitz gerieten unter großen psychischen Druck. Auch das Ehepaar Salinger mit ihrem Kleinkind wird durch die Lage in der Stadt kaum unberührt geblieben sein. Die sozialen Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden wurden nachhaltig gestört, und die jüdischen Familien gerieten in die Isolation, sodass viele Juden in der Folgezeit die Stadt verließen.

Hugo Salinger wechselte erst 1906 als Landrichter an das Preußische Landgericht nach Breslau (heute Wroclaw), wo er 1907 zum Landgerichtsrat und 1910 zum Oberlandesgerichtsrat befördert wurde. Breslau war eine Großstadt mit etwa 500000 Einwohnern. Der Anteil der Juden betrug fast 4 Prozent. Für die Familie waren die Breslauer Jahre die Lebensphase, in der der Sohn vom Kind zum jungen Mann heranwuchs. Hans-Dietrich machte 1917 am Johannesgymnasium Abitur. Das war im Ersten Weltkrieg, und er meldete sich nach der Reifeprüfung zur Kriegsmarine. Hugo Salinger erhielt später eine Auszeichnung für seine Verdienste in der Heimat. Durch Erlass der Preußischen Staatsregierung vom 19. Dezember 1919 wurde ihm das Verdienstkreuz für Kriegshilfe verliehen. Dieses war am 5. Dezember 1916 von Kaiser Wilhelm II. gestiftet worden und konnte an alle Männer und Frauen verliehen werden, die sich im vaterländischen Hilfsdienst besonders ausgezeichnet hatten.

Am 1. Mai 1919, also kurz nach dem Ende des Kaiserreichs, trat Hugo Salinger ins Reichsgericht in Leipzig ein; seine Frau und er verließen Breslau. Fast vom Beginn bis zu seinem Ausscheiden 1931 war er im VII. Zivilsenat tätig. Er war einer der ersten Richter jüdischen Glaubens, der zum Reichsgerichtsrat ernannt wurde. Im Kaiserreich gab es zwar einige Richter jüdischer Herkunft, die sich hatten taufen lassen, es gab aber nur einen einzigen Richter jüdischen Glaubens am Reichsgericht bis Anfang 1918. Juden wurden, obwohl seit 1869 formalrechtlich gleichgestellt, in der Praxis von der staatlichen Verwaltung und Justiz eher ferngehalten – genauso wie Katholiken oder Sozialdemokraten. Das änderte sich ansatzweise erst in der Weimarer Republik. Anfang 1918 wurden zwei jüdische Reichsgerichtsräte ans Reichsgericht berufen. Hugo Salinger war dann der erste jüdische Reichsgerichtsrat in der Weimarer Republik.

In einem Personalbogen aus dem Jahr 1914 heißt es über Hugo Salinger: "Trotz stark jüdischem Äußeren ist Salinger eine angenehme Persönlichkeit, der ebenso wie seine Gattin Takt und gute Umgangsformen besitzt." Sein Jüdischsein wurde also in der Beurteilung offen thematisiert. Der Sohn Hans-Dietrich hat dann in der Weimarer Republik nach einem Studium der Staatswissenschaften als Experte für Schifffahrtswesen Karriere gemacht. Der Titel seiner Dissertation lautete "Staatswissenschaft und Seeschiffahrt". 1933 hatte er Aussicht auf einen Staatssekretärsposten im Reichswirtschaftsministerium, Abteilung Verkehr, eine Perspektive, die sich dann natürlich durch die politische Entwicklung nach 1933 mit dem Berufsverbot für Juden verflüchtigte. Immerhin gelang es dem Sohn, durch seine beruflichen Kontakte 1937 in die Niederlande zu emigrieren und dort beruflich Fuß zu fassen.

Hugo Salinger war politisch national-konservativ, und mit seiner Berufung und in seiner politischen Haltung spiegelten sich der politische Neubeginn nach 1918 oder gar ein demokratischer Aufbruch überhaupt nicht wider. In dem Milieu der hohen preußischen Beamten war seine politische Orientierung aber die Regel und keineswegs ungewöhnlich. Selbst am Ende der Weimarer Republik gab es lediglich ein SPD-Mitglied am Reichsgericht. Im Juni 1920 beantragte Hugo Salinger beim Reichsgerichtspräsidenten eine Beurlaubung, um in Marienwerder, seinem Heimatort, am dortigen Referendum teilzunehmen. Nach dem Vertrag von Versailles fanden in den östlich der Weichsel gelegenen westpreußischen Kreisen sowie im südlichen Ostpreußen Volksabstimmungen über die Zugehörigkeit dieser Regionen zu Deutschland oder zu Polen statt. Dem Antrag Salingers, dem es als deutschem Patrioten sicher ganz wichtig war, an der Abstimmung teilzunehmen, wurde entsprochen. Bei der Abstimmung am 11. Juli 1920 ergab sich ein eindeutiges Votum für den Verbleib bei Preußen. Daraufhin kam der Osten der bisherigen Provinz Westpreußen als Regierungsbezirk Westpreußen mit Sitz in Marienwerder zur Provinz Ostpreußen.

1921 wurde Hugo Salinger Gründungsmitglied des Verbandes nationaldeutscher Juden (VnJ) in Leipzig. Die Mitglieder dieses Verbandes, die zum großen Teil in den Städten lebten und oft Selbstständige waren, wandten sich gegen Zionisten, Ostjuden sowie gegen das liberale Establishment des jüdischen Gemeinde- und Vereinswesens. Gleichzeitig sahen sich die Mitglieder dezidiert als jüdische Deutsche. Es ging also nicht darum, durch das Aufgeben des jüdischen Glaubens und einer Konversion zum Christentum die Assimilierung zu erreichen. In völliger Verkennung der neuen politischen Verhältnisse nach der Machtergreifung 1933 bemühte sich der Verband nationaldeutscher Juden um Kontakte zu führenden Nazis. Schon im November 1935 wurde der Verband verboten.

Hugo Salinger und seine Ehefrau wohnten in Leipzig in der Scharnhorststr. 23 II im Leipziger Süden und damit nicht allzu weit vom Reichsgericht am Reichsgerichtsplatz 1 (heute Simsonplatz 1) entfernt. Das Haus war ein hochherrschaftliches Mietshaus und somit standesgemäß für einen Reichsgerichtsrat. Im selben Haus wohnte auch ein nichtjüdischer Kollege von Salinger, der Reichsgerichtsrat Otto Sayn. Das Wohngebäude hat den Zweiten Weltkrieg, im Gegensatz zu vielen anderen Gebäuden in der Nachbarschaft, überstanden.

Die erste Ehefrau des Sohnes Hans-Dietrich war Therese Auguste Anne Elisabeth Sayn, die er am 1. Mai 1923 geheiratet hatte. Vielleicht war sie eine Tochter des Nachbarn und Kollegen seines Vaters.

Die Pensionsgrenze für Beamte und Richter war damals die Vollendung des 68. Lebensjahres. Hugo Salinger hat aber im Juni des Jahres 1931 ein Gesuch an den Reichsminister der Justiz gerichtet und um seine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gebeten, dem stattgegeben wurde. In diesem Paragraphen heißt es: "Dienstunfähigkeit ist nicht Vorbedingung des Anspruchs auf Ruhegehalt, wenn das aus dem Dienste scheidende Mitglied das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat." Bereits 1931 siedelten die Salingers nach Hamburg über; Hugo Salinger hatte für diesen Umzug noch am Ende seiner Tätigkeit in Leipzig Urlaubstage in der zweiten Septemberhälfte beantragt.

Seit Mitte Oktober 1931hatte das Ehepaar eine Wohnung in Hamburg in der Isestraße 119 gemietet. In dieser 6 ½ Zimmer-Wohnung im oberen Erdgeschoss lebten Hugo Salinger und seine Frau Regine noch mehr als 10 Jahre bis zum 24. März 1942, als sie in das "Judenhaus" in der Bogenstraße 25 umziehen mussten. Vielleicht hatten sie sich 1931 für kurze Zeit in der Schlüterstraße eingemietet, um in Ruhe eine Wohnung suchen und einrichten zu können, denn diese Adresse ist auf der Kultussteuerkarteikarte der Deutsch-Israelitischen Gemeinde vermerkt. Spätestens ab 1933 verfügte das Ehepaar über ein Telefon, und der Name taucht im Amtlichen Fernsprechbuch auf.

In der großen Wohnung in der Isestraße war als dritte Person eine Hausangestellte gemeldet, die nicht jüdisch war. Zur Zeit der Volkszählung 1939 war das Frida Kotze, von 1939 bis April 1942 hieß die Hausangestellte Alwine Jöhnck. Diese war aus Kiel nach Hamburg zu Salingers gekommen und zog dann im April 1942 von der Isestraße in die Schedestraße, wo sie vielleicht eine neue Stellung gefunden hatte.

1939 schrieb das Rechnungsamt des Hanseatischen Oberlandesgerichts an das Rechnungs­amt beim Reichsgericht in Leipzig. In Hamburg hatte man sich offenbar gewundert, dass ein Jude zu dieser Zeit noch ein Anrecht auf eine ungeschmälerte Pension haben konnte. Die Ant­wort aus Leipzig weist aber darauf hin, "§ 9 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" habe "seinerzeit keinen Anlass gegeben, seine ruhegehaltsfähige Dienstzeit neu festzusetzen. Im übrigen sind hier keine Bestimmungen bekannt, nach denen eine Änderung in der Festsetzung der Versorgungsbezüge für die vor 1933 in den Ruhestand getretenen jüdischen Beamten vorzunehmen wäre."

Im Februar 1940 erhielt Hugo Salinger eine "Sicherungsanordnung". Seine Vermögensaufstellung belief sich auf knapp 4000 RM. Als notwendige monatliche Ausgabe gab er nach eigenen Berechnungen 740 RM an. Diese Summe wurde von der Devisenstelle auf 550 RM runtergerechnet. In den Ausgaben waren 240 RM monatlich für Miete und Nebenkosten angesetzt und 100 RM für eine Hausangestellte. Der Freibetrag wurde am 1. April 1940 auf 650 RM erhöht, nachdem Salinger einen diesbezüglichen Antrag gestellt hatte.

Im Frühjahr 1939 schickte Hans-Dietrich aus Holland eine Summe in holländischen Gulden, die dazu dienen sollte, einen goldenen Ring mit einer Rosette aus 7 Brillanten auszulösen und nach Holland schicken zu lassen. Der Juwelier Hintze hatte vorher eine Expertise erstellt und den Wert des Ringes auf 70 RM geschätzt. Während des Verfahrens um diesen Ring schickte die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten ein Schreiben an Hugo Salinger und forderte ihn zu einem Gespräch bezüglich seiner Auswanderung auf. Salinger antwortete darauf handschriftlich am 6. April 1939 und erklärte, es handele sich um einen Irrtum, er beabsichtige nicht auszuwandern. Als er diesen Brief schrieb, hatte er sich gerade von einer schweren Krankheit erholt.

Die Adresse auf der Deportationsliste war das "Judenhaus" in der Bogenstraße 25. Von hier wurde das Ehepaar am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Vom 13. Juli 1942 gibt es einen Vermerk aus dem Rechnungsamt des Hanseatischen Oberlandesgerichts. Darin heißt es: "Die Ehefrau des Reichsgerichtsrats a. D. Dr. Hugo Israel Salinger teilt fernmündlich mit, dass ihr Ehemann und sie am 14. Juli 1942 nach Theresienstadt im Protektorat evakuiert würden und ihr gesamtes Vermögen beschlagnahmt worden sei; sie fragte an, wie es mit der Weiterzahlung der Versorgung sei. Ich habe ihr erwidert, dass wir die Zahlung einstellen mussten, da ihr Vermögen beschlagnahmt sei." Mit gleichem Datum gibt es eine Kassenanweisung für den Wegfall von Versorgungsbezügen: "Die Auszahlung an den Reichsgerichtsrat Dr. Hugo Israel Salinger ist mit dem 31. Juli 1942 einzustellen ..."

Fast ein Jahr nach der Deportation, im Mai 1943, wurde ein Teil des Hausstandes versteigert. Der Bruttoversteigerungserlös betrug 797 RM. Abzüglich Gebühren und Versicherung wurden 747,50 RM auf das Postscheckkonto der Oberfinanzkasse überwiesen. Unter den versteigerten Gegenständen befanden sich Möbel, Bilder und Bücher und auch die Büste eines Kindes. Vielleicht war diese Büste ein Andenken an ihren Sohn gewesen, und sie hatten den Kinderkopf modellieren lassen, wie es damals in bürgerlichen Familien nicht ungewöhnlich war. Der Auktionstermin war in einer Anzeige im "Hamburger Fremdenblatt" bekannt gemacht worden.

In noch vorhandenen Akten finden sich eine ganze Reihe von Informationen zum Lebenslauf Hugo Salingers, der als Jurist Karriere gemacht und in der Weimarer Republik eine bedeutende Stellung als Reichsgerichtsrat inne gehabt hatte. Ganz anders sieht es bei seiner Ehefrau Regine aus, von der es keine Spuren mehr gibt und deren Leben im Dunkeln bleibt, da es sich nicht in der Öffentlichkeit abspielte und persönliche Quellen nicht vorhanden oder nicht zugänglich sind. Sie war "die Frau an seiner Seite" und hat mit ihm die wichtigen Stationen seines Lebens geteilt, nämlich Breslau 1906–1919, Leipzig 1919–1931 und Hamburg 1931–1942. Hugo und Regine Salinger kannten sich vermutlich seit ihrer Kindheit, und sie haben ihr Leben bis zum bitteren Ende miteinander verbracht. Hugo Salinger starb nicht lange nach der Ankunft in Theresienstadt am Morgen des 8. August 1942 im Alter von 76 Jahren. Auf der Sterbefallanzeige ist als Wohnort das Gebäude E I/Zimmer 79 in Theresienstadt angegeben. Regine wurde knapp zwei Jahre später am 15. Mai 1944 nach Auschwitz ins Vernichtungslager transportiert. Sie hat also noch eine lange Zeit ganz allein ihr Leben in Theresienstadt unter schwierigsten Bedingungen bewältigen müssen.

Der Todeszeitpunkt von Regine Salinger ist unbekannt. Der Sohn Hans-Dietrich, der in der Emi­gration überlebt hatte, starb 1979. Sein Nachlass befindet sich im niederländischen Nationalarchiv in Den Haag.

© Susanne Lohmeyer

Quellen: 1, Nr. 16724; 2; 3; 4; 5; 7; 8; Hamburger Adressbuch; Leipziger Adressbuch; StaH 314-15 OFP R 1940/155; StaH 314-15 OFP, FVg 8791; StaH 214-1 Gerichtsvollzieherwesen 604; Amtliche Fernsprechbücher Hamburg; Dissertation Greifswald 1896; Bundesarchiv R 3002, PA 785 Bd. 1–8; Mitgliedskarte der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig 1935; Wählerliste Leipzig von 1924; Wählerliste Gemeindewahlen Leipzig 1932; www.nationaalarchief.nl Zugriff 29.6.2009; Adolf Lobe (Hg.), Fünfzig Jahre Reichsgericht, Berlin/Leipzig 1929, S. 383; Matthias Hambrock, Die Etablierung der Außenseiter. Der Verband nationaldeutscher Juden 1921–1935, Köln 2003; Bergemann, Hans/Ladwig-Winters, Simone, Jüdische Richter am Kammergericht nach 1933, hrsg. vom Kammergericht, 1. Aufl. Köln/Berlin/München 2004; Prof. Dr. Horst Göppinger, Juristen jüdischer Abstammung im "Dritten Reich", 2. Aufl., München 1990; Juden in Preußen, hrsg. Von Ernst Gottfried Lowenthal, 2. Aufl. Berlin 1982; Annemarie van Heerikhuizen: Haden, een vergeten pioneer (1899–1979), in: De Weerspannigheid van de Feiten, von W.H. Roobol und Menno Spiering, 2000; Helmut Walser Smith, Die Geschichte des Schlachters, Göttingen 2002; Thomas Henne, "Jüdische Juristen" am Reichsgericht und ihre Verbindungen zur Leipziger Juristenfakultät, 1870– 1945, in: Leipziger Beiträge zur jüdischen Geschichte u. Kultur, 4 (2006), S. 189–206; Thomas Henne, "Jüdische Richter" am Reichs-Oberhandelsgericht und am Reichsgericht bis 1933, in: Ephraim Carlebach Stif­tung/Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hg.), Antisemitismus in Sachsen im 19. und 20. Jahrhundert, Dresden 2004, S. 142–155.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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