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Emma Quest (geborene Rehm) * 1881

Kapellenweg 15 (Harburg, Wilstorf)

Zuchthaus, Lager''Langer Morgen''
schwer krank - Tod 1957

Weitere Stolpersteine in Kapellenweg 15:
August Quest

Emma Quest, geb. Rehm, geb. 4.4.1881 in Otterndorf, am 9.10.1957 gestorben
August Quest, geb. 28.2.1886 in Essen-Altenessen, am 28.4.1945 im Zuchthaus Bützow-Dreibergen umgekommen

Stadtteil Wilstorf, Kapellenweg 15

Emma Rehm war Tochter eines Landarbeiters. Nach der Schulentlassung arbeitete sie im Haushalt, zog dann 1910 nach Harburg und erlernte dort das Schneiderhandwerk. Am 15. Oktober 1918 heiratete sie hier August Quest, ihren Beruf übte sie nicht mehr aus. Am 11. Juni 1920 bekamen sie ihren Sohn Karl. Er wurde Maschinenschlosser und kam am 18. März 1945 bei Kämpfen in Norditalien ums Leben. Einen weiteren Sohn aus einer früheren Beziehung, Alfred Rehm, hatte Emma Quest am 10. Januar 1906 geboren.

1919 wurde sie Miglied der SPD, ging dann zur USPD und bald zur KPD. 1923 trat sie dem Monistenbund bei, einer bündisch orientierten Organisation ähnlich dem Wandervogel. 1929 wurde sie Mitglied der kommunistischen "Roten Hilfe".

Der Former (Metallarbeiter) August Quest war Sohn von Karl Quest und Auguste Fischer. Er hatte mehrere Geschwister: Fritz, geb. am 1. Mai 1894, und Johanna, geb. am 29. Juni 1899, beide in Altenessen. Ein weiterer Bruder Karl (geb. am 30. März 1889) wohnte später in Elmshorn und ab 1914 in Harburg, Feldstraße 2 (heute: Kalischerstraße). Er kam am 19. September 1915 im Krieg um.

Vor dem Ersten Weltkrieg trat August Quest der SPD bei. Er war als Soldat von 1915 bis 1917 im Krieg. Bis zu seiner Verhaftung 1943 wohnten er und seine Frau Emma in der Nähe des Außenmühlenteichs im Haus Kapellenweg 15. Im Jahre 1929 wurde er Mitglied der KPD. In der Wirtschaftskrise wurde er arbeitslos und blieb es bis zu seiner Verhaftung 1934.

Nach der Zerschlagung der KPD nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 nahmen beide am kommunistischen Widerstand teil. Unter dem Politischen Leiter Erich Meyer wurde im Herbst 1933 eine neue Unterbezirksleitung der KPD für Harburg-Wilhelmsburg gebildet. In Harburg war die illegale KPD in Stadtteilgruppen und Zellen zu je drei bis fünf Personen organisiert. August Quest war Organisationsleiter der Stadtteilgruppe Wilstorf. Die Mitglieder verkauften die illegale "Norddeutsche Zeitung" für Harburg-Wilhelmsburg und andere Materialien und sammelten Geld für die "Rote Hilfe". Im Sommer 1934 begann die große Verhaftungswelle gegen die illegale KPD in Harburg-Wilhelmsburg. August Quest wurde am 30. Juli 1934 festgenommen, die Gestapo beschlagnahmte bei ihm Beitragsgelder. Nach den Aussagen der beiden Mithäftlinge Johannes Stodolny und Theodor Sylvester wurde er in die Polizeikaserne am Schwarzenberg gebracht.

Von dort kam er am 7. August ins Gerichtsgefängnis Harburg an der Buxtehuder Straße und am 19. Februar 1935 ins Gerichtsgefängnis Altona in Untersuchungshaft. Im Frühjahr 1935 gab es neun Prozesse (Anklage A bis J) vor dem Dritten Strafsenat des Kammergerichts Berlin, das an den Landgerichten in Altona und Stade tagte. August Quest stand zusammen mit 16 Mitstreitern aus Wilstorf am 28. Februar 1935 in Altona vor Gericht (Anklage B). Er wurde wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu zwei Jahren und neun Monaten Zuchthaus verureilt. Seine Strafe saß er im Zuchthaus Rendsburg bis zum 23. März 1937 und danach im Zuchthaus Hamburg-Fuhlsbüttel ab.

1935 wurde eine neue Unterbezirksleitung der KPD unter dem Harburger Felix Plewa gebildet. Die Stadtteilgruppen wurden neu organisiert (siehe Felix Plewa). In Wilstorf arbeiteten Emma Quest und Otto Dreyer mit.

1936 lernte Emma Quest Karl Nieter kennen, der sich anbot, bei ihr im Garten zu arbeiten, solange ihr Mann noch in Haft war. Er deutete an, dass er für die illegale "Rote Hilfe" arbeitete. Er war als dänischer Staatsbürger getarnt als Kurier der KPD-Abschnittsleitung Nord zwischen Kopenhagen und Harburg-Wilhelmsburg tätig (siehe Felix Plewa). Emma Quest ließ ihn bei sich übernachten, solange er sich in Harburg aufhielt. Karl Nieter brachte in einem Koffer mit doppeltem Boden illegale Schriften der KPD, die er in Harburg verteilte. Er sammelte Erfahrungsberichte aus Harburg, auch aus Harburger Betrieben, um sie für Veröffentlichungen der Abschnittsleitung Nord zu verwenden. Bis zum Kriegsbeginn 1939 übernachtete er acht- bis zehnmal bei Emma Quest. Zur Tarnung arbeitete er weiterhin bei ihr im Garten.

Nach der Besetzung Dänemarks durch die Deutsche Wehrmacht 1940 erfasste die Gestapo mehrere Mitglieder der früheren KPD-Abschnittsleitung Nord und ihre Kontaktleute in Deutschland. Am 22. Oktober 1941 traf es auch Emma Quest. Ihr erster Sohn Alfred Rehm blieb in der Wohnung Kapellenweg 15.

Emma Quest kam ins Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel und am 12. November in Untersuchungshaft ins Gefängnis am Holstenglacis. Hier stand auf ihrer Karteikarte, dass sie von allen politischen Gefangenen streng zu trennen sei. Am 8. Mai 1942 wurde sie vom Hanseatischen Oberlandesgericht wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Vom 15. Mai bis 4. August 1942 saß sie im Frauenstrafgefängnis Fuhlsbüttel ein, von dort wurde sie vorübergehend zurück zum Holstenglacis verlegt, am 8. September 1943 in die Strafanstalt Kiel, am 8. Juli 1944 ins Gefängnis Lübeck-Marstall, am 24. Januar 1945 zurück nach Fuhlsbüttel und schließlich am 1. März 1945 ins Arbeitserziehungslager der Gestapo in Hamburg-Wilhelmsburg am Langen Morgen gebracht.

Dieses Lager wurde am Abend des 22. März 1945 von einem schweren Bombenangriff getroffen und danach aufgelöst. Die Häftlinge, die überlebt hatten, wurden in andere Haftanstalten und Lager abtransportiert. Emma Quest hatte wenige Tage zuvor einen Schlaganfall erlitten und war halbseitig gelähmt. Beim Angriff wurde sie zusätzlich am Kopf verletzt und bewusstlos. Sie kam zuerst ins Polizeikrankenhaus nach Langenhorn, später am 28. Juni 1945 ins Allgemeine Krankenhaus Eilbeck, zuletzt ins Krankenhaus Lübeck-Streckwitz. Harburger Freunde holten sie am 10. Oktober 1945 nach Hause. Sie wurde nie wieder richtig gesund, wurde herzkrank und starb nach einem zweiten Schlaganfall am 19. Oktober 1957.

August Quest beteiligte sich trotz seiner langen Zuchthaushaft erneut am Widerstand und unterstützte zusammen mit Paul Dreibrodt, Berthold Bormann und anderen im Harburger Stadtgebiet die Hamburger Widerstandsorganisation um Bernhard Bästlein, Franz Jacob und Robert Abshagen (siehe Karl Kock). Am 24. Oktober 1941 wurde er im Gestapogefängnis Fuhlsbüttel bis zum 12. November in "Schutzhaft" genommen, außerdem am 8. März 1942 für einen Tag, aber man konnte ihm wohl nichts nachweisen.

1943 verbarg er in seinem Haus am Kapellenweg seinen Freund Karl Kock, der vor der Gestapo auf der Flucht war. Am 6. März 1943 wurde er zusammen mit Karl Kock festgenommen, kam in Gestapohaft nach Fuhlsbüttel und am 11. Mai in Untersuchungshaft am Holstenglacis. Nach den Gomorrha-An­griffen im Juli 1943 bekamen mehrere Gefangene "Hafturlaub", August Quest gehörte aber nicht dazu.

Am 8. Mai 1944 stand er mit Karl Kock und anderen vor dem 2. Senat des "Volksgerichtshofs", der in Hamburg tagte. Karl Kock wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet, andere, unter ihnen August Quest und Paul Dreibrodt, bekamen hohe Zuchthausstrafen und mussten sie im Zuchthaus Celle absitzen. August Quest wurde zu vier Jahren verurteilt und am 27. Mai 1944 nach Celle abtransportiert. Als die allierten Truppen näher rückten, wurden die politischen Gefangenen am 8. April 1945 in offene Güterwagen verladen. Der Transport mit August Quest und seinem Harburger Mithäftling Paul Dreibrodt ging am 10. April los, einen Tag später waren schon die Amerikaner in Celle. Nach mehreren Tagen Fahrt ohne Verpflegung zwischen Celle und Lüneburg kamen die Häftlinge im Mecklenburger Zuchthaus Bützow-Dreibergen an. Sie wurden in einen Pferdestall gesperrt, wo die Jauche zehn cm hoch stand. Auch hier wurden sie gar nicht oder völlig unzureichend ernährt. Als "Essbesteck" benutzten sie leere Blechdosen.

Rund 250 Männer starben hier an Hunger und Entkräftung, August Quest am 28. April 1945. Am 3. Mai wurde das Zuchthaus von sowjetischen Truppen befreit. Die Überlebenden kamen in ein Lazarett. Trotz Verpflegung starben hier noch viele an den Folgen der Haft, unter ihnen Paul Dreibrodt. Nur 70 Mann aus dem Transport haben überlebt.

© Hans-Joachim Meyer

Quellen: VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Die anderen, s. Personenverzeichnis; Hochmuth/Meyer, Streiflichter, s. Personenverzeichnis; VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Stumme Zeugen, s. Personenverzeichnis; StaH, 242-1-II Gefängnisverwaltung, Abl. 13; StaH, 331-1-II Polizeibehörde II; StaH, 332-8 Meldewesen, A44, A46; StaH, 351-11 AfW, Emma Quest; StaH, 430-64 Amtsgericht Hamburg; StaH, Adressbücher Harburg-Wilhelmsburg und Hamburg; Anklageschrift Generanstaatsanwalt HOLG 20.1.1942, Privatbesitz; Anklageschrift Karl Kock u. a., Privatbesitz; VVN, Komitee-Akten; Heyl/Maronde-Heyl, Abschlussbericht; Totenliste VAN.

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