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Bereits verlegte Stolpersteine



Friedrich Stern * 1890

Geffckenstraße 6 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Geffckenstraße 6:
Dr. Robert Bachmann, Nelly Juda, Mathilde Stern

Friedrich Stern, geb. 1.6.1890 in Gütersloh/Kreis Wiedenbrück, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert
Mathilde Stern, geb. Grünebaum, geb. 21.03.1892 in Bürgel, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert

Geffckenstraße 6

Meyer Friedrich Stern, Sohn des Pferdehändlers Max Stern, wuchs zusammen mit seinen Brüdern Alfred und Hermann im Haus Horstkotte in der Bahnhofstraße in Gütersloh auf. Seine Mutter Sara Stern, geborene Jonas, stammte aus Dortmund.
Die Familie war sehr musikalisch. Schon früh bekamen die Brüder Klavierunterricht, vermutlich bei ihrer Tante, die als Klavierlehrerin arbeitete.

Friedrichs Bruder Hermann schlug später die Musikerlaufbahn ein und wurde Pianist. Sein zwei Jahre älterer Bruder Alfred starb 1898 mit zehn Jahren.
Friedrich Stern besuchte die Volksschule und ging nach deren Abschluss bei der Firma Levy im benachbarten (vierzig Kilometer entfernten) Lippspringe in die Lehre. Nach seiner Ausbildung übernahm ihn die Firma als kaufmännischen Angestellten. Mit einundzwanzig Jahren, 1911, leistete er seinen Militärdienst und nahm ab 1914 als Offizier am Ersten Weltkrieg teil.

1920 zog Friedrich Stern nach Hamburg und gründete im Juni zusammen mit Otto Stern, Minna Rosenberg und Joseph Hartmann die Firma "Friedrich M. Stern & Co. GmbH, Kunstseidenwaren". Die Firma übernahm die Vertretung großer Textilfirmen, unter anderem die der Firma Bemberg aus Wuppertal-Oberbarmen. Bemberg-Seide war in den 1920er und 1930er Jahren der Inbegriff für elegante, kunstseidene Damenstrümpfe, für die u. a. Marlene Dietrich in Illustrierten und auf Litfaßsäulen warb.

Friedrich Stern betrieb sein Kontor im repräsentativen Streits-Hof. Zwei Monate später, im August, trennte er sich aus unbekannten Gründen von seinen Kompagnons und ließ den Eintrag im Handelsregister in "Friedrich M. Stern" ändern. In der Barmbeker Pestalozzistraße 10 eröffnete er ein Ladengeschäft für Damenwäsche, in dem er zwei Verkäuferinnen beschäftigte. Nebenan betrieb die Witwe Luise Kronshage eine Wäscherei. Die zum Laden gehörende Wohnung teilten sie sich. 1933 verkaufte Stern den Laden wieder und beschränkte sich auf die Vertretung von Wäsche und Kunstseidenartikeln. Zusammen mit Luise Kronshage bezog er eine Vierzimmerwohnung in der Husumer Straße 2. Hier richtete er sich ein Kontor ein, von dem aus er seine Geschäfte betrieb. 1936 trennten sich die Wege von Luise Kronshage und Friedrich Stern. Inzwischen verboten die Nürnberger Gesetze "Rassenschande". Er zog zur Untermiete in die Goßlerstraße (heute Eppendorfer Weg), während sie die Wohnung in der Husumer Straße behielt.

Im Juli 1939, Fritz Stern war 49 Jahre alt, heiratete er Mathilde Grünebaum. Sie stammte aus Bürgel, heute ein Stadtteil von Offenbach am Main. Dort arbeitete ihr Vater Karl Grünebaum als Flickschneider. Ihre Mutter Amalia, geborene Kahn, war im Personenstandsbuch als Hausiererin eingetragen.

1911 hatte Mathilde Grünebaum mit 21 Jahren ihr Elternhaus verlassen und war nach Frankfurt gezogen, vermutlich um sich eine Arbeit zu suchen oder eine Ausbildung zu beginnen. Später wohnte und arbeitete sie in Hamburg und Berlin als Einkäuferin. Wahrscheinlich haben sich Mathilde Grünebaum und Friedrich Stern über ihren Beruf kennengelernt. Er stellte in den Textil- und Wäschegeschäften seine Ware vor, sie war für deren Auswahl und Einkauf zuständig.

Die beiden Frischvermählten mieteten sich in der Wohnung der Witwe Selma Horwitz in der Lenhartzstraße 14 ein. Eine eigene Wohnung konnten sie sich nicht leisten. Ein Jahr später, im Dezember 1940 bezogen sie ein Zimmer in einer Villa in der Geffckenstraße 6. Ursprünglich war die Villa für eine Familie gebaut worden. 1935 ließ der Besitzer sie so umbauen, dass vier Wohnungen darin Platz fanden. Die Souterrainwohnung bewohnte die Hausmeisterin Elise Peters mit ihrer Familie. In die Wohnungen im Erdgeschoss, in den ersten und zweiten Stock zogen jüdische Familien ein. Elise Peters erinnerte sich: "In der Folgezeit herrschte dort ein verhältnismäßig häufiger Mieterwechsel, weil ja die jüdischen Familien häufig auf ihre Auswanderung bedacht waren. Ich entsinne, daß ein Ehepaar Stern im Haus Geffckenstraße 6 als Untermieter wohnte, und zwar bei Kahn. ... Die Wohnung im 1. Stock bestand aus 3 1⁄2 Zimmern, Küche und Bad. Soviel ich weiß, hatte das Ehepaar Stern ein nach vorn gelegenes Zimmer untergemietet, selbstverständlich mit Küchenbenutzung und Benutzung von Nebengelaß." Die von Freunden beschriebenen schönen Möbel, das Klavier und die gesammelten Bilder musste Friedrich Stern nach und nach veräußern, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Als die Eheleute im November den "Evakuierungsbefehl" nach Minsk erhielten, verkauften sie ihren letzten Besitz, um nicht ganz ohne Geld auf die "Reise" gehen zu müssen.

Margarethe Messmer, eine Jugendfreundin von Friedrich Stern, wollte ihn Ende November 1941 besuchen. Sie erzählte im Wiedergutmachungsverfahren: "Als ich dort hinkam, erfuhr ich, daß sich Friedrich Stern nicht mehr in Hamburg befinde. Er war, wie mir Hausbewohner mitteilten, fortgebracht worden. Man sagte mir, er sei sehr gefaßt gewesen, denn Friedrich Stern war sehr religiös, seine Frau aber habe sehr geweint. Die Wohnung in der Geffckenstraße habe ich also nicht gesehen, sie war versiegelt."

Friedrich und Mathilde Stern sind in Minsk verschollen. Seine Mutter Sara Stern, die seit 1938 im Jüdischen Altersheim in Bielefeld wohnte, wurde im Juli 1942, mit 84 Jahren, nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 17. November 1942 starb.

Sein Bruder Hermann überlebte, erblindet, die Zeit im Konzentrationslager. Für Friedrich Stern und seine Mutter Sara Stern, geb. Jonas, wurden in der Eickhoffstraße 17 in Gütersloh Stolpersteine verlegt.

© Maria Koser

Quellen: 1; 4; 5; 8; AfW 260792 Stern, Hermann; Recherche und Auskunft Anjali Pujari, Haus der Stadtgeschichte, Offenbach am Main vom 13.4.2010; Recherche und Auskunft Stephan Grimm, Stadtarchiv Gütersloh vom 15.4. und 20.4.2010.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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