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David u. Catharina Goldstein mit den Kindern (von links) Helene und Martha, Hermann und Paul, 1914
David u. Catharina Goldstein mit den Kindern (von links) Helene und Martha, Hermann und Paul, 1914
© Privatbesitz Familie Plaass

Hermann Goldstein * 1907

Bahrenfelder Straße 61 (Altona, Ottensen)


HIER WOHNTE
HERMANN GOLDSTEIN
JG. 1907
VERHAFTET 27.10.1944
GEFÄNGNIS
MÖNCHENGLADBACH
1945 KZ BUCHENWALD
KZ DACHAU
ERMORDET 4.5.1945

Weitere Stolpersteine in Bahrenfelder Straße 61:
Paul Goldstein

Hermann Goldstein, geb. 24.6.1907, 27.10.1944 Haft in München-Gladbach, 1945 KZ Buchenwald, KZ Dachau, 4.5.1945 im KZ Dachau umgekommen
Paul Goldstein, geb. 24.6.1907, 8.1.1943 Gefängnis Fuhlsbüttel, Auschwitz, KZ Mauthausen, befreit im Mai 1945

Hermann und Paul Goldstein wurden in Hamburg als Zwillinge geboren. Der 1873 in Kiel geborene Vater David Goldstein war jüdischer Herkunft, die 1871 in Baden geborene Mutter Catharina Barbara Goldstein, geborene Widmann, war nichtjüdisch. Paul und Hermann hatten zwei Schwestern, die fünf Jahre ältere Helene Emma Gertrud und die vier Jahre ältere Martha Klara. Die Familie lebte seit Oktober 1918 in Altona-Altstadt in der Königstraße 223, später in der Steinstraße 79 und in der Breitestraße 142, dann zog sie ins benachbarte Hamburg in die Fruchtallee 73.

1922 begann Hermann Goldstein eine Lehre im "Produktenhandel" seines Vaters und blieb auch in dem Betrieb. Er heiratete Ingeborg Kaak und lebte mit ihr in der Henriettenstraße und später in der Bismarckstraße.

Ende 1934 wurde Hermann Goldstein der Hehlerei angeklagt. Zusammen mit zwei mehrfach vorbestraften Metall- und Lumpenhändlern sollte er eine zwei Meter hohe Bronzefigur in Hamburg gestohlen haben – ein Werk des Bildhauers Richard Kuöhl, von dem zahlreiche Brunnen, Plastiken, Grab- und Ehrenmäler in Hamburg stammen (1936 fertigte dieser das heute umstrittene Ehrendenkmal für gefallene Soldaten am Dammtorbahnhof). Nur noch Teile der gestohlenen Statue konnten sichergestellt werden. Die Spur führte zu dem Metall- und Schrotthandel Hohe Weide 7, den Hermann Goldstein inzwischen als offizieller Geschäftsinhaber zusammen mit seinem Vater betrieb.

Hermann Goldstein gab zu seiner Verteidigung an, die Figur, ohne zu ahnen, dass sie Diebesgut war, für seinen Vater erworben zu haben, der die erforderliche Ankaufserlaubnis für Metall besaß. Das Amtsgerichts Altona verurteilte Hermann Goldstein am 25. Februar 1935 zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Reichsmark oder zu 15 Tagen Gefängnis wegen Vergehens gegen die Vorschriften über den Verkehr mit unedlen Metallen. Hermann Goldstein hatte schon einmal vor Gericht gestanden: 1931 war er vom Schwurgericht Hamburg wegen Beihilfe zur Abtreibung verurteilt worden.

Er zahlte nur die erste Rate von 50 Reichsmark und musste am 13. August 1935 eine zehntägige Gefängnisstrafe in Fuhlsbüttel antreten.

Haftstrafen waren übrigens keine Seltenheit und Kleinkriminalität wie Diebstahl oder Hehlerei eher eine Überlebensstrategie im Arbeiterviertel Altona-Altstadt, wo die beiden Brüder überwiegend wohnten. In dem Viertel zwischen Altonaer Bahnhof und Große Freiheit lebten viele verarmte Proletarier in den drei- bis vierstöckige Mietshäusern, dazwischen verliefen schmale Straßen und lagen Hinterhöfe mit Werkstätten; es wurde Kleinhandel und Kleingewerbe betrieben. Vor allem in der Gegend um den Münzmarkt gab es viele Trödler, Winkelkneipen und Absteigequartiere.

Inzwischen verschärften sich auch in Altona Angriffe und Ausgrenzungen gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Der Vater der Brüder Goldstein emigrierte im März 1936 nach Amerika. Die Mutter nahm sich das Leben. Hermann und Paul Goldstein galten nach der nationalsozialistischen Rasseideologie als "Mischlinge ersten Grades".

Beide führten offenbar den väterlichen Betrieb "Putzlappen-Industrie Dago" in der Langestraße 38–46, der die Herstellung von Putzlappen, den Betrieb einer Industriewäscherei und den Handel mit Rohprodukten umfasste, trotz Boykottmaßnahmen bis Juli 1938 weiter, dann mussten sie ihn schließen.

Bis 1938 lebten die Zwillingsbrüder gemeinsam in Altona-Altstadt in der General-Litzmann-Straße 17, 1939 zogen sie in die Unzerstraße, nah am Münzmarkt, Ende 1939 dann gemeinsam in die Schomburgerstraße 120. 1940 war Hermann Goldstein in der Großen Mühlenstraße gemeldet.

In dieser Zeit lernte der verheiratete Hermann Goldstein die Altonaer Küchenhilfe Martha Adelstein kennen und lebte mit ihr zusammen in der Barnerstraße 7 in Ottensen. Im März 1941 gebar sie den gemeinsamen Sohn.

Hermann Goldstein erkannte die Vaterschaft offiziell an. Zwei Monate später ließ er sich von seiner Ehefrau scheiden. Inzwischen verboten die Nürnberger Gesetze die Eheschließung eines "Mischlings ersten Grades" mit einer "Deutschblütigen", und die Gestapo überwachte außereheliche Verbindungen. Als das Verhältnis zwischen Goldstein und seiner Freundin bekannt wurde, lud die Gestapo beide vor und forderte sie auf sich zu trennen. Hermann Goldstein nahm sich ein Zimmer zur Untermiete in der Bahrenfelderstraße 61. Doch heimlich blieben sie zusammen, und Hermann Goldstein sorgte finanziell für seinen Sohn, wie Martha Adelstein nach dem Krieg angab. Außerdem merkte sie an, er sei als aktiver Kommunist in Fuhlsbüttel inhaftiert worden.

Hermann Goldstein arbeitete als Kraftfahrer unter anderem für das Gemüsegeschäft Langen am Bahrenfelder Steindamm und ab August 1943 für die Gewürzmühle Pahl und Doescher in der Holstentwiete, wo er monatlich rund 240 Reichsmark verdiente.

Am 26. Oktober 1944 erhielt er den Befehl, sich auf dem Grasbrook zu Aufräumarbeiten, zur Trümmerbeseitigung zu melden. Laut Aussage von Martha Adelstein hielt er das für ein "Himmelfahrtskommando" und floh nach München-Gladbach (heute Mönchen-Gladbach), wo er am 27. Oktober 1944 von der Polizei aufgegriffen und ins dortige Polizeigefängnis eingeliefert wurde. Am 24. Februar 1945 überstellte ihn die Staatspolizei Düsseldorf dem KZ Buchenwald mit dem Hinweis: "Politisch – Mischling 1. Grades – Sch[utzhaft]". Dort wurde er mehrfach im Häftlingskrankenbau behandelt – noch am 27. März 1945 war er nachweislich in Buchenwald. Dann wurde er ins KZ Dachau verlegt. Dort ist er zu Tode gekommen. Sein Name erschien auf einer in Dachau ausgestellten Todesfallanzeige mit Datum 4. Mai 1945.

Nach dem Krieg ermöglichte ein Gesetz Paaren, die in der NS-Zeit wegen "rassischer" oder politischer Verfolgung nicht hatten heiraten können, rückwirkend die Ehe zu schließen. So ließ Martha Adelstein im Dezember 1950, zurückdatiert auf den 15. August 1940, die Ehe mit Hermann Goldstein anerkennen.

Paul Goldstein hatte die kaufmännische Fortbildungsschule in der Altonaer Behnstraße mit der Kaufmannsgehilfenprüfung abgeschlossen, trat 1922 als Lehrling in die Firma seines Vaters ein und übernahm den Betrieb nach dessen Emigration. Nach der erzwungenen Schließung des "Produktenhandels" im Sommer 1938 verdingte er sich als Bauhilfsarbeiter und Kraftfahrer bei verschiedenen Firmen. Er heiratete, aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Doch 1939 ließ sich seine Frau unter dem Druck der Rassegesetzgebung von ihm scheiden. Wie er selbst angab, wollte sie nicht als Jüdin angesehen werden. In der Kriegszeit wurde Paul Goldstein als Zwangsarbeiter beim Autobahnbau und zu Bauarbeiten herangezogen. Ab Sommer 1942 wohnte er bei seinem Bruder Hermann in der Bahrenfelderstraße 61. Das war ihre letzte gemeinsame Adresse.

Am 8. Januar 1943 wurde auch Paul Goldstein verhaftet. Er vermutete, dass er entweder wegen Beziehungen zu "arischen" Frauen oder von der Firma, bei der er zuletzt als Kraftfahrer gearbeitet hatte, denunziert worden war, weil er sich geweigert hatte, den Beitrag für die Deutsche Arbeiterfront zu bezahlen. Nun begann für ihn eine Lagerodyssee. Zunächst kam er ins KZ Fuhlsbüttel. Von dort wurde er ins KZ Auschwitz deportiert. In Auschwitz gehörte er dem "Kommando Lederfabrik" an. Die ehemalige Lederfabrik war eine Zwangsarbeitsstätte, in der unter anderem die konfiszierten Koffer begutachtet, die Schuhe der Opfer nach verstecktem Gold durchsucht und die Haare der ermordeten Frauen sortiert und gelagert wurden. Am 18. Januar 1945 gelangte Paul Goldstein in das KZ Mauthausen in Oberösterreich – vermutlich auf einem der so genannten Todesmärsche, den er jedoch überlebte. Am 5. Mai 1945 befreiten die Amerikaner die Häftlinge. Im August kehrte Goldstein im Alter von 38 Jahren nach Hamburg zurück.

Durch Misshandlungen in der Haft hatte er die meisten Zähne verloren und eine chronische Bronchitis davongetragen. Er selbst erklärte 1950 im Rahmen seines Wiedergutmachungsverfahrens: "Was ich in diesen KZs an seelischen und körperlichen Leiden durchgemacht habe, kann ich nicht in Worten schildern. Es war unmenschlich."

Paul Goldstein kämpfte lange und erbittert für eine höhere Entschädigung, um sich eine neue Existenz aufbauen zu können. Er fühlte sich betrogen und schrieb Briefe an Bürgermeister Max Brauer und den Bundespräsidenten Theodor Heuss. Schließlich heiratete er wieder und arbeitete unter anderem als Schrotthändler, Bauhilfsarbeiter und Kohletrimmer, geriet aber in Not und litt immer wieder unter schweren Erkrankungen und psychischen Zusammenbrüchen. Offenbar voller Zorn randalierte er bei behördlichen Stellen. Doch für die Leidensgeschichte eines der wenigen Überlebenden von Auschwitz interessierte sich die deutsche Öffentlichkeit damals noch nicht. Am 29. September 1964 starb er im Alter von 57 Jahren in Altona.

Seine beiden Schwestern überlebten den Krieg, die ältere Schwester war nach Kalifornien ausgewandert, die jüngere war in Altona geblieben.

© Birgit Gewehr

Quellen: StaH 213-11 Staatsanwaltschaft, Landgericht – Strafsachen, 1936/2146; StaH, 331-1 II Polizeibehörde II, Ablieferung 15, Band 1 (Abrechnungslisten über Schutzhaftkosten des KZ Fuhlsbüttel); StaH 332-8 Meldewesen, Alphabetische Personenkartei des Statistischen Landesamtes ("Steuer- und Wahlkartei") für Groß-Hamburg (1934); StaH 332-8 Meldewesen, A 50/1 (= 741-4 Fotoarchiv, K 5011); AB Altona 1933; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 32809 (Paul Goldstein) und 32808 (Erbengemeinschaft Hermann Goldstein).

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