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Bernhard Bästlein * 1894

Rathausmarkt 1 (links vor dem Rathaus) (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)


BERNHARD BÄSTLEIN
MDHB 1921 KPD
JG. 1894
VERHAFTET 1933
1934 ZUCHTHAUS SIEGBURG
1935 ESTERWEGEN
SACHSENHAUSEN
1943 ZUCHTHAUS BRANDENBURG
HINGERICHTET 18.9.1944

Weitere Stolpersteine in Rathausmarkt 1 (links vor dem Rathaus):
Kurt Adams, Etkar Josef André, Adolf Biedermann, Gustav Brandt, Valentin Ernst Burchard, Max Eichholz, Hugo Eickhoff, Theodor Haubach, Wilhelm Heidsiek, Ernst Henning, Hermann Hoefer, Franz Jacob, Friedrich Lux, Fritz Simon Reich, August Schmidt, Otto Schumann, Theodor Skorzisko, Ernst Thälmann, Hans Westermann

Bernhard Bästlein MdHB

Das politische Profil Bernhard Karl Bästleins ergibt sich rückblickend weniger aus seiner parlamentarischen Tätigkeit in der Hamburger Bürgerschaft, der er nur vier Monate angehörte, sondern vielmehr aus seiner zentralen Rolle im kommunistischen Widerstand: "Hitlers Niederlage ist nicht unsere Niederlage, sondern unser Sieg!" – diese Erkenntnis wurde zum Antriebsmoment des herausragenden Wirkens Bernhard Bästleins im kommunistischen Widerstand der 1940er Jahre.

Geboren am 3. Dezember 1894 in Hamburg, erlernte er hier nach dem Besuch der achtjährigen Volksschule den Beruf des Feinmechanikers. Der junge Bernhard Bästlein war tief geprägt durch sein sozialistisches Elternhaus.

Schon sein Vater, der Büchsenmacher und Tresorbauer Bernhard Bästlein sen., war SPDMitglied und aktiver Gewerkschafter. Als 17jähriger schloss sich Bästlein jun. der Sozialistischen Arbeiterjugend an, ein Jahr später, 1912, trat er der SPD bei und organisierte sich gewerkschaftlich im Deutschen Metallarbeiterverband (DMV). In seiner Freizeit war er eifriger Hörer im Arbeiterbildungswesen. Den Ersten Weltkrieg erlebte Bästlein als Mannschaftsdienstgrad an der Westfront. Ab 1916, dem Jahr der totalen Mobilisierung unter Hindenburg und Ludendorff, kam er an den Frontabschnitten von Ypern, Verdun und der Somme zum Einsatz. Im Sommer 1917 wurde er durch einen Granatsplitter an der Hand verwundet. Noch vor der Demobilisierung erfolgte im November 1918 die Wahl in den Soldatenrat seiner Einheit.

Nach dem Krieg war Bästlein am Aufbau der links von der Sozialdemokratie stehenden "Freien Arbeiterjugend" beteiligt – mit der SPD hatte er wegen deren Haltung während des Krieges inzwischen gebrochen. Den Weg in die KPD fand Bästlein über den linken Flügel der "Unabhängigen Sozialdemokratie" (USPD), der sich Ende 1920 mit der bis dahin unbedeutenden kommunistischen Partei vereinigte.

Im März 1921 wurde Bernhard Bästlein als jüngster Abgeordneter in die Hamburger Bürgerschaft gewählt. Zur selben Zeit war er an der sog. "Märzaktion" beteiligt, mit der die deutschen Kommunisten auf Weisung der Komintern die parlamentarische Republik zu stürzen hofften. Auch in Hamburg suchte die Kommunistische Partei als erste Stufe ihres Umsturzplanes die Arbeiterschaft zum Generalstreik zu mobilisieren. Hier stand Bästlein am 23. März 1921 in vorderster Linie eines Demonstrationszuges zur Werft Blohm & Voss, wo er an der höchsten Helling die Rote Fahne hisste. Doch der aus einer völligen Fehleinschätzung der eigenen Kräfte heraus begonnene Aufstand mit seinem Zentrum im mitteldeutschen Industriegebiet um Merseburg und Halle, brach schon nach wenigen Tagen unter dem massiven Einsatz von Polizeikräften zusammen.

Als die KPD nach dieser Niederlage starken parteiinternen Zerreißproben ausgesetzt war und sich gar die Reichstagsfraktion spaltete, war gegen den Hamburger Abgeordneten bereits Anklage wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" erhoben worden. Nachdem am 30. März 1921 auch seine Immunität als Volksvertreter aufgehoben worden war, organisierte die KPD seine Flucht in die Sowjetunion.

An Bord eines Schiffes, das russische Kriegsgefangene von Stettin nach Leningrad brachte, verließ Bästlein Deutschland und wurde nach nur vier Monaten Zugehörigkeit zur Hamburger Bürgerschaft im Juni 1921 durch den nachrückenden Johann Paulus Ziegler ersetzt. Parlamentarisch ist Bernhard Bästlein nicht in Erscheinung getreten.

In der Sowjetunion war Bästlein zunächst als Redakteur in der autonomen Republik der Wolgadeutschen tätig, wo er für die "Deutsche Bauernzeitung" schrieb. Wenig später wirkte er an der Deutschen Parteischule in Moskau. Deren Schließung zwang ihn, eine Tätigkeit als Dreher in einer Moskauer Fabrik anzunehmen. Als ihm Anfang 1923 eine Amnestie die Rückkehr nach Deutschland erlaubte, versuchte sich Bästlein zunächst als Droschkenunternehmer selbständig zu machen.

Seine Partei schickte ihn jedoch in die Redaktion der "Westfälischen Arbeiterzeitung" nach Dortmund. Auch in den folgenden Jahren der relativen Stabilisierung der Republik war er als Redakteur bei kommunistischen Tageszeitungen in Dortmund, Hagen und Remscheid tätig, zuletzt als Chefredakteur bei der "Arbeiterstimme" in Solingen.

Im Oktober 1929 wurde Bästlein Unterbezirksleiter der KPD in Düsseldorf, von Februar 1931 bis März 1933 war er Parteisekretär des KPD-Bezirks Mittelrhein. In dieser Funktion beteiligte er sich aktiv an dem auch von rechten Kräften unterstützten Volksbegehren für die Auflösung des Preußischen Landtages und dem Versuch, die regierende Koalition aus SPD und Zentrum als wichtigste demokratische Bastion der Republik zu stürzen. Bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 führte er Wahlkampf für den Kandidaten der KPD, seinen früheren Hamburger Ortsgruppenvorsitzenden Ernst Thälmann, der im ersten Wahlgang immerhin 13,2 % der Stimmen auf sich verbuchen konnte, damit aber deutlich hinter den Stimmenanteilen Hindenburgs (49,6 %) und Hitlers (30,1 %) zurückblieb.

Im April 1932 wurde Bästlein als Abgeordneter in den Preußischen Landtag gewählt. Bei den bereits unter den Bedingungen des Ausnahmezustandes und offenen Terrors gegen politische Gegner der NSDAP stattfindenden und damit letztlich illegalen Reichstagswahlen vom 5. März 1933 erhielt Bernhard Bästlein schließlich noch ein Reichstagsmandat, das er aber nicht mehr wahrnehmen konnte. Als der Reichstag am 21.3.1933 vor der Garnisonskirche in Potsdam eröffnet wurde, war keiner der 81 gewählten KPD-Abgeordneten anwesend.

Sie befanden sich entweder in Haft, waren ins Ausland geflohen oder mussten sich versteckt halten. Bernhard Bästlein, der am 7. Februar 1933 an der letzten illegalen Tagung des ZK der KPD im "Sporthaus Ziegenhals" bei Berlin teilgenommen hatte, war inzwischen mit dem Aufbau der illegalen Parteiorganisation im Großraum Frankfurt beauftragt. Hier wurde er im Mai 1933 verhaftet.

Nach mehr als eineinhalbjähriger Untersuchungshaft wurde Bästlein im Dezember 1934 vom neugegründeten "Volksgerichtshof " wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu 20 Monaten Zuchthaus verurteilt. Diese verbüßte er bis Februar 1935 im Zuchthaus Siegburg. Es folgten weitere fünf Jahre "Schutzhaft" in den Konzentrationslagern Esterwegen und Sachsenhausen. In Sachsenhausen lernte Bästlein die Hamburger Kommunisten Franz Jacob und Robert Abshagen kennen und kam darüber hinaus in Kontakt mit dem Sozialdemokraten Julius Leber. Die hier entstandenen Kontakte sollten später zur tragenden Säule der kommunistischen Widerstandsorganisation in Norddeutschland werden und zugleich Berührungspunkte zum sozialdemokratischen Widerstand schaffen.

"Wir schreiten fest im gleichen Schritt – Wir trotzen Not und Sorgen – Denn in uns zieht die Hoffnung mit – Auf Freiheit und das Morgen", diese einleitende und zugleich letzte Strophe des sog. "Sachsenhausen-Liedes", zu dessen Verfassern auch Bernhard Bästlein zählte, erfuhr durch die illegalen politischen Diskussionszirkel im Lager ihre politische Konkretisierung. Als er schließlich Anfang 1940 nach Hamburg entlassen wurde, ging er zunächst Gelegenheitsarbeiten als Wagenwäscher und Chauffeur nach, bis er schließlich eine feste Anstellung als Feinmechaniker bei den Altonaer Riepe-Werken fand. Die Jahre der KZHaft hatten den überzeugten Kommunisten jedoch nicht in seiner Widerstandshaltung gebrochen, sondern im Gegenteil seine Absicht gestärkt, die Untergrundarbeit gegen das nationalsozialistische Regime fortzusetzen. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion, der die völlige Isolierung und Desorientierung der deutschen Kommunisten zumindest teilweise beendete, baute er ab Sommer 1941 gemeinsam mit Oskar Reincke, Franz Jacob und anderen Hamburger Kommunisten die sog. "Bästlein-Organisation" auf.

Ziel dieser Widerstandsorganisation war es, politische Mitgliederschulung zu leisten, Aufklärungsarbeit und Produktionssabotage in den Betrieben zu organisieren sowie Zwangsarbeiter zu unterstützen. Bernhard Bästlein war als Politischer Leiter der Kopf dieser weitverzweigten etriebszellenorganisation mit ihrem Schwerpunkt in den Bereichen "Metall" und "Werften". Die Organisation oblag Oskar Reincke, der Bereich "Agitation und Propaganda" Franz Jacob.

Die groß angelegte Verhaftungsaktion der Gestapo gegen die Bästlein-Organisation und ihr Umfeld begann am 17. Oktober 1942. Bästlein wurde an seinem Arbeitsplatz in Altona festgenommen. Auf dem Weg ins Gefängnis scheiterte ein Fluchtversuch, bei dem er einen Steckschuss in den Unterschenkel erhielt. Einen anschließenden Selbstmordversuch im Stadthaus, dem Gestapo-Hauptquartier, überlebte er. Nach langen und quälenden Verhören im berüchtigten Folterkeller des Stadthauses und in Fuhlsbüttel wurde Bernhard Bästlein im Sommer 1943 zur Verurteilung nach Berlin-Plötzensee verbracht.

Bästlein hatte in seinen Verhören keinen Zweifel an den Motiven seiner Widerstandsaktivität gelassen. Er gab zu Protokoll, dass er sich als "Täter aus weltanschaulicher Überzeugung" verstehe und es seine langjährige Haft in Gefängnissen und im Konzentrationslager sowie der Beginn des Krieges gewesen seien, die ihn in der Überzeugung bestärkt hätten, "daß eine Gesellschaftsordnung, in der solche Dinge möglich sind [...] beseitigt werden muß." Was in Hamburg scheiterte, gelang Bernd Bästlein in Plötzensee: bei einem Luftangriff Ende 1943, bei dem auch das Gefängnisgebäude beschädigt wurde, konnte er fliehen.

Er versteckte sich bei Freunden und fand im Frühjahr 1944 zur Widerstandsgruppe um Anton Saefkow und dem inzwischen ebenfalls in Berlin wirkenden Franz Jacob. Gemeinsam versuchten sie, der KPD eine neue Führungs- und Organisationsstruktur zu geben und gleichzeitig in Rüstungsbetrieben die Produktion zu sabotieren. Seine in Hamburg lebende Frau konnte Bästlein in einem Brief wissen lassen, er "tue weiter (seine) Pflicht".

Für kurze Zeit war er nun neben Saefkow und Jacob Mitglied der zentralen operativen Leitung der KPD, die zu diesem Zeitpunkt bereits über ein gut organisiertes Verbindungsnetz in mehreren Berliner Betrieben verfügte. Manches spricht dafür, dass die Gestapo bereits zu diesem Zeitpunkt in die Organisation eingedrungen war. Als die Gruppe schließlich Ende Mai 1944 von der Gestapo zerschlagen wurde, gehörte auch Bernhard Bästlein zu den Opfern der Verhaftungswelle.

Am 5. September 1944 wurde er vom "Volksgerichtshof " wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" verurteilt und zwei Wochen später, am 18. September 1944, zusammen mit Franz Jacob und Anton Saefkow im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Die Urnen Bernhard Bästleins und seines Freundes Franz Jacob wurden 1946 nach Hamburg überführt, hier zunächst für eine Woche im Rathaus aufgebahrt und schließlich im Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt. Auch die von den Nationalsozialisten ermordeten Bürgerschaftsabgeordneten Etkar André und Hans Westermann fanden dort ihre letzte Ruhestätte.

Neben seiner Frau hinterließ Bernhard Bästlein einen zehnjährigen Sohn.

© Text mit freundlicher Genehmigung der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (Hrsg.) entnommen aus: Jörn Lindner/Frank Müller: "Mitglieder der Bürgerschaft – Opfer totalitärer Verfolgung", 3., überarbeitete und ergänzte Auflage, Hamburg 2012

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