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Anna Mayer * 1874

Thadenstraße 120 (Altona, Altona-Altstadt)


HIER WOHNTE
ANNA MAYER
JG. 1874
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Anna Mayer, geb. am 23.12.1874 in Ribnitz, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk, ermordet

Thadenstraße 120–122 (Gärtnerstraße 120–128)

Anna Mayer stammte aus einer alt eingesessenen jüdischen Familie in Ribnitz, dem heutigen Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg, wo ihr Vater, Isidor Mayer, als Kaufmann tätig war. Sie war die Älteste von drei Geschwistern. Fünf Jahre nach ihr wurde Hans geboren, im Jahr darauf Grete. 1909, nach dem Tod von Annas Vater, zog die Mutter, Franziska, geb. Pincus, als verwitwete Rentiere, die von ihrem Vermögen lebte, mit der jüngsten Tochter, der inzwischen 29 Jahre alten Grete, von Ribnitz nach Doberan (heute Bad Doberan). Im nächsten Jahr heiratete Grete Mayer den Güstrower Kaufmann Julius Marcus in Rostock und ging mit ihm nach Harburg, das damals noch zu Hannover gehörte.

Wann Anna Mayer nach Altona bzw. Hamburg kam, ist nicht bekannt. Sie wohnte in dem 1869 von Benjamin Leja gegründeten Wohnstift in der Gärtnerstraße 120–128 (heute Thadenstraße), in dem vor allem alleinstehende ältere Frauen christlicher und jüdischer Herkunft, aber auch Ehepaare, lebten. Offenbar zog Anna Mayer kurz vor der Volkszählung im Mai 1939 nach Hamburg in das Martin-Brunn-Stift in der Frickestraße 24, ein Wohnstift der Vaterländischen Stiftung für ältere Menschen, erbaut 1897, wo sie in der Wohnung Nr. 5 unterkam.

Anna Mayer blieb ledig. In ihrer Nähe in Hamburg lebte inzwischen ihr Neffe Erich Marcus, der Sohn von Grete und Julius Marcus, mit seiner Frau Elsi und der Tochter Silvia. Außerdem wohnten in Hamburg zwei Schwestern ihres Schwagers Julius, Ella und Rosalie Marcus.

Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde das Martin-Brunn-Stift ein sogenanntes Judenhaus. Die Gestapo konzentrierte seit April 1938 direkt durch Verordnungen und indirekt durch den Entzug der Einkommensgrundlage die jüdische Bevölkerung Hamburgs in Eppendorf und Eimsbüttel. Sie beließ etliche soziale Einrichtungen der Jüdischen Gemeinde im Besitz und unter der Verwaltung des Jüdischen Religionsverbandes, wie die Jüdische Gemeinde nun hieß, um darin Juden und Jüdinnen, die keinen anderen Wohnraum mehr hatten, unterzubringen. Gleichzeitig erleichterte dies die späteren Deportationen.

Als im Herbst 1941 die Deportationen der Hamburger Jüdinnen und Juden in die besetzten Ostgebiete begannen, wurde als erste Ella Marcus aus dem Kreis der Verwandten herausgerissen und dem ersten Transport Hamburger Juden und Jüdinnen, der am 25. Oktober 1941 nach Lodz abging, zugewiesen. Anna Mayer musste am 8. November 1941 von den verbleibenden Familienangehörigen Abschied nehmen. Sie wurde mit dem zweiten Großtransport Hamburger Jüdinnen und Juden ins Getto von Minsk deportiert.

Gleichzeitig mit zwei anderen Bewohnerinnen des Martin Brunn-Stifts, der 60-jährigen Lilli Brauer, geb. Riese, und der 71-jährigen Rosa Simon, geb. Cohn, erhielt Anna Mayer die Aufforderung für den nächsten Transport, der Hamburg zehn Tage später Richtung Minsk verließ. Sie selbst stand kurz vor der Vollendung ihres 66. Lebensjahres. Damit lagen die drei Frauen an bzw. oberhalb der Altersgrenze, die für "den Aufbau im Osten" gelten sollte. Demselben Transport gehörte Adelheide Singer, 55 Jahre, an, die Mutter ihrer Nichte Elsi Marcus. Vermutlich lebten die Verwandten im Getto von Minsk zusammen, bis sie unter unbekannten Umständen ums Leben kamen.

Für Grete und Julius Marcus liegen Stolpersteine in Eimsbüttel, für Erich und Elsi Marcus und Tochter Silvia in Hamburg Mitte; für Ella Marcus und Adelheide Singer wurden Steine in Eimsbüttel gesetzt.

Stand September 2015

© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 3; 4; 9; Stadtarchiv Bad Doberan, Zuzugsmeldung Franziska Mayer; Stadtarchiv Rostock, Heiratsregister 224/1910; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden, 992e 2 Band 2 (Deportationsliste Minsk, 8.11.1941); StaH 332-8 Meldewesen, A 34/1 (Alphabetische Meldekartei von "Groß-Altona" (= 741-4 Fotoarchiv, K 4497; Biographien für die Familie Marcus in: Barbara Günter u. a., Stolpersteine, S. 165–167; Biographien weiterer Familienangehöriger siehe: www.stolpersteine-hamburg.de.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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